Eine bessere Welt ist möglich

Prof. Dr. iur. Alfred de Zayas: Wir brauchen 2024 und darüber hinaus einen großen Umschwung – An guten Ideen mangelt es nicht, aber sie und Fakten allein verändern die Dinge nicht – Vorschläge, die die Welt braucht, will das Establishment nicht umsetzen – Den Grundsatz „Macht macht Recht“ ersetzen durch „Recht ist Macht“

Nicht miteinander mögen sie leben, sondern gegen einander treten sie auf, die Kulturen, die  auf der Erde bestehen. Es findet ein Kampf der Kulturen statt. Eigentlich schon immer. Aber wahrgenommen und besonders gefürchtet wird stets, was aktuell geschieht. Islamische und schwarzafrikanische Migranten überschwemmen (gesteuert) westeuropäische Länder, vor allem Deutschland. Das Weltgeschehen befindet sich im Umbruch. Die Macht der westlichen Welt mit ihrem Hegemon USA und seinen europäischen Vasallenstaaten bröckelt. Bislang willfährige Länder beginnen, sich zu emanzipieren. Dazu Gedanken gemacht hat sich zum Ende des „annus horribile“ 2023 und zum  Beginn von 2024 jüngst der auf konservative Weise liberale Völkerrechtswissenschaftler Alfred de Zayas.*) Dafür, dass eine bessere Welt möglich sei, tritt er unermüdlich ein. Nun verlangt er: „We need a great upshift in 2024 and beyond“ (Wir brauchen 2024 und darüber hinaus einen großen Umschwung).

Einen Kampf der Kulturen ablehnen

Es liege an uns, das Konzept eines „Kampfes der Kulturen“ abzulehnen und stattdessen das Konzept eines Bündnisses der Kulturen anzunehmen. Wir müssten das Recht auf Selbstbestimmung aller Völker bekräftigen, müssten die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Nationen zurückweisen. Eine großzügige Weltverfassung in Form der UN-Charta hätten wir bereits, und es sei heute wichtiger denn je, dass wir uns erneut zu dem übergeordneten Prinzip des Friedens zwischen den Nationen und Kulturen bekennten. So sei es auch unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Kriege in der Ukraine, in Palästina und anderswo durch diplomatische Verhandlungen beendet würden und dass ein Modus Vivendi geschaffen würde, der nachhaltig sei. Als Ziel sieht de Zayas, Gerechtigkeit für alle Parteien zu erreichen, aber nicht nach „Sieg“ und „Winner takes all“ zu streben. Es gelte, den Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen.

Contra Great Reset des Weltwirtschaftsforums, pro der Ansicht von Elon Musk

Der erheblichen Hindernisse, die jeder Art von Veränderung im Weg stünden, ist sich de Zayas bewusst. Er verweist auf festgefahrene wirtschaftliche Interessen, die von einer enormen Trägheit zeugten. Unternehmen und Finanzinstitute scheuten sich davor, Abenteuer zu erleben, die ihre Gewinne gefährden könnten. Inzwischen glaube er nicht, dass der sogenannte „Great Reset“, den das Weltwirtschaftsforum in Davos angekündigt habe, einen Mehrwert bringe. Er neige dazu, Elon Musk zuzustimmen, dass „das Weltwirtschaftsforum zunehmend zu einer nicht gewählten Weltregierung wird, die die Menschen nie gefordert haben und auch nicht wollen“. Dass im Hintergrund auch andere Akteure Totalitäres, Herrschaftssucht und Macht über alles und alle im Sinn haben, erwähnt de Zayas nicht, wird aber darüber unterrichtet sein.

Hoffnungen, die unerfüllt geblieben sind

An guten Ideen, die Dinge zu ändern, so de Zayas, mangele es nicht. Aber aus Erfahrung wisse man, „dass Fakten allein die Geschichte nicht verändern“. In der Tat gebe es Fakten ohne Konsequenzen, Fakten, die als unbequem und „annulliert“ angesehen und abgelehnt würden. Der Völkerrechtler de Zayas zählt die vielen Bücher auf, auf deren inhaltlichen Anstöße seine Hoffnung geruht habe. Es seien Bücher, die darüber informierten, dass Staats- und Regierungschefs in Washington und Brüssel eine destruktive und oft kriminelle Politik verfolgten sowie sogenannte Farbrevolutionen und Regimewechsel in anderen Ländern anzettelten, und darüber, wie Finanz- und Wirtschaftsterror funktioniere. Auch darüber, wie ein konstruktives Arrangement zwischen Israelis und Palästinensern hätte zustande kommen können – und noch könnte, wenn es denn wirklich gewollt wäre. Man habe gehofft, dass andere Bücher (Owen, Sassoon, Remarques) „unsere Kriegssucht gedämpft“ und die Warnungen der Bücher von Orwell und Huxley sowie die Enthüllungen von Wikileaks und Snowden „unseren Abstieg in den Totalitarismus“ verhindert hätten. Erfüllt haben sich die Hoffnungen nicht.

Das Establishment sperrt sich

Leider wolle das militärische, industrielle, finanzielle, mediale und digitale Establishment keinen der Vorschläge umsetzen, die die Welt brauche. Anstatt die Forschungen und Vorschläge von Denkern wie Richard Falk und Jeffrey Sachs zu würdigen, erfreuten sich die Mainstream-Medien an der simplen und völlig unrealistischen Vision von Francis Fukuyamas Schundbuch The End of History.

Veröffentlicht hat de Zayas den Text auf seiner Web-Seite Human Rights Corner („Menschenrechtsecke“) am 8. Dezember hier. Zu diesem Zeitpunkt deshalb, weil zwei Tage später, am 10. Dezember, der 75. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bevorstand. Seinen Beitrag im vollständigen Wortlaut finden Sie anschließend unten. Wo der Autor zwischen den Textabsätzen nicht selbst Überschriften eingefügt hat, habe ich das getan; sie ermöglichen ein leichteres und schnelleres Aufnehmen des Inhalts. Der überaus kundige und sich stets offen wie kritisch äußernde Völkerrechtler de Zayas ist im Hauptstrom der Meinungen unbeliebt und wird dort mit seinen Äußerungen entsprechend unterdrückt. Nicht auf dieser Blog Seite.

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Der Dauerkonflikt, der nicht enden soll

Israel, Palästina, Hamas – Für den Völkerrechtsexperten Prof. Dr. Alfred de Zayas muss eine Lösung völkerrechtskonform und für beide Seiten tragfähig sein – Aber die USA, Großbritannien, die EU und Israel verweigern sich einer solchen Lösung offenbar – Der Westen hat als moralische Instanz versagt – Was die Hamas jetzt tat, ist ein Kriegsverbrechen und durch nichts zu rechtfertigen – Aber auch Israel handelt massiv rechtswidrig – Trotz Hamas-Terrorismus: Israels Gegenreaktion muss sich gleichwohl ans Völkerrecht halten – Hunderte Resolutionen sind ohne Folgen geblieben – Gaza ist wie ein riesiges Gefängnis – Palästina noch immer ohne eigenen Staat, und Israel setzt den Landraub fort

Der terroristische Anschlag der palästinensischen Widerstandsorganisation Hamas auf Israel und dessen Zivilbevölkerung am 7. Oktober ist ein zu verurteilendes grausames Verbrechen. Der Rachegegenschlag Israels auf die im Gaza-Streifen zusammengepferchten Palästinenser droht, nichts anderes zu werden, oder er ist es schon.  Beides verurteilt der amerikanische Jurist und Historiker Prof. Dr. Alfred Maurice de Zayas als einer der führenden Experten für Menschenrechte und Völkerrecht.  Seine Stellungnahme veröffentlicht hat er auf seiner Blog-Seite Human Rights Corner*). Er gibt dort wieder, was er zu dem Konflikt auf Befragen der Schweizer Zeitung „Zeitgeschehen im Fokus“ geäußert hat.**)

Einer beidseitig tragfähigen Lösung verweigern sich USA, Großbritannien, EU und Israel

Für de Zayas gibt es nur dann eine Lösung des jahrzehntelangen Konflikts, wenn sie für beide Seiten tragfähig ist und das Völkerrecht zur Grundlage hat. Man müsse die Uno-Resolutionen über Palästina umsetzen. Dies wollten aber die USA, Großbritannien, die EU und Israel offensichtlich nicht, sonst gingen die Bemühungen in eine andere Richtung. Es sei ein Skandal, dass die USA, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Japan am 16. Oktober 2023 gegen die Resolution des Sicherheitsrates gestimmt hätten, die sonst einen Waffenstillstand beschlossen haben würde.

Wer könnte im Konflikt die Vermittler-Rolle übernehmen?

Als Vermittler im Konflikt würde de Zayas einen Staat aus der Region vorschlagen, etwa Ägypten, Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Tunesien, vielleicht sogar Algerien. Eventuell könne ein nicht-beteiligter asiatischer Staat wie Indien oder China neue Ideen und Perspektiven einbringen.

Und die Schweiz? Schon lange kein „honest broker“ mehr

Nicht mehr infrage kommt für de Zayas die Schweiz Sie habe durch ihr Verhalten ihre Glaubwürdigkeit als Vermittler verloren und sich weitestgehend mit den Interessen Washingtons und Brüssels identifiziert. Sie sei schon lange nicht mehr ein „honest Broker“. Man habe die Neutralität der Schweiz dem billigen Opportunismus geopfert – schändlich und dumm zugleich.

Der Westen hat als moralische Instanz versagt

Auch Europa und die USA könnten nicht als Vermittler fungieren, denn sie stünden vollkommen auf der israelischen Seite und trügen die Mitverantwortung für die massiven Menschenrechtsverletzungen Israels gegen die Palästinenser. „Der Westen hat als moralische Instanz versagt. Anstatt Israel zur Mäßigung zu bewegen, hat man sein Vorgehen gegen die Palästinenser unterstützt oder schweigend hingenommen.“

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Merkel hat viel auf dem Gewissen

Aber ihr Gewissen plagt sie nicht, sie ist mit sich selbst ziemlich zufrieden – Die kritische Bilanz von sechzehn Jahren Kanzlerschaft – Das von Philipp Plickert herausgegebene Buch in einer komplett überarbeiteten, erweiterten und aktualisierten Neuauflage – In 24 Beiträgen ein facettenreiches und vielfältiges Merkel-Bild

Merkel tritt ab. Es wird damit Zeit. Wäre sie doch bloß nicht angetreten. Sechzehn Jahre vielfach ruinöse Politik wären uns erspart geblieben. Oder nicht? Hätte ohne diese Frau vielleicht eine andere Kanzlerperson das Werk ebenfalls betrieben, das Merkel für lange Zeit irreparabel hinterlässt? Mag sein. Oder auch nicht. Merkel jedenfalls ist mit sich selbst ziemlich zufrieden.*) Falls es ihr Ziel war, Deutschland in den Abgrund zu treiben, sein solides, gefestigtes demokratisches System schleichend in ein autoritäres, sozialistisches zu transformieren, seine herkömmliche Gesellschaft Schritt für Schritt aufzulösen und zu destabilisieren, wäre ihre Selbstzufriedenheit berechtigt.

Geschafft hat sie das Erreichte mit einer verblüffenden, harmlos auftretenden Geschicklichkeit, so dass es die Deutschen der bürgerlichen Mitte gar nicht so richtig mitbekommen und sich nicht dagegen aufgelehnt haben. Der deutsche Michel lässt leider gern mit sich geschehen, was die politischen Kräfte und Mächtige hinter ihnen ihm zugedacht haben. So gesehen, ist Merkel deren ideales Werkzeug gewesen. Doch das ist von Merkels Wirken ein nur grober und einseitiger Abriss. Ausführlich machen das die schon bisher über sie erschienenen Bücher mit anderen und zusätzlichen Sichtweisen. Lobeshymnen (abgesehen von Hofberichterstattern) singen aber auch sie nicht, mit Lorbeerkränzen zieren sie Merkels Haupt ebenfalls nicht. Bedrückendes und Bedrohendes enthalten sie im Übermaß. Jetzt zum nahen politischen Ende sind weitere Bücher hinzugekommen. Eines davon ist das mit dem Titel Merkel. Die kritische Bilanz von 16 Jahren Kanzlerschaft.**

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Zweimal 1956

Vor jetzt 60 Jahren:  Im Windschatten des Volksaufstands der Ungarn gegen ihr kommunistisches Regime fand der  Suez-Krieg Großbritanniens, Frankreichs und Israels gegen Ägypten statt – England wollte den Kanal wiederhaben, und die Franzosen  Algerien behalten – Parallelen zum September 1939? – Der Plan der Alliierten

Die Erinnerung an den Volksaufstand der Ungarn 1956 gegen das kommunistische Regime in ihrem Land ist weiterhin lebendig, nicht nur in Ungarn allein. Am 4. November 1956 haben ihn sowjetische Truppen blutig niedergeschlagen; dreitausend Menschen verloren ihr Leben. Näheres dazu hier. Jetzt jährt sich dieses politische Ereignis zum 60. Mal. Die Ungarn begehen und würdigen es mit großem Aufwand. Aber die Feierlichkeiten haben zu Spannungen mit dem heutigen Russland geführt. Das russische Staatsfernsehen soll die damaligen Heldentaten respektlos dargestellt haben. Darauf reagiert hat die ungarische Regierung untern Viktor Orbán mit einem diplomatischen Protest: Am 25. Oktober bestellte sie den russischen Botschafter in ihr Außenministerium ein, damit er den Protest entgegennehme. Berichtet darüber hat die FAZ in ihrer Ausgabe vom 28. Oktober (hier).  Doch nicht nur die einstige Sowjetunion hat 1956 mit Waffengewalt politische Interessen durchgesetzt. Im gleichen Jahr haben das auch drei andere Staaten getan: im sogenannten Suez-Krieg gegen Ägypten. Der promovierte Jurist Menno Aden nimmt das Niederschlagen des Aufstandes damals in Ungarn zum Anlass, auch an den israelisch-englisch-französischen Überfall auf Ägypten zu erinnern. Im Folgenden gebe ich seinen Beitrag mit seiner Genehmigung im Wortlaut wieder. Die Zwischenüberschriften sind (bis auf eine) von mir eingefügt.

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