Ein „Zweikampf“ zwischen Scholz und Merz, der keiner war – Ein wirklicher Zweikampf dagegen fand zwischen Alice Weidel (AfD) und dem Duo Merz/Scholz statt – Wie ein Mainstream-Blatt dies unterdrückt
Wenn ich schnell mal sehen will, wie der Medien-Mainstream aktuell tickt, schaue ich morgens in mein Regionalblatt. Zum Beispiel: Was und wie berichtet es über die Bundestagsdebatte am Mittwoch, dem 13. November? Seine Überschrift sagt schon alles und lautet: „Zweikampf im Bundestag“. Olaf Scholz hat gesprochen, Friedrich Merz hat gesprochen. Merz hat Scholz und dessen Regierung angegriffen. Das ordnet mein Regionalblatt unter „Zweikampf“ ein. Aber es ist ein Zweikampf nur verbal. Denn beide bereiten hinter den Kulissen schon eine Koalition zwischen Unionsparteien und SPD vor. Die nächste Bundesregierung unter einem Merz als Kanzler würde die Ampel-Politik fortsetzen – mit nur geringfügigen, unwesentlichen Abweichungen. Merz täuscht die Wähler. Die Überschrift des Provinzblattes vom „Zweikampf“ erweckt also einen falschen Eindruck, ist somit unzutreffend. Was im Bundestag wirklich stattfand, enthält das Provinzblatt seinen Lesern in der Provinz vor, als sei es ihnen nicht zuzumuten und als hätten sie nichts Besseres verdient.
Zutreffend dagegen wäre die Überschrift, wenn das Blatt auch vom Auftritt Alice Weidels in der gleichen Debatte berichtet hätte. Frau Weidel vertritt dort immerhin die zweitstärkste Opposition. Sie ist Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion und Co-Vorsitzende der AfD-Bundespartei. Sie hat nicht nur verbal, sondern auch inhaltlich eine kämpferische Rede gehalten (siehe hier). Mein Regionalblatt*) verschweigt das. Nur ganz am Schluss seines langen vierspaltigen Debattenberichts kommt der Name Weidel kurz vor. Dort erfährt der Leser bloß dies: „Und dann haben Scholz und Merz noch gemeinsam etwas zu lachen: als AfD-Fraktionschefin Alice Weidel Merz einen ‚Ersatz-Scholz‘ nennt.“ Damit endet der Bericht. Der eigentliche Zweikampf fand zwischen ihr und dem Duo Scholz/Merz statt. Zutreffend wäre es auch gewesen, würde mein Regionalblatt die Überschrift „Dreikampf im Bundestag“ gewählt haben. Aber dann hätte es Alice Weidel ebenso ausführlich zu Wort kommen lassen müssen wie Scholz und Merz. Doch das wäre ein Verstoß gegen die „Brandmauer“ gewesen. Diese Art von Journalismus will jedoch die Mauerbauer stützen und schützen. Objektiver verlässlicher Journalismus hat eine solche Aufgabe natürlich nicht.
Apropos Scholz: Ein vernichtendes Urteil über ihn hat Roland Tichy am 10. November hier gefällt. Und Jakob Fröhlich schrieb am 13. November in Tichys Einblick unter dem Titel „Olaf Scholz und der empathiefreie Zynismus der Macht“ (hier): „Der Wahlkampf läuft, jetzt auch im Bundestag. Den Aufschlag macht der Bundeskanzler mit einem lupenreinen Selbstvermarktungsauftritt. Olaf Scholz trommelt für sich selbst – und zwischen den Zeilen für eine Große Koalition.“ Was fälschlicherweise als „Regierungserklärung“ angekündigt worden sei, sei eine Wahlkampfrede gewesen.
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*) Lübecker Nachrichten vom 14. November 2024, Seite 2.