Es beginnt mit dem großen Energieversorger Uniper – Aus einem halbstaatlichen finnischen Konzern wird ein deutsches ganzes Staatsunternehmen – Wie Verknappung auf marktwirtschaftliche Weise zu bewältigen ist – Menschen sind unglaublich anpassungsfähig – Wie sich Uniper ohne Staatshilfe über Wasser halten könnte – Aber Politiker mögen nur in interventionistischen Kategorien denken und handeln – Was Uniper nicht vorzuwerfen ist. Und ein groteskes Ergebnis – Alles läuft darauf hinaus, den Morgenthau-Plan verspätet zu vollziehen
Schritt für Schritt räumt Deutschland seine einst freie, aber soziale Marktwirtschaft ab. Nicht die Bürger in Deutschland tun und wollen es, sondern ihre egozentrische, anmaßende, Gott spielende politische Führung – Arm in Arm mit ihrem begünstigten lobbyistischen Anhang in zu vielen Institutionen, aber auch in Konzernen mit knieweichen Managertypen, denen die Verantwortungspflicht gegenüber Unternehmens- und Gemeinwohl längst abhandengekommen ist, mag sie dort auch einmal vorhanden gewesen sein; Positionserhalt und eigenes Fortkommen stehen schon lange an erster Stelle. Und nun fängt in Deutschland auch das Verstaatlichen an.
Wo bleiben die Ökonomen, die das staatliche Intervenieren vernehmbar verdammen?
Es beginnt in der Energieversorgung. Ihrer hat sich der deutsche Staat mit vorgeblichem Klimaschutz und Energiewende ohnehin schon lange bemächtigt. Er subventioniert auf unverschämteste Weise, was ohne Subvention auf dem freien Markt keinerlei Chance hätte. Marktwirtschaft ist hier längst perdu, Wettbewerb ist allenfalls als Vortäuschung vorhanden. Doch wo bleiben mit Warnung, Kritik und Verdammung die Stimmen der Ökonomen? Die einen schwimmen ordnungspolitisch verkommen im Strom mit, die noch aufrechten anderen resignieren, und wenn sich einer der zweiten Sorte zum Verdammen tapfer aufschwingt, findet er allenfalls Gehör in dem einen und anderen Alternativ-Medium.
Aus einem halbstaatlichen finnischen Konzern wird ein deutsches ganzes Staatsunternehmen
Die Bundesregierung hat also am 21. September beschlossen, rund 99 Prozent der Uniper-Kapitalanteile zu übernehmen.*) Das geschieht innerhalb ihres dritten Rettungspaketes in Sachen der staatlich selbst verschuldeten Preis- und Versorgungskrise am Energiemarkt. Der deutsche Staat übernimmt die Anteile vom finnischen Energiekonzern Fortum.**) Mehrheitsaktionär von Fortum ist mit 50,8 Prozent der finnische Staat. Damit wird der Energieriese Uniper SE***) mit Sitz in Düsseldorf vom halbstaatlichen finnischen Konzern zu einem deutschen ganzen Staatsunternehmen. Die FAZ schrieb: „Der Bund ist gekommen, um lange Zeit zu bleiben.“ Es fehle bislang das Bekenntnis der Regierung, Uniper zu privatisieren, sobald sich die Lage bessere. (FAZ vom 22. September, Seite 17).
Wie Verknappung auf marktwirtschaftliche Weise zu bewältigen ist
Uniper ist in Deutschland für Gas bisher der Hauptversorger, und Russland war (mit 50 Prozent) sein wichtigster Lieferant. Wegen der auch deutschen Sanktionen kommt von dort nichts mehr. Die Erdgasleitung Nord Stream 2 hat Deutschland, von den USA samt EU erpresst, zur Gaslieferung nicht freigegeben, und durch Nord Stream 1 schickt Russland von sich aus kein Gas mehr. Uniper und andere Gasversorger können die gewohnten Mengen nicht mehr liefern. Ehe sie sich andere Lieferquellen erschließen, dauert es. Ein verknapptes Angebot auf eine zunächst unveränderte Nachfrage zu verteilen, geschieht am einfachsten auf marktwirtschaftliche Weise: über höhere Preise.
Menschen sind unglaublich anpassungsfähig
Diese zur Verteilung notwendigen Preissteigerungen treten im Handeln um die Ware wie automatisch ein: Wer wieviel Gas unbedingt braucht, das reguliert der gestiegene Preis. Wer diesen Preis nicht aufbringt, schränkt seinen zuvor meist üppigen Gasverbrauch ein. Menschen sind individuell, wenn man sie lässt, unglaublich anpassungsfähig. Zwar gibt es in der Versorgung, gemessen an der üppigen Zeit zuvor, einen Engpass, aber die Versorgung klappt weiterhin, sie ist nur knapper geworden. Uniper und die anderen Gasversorger können Gas zwar liefern, aber deutlich weniger und zu deutlich höheren Preisen. Soweit sie vertragliche Bindungen eingegangen sind, werden sie sich auf Notfallklauseln berufen können, um ihren Abnehmern die verknappte Menge zum dann höheren Preis zu liefern.
Wie sich Uniper ohne Staatshilfe über Wasser halten könnte
Wenden sich diese Abnehmer – ob mit oder ohne vertragliche Abnahmeverpflichtung – solchen Gasversorgern zu, die unter Russlands Lieferausfall weniger oder gar nicht leiden, würden sie dort, wenn überhaupt, tendenziell ebenfalls nur zu höheren Preisen versorgt werden. So bildet sich auf marktwirtschaftliche Weise bei allen Versorgern ein höheres Preisniveau heraus, das ziemlich einheitlich ist und die Verknappung widerspiegelt. Auf diese Weise müssten sich Uniper und die vergleichbaren anderen Gasversorger trotz der Lieferausfälle weiter über Wasser halten können. (siehe hierzu auch meinen Beitrag „Die staatliche Gasumlage ist überflüssig“ hier). Nur, was geschieht mit denen, die sich nun sogar einen derart kleinen Gasbedarf nicht mehr leisten können, der als Minimum lebensnotwendig ist? Ihnen (und nur ihnen) darf und würde der Staat mit direkten Beihilfen zur Seite stehen.
Aber Politiker mögen nur in interventionistischen Kategorien denken und handeln
Soweit die Möglichkeit, die schwierige Lage marktwirtschaftlich zu meistern – ohne staatlichen Interventionismus, ohne Uniper-Verstaatlichung und ohne vielleicht weiterer staatlicher Übernahmen. Aber Politiker mögen bekanntermaßen nur in interventionistischen Kategorien denken und handeln, nicht in freiheitlichen. Darin unterscheiden sie sich allerdings nicht von vielen deutschen Bürgern, denn wahrscheinlich suchen die meisten lieber Hilfe und Fürsorge durch den Staat als durch marktwirtschaftliche und freiheitliche Lösungen. Doch Politikern wie Bürgern ist immer wieder zu vermitteln, dass es Alternativen gibt. Nur wollen muss man sie. Dass dieser Wille fehlt, ist Realität. Man kann es verstehen: Politiker fürchten das Unverständnis der Bürger, und die Bürger fürchten die Politiker, weil sie denen schon lange nicht mehr vertrauen. Ist das Vertrauen verspielt, hat vernünftige Politik keine Chance mehr.
Was Uniper nicht vorzuwerfen ist. Und ein groteskes Ergebnis
Man mag Uniper vorwerfen, das Unternehmen habe sich dem Staat viel zu schnell an den Hals geworfen in der leider berechtigten Erwartung, die schreckensbleichen, knieweichen Politiker wegen seiner Größe und Bedeutung am deutschen Erdgasmarkt als „systemrelevant“ zu beeindrucken und Staatshilfe zu bekommen. Aber der eine Vorwurf, der Uniper gemacht wird, nämlich sich von russischem Erdgas abhängig gemacht zu haben, ist verfehlt und nichts weiter als nachträgliche Besserwisserei. Russland galt stets und überall in Deutschland als sehr vertragstreuer und verlässlicher Erdgaslieferant – auch als es der große kommunistische Machtblock Sowjetunion und der bedrohliche ideologische Gegner der westlichen Welt war. Daher hat sich Uniper auf die Lieferungen auch unter schwierigen politischen Verhältnissen verlassen dürfen. Doch was ist jetzt wegen der Sanktionen gegen Russland das groteske Ergebnis? Die Gas-Abhängigkeit der EU von Russland nimmt ab, die von den USA zu. (FAZ vom 22. September, Seite 18).
Alles läuft darauf hinaus, den Morgenthau-Plan verspätet zu vollziehen
Völlig falsch eingeschätzt hat Uniper nur das selbstzerstörerische Agieren der deutschen politischen Führung gegen Russland sowie gegen das eigene Volk und Land. Dazu kommt die Fehleinschätzung der geopolitischen Machtgelüste der USA gegenüber Russland und auch Europa und hier vor allem gegen Deutschland im Zentrum Europas. Aber mit dieser Fehleinschätzung steht Uniper keineswegs allein. Seit die USA Deutschland und das westliche Europa mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums von 1990 an nicht mehr als Bollwerk gegen den kommunistischen Ostblock brauchen, behandeln sie sie nur noch als für die USA schädliche Konkurrenten. Alles läuft darauf hinaus, den Morgenthau-Plan (hier) verspätet zu vollziehen.
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*) Mitteilung der Bundesregierung vom 21. September 2022 hier: hier und hier hier. Formalrechtlich vollzogen ist die Übernahme erst nach verschiedenen regulatorischen Anforderungen. So muss ihr eine außerordentliche Uniper-Hauptversammlung noch zustimmen und die EU-Kommission sie beihilferechtlich genehmigen. Das dauere, wie es heißt, mindestens drei Monate. Deswegen hält die Bundesregierung als Zwischenlösung an der Gasumlage fest. Nach diesen drei Monaten, wenn Uniper auch formal verstaatlicht ist, könne die Gasumlage auf null gesetzt werden. Doch bevor sie in Kraft tritt, soll noch geprüft werden, ob sie rechtlich mit der Uniper-Verstaatlichung vereinbar ist.
**) Näheres zu Fortum hier.
***) Die Uniper SE ist eine börsennotierte Gesellschaft (SE = Societas Europaea). Sie ist im April 2016 zunächst als konzerninterne Gesellschaft der E.ON SE entstanden, wurde aber schon im Juni 2016 von E.ON abgespalten. Seit März 2020 gehört Uniper mehrheitlich dem finnischen, staatlich dominierten Energiekonzern Fortum. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 11.000 Mitarbeiter in über 40 Ländern. Der Unternehmenssitz ist Düsseldorf. Etwa ein Drittel der Mitarbeiter ist in Deutschland beschäftigt. Der Name Uniper ist ein Kunstwort aus unique (einzigartig) und Performance (Leistungsfähigkeit). Der Aufsichtsrat wählte den Namensvorschlag eines langjährigen Mitarbeiters aus rund 3000 eingebrachten Ideen aus. Quelle Wikipedia und weitere Angaben hier.