Das Attentat auf Trump, das Compact-Verbot, der EU-Boykott gegen Ungarn
Was sich Ungarns Orbán so alles erdreistet – Die EU für Frieden, ach, das war einmal – Die europäischen Kriegstreiber und die noch nicht verblödeten Zeitgenossen – Orbán als „Sicherheitsrisiko“ hingestellt – Nicht Orbán ist das Sicherheitsrisiko, sondern die Leyen-Kommission und die maßgeblichen EU-Staaten – Am Sturz von Regierungen arbeiten Oppositionsparteien im Parlament üblicherweise – Der Vorwurf gegen die Faesers unserer Zeit – Eine flammende Verteidigung der Pressefreiheit sieht anders aus – Compact: Wer Frieden fordert, lebt gefährlich – „Hallo, Ihr Zeitungsleute, jetzt müsst Ihr aber wach werden“
Geht es jetzt Schlag auf Schlag? Erst am 14. Juli der Mordversuch an Donald Trump in den USA, dann am 17. Juli der Schlag gegen das Compact-Magazin und die Pressefreit in Deutschland mittels Razzia, Verbot, Beschlagnahmung, Enteignung und 50 Polizisten. Was kommt als nächste Ungeheuerlichkeit? Orbáns Entfernung von der EU-Ratspräsidentschaft, die er seit dem 1. Juli für ein halbes Jahr innehat? Im Gezeter um seine „Friedensmission“ war eine solche Forderung prompt im Gespräch. Und die unsägliche, aber trotzdem jetzt wiedergewählte Kommissionspräsidentin von der Leyen ist schon mal vorgeprescht und hat eilends gegen Ungarn einen diplomatischen Boykott verhängt: An künftigen informellen Ministertreffen unter Ungarns Leitung sollen, o weh, keine EU-Kommissare mehr teilnehmen, sondern nur ranghohe Beamte.
Was sich Ungarns Orbán so alles erdreistet
Auch verweigert die Leyen-Kommission der ungarischen Präsidentschaft den traditionellen Antrittsbesuch, den diese vermutlich wird verschmerzen können. Erdreistet sich doch Ungarns Ministerpräsident Victor Orbán, für Frieden im Krieg zwischen der Ukraine (samt USA, EU und Großbritannien) und Russland einzutreten und hat er doch zu diesem Behuf, nachdem er gleich am 2. Juli bei Selenskyj in der Ukraine war, anschließend horribile dictu auch Putin, Xi Jinping, und Donald Trump besucht. Zwar nicht offiziell in seiner EU-Eigenschaft, sondern als Ungarns Regierungs-Chef, doch wird er von den Dreien natürlich trotzdem auch (und vielleicht sogar vor allem) als EU-Ratspräsident wahrgenommen, jedenfalls derzeit.
Die EU für Frieden – ach, das war einmal
Früher habe die EU überall Frieden gewollt, hat Ungarns Außenminister Péter Szijjártó in der offenen Debatte des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen am 16. Juli gesagt. Nach einem Bericht der deutschsprachigen Budapester Zeitung (hier) brachte Szijjártó in Erinnerung, wie die EU bei bewaffneten Konflikten im letzten Jahrzehnt in der Regel alle Kriegsparteien zu Friedensverhandlungen und diplomatischen Lösungen gedrängt habe: „Bei Konflikten überall in der Welt erklärten die EU-Spitzen, allen voran der werte Außenbeauftragte, hochnäsig und arrogant, die Kriegsparteien müssten sofort die Waffen niederlegen und einen Friedensschluss suchen.“ Im Falle des Ukraine-Kriegs verhält es sich nach Szijjártó ganz anders. Da wendeten sich die Politiker und die Bürokraten der EU nicht nur gegen Friedensverhandlungen, sondern heizten den Konflikt noch an. Und „wenn einer vom Frieden spricht, wird er gleich als Putins Marionette, Spion und Propagandist des Kremls, als Trojanisches Pferd der Russen abgestempelt“.
Die europäischen Kriegstreiber und die noch nicht verblödeten Zeitgenossen
Dabei sei es, so Szijjártó, erst dann eine wahre diplomatische Leistung, wenn man sich mit jenen an einen Verhandlungstisch setze, mit denen man sich nicht einig sei. Ungarn habe seit langem erklärt, es gebe keine Lösung auf dem Schlachtfeld, weshalb die Diplomatie den Ukraine-Krieg aus der Sackgasse führen müsse. Es sei empörend, dass Ungarn im 21. Jahrhundert für diesen Standpunkt gebrandmarkt werde. Im Übrigen sei die UNO als eine Institution gegründet worden, um zwischen Konflikt- oder gar Kriegsparteien ein Forum des Dialogs zu schaffen. „Die Angriffe der europäischen Kriegstreiber bestärken nur noch unsere Entschlossenheit in Sachen Friedensmission“, sagte Szijjártó in der Debatte des UN-Sicherheitsrates. „Wir wollen Frieden statt Krieg.“ Bei noch nicht verblödeten Zeitgenossen hat der von der EU-Kommission gegen die Ratspräsidentschaft Ungarns verhängte Boykott für Unverständnis und Empörung gesorgt. Er ist ein weiterer Beleg dafür, wie die Politik verwahrlost, zum hilflosen Agieren verkommt und den Bürgern unermesslich schadet.
Orbán als „Sicherheitsrisiko“ hingestellt
Zur Verwahrlosung in der Politik kommt auch die Verwahrlosung in den grün-links-lastigen „System-Medien“. Als pars pro toto: Mein Regionalblatt sieht in Orbán ein Sicherheitsrisiko.*) Seit Jahren tanze er der Europäischen Union auf der Nase herum. Seit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Ungarn sei sein Gebaren völlig untragbar geworden. Seine Profilierungsreise zu Putin, zu der er keinerlei Auftrag der EU gehabt habe, habe er als „Friedensmission“ verklärt. Orbán mache sich für Putin Xi und Trump zum willfährigen Instrument ihrer Spaltung … und so weiter und so fort. Und dann: „Dass der Putin-Freund bei Nato und EU in den Runden der Staats- und Regierungschefs mit am Tisch sitzt, ist unerträglich. Längst ist Orbán zu einem Sicherheitsrisiko geworden.“ Von der Leyen habe nun endlich deutlich gemacht, dass sein Verhalten nicht folgenlos bleibe. Die Bundesregierung solle dem Leyen-Beispiel folgen und die informellen Treffen boykottieren. Und wenn das nicht ausreiche, Drastischeres erwägen: Ungarn die Ratspräsidentschaft entziehen.
Nicht Orbán ist das Sicherheitsrisiko, sondern die Leyen-Kommission
Hier wird nicht bloß kommentiert, sondern agitiert. Keine Argumente, warum Orbán ein Sicherheitsrisiko ist, worin sein willfähriges Spalten besteht, warum sein Gebaren völlig untragbar ist. Und welches Gebaren denn? Dass er sich für Frieden einsetzt? Friedenseinsatz ein unhaltbares Gebaren? Oder seine Gespräche bei drei wichtigen Staatsmännern dreier Großmächte? Solche Kommentatoren klären ihre Leser (Zuschauer, Zuhörer) nicht auf, sie liefern ihnen Blendwerk. Das Sicherheitsrisiko ist nicht Orbán, sondern die EU-Kommission mit von der Leyen und die sie tragenden maßgeblichen EU-Mitgliedstaaten mit dem Deutschland von heute an der Spitze.
Am Sturz von Regierungen arbeiten Oppositionsparteien im Parlament üblicherweise
Das gleiche Regionalblatt, ebenfalls als pars pro toto, sieht im Verbot des Compact-Magazins und seiner anderen Aktivitäten durch SPD-Bundesinnenministerin N. Faeser einen „Ausdruck wehrhafter Demokratie“.****) Zwar sei es, wenn Regierungen Medien verböten, in den allermeisten Fällen ein Grund sich ernsthafte Sorgen zu machen, aber im Fall des rechtsextremen Magazins lägen die Dinge anders. Und dann folgen die ganzen Litaneien wie: Compact habe sich „längst zu einer der wichtigsten Mobilisierungs- und Kampagnenplattformen der rechtsextremistischen Szene entwickelt“, Chefredakteur Elsässer sei „weniger Journalist als rechtsextremer Aktivist und Generalunternehmer“, er habe die Agitation gegen die demokratische Grundordnung zu einem elaborierten Geschäftsmodell gemacht“, habe sein Magazin „als Instrument zum Sturz der Regierung“ positionieren wollen. Schon 2018 habe sich Compact beschrieben als Medium mit dem Ziel, „zum Sturz der Regierung beizutragen“. Nun, den Sturz der Regierung pflegen in Parlamenten auch die Oppositionsparteien anzustreben, in Deutschland zum Beispiel Parteien wie die AfD oder das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW). Bisher gilt das nicht als verwerflich oder gar strafbewehrt oder als ein Parteiverbot begründend. Oder soll das etwa auch noch kommen?
Der Vorwurf gegen die Faesers unserer Zeit
Der Regionalblatt-Kommentator meint zu Recht, in einer offenen Gesellschaft müssten sich Staat und Regierung selbst heftigste Kritik gefallen lassen. Aber wenn Vereine oder Unternehmen für die Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung kämpften, seien Politik und Behörden in der Pflicht einzugreifen. Damit gibt er subkutan zu verstehen, eben dies werde von Compact und Elsässer betrieben. Nach meiner Wahrnehmung will Elsässer diese Ordnung nicht abschaffen, sondern wieder herstellen. Sie Schritt für Schritt abzuschaffen, ist dagegen den Faesers unserer Zeit vorzuwerfen, dem deep state innerhalb und außerhalb Deutschlands. Weit vorangekommen ist es damit schon.
Eine flammende Verteidigung der Pressefreiheit sieht anders aus
Die FAZ**) kommentierte das Compact-Verbot zwar verbal nicht unzutreffend, aber – gemessen an der politischen Bedeutung dieses in Deutschland seit 1945 einmaligen Staatsstreichs gegen ein Zeitungsorgan – verharmlosend und unverhältnismäßig unterkühlt: „Dass ein Verbot einer tragfähigen Begründung bedarf und verhältnismäßig sein muss, sollte sich von selbst verstehen. Nicht alles aus dem bunten Strauß, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für das recht öffentlichkeitswirksam durchgezogene Verbot der Zeitschrift „Compact“ präsentiert, wirkt überzeugend. „Verschwörungstheoretische Inhalte“, „Widerstands- und Revolutionsrhetorik“ oder „verzerrende und manipulative Darstellungen“ mögen – auch rechtlich – angreifbar sein, sind aber kaum Verbotsgründe.“ Eine flammende Verteidigung der Pressefreiheit ist das nicht gerade.
FAZ zitiert aus Compact: „Wer Frieden fordert, lebt gefährlich“
Das Feuilleton der FAZ***) verband das Compact-Verbot mit dem Attentat auf Trump in höhnend-ironisierter Form so: „Wer für das Attentat verantwortlich sei, das weiß ‚Compact‘ wie alle rechtslastigen Verschwörungstheoretiker dieser Tage (F.A.Z. vom 15. Juli) selbstverständlich auch: ‚Wie JFK und Robert F. Kennedy‘ wolle Trump ‚einen Kalten Krieg beenden – und wie Martin Luther King die Spaltung der Bürger überwinden. Und wie in den genannten Fällen versucht der Tiefe Staat, ihn auszuschalten. (…) Sobald sich Widerstand in einer Person, in einem Hoffnungsträger manifestiert, wird er vom Tiefen Staat gemordet. Das vermittelt dem Stimmvieh: Die Interessen der Machthaber sind nicht verhandelbar. Dazu zählt auch (ökonomisch lohnende) Kriegspolitik. Wer Frieden fordert, lebt gefährlich!‘“ Was die FAZ hier aus Compact zitiert, soll das Zitierte ins Lächerliche ziehen und das Magazin unglaubwürdig machen. Aber hinter der FAZ steckt immer ein kluger Kopf. Mit diesem Werbespruch gemeint sind allerdings ihre Leser. Sehr viele von ihnen haben die FAZ längst verlassen. Die Unentwegten sind vielleicht nicht klug genug und wollen sich im Mainstream baden. Oder nur das lesen, was in der FAZ des Lesens noch immer wert ist.
„Hallo, Ihr Zeitungsleute, jetzt müsst Ihr aber wach werden“
Eine einfache Bürgerin, Karin Zimmermann (Neunkirchen-Seelscheid, Jahrgang 1941), meldete sich zum Compact-Verbot in einem Offenen Brief am 17. Juli so zu Wort: „Hallo Ihr Zeitungsleute, jetzt müsst Ihr aber wach werden, damit Ihr den Untergang nicht verschlaft:
- Der Person?
- Der Regierung?
- Der Ampel?
- Euren eigenen?
- Des Grundgesetzes?
- Der Demokratie überhaupt?
- Von allem, wofür wir gelebt und gearbeitet haben?“
Karin Zimmermann ist eine sachkundige, couragierte Frau, die sich mit zahlreichen politischen Themen befasst und sich öffentlich dazu äußert. Beruflich ist sie nach eigenen Angaben viele Jahre im PR-Geschäft tätig gewesen. Zusammen mit Mutter, kleiner Schwester und ihren Großeltern ist sie am 26. Juni 1945 vom elterlichen Bauernhof in Morrn (Kreis Landsberg an der Warthe, Ostbrandenburg) vertrieben worden. Sie war damals drei Jahre alt.
_______________________________________________
*) Can Merey in Lübecker Nachrichten vom 17. Juli 2024, Seite 2.
**) Reinhard Müller in der FAZ vom 17. Juli 2024, Seite 8.
***) Michael Hanfeld in der FAZ vom 17. Juli 2024, Seite 13.
****) Felix Huesmann in „Lübecker Nachrichten“ vom 17. Juli 2024, Seite 2.