Die USA haben eine Gasleitung schon einmal hochgehen lassen – Der vom CIA fingierte Deal mit Hilfe einer kanadischen Firma – Veränderte Software steuerte die Selbstsprengung der Leitung – Der Hintergrund: das Riesen-Gasgeschäft zwischen Sowjetunion und Deutschland 1981 – Bau der Leitung durch westeuropäische Firmen, Bezahlung durch Russland mit Erdgas – In Washington war man außer sich – Später knallten im Oval Office und Pentagon die Champagner-Korken
Übung macht den Meister, sagt man. Auch die USA haben geübt. Im Zerstören von Gasleitungen sind sie nicht unerfahren. Eine solche Leitung haben sie nämlich schon einmal hochgehen lassen. Allerdings ist das schon etwas her. 1982 hat es stattgefunden, also vor vierzig Jahren. Doch es belegt: Die USA scheuen auch vor so etwas nicht zurück. Über die damalige Zerstörung hat gerade der Journalist, Kolumnist und Schriftsteller Alexander Wallasch*) informiert: „Oops! … They did it again: Wie der CIA 1982 eine russische Gas-Pipeline in die Luft jagte.“
Der vom CIA fingierte Deal mit Hilfe einer kanadischen Firma
Wallasch zitiert aus Quellen und schreibt: „Weit über zwanzig Jahre lang war Gras über diese geheime CIA-Operation gewachsen, bis Thomas Reed, ein ehemaliger Sicherheitsberater des Präsidenten, 2004 der Meinung war, dass es an der Zeit sei, über diesen großen Erfolg der Behörde in seinem Buch At the Abyss. An Insider’s History of the Cold War zu berichten.“ Der CIA habe damals von einem Spion in Moskau erfahren, an welchen amerikanischen computergesteuerten Spezialanlagen die Sowjetunion interessiert sei. Dann sei dafür gesorgt worden, dass die Russen die gewünschte Hard- und Software auch erhielten. Über eine kanadische Firma hätten die amerikanischen Geheimdienste einen Deal fingiert, und die kanadische Firma habe auch geliefert.
Veränderte Software steuerte die Selbstsprengung der Erdgasleitung
Der Coup sei so perfide wie intelligent und auf höchstem Geheimdienst-Niveau ausbaldowert worden. Wallasch zitiert dazu die Neue Zürcher Zeitung: „„Die Software war allerdings so verändert worden, dass sie nach ein paar Wochen die Geschwindigkeiten der Turbinen, die Arbeit der Pumpen, die Bewegungen der Ventile in einer Art und Weise steuerte, die schließlich zur Explosion führte.“
Der Hintergrund: das Riesen-Gasgeschäft zwischen Sowjetunion und Deutschland 1981
Der wirtschaftlich-politische Hintergrund zu dieser Technik-Manipulation an der sich selbst sprengenden Gasleitung war das Riesen-Gasgeschäft zwischen der Sowjetunion und Deutschland 1981. Am 22. November 1981 war der sowjetische Partei- und Regierungschef Leonid Breschnew nach Bonn gereist. Zwei Tage zuvor hatten sowjetische Außenhandelsexperten in Essen das „größte Ost-West-Industrieabkommen aller Zeiten“ unterzeichnet: „den Bau von Rohrleitungen und Kompressorstationen im Wert von 20 Milliarden Mark und – von 1984 bis 2009 – die Lieferung von jährlich 40 Milliarden Kubikmeter Sibirien-Erdgas im Wert von 16 Milliarden Mark – 400 Milliarden Mark in 25 Jahren“. (Quelle: Der Spiegel 12/1982 vom 21. März 1982 hier).
Bau der Leitung durch westeuropäische Firmen, Bezahlung durch Russland mit Erdgas
Das Geschäft sah eine sechsspurige Rohrleitung für den Erdgastransport vom nördlichen Sibirien nach Westeuropa vor. Die Sowjetunion hatte zugesagt, von 1985 an rund dreißig Prozent des europäischen Erdgasbedarfs zu liefern. Das Problem nur, so Wallasch: „Die Leitungen dafür zu bauen, war für die Sowjetunion nicht machbar, das sollten europäische Unternehmen erledigen und sich dafür in Gas bezahlen lassen. Selbstredend versorgten diese Leitungen dann auch die Industrie Russlands mit dem begehrten Energierohstoff.“
In Washington war man außer sich
Aber der spektakuläre Deal, so Wallasch weiter, „gefiel nicht jedem: Zuerst schlugen Amerikas Hardliner Alarm, der damalige Verteidigungsminister Caspar Weinberger war stellvertretend für seine Regierung außer sich über diese deutsche Entspannungsdiplomatie“. Die Westdeutschen hätten sich laut Spiegel damals von den USA als Verderber westlicher Wehrkraft anschwärzen lassen müssen. Wallasch berichtet dann, wie sich die damalige Bundesregierung in Washington um gutes Wetter bemühte: „Im Januar 1982 reiste Bundeskanzler Helmut Schmidt in die USA und musste sich persönlich erzählen lassen, wie negativ die amerikanischen Freunde das Gas/Röhrengeschäft bewerteten. Vordergründig fürchteten die Amerikaner, dass hochwertige westliche Technik installiert werden würde, die von den Russen ausgeschlachtet und militärisch verwendet werden könnte.“ Weitere deutsche Besänftigungsversuche folgten. Der ganze Wallasch-Bericht hier.
Später knallten im Oval Office und Pentagon die Champagner-Korken
Der Schluss im Wallasch-Bericht lautet: „Im März 1982 hatte der Spiegel die Geschichte eines gigantischen sowjetisch-deutschen Gasgeschäftes aufgeschrieben. Wenige Monate später explodierte es an zwei Orten: In Sibirien leuchtete ein gigantischer Feuerball bis ins Weltall, und im Oval Office und dem Pentagon knallten die Champagnerkorken.“
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*) Näheres über Alexander Wallasch hier.
Ein Kommentar zu „„They did it again““