Warum sollte Hans-Georg Maaßen nicht sagen dürfen, was er gesagt hat – Was ist daran schlimm? – Maaßen hat pflichtgemäß gehandelt – Worum es eigentlich ging – „Eine Staatsaffäre voller Banalität“ – Mit der SPD bekommt man jetzt fast richtig Mitleid, dort herrscht Panik – Daher geht das schauerliche Stück jetzt weiter
Angeschlagen sind sie nun alle. Außer Maaßen selbst kommt kein maßgeblich Beteiligter heil aus der politisch aufgeblasenen Mini-Affäre heraus. Der Fall war und ist auch gar keine Affäre Maaßen, sondern eine Affäre des deutschen Politikbetriebs, der Maaßens Äußerung zur Affäre erst gemacht hat. Sie hat sich – um beim Wortspiel zu bleiben – nicht in Maßen gehalten, sondern ist völlig außer Maßen geraten. Warum eigentlich sollte Maaßen als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) nicht sagen dürfen, was er gesagt hat?
Na, und? Was ist daran schlimm?
Gesagt hat er (gegenüber der Bild-Zeitung), doch nur dies, nämlich Zweifel geäußert, dass es in Chemnitz am 26. August zu „Hetzjagden“ gekommen sei: „Die Skepsis gegenüber den Medienberichten zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz wird von mir geteilt. Es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist. Nach meiner vorsichtigen Bewertung sprechen gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken.“ Dem Verfassungsschutz lägen „keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben“. Na, und? Was ist daran schlimm? Warum soll ein Verfassungsschutzpräsident seine Skepsis, seinen vorsichtigen Verdacht öffentlich nicht äußern dürfen? Was und wem schadet das? Es gehört zu seinem Metier.
Maaßen hat pflichtgemäß gehandelt
Dabei fällt auch nicht ins Gewicht, ob das Video wirklich zeigt, was es zu zeigen vorgibt, oder ob es tatsächlich eine Falschinformation ist. Zweifel äußern dürfen muss auch ein Verfassungsschutzpräsident. Ebenso ist nicht einzusehen, was daran verfehlt sein soll, wenn die Kanzlerin sich derart geäußert hat, als habe sie an der Hetzjagd-Echtheit des Videos keine Zweifel. Sollte sich Maaßen daher der Kanzlerin-Äußerung anschließen, obwohl gerade er Zweifel durchaus hatte? Sollte er also im Interview gegen seine eigene Ansicht sprechen? Durfte er sich als Verfassungsschützer auf eine Äußerung einlassen, mit der er sich dann, wenn sich die Äußerung der Kanzlerin als nicht haltbar erweisen sollte, dem Vorwurf ausgesetzt sähe, am Unterdrücken der Wahrheit mitgewirkt zu haben? Sollte er einfach schweigen, drumherumreden oder sagen, er wisse es nicht. Nein, das durfte er nicht, seine Skepsis musste er, was ihn ehrt, trotzdem kundtun, pflichtgemäß. Aber die FAZ meint: „Auch als „vorsichtige Bewertung“ ist das ein starkes Stück.“ (Ausgabe vom 8. September, Seite 1). Wieso ein starkes Stück? Was für merkwürdige Maßstäbe.
Nicht mehr tragbar wegen Einmischung in die Tagespolitik?
Über Kanzlerin Merkel wurde deren Auffassung vermeldet, der Behördenleiter sei nicht mehr tragbar, weil er sich mit seiner Skepsis in die Tagespolitik eingemischt habe. Absurd. Wurde Maaßen etwa politisch angegriffen, als er aus der Arbeit des Verfassungsschutzes warnend wichtige Informationen preisgab so wie die im Februar 2017, dass sich die islamistische Terror-Szene stark erweitert habe? Nein, wurde er nicht. Er teilte sogar Genaueres mit: „Wir zählen inzwischen 1600 Personen zum islamistisch-terroristischen Personenpotenzial“, sagte er. Ein Jahr zuvor (Ende 2016) habe die Zahl bei 1200 gelegen. Und weiter: „Es etablieren sich soziale Gruppen, man kann sagen islamistische Moscheegemeinden, im Cyberraum, von denen man in der Realwelt allenfalls dadurch etwas mitbekommt, dass die Menschen ihr Benehmen verändern.“ Das war auf dem Europäischen Polizeikongress am 21. Februar in Berlin gewesen. (Quelle: Bild-Zeitung hier). War das dann nicht ebenfalls eine Einmischung in die Tagespolitik? Gewiss, das war eine, denn Merkels „Flüchtlingspolitik“ mit ihren schlimmen Folgen möchte doch auch diesen Teil der Folgen am liebsten unter der Decke halten.
Wie Maaßen den Anlass für seine Äußerung erklärt
In Maaßens vierseitigen Bericht an seinen Vorgesetzten Bundesinnenminister Seehofer heißt es: „Anlass für die Aussage des Präsidenten des BfV war die Regierungserklärung des Sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer vom 5. September 2018, in der er feststellte, dass es keine Hetzjagd in Chemnitz gab. Vor diesem Hintergrund hielt der Präsident des BfV es für richtig, die bisherige Berichterstattung über angebliche ‚Hetzjagden‘ zu bewerten. Die Zuständigkeit des BfV nach § 3 Abs. 1 BVerfSchG umfasst in diesem Zusammenhang auch die Aufklärung von Desinformationen und ist unabhängig von den Zuständigkeiten und Aufgaben der Strafverfolgungsbehörden.“ Die weiteren wesentlichen Aussagen aus dem Maaßen-Bericht, dokumentiert von der Deutschen Presse-Agentur (dpa), finden Sie hier. Dort ist auch das besagte Video aufrufbar. Außerdem war sich nicht nur Kretschmer sicher, dass es keine Hetzjagd auf Ausländer gab, sondern auch die sächsische Generalstaatsanwaltschaft (FAZ vom 8. September, Seite 1 und 3).
Worum es eigentlich ging
Gleichwohl fielen Parteipolitiker sowie linke und linksextreme Szene, verstärkt durch die Nachrichten-Medien und „Sozialen Medien“, über Maaßen her. Die vorgebliche Hetzjagd auf Migranten, wie sie das Video vermitteln will, wurde zur realen Hetzjagd auf Maaßen. Die FAZ kommentierte, längst gehe es um mehr als das Video: „Eigentlich geht es um die Frage, worauf die Öffentlichkeit ihr Augenmerk legen soll: auf den Rechtsextremismus oder die Ausländerkriminalität in Chemnitz und anderswo? Deshalb wird vehement über die Frage gestritten, ob das, was in Chemnitz passiert ist, als ‚Hetzjagden‘ bezeichnet werden darf.“ (FAZ vom 8. September, Seite 3). Außerdem war der Fall für viele in der Politik, „die auf Maaßen ohnehin nicht gut zu sprechen sind“, eine gute Gelegenheit, ihn endlich loszuwerden. Die FAZ schrieb: „Der nüchterne Jurist Maaßen steht ohnehin im Feuer nicht nur der Opposition, sondern auch des Kanzleramtes, weil er Gespräche mit hochrangigen Politikern der AfD führte – und nicht zuletzt, weil er hinter vorgehaltener Hand keinen Hehl aus seiner Kritik an der Flüchtlingspolitik macht.“ (FAZ vom 8. September, Seite 1).
Wie im Mittelalter: mit Häretikern auf den Scheiterhaufen
Das Ding wurde hochgeschaukelt und eine Mücke zum Elefanten gemacht. Dushan Wegner schrieb am 18. September auf Achgut.com unter dem Titel Berliner Inquisition, Ende eines Ketzers: „Es gab einen hochrangigen Funktionär, der es wagte, die Orwell’sche Umdeutung der Fakten zumindest zu hinterfragen: Hans-Georg Maaßen, Präsident des Verfassungsschutzes. Er wollte untersuchen und hinterfragen, was Kanzlerin und Linke für ‚wahr‘ erklärt haben – das Äquivalent dazu, im Mittelalter die Existenz Gottes oder die Autorität der Kirche zu hinterfragen. Maaßen wurde von den Vertretern des Berliner Wahrheitssystems angegriffen, wie Häretiker eben angegriffen werden, damals wie heute. Man forderte den beruflichen Scheiterhaufen, sprich die öffentliche Entlassung mit Schmach und Schande.“ Wegners ganzer Beitrag hier.
„Eine Staatsaffäre voller Banalität“
Lesen Sie auch bei Publico von Alexander Wendt am 20. September „Kampagne gegen Hans-Georg Maaßen – Menschenjagd in Berlin-Mitte – Es geht nicht um Kritik, es geht um Vernichtung“ (hier). Und ebenfalls auf Publico von Alexander Wendt am 15. September: „Unterstellen, verdrehen, Thema wechseln – Nach ihrer hysterisierten Berichterstattung über Chemnitz vollführen Medien und Politiker eine Übersprungshandlung: nämlich der echten Hetzjagd auf Verfassungsschutz-Chef Maaßen. Es geht längst nicht mehr um Fakten. Sondern um Macht.“ (hier). Ferner im Nordkurier am 20. September von Jürgen Mladek „Eine Staatsaffäre voller Banalität – Nach dem Showdown ist alles wie zuvor“ , übernommen aus dem Nordkurier von eigentümlich frei hier.
Mit der SPD bekommt man jetzt fast richtig Mitleid
Das vorläufige Ende der Affäre ist bekannt. Maaßen verliert zwar das Verfassungsschutzamt, aber wird von Seehofer zum Staatssekretär im Bundesinnenministerium mit höherem Salär als zuvor hochbefördert. Deutschland macht sich lächerlich. Die Maaßen-Gegner toben vor Wut. Die Seehofer-Gegner auch. Die Merkel-Gegner ebenfalls. Empörung allerorten. Die FAZ vom 20. September (Seite 1) kommentierte: „Der Aufstieg Maaßens zum Staatssekretär ist deshalb ein Zeichen für den Abstieg der SPD.“ Der ganze Kommentar hier. Wie Bürger das Schaustück bewerten, als sie sein Ende aber noch nicht kannten, zeigt die jüngste am 20. September veröffentlichte Umfrage des Instituts Infratest/dimap, wie die Parteien abschneiden würden, wenn nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre: Union 28 Prozent, AfD 18 Prozent, SPD 17, Grüne 15, Linke 10, FDP 9 und Sonstige 3 Prozent. Käme es so, hätte die heutige Regierung keine Mehrheit mehr. Alle Ergebnisse auch der vorangegangen Umfragen hier. Die CDU/CSU mit ihrer Kanzlerin in diesem Politik-Desaster hat verdient, was sie verdient. Aber mit der SPD bekommt man jetzt fast richtig Mitleid. Tichys Einblick kommentiert: Es ist ein schwarzer Tag für dieses Land … So zerstört man ein Land. Hört auf damit. Es reicht.“
Aber das schauerliche Stück geht weiter – Panische Reaktion der SPD
Aber noch ist das schauerliche Stück nicht zuende. Denn nun erfahren wir, dass die drei von der Baustelle Maaßen – also Merkel, Seehofer, Nahles – den Fall neu verhandeln wollen. Panik vor allem in der SPD. Nahles schrieb an Merkel und Seehofer: „Die durchweg negativen Reaktionen aus der Bevölkerung zeigen, dass wir uns geirrt haben. Wir haben Vertrauen verloren, statt es wiederherzustellen.“ (Siehe unter anderem hier). Wo Nahles recht hat, hat sie recht.
„Wie im Mittelalter“? Nur zum Teil. Damals hatte man noch einen klaren Begriff von Wahrheit. Und Dogmen wurden klar als unbewiesene, wenn auch verbindliche Glaubenssätze definiert. Im Fall Chemnitz-Merkel (nicht „Fall Maaßen“!) wurde die Frage nach der Wahrheit durch das Dogma „Hetzjagden“ ersetzt, ohne deutlich zu machen, dass es sich um eine unbeweisbare Behauptung handelt. Statt dass Nahles und die SPD die Absetzung Maaßens als Erfolg wahrnehmen, fordern sie mit „Hass im Herzen“ seine völlige Vernichtung. Das erinnert tatsächlich an eine dunkle Seite des Mittelalters: den Scheiterhaufen. Und ist eine Warnung an alle im Berufsleben irgendwo, ihre Meinung nicht frei zu äußern.
In dem allseits bekannten Märchen konnte ein Kind den Kaiser bloßstellen mit dem Ausruf: Der Kaiser ist ja nackt! Die Propaganda vom schönsten Kleid, das je der Kaiser trug, platzte da wie eine Seifenblase. Ganz anders bei uns:
Hier proklamiert die Kanzlerin, es gab Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz,alle glaubten ihr, weil sie das sagte und als dann ein Staatsbediensteter das korrigierend richtig stellte, da wird er entlassen und alle applaudieren, denn es kann und darf nicht sein, daß irgendwer der Kanzlerin widerspricht. Die Richtlinienkomptenz der Kanzlerin ist eben ihr Privileg, allein zu bestimmen,was war und was nicht war.
Uwe C. Lay
Alle Welt redet über die Missbrauchsopfer in der Kirche. Wie schlimm, wenn Bischöfe ihre Täter decken! Wie ist das im Staatsdienst? Die Kanzlerin verleumdete ihr Volk („Hetzjagden in Chemnitz“). Ein ausgewiesener Fachmann widersprach. Hat er seinen Beamteneid auf die „Führerin“ abgelegt oder auf das Volk? Diese Frage ist extrem wichtig. Wir wollten doch aus der Geschichte alles gelernt haben! „Der deutsche Beamte funktioniert immer!“ – ein Vorwurf der der „Generation Adolf“ heute noch gemacht wird. Lügen und Vertuschungen unserer „Bischöfe“ und „Kardinäle“ in den Landes- und Bundesregierung schreien zum Himmel. Sogar die Steine beginnen zu rufen: Ihr handelt in vitalen Lebensfragen zum Nachteil eures angestammten Volkes! Auch ein Beamter muss der Wahrheit mehr gehorchen als einem System von Unwahrheiten.
Herr Maaßen: Sie leisteten Widerstand gegen die weltweite Befleckung der Ehre unseres Volkes. Ich spreche Ihnen meine volle Anerkennung aus.