Ungarn soll bestraft werden, weil es in der katastrophalen Flüchtlingspolitik nicht mitzieht – Ein Blick des Juristen Menno Aden auf die rechtlichen Grundlagen – Was die EU gegen Ungarn geltend machen müsste – Die womöglich verletzten Werte im Artikel 2 des EU-Vertrages – Was die EU den Bürgern in Artikel 3 des EU-Vertrages bietet – Fehlende Sicherheit gefährdet, wozu die EU nach Artikel 4 verpflichtet ist – Wenn die EU ihre Verpflichtung gegenüber Ungarn nicht einhält, muss Ungarn die seine auch gegenüber der EU nicht einhalten – An Orbán ein Beispiel nehmen, er tut, wofür er von den Ungarn gewählt wurde – Leserlob für einen FAZ-Beitrag gegen die einseitige Kritik gegen Orbán – AfD sieht Ungarn im Recht: Es handelt ersatzweise für das Versagen der EU, ihre Außengrenze zu sichern
Ungarn unter seinem Ministerpräsidenten Viktor Orbán wehrt sich entschieden gegen Zumutungen der EU-Organe in Brüssel und Straßburg. Das gilt besonders für Ungarns abwehrende Haltung zur Immigration und zur katastrophalen Flüchtlingspolitik der EU und vor allem der von Deutschland. Orbán will sein Volk vor „Umvolkung“ und Fremdbestimmung schützen, und das dankt es ihm. Eine Mehrheit der Ungarn weiß Orbán bei diesem heißen Thema hinter sich (siehe zum Beispiel hier). Das kann Kanzlerin Merkel mit ihrem Anhang von den Deutschen nicht sagen. Ihre Koalitionsregierung befindet sich ohnehin im Zustand der schleichenden Auflösung. Der Hauptgrund dafür ist die von ihr und anderen betriebene Invasion aus islamischen und schwarzafrikanischen Ländern. Orbán dagegen handelt patriotisch und ist daher vielen Anfeindungen aus dem links-grünen Gutmenschenlager und von anderen politischen Gegnern außerhalb Ungarns ausgesetzt.
Ungarn auch gegen Gender-Wahn und NGO
Ungarn geht auch gegen den Gender-Wahn vor, die Regierung will die „Gender-Forschung“ aus ungarischen Universitäten verbannen (hier). Das steigert die Wut der Gegner. Ferner hat Ungarn ein Gesetz mit Auflagen für Nichtregierungsorgansationen (NGO) im Land erlassen, woraufhin die EU-Kommission gegen Ungarn mit einem Vertragsverletzungsverfahren vorgeht Inzwischen hat das EU-Parlament wegen Orbáns Anti-Migrations-Kampagnen ein Rechtsstaatverfahren gegen Ungarn in Gang gesetzt. Darf die EU das? Wie sieht für Ungarn die Rechtslage aus? Der Jurist Menno Aden*) gibt eine Antwort. Mit seinem Einverständnis gebe ich im Folgenden Adens Beitrag wieder und verzichte dabei auf die ständigen An und Abführungszeichen vor und nach jedem Absatz. Die Zwischenüberschriften sind – der besseren Überschaubarkeit und Lesenserleichterung wegen – von mir eingefügt und im Originaltext nicht enthalten. Abkürzungen habe ich ausgeschrieben. Aden schreibt:
Ein Blick auf die rechtlichen Grundlagen
„In diesen Tagen hat das Europaparlament Schritte zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Der Hauptgrund ist die Migrationspolitik Ungarns. Angesichts der vielen Gutmenschen auf diesem Felde, ist es nicht geraten, allzu viel Verständnis für Ungarn oder gar Sympathie mit seinem Präsidenten Orban zu zeigen. Es ist aber vielleicht erlaubt, einen Blick auf die rechtlichen Grundlagen dieses Verfahrens zu werfen. Formaljuristisch handelt es sich um einen Feststellungsanspruch. Aufgrund der erstrebten Feststellung will die EU dann einen Anspruch gegen Ungarn gemäß Artikel 7 Absatz 3 EUV**) erheben und Ungarn bestrafen: ‚Wurde die Feststellung nach Absatz 2 getroffen, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, bestimmte Rechte auszusetzen, …’.
Was die EU gegen Ungarn geltend machen müsste
I. Das europäische Parlament kann jewahren oder unwahren Feststellungen treffen, etwa dass es im Algerienkrieg keine französischen Verbrechen gab (oder derzeit alle möglichen wenn doch, nur ganz wenige), dass Belgien ein makelloser Rechtstaat ist und Polen die deutsche Minderheit in Oberschlesien gut behandelt usw. usw. Soll die Feststellung allerdings die Folgen von Artikel 7 Absatz 3 haben, muss die EU einen Feststellungsanspruch gegen Ungarn geltend machen. Dieser könnte sich aus Artikel 7 Absatz 1 EUV ergeben: ‚Auf begründeten Vorschlag eines Drittels der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments oder der Europäischen Kommission kann der Rat mit der Mehrheit von vier Fünfteln seiner Mitglieder nach Zustimmung des Europäischen Parlaments feststellen, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der in Artikel 2genannten Werte durch einen Mitgliedstaat besteht. ….
Die womöglich verletzten Werte im Artikel 2 des EU-Vertrages
Der Anspruch setzt also, von den Formalien einmal abgesehen, die Erfüllung des Tatbestandes von Artikel 2 EUV voraus. Er lautet: ‚Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. …..’
Was die EU den Bürgern in Artikel 3 des EU-Vertrages bietet
Es wäre nun zu prüfen, welchen Inhalt diese hehren Werte im konkreten Fall haben und wie sie sich zu den sonstigen Proklamationen des EUV verhalten. In Artikel 3 Absatz 2 EUV heißt es nämlich: ‚Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen, in dem – in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität – der freie Personenverkehr gewährleistet ist.’
Fehlende Sicherheit gefährdet, wozu die EU nach Artikel 4 verpflichtet ist
Jeder weiß, dass die EU diese Kontrollen und die Sicherheit derzeit und auf absehbare Zukunft nicht leistet. Damit wird aber gefährdet, wozu Artikel 4 Absatz 2 EUV die EU weiter verpflichtet: ‚Die Union … achtet die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der nationalen Sicherheit. Insbesondere die nationale Sicherheit fällt weiterhin in die alleinige Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten.
Wann Ungarn an seine Pflicht gegenüber der EU nicht mehr gebunden ist
Es gilt dann nach einem Weltrechtssatz, dass auch Ungarn gegenüber der EU seine Pflichten solange nicht zu erfüllen braucht, als die EU ihre nicht erfüllt. Der Mitgliedsstaat hat dann das Recht, selbst dafür zu sorgen. Es dürfte daher außerordentlich schwer sein, die eindeutige Gefahr festzustellen, dass Ungarn in schwerwiegender Weise die in Artikel 2 genannten Werte verletzt. Der illegale Eindringling hat zwar ebenso wie jeder andere Rechtsbrecher Anspruch auf Wahrung seiner Menschenwürde, aber verkürzt um den Grad seines Rechtsbruchs. Rechtsbrechern kann die Freiheit entzogen werden. Illegale Einwanderer haben keinen Anspruch auf Teilhabe an den bürgerlichen Rechten der Staatsbürger usw. Wenn also Artikel 4 EUV keine leere Proklamation sein soll, wird man der Republik Ungarn wie allen anderen Mitgliedstaaten nicht verwehren können, die in Artikel 2 genannten Rechte so zu interpretieren, wie es nach ungarischer, polnischer usw. Ansicht erforderlich ist, um die eigene nationale Sicherheit und Interessen zu gewährleisten.
Ungarn kann vor dem EuGH gegen das EU-Parlament klagen
Man wird mir entgegenhalten, dass ich den EUV viel zu wörtlich nehme. Der EuGH hat ja die Angewohnheit, je nach Lage und Opportunität den Vertrag auch gegen den Wortlaut auszulegen. Schlimm genug. Genau genommen müsste man dann ein EuGH-Urteil auch nicht befolgen. Aber immerhin: Selbst, wenn das Europaparlament die genannte Feststellung treffen sollte***), kann Ungarn dagegen vor dem EuGH klagen – und bis zu einer Entscheidung haben wir vielleicht schon wieder eine ganz andere Lage und hoffentlich, was aber nicht wahrscheinlich ist, auch einen EUV, der den nationalen Besonderheiten besser Rechnung trägt als dessen jetzige Fassung.
Weil Ungarn gegen die Eurokraten und Gutmenschen aufmuckt
II. Das Ergebnis dieser juristisch gewiss nicht erschöpfenden Betrachtung ist, dass hier gegen Ungarn ein rechtswidriges Verfahren vom Zaun gebrochen wird. Der Grund für diese politische ‚Roadshow’ dürfte einfach darin liegen, dass sich die Brüsseler Bürokratie und Eurokraten darüber ärgern, dass doch wirklich so ein Kleinstaat den Mut hat, seine nationalen Interessen zu vertreten und sich dem Migrationskonsens der Gutmenschen nicht zu beugen.
Sie spotten über die deutsche Einfalt
III. Es ist leider bezeichnend, dass es ein Deutscher ist, der sich im Europaparlament hier besonders exponiert. Er mag darin die Möglichkeit sehen, seine Ambition zu fördern, Nachfolger von Kommissionspräsident Junker zu werden. Aber wir Deutschen sollten aufhören, ständig auf der Menschenrechtsmasche zu reiten. Damit gehen wir anderen auf den Wecker. Zusätzlich öffnen wir die Tore für illegale Eindringlinge noch weiter. Die spotten über unsere deutsche Einfalt, Wirtschaftsflüchtlinge als Flüchtlinge aufnehmen und mit viel Geld und Liebe zu umhegen.
An Orbán ein Beispiel nehmen, er tut, wofür er gewählt wurde
Ergebnis: Man muss dem ungarischen Ministerpräsidenten nicht im allem Recht geben. Aber in einem könnten wir uns ein Beispiel an ihm nehmen: Er wurde von seinem Volk gewählt, und er tut, wozu er gewählt wurde, nämlich die Interessen Ungarns zu vertreten. Das kann man leider von kaum einem Politiker der etablierten deutschen Parteien sagen.“
Hier endet der Beitrag Adens. Zuerst erschienen ist er auf dessen Web-Seite http://www.dresaden.de/index.html.
Der Sargentini-Bericht als Grundlage für das Verfahren gegen Ungarn
Die FAZ berichtete: „Als das Europaparlament in dieser Woche ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn in Gang gesetzt hat, lag dem Beschluss der sogenannte Sargentini-Bericht zugrunde. Die niederländische Grünen-Abgeordnete Judith Sargentini hatte als zuständige Berichterstatterin alle möglichen Beschlüsse und Schriftstücke gesammelt, die EU-Behörden und europäische Gerichte, Organisationen der UN, der OSZE und des Europarats in den vergangenen acht Jahren verfasst haben, seit in Budapest der nationalkonservative Politiker Viktor Orbán mit seiner Partei Fidesz an der Regierung ist. Daraus werden rund 60 Kritikpunkte abgeleitet. Aus ihnen wird geschlossen, dass Anlass zur Sorge in folgenden Gebieten bestehe: ‚Das Funktionieren des Verfassungssystems; die Unabhängigkeit der Justiz und anderer Institutionen; Korruption und Interessenkonflikte; Privatsphäre und Datenschutz; Meinungsfreiheit; akademische Freiheit; Religionsfreiheit; Versammlungsfreiheit; Gleichbehandlung; Minderheitenrechte, namentlich für Roma und Juden; Grundrechte von Migranten, Asylsuchenden und Flüchtlingen; soziale Rechte.’ Es handelt sich nicht um einen Enthüllungsreport. Das ist einerseits seine Stärke, denn dadurch entfällt Subjektivität, zumindest was die Berichterstatterin betrifft. Die Schwäche ist aber, dass viele Punkte längst öffentlich erörtert und teilweise auch beseitigt worden sind.“ FAZ vom 15. September 2018, Seite 8).
Leserlob für einen FAZ-Beitrag gegen die einseitige Kritik gegen Orbán
Unter dem Titel Ungarns neues Selbstbewusstsein in Europa war in einem Leserbrief an die FAZ zu lesen: „Die ewigen Anfeindungen empfindet man in Ungarn als störend: „Warum werde auf Orbán und seiner Weigerung, Flüchtlinge aufzunehmen, herumgehackt, wo andere europäische Länder – Dänemark, Finnland, Holland, im Grunde das Gros der EU-Mitglieder sich zieren, nur eben nicht so lautstark?“ Geschrieben hat den Brief Professor Dr. Harald Zschiedrich, Berlin, der seinen Brief so einleitet: „Kompliment der F.A.Z. für den Beitrag „Wie man eine deftige Suppe kocht“ aus der Feder von Wolfgang Sandner, der sich nicht einreiht in die vielen Beiträge, die sich einseitig mit der Kritik und den Vorwürfen gegenüber Viktor Orbán und seiner Politik befassen. Dem Autor ist es gut gelungen, historische, politische und soziale Hintergründe der gegenwärtigen Politik der ungarischen Regierung einmal tiefer zu beleuchten, um das Handeln und Denken von Viktor Orbán besser verstehen zu können. Dazu gehört auch eine Antwort auf die Frage, warum Orbán in Ungarn so beliebt ist, worauf im Artikel ausführlich eingegangen wird.“ (FAZ vom 21. April 2018, Seite 9). Den Sandner-Beitrag, auf den sich Zschiedrich bezieht, finden Sie unter einer anderen Überschrift hier.
AfD sieht Ungarn im Recht: Es handelt ersatzweise für das Versagen der EU
Zur Klage der EU-Kommission gegen die ungarische Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof wegen deren Asylgesetzgebung hat sich ablehnend Alice Weidel am 20. Juli geäußert, die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag und Mitglied des AfD-Bundesvorstandes. Ungarn erlaubt das Stellen von Asylanträgen nur in bewachten „Transitzentren“ an der Grenze und stellt die Unterstützung illegaler Immigration unter Strafe. Hierauf bezogen sieht Frau Weidel Ungarn im Recht: „Es ist Ungarns gutes Recht, das Asylverfahren so zu gestalten, dass unberechtigte Zuwanderung und ein Untertauchen illegaler Migranten effektiv verhindert wird. Ungarn handelt hier im Übrigen ersatzweise für das offenkundige Versagen der Sicherung der EU-Außengrenzen, das die Migrantenströme überhaupt erst an die ungarische Grenze gelangen lässt.“ Nicht anders beurteilt sie es, dass Ungarn die Unterstützung illegaler Immigration bestraft. Sie wirft der EU-Kommission vor, dass diese nicht selbst entschieden gegen das Unwesen der Schleuser und Schlepper auf dem Mittelmeer vorgeht und die Mitgliedstaaten nicht zu entsprechendem Handeln anhält. Als Schutzmacht der Schlepper, Schleuser und Illegalen, die den Mitgliedstaaten mit der Brechstange ihre migrationspolitische Agenda aufzwingen wolle, werde die EU scheitern. Der ganze Wortlaut hier.
Und was ist mit Italien?
Inzwischen hat auch Italien beschlossen, sein Asylrecht zu verschärfen und die Ausweisung von Immigranten zu erleichtern. Ein entsprechendes Dekret hat die Regierung am 24. September erlassen, das in Kraft tritt, sobald es Staatspräsident Sergio Mattarella unterzeichnet hat. Der FAZ war das aber nur eine Kurzmeldung wert. Asylanträge kann Italien künftig aussetzen, wenn es den Antragsteller als „sozial gefährlich“ einstuft oder dieser in erster Instanz verurteilt worden ist. Asylanträge von Bewerbern, denen Rauschgifthandel oder Taschendiebstahl zur Last gelegt wird, werden abgelehnt. Eine humanitäre Aufenthaltsgenehmigung, die in den vergangenen Jahren etwa ein Viertel der Asylbewerber in Italien erhielt, soll künftig die Ausnahme sein. Auch das Verteilen und Unterbringen von Asylbewerbern wird neu organisiert. (FAZ vom 25. September, Seite 5). Hat nun etwa auch Italien ein EU-Verfahren gegen sich zu befürchten?
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*) Dr. iur. Menno Aden (Jahrgang 1942, Abitur 1962) hat Rechtswissenschaften in Tübingen und Bonn studiert (1963 bis 1967), wurde 1972 in Bonn promoviert, war in den Jahren 1971/72 Senior Research Officer am Institut für Rechtsvergleichung der Universität von Südafrika, war beruflich tätig in der Energie- und Kreditwirtschaft und von 1994 bis 1996 Präsident des evangelisch-lutherischen Landeskirchenamtes in Schwerin, dann bis 2007 Professor an der FH für Ökonomie und Management in Essen. Verheiratet, fünf Kinder. Er hat neben seiner Lehrtätigkeit zahlreiche Schriften im Bereich Bank-, Wirtschafts- und internationales Recht verfasst, auch theologische Schriften und Bücher zu anderen Themen. Weiteres über Aden siehe hier.
**) EUV = EU-Vertrag = Vertrag über die Europäische Union (Fassung aufgrund des am 1.12.2009 in Kraft getretenen Vertrages von Lissabon (Konsolidierte Fassung bekanntgemacht im ABl. EG Nr. C 115 vom 9.5.2008, S. 13) zuletzt geändert durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. EU L 112/21 vom 24.4.2012) mit Wirkung vom 1.7.2013). Der ganze Text hier.
***) Was inzwischen geschehen ist (hier und hier). Aden hat seinen Beitrag vorher verfasst.
Es ist einerlei, ob die EU es darf. Sie macht es. (Wie es bei anderen in politischer Hybris geschaffenen Konstrukten in der Geschichte auch der der Fall war.)
Regelbruch scheint zu den Basiswerten der EU zu gehören. Man erinnere sich nur an zwei wichtige Aussagen des angeblich von einem Rückenleiden betroffenen J.C. Juncker oder an Schäubles Aussage, die in der NYT bzgl. der Nutzbarkeit von Krisen zur Verwirklichung des Großprojektes übermittelt wurde.
Das die Freiheit, das Recht und das Eigentum der sich in ihrer Rolle als Untertanen offensichtlich weiterhin wohlfühlenden Mehrheit brechende Vorgehen läßt sich m.E. in ein System M einordnen, wie es Prof. Höhler in dem Buch „Die Patin“ und einem Artikel beschrieb, den die FAZ heute vermutlich nicht mehr veröffentlichen würde:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/der-politikstil-der-kanzlerin-das-system-m-11841711.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0
„…Das System M etabliert eine leise Variante autoritärer Machtentfaltung, die Deutschland so noch nicht kannte. Die Diktaturen des zwanzigsten Jahrhunderts boten andere Erfahrungen, was den politischen Stil angeht – obwohl die Anklänge nicht zu leugnen sind: die Marginalisierung der Parteien, der Themenmix aus enteigneten Kernbotschaften anderer Lager in der Hand der Regentin; ihre Nonchalance im Umgang mit dem Parlament, mit Verfassungsgarantien, Rechtsnormen und ethischen Standards. Der Anspruch, das deutsche „Bremssystem“, eine Mischung aus Präpotenz und Symbolpolitik, zum Durchgriff auf das Budgetrecht beliebig vieler europäischer Länder auszubauen, ist wieder eine von den geräuschlosen Sprengungen, die Umsturz als Regierungsprivileg durchsetzen.Der autoritäre Sozialismus, der im System M angelegt ist, nimmt eine Hürde nach der anderen, weil er auf Gewöhnung setzt. Der leiseste aller Übergänge bereitet sich vor ohne laute Appelle. No commitment ist das Motto…“
Wichtig zu verstehen scheint mir, daß Prof. Höhler ein „System M“ sah. Wer nämlich „Merkel muß weg“ –zu Recht- ruft, wird allenfalls geringen Anlaß zum Frohlocken haben, wenn sie denn geht: Wenn Merkel abdankt, wird das System M dennoch bleiben.
Der Umbau in der Exekutive und staatsnahen Institutionen (Maaßen und Knabe als jüngste Beispiele) zeigt es. Auch der immer noch gelobte Bosbach spielt m.E. entweder bewußt oder als unwissendes Werkzeug eine Rolle, eben den Umbau sicherzustellen. In der FDP gibt es Figuren, die m.E. eine ähnliche Rolle besetzen während sie im Publikum als Freiheits- und Rechtsfreunde mißverstanden werden.
Nicht nur Bernard Connolly wußte den Charakter der EU und der Eurozone schon 1995 zu beschreiben , obwohl er Merkel bei der Erstveröffentlichung seines Buches „The Rotten Heart of Europe“ sicherlich nicht im Fokus haben konnte.
Hier ist auch deshalb keine Rettung mehr zu erwarten, weil die Mehrheit der Untertanen sich als solche gar nicht sieht und nicht den leisesten Anflug einer Ahnung davon hat, was hier gespielt wird.
Ich möchte mal wieder auf eine Analyse von Diogenes Lampe im gelben Forum hinweisen.
Beide hier zuletzt angesprochenen Themen (Maaßen u. EU) sowie die Abwahl von Kauder werden da in Zusammenhang gebracht.
Wenn man bereit ist das Gelesene zu reflektieren sicherlich ein Gewinn.
http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=470728