Die Arroganz des Westens

Putin am 5. Oktober in Sotschi: Die enorme Macht des Westens – Es geht im Ukraine-Konflikt nicht um Gebiete, sondern um die neue Weltordnung – Dauerhafter Frieden wird nur dann entstehen, wenn kein Hegemon andere zwingen kann, sich so zu verhalten, wie er es will – Die USA stellen nicht nur willkürlich Regeln auf, sondern weisen auch an, wer sie wie befolgen soll – Sie versuchen, aus jedem, der nicht blindlings folgt, ein Feindbild zu formen – Der Zwang, ständig äußere Schuldige für die wachsenden inneren Probleme zu finden –  Die Grundsatzrede Putins auf dem Valdai-Forum in Sotschi, übersetzt von Thomas Röper, und die daran anschließende fast vierstündige Diskussion

Auch in diesem Jahr hat der russische Präsident Wladimir Putin auf dem alljährlichen Diskussionsforum des Valdai-Klubs seine Grundsatzrede zur internationalen Politik gehalten. Dieser Klub gilt als das wichtigste geopolitische Nachdenk-Institut („Thinktank“) in Russland. Einmal im Jahr lädt der Klub zu einer großen Konferenz ein, dem Valdai-Forum. Teilnehmer sind Wissenschaftler, Politiker, Sicherheitsexperten, Journalisten und Personen des öffentlichen  Lebens aus Russland und anderen Ländern (Näheres hier). Putin nutzt das Forum als Bühne für Grundsatzreden. Dort spricht er zunächst zur internationalen politischen Lage und stellt sich anschließend in der Diskussion zwei bis drei Stunden lang den Fragen aus dem Publikum, jetzt, am 5. Oktober, sogar fast vier Stunden.

Dieser Auftritt Putins war abermals der Höhepunkt der Veranstaltung. Stattgefunden hat sie in Sotschi. Es ist das zwanzigste Valdai-Treffen gewesen. Von dem, was Putin dort gesagt hat, haben deutsche Medien ihrem Publikum so gut wie nichts mitgeteilt. Ein deutscher Unternehmensberater, Sachbuchautor und Journalist, der das tat und Putins Rede übersetzt hat, ist Thomas Röper.*) Er lebt in St. Petersburg und betreibt von dort aus seit 2018 sein Web-Seite Anti-Spiegel (hier). Das diesjährige Voldai-Forum stand unter dem Motto „Faire Multipolarität: Wie Sicherheit und Entwicklung für jeden sicherstellen“. Für Multipolarität tritt in der internationalen Politik auch Putin ein. Dementsprechend geht er mit der westlichen Überheblichkeit und dem westlichen Hegemonialanspruch deutlich ins Gericht. Diesen Teil als Ausschnitt aus seiner Rede können Sie im Folgenden nachlesen. Die Zwischenüberschriften sind von mir eingefügt.

Die enorme Macht des Westens

Putin: „Die USA und ihre Satelliten haben den festen Kurs zur Hegemonie eingeschlagen – militärisch, politisch, wirtschaftlich, kulturell, ja sogar moralisch und wertemäßig. Es war uns von Anfang an klar, dass der Versuch, ein Monopol zu errichten, zum Scheitern verurteilt ist. Die Welt ist zu komplex und vielfältig, um sie einem einzigen Schema unterzuordnen, auch wenn dahinter die Macht, die enorme Macht, des Westens steht, die in den Jahrhunderten der Kolonialpolitik angesammelt wurde. Schließlich bestreiten auch Ihre Kollegen nicht, viele sind hier nicht anwesend, aber sie leugnen nicht, dass der Wohlstand des Westens entscheidend durch die Ausplünderung der Kolonien über Jahrhunderte hinweg erreicht wurde. Das ist eine Tatsache.

Unsere Argumente, Ermahnungen, Appelle an die Vernunft und Vorschläge vom Westen einfach ignoriert

De facto wurde dieses Niveau der Entwicklung durch das Ausrauben des gesamten Planeten erreicht. Die Geschichte des Westens ist im Grunde eine Chronik der endlosen Expansion. Der westliche Einfluss in der Welt ist eine riesige militärisch-finanzielle Pyramide, und er braucht immer neuen Treibstoff, um sich selbst zu erhalten, also Rohstoffe, technologische und menschliche Ressourcen, die anderen gehören. Deshalb kann der Westen einfach nicht aufhören und er hat auch nicht die Absicht, das zu tun. Unsere Argumente, Ermahnungen, Appelle an die Vernunft und Vorschläge wurden einfach ignoriert.

Das ist das Problem, die Arroganz

Ich habe das schon oft öffentlich erzählt, auch unseren Verbündeten und unseren Partnern: Es gab einen Moment, in dem Ihr bescheidener Diener einfach vorgeschlagen hat, dass wir vielleicht auch der NATO beitreten sollten. Aber nein, so ein Land will man in der NATO nicht. Nein. Man fragt sich, was denn noch? Wir dachten, dass wir bereits zu ihnen gehören, ein bürgerliches Land sind. Was denn noch? Es gibt keine ideologische Konfrontation mehr. Wo ist das Problem? Offensichtlich sind geopolitische Interessen und Arroganz gegenüber anderen das Problem. Das ist das Problem, die Arroganz.

Nicht wir haben 2014 den Staatsstreich in Kiew organisiert

Wir müssen auf den immer stärker werdenden militärischen und politischen Druck reagieren. Ich habe schon oft gesagt, dass nicht wir den sogenannten „Krieg in der Ukraine“ begonnen haben. Im Gegenteil, wir versuchen, ihn zu beenden. Nicht wir haben im Jahr 2014 den Staatsstreich in Kiew organisiert – den Staatsstreich, den blutigen, verfassungswidrigen Staatsstreich. Wo auch immer Putsche stattfanden, hörten wir immer sofort alle Medien der Welt, die natürlich in erster Linie der angelsächsischen Welt gehorchen: Das geht nicht, das ist unmöglich, das ist antidemokratisch. Aber hier ging es. Sie haben sogar die Summe genannt, die Menge an Geld, die sie für diesen Putsch ausgegeben haben. Alles ist möglich.

Nicht wir haben versucht, den Donbass durch Bombardieren zum Gehorsam zu zwingen

Damals haben wir uns für die Bewohner der Krim und Sewastopols eingesetzt. Wir haben keinen Staatsstreich organisiert, und wir haben die Bewohner der Krim und Sewastopols nicht mit ethnischen Säuberungen im Stil der Nazis eingeschüchtert. Nicht wir haben versucht, den Donbass durch Beschuss und Bombardierung zum Gehorsam zu zwingen. Nicht wir haben gedroht, diejenigen zu töten, die ihre Muttersprache sprechen wollen.

Ein Krieg, ein echter Krieg, wurde gegen den Donbass entfesselt

Hören Sie, wir alle hier sind informierte, gebildete Menschen. Man kann den Millionen von Menschen, die die ihre Realität aus den Medien bekommen, sehr gut, verzeihen Sie den Ausdruck, die Gehirne waschen. Aber Sie wissen, was passiert ist: Neun Jahre lang wurde bombardiert, geschossen und es wurden Panzer eingesetzt. Ein Krieg, ein echter Krieg, wurde gegen den Donbass entfesselt. Und niemand hat die toten Kinder im Donbass gezählt. Niemand in anderen Ländern, vor allem nicht im Westen, hat um die Toten geweint.

Der Krieg geht nun ins zehnte Jahr

Der Krieg, den das Kiewer Regime mit aktiver, direkter Unterstützung des Westens begonnen hat, geht nun ins zehnte Jahr, und die Militäroperation zielt darauf ab, ihn zu beenden. Und sie erinnert daran, dass einseitige Schritte, egal wer sie unternimmt, unweigerlich beantwortet werden. Aktion zieht bekanntlich Gegenaktion nach sich. So handelt jeder verantwortungsvolle Staat, jedes souveräne, unabhängige und sich selbst respektierende Land.

Leider haben unsere Kollegen im Westen alle möglichen Grenzen überschritten

Jedem ist klar, dass es in einem internationalen System, in dem Willkür herrscht, in dem alles von denen entschieden wird, die sich für außergewöhnlich, für frei von Sünde und für allein im Recht halten, jeden treffen kann, nur weil dem Hegemon, der sein Augenmaß und, wie ich hinzufügen möchte, seinen Sinn für die Realität verloren hat, ein Land nicht gefällt. Leider müssen wir feststellen, dass unsere Kollegen im Westen ihren Realitätssinn verloren haben und alle möglichen Grenzen überschritten haben. Das ist ein Fehler.

Es geht im Ukraine-Konflikt nicht um Gebiete, sondern um die neue Weltordnung

Die Krise in der Ukraine ist kein Konflikt um Gebiete, das möchte ich betonen. Russland ist das größte Land der Welt. Wir haben keinerlei Interesse an der Eroberung weiterer Gebiete. Wir müssen noch Sibirien, Ostsibirien und den Fernen Osten erschließen. Hier geht es nicht um einen Konflikt um Gebiete oder auch nur um die Herstellung eines regionalen geopolitischen Gleichgewichts. Das Thema ist viel umfassender und grundlegender: Es geht um die Grundsätze, auf denen die neue Weltordnung beruhen wird.

Dauerhafter Frieden nur dann, wenn kein Hegemon andere zwingen kann, sich so zu verhalten, wie er es will

Ein dauerhafter Frieden wird nur dann entstehen, wenn sich jeder sicher fühlt, wenn er weiß, dass seine Meinung respektiert wird und wenn es ein Gleichgewicht in der Welt gibt, wenn kein Hegemon in der Lage ist, andere zu zwingen, so zu leben und sich so zu verhalten, wie er es will, egal, ob es der Souveränität, den wahren Interessen, den Traditionen und den Prinzipien der Völker und Staaten widerspricht. In diesem Schema wird der Begriff der Souveränität einfach verleugnet, auf den Müllhaufen geworfen, verzeihen Sie den Ausdruck.

Die westliche Führung braucht immer einen Feind

Es liegt auf der Hand, dass das Festhalten an Konzepten von Blöcken, der Wunsch, die Welt in eine Situation ständiger Konfrontation zwischen „uns und denen“ zu treiben, ein bösartiges Erbe des 20. Jahrhunderts ist. Es ist ein Produkt der westlichen politischen Kultur, zumindest ihrer aggressivsten Ausprägungen. Ich wiederhole: Der Westen – ein bestimmter Teil des Westens, die westlichen Eliten – braucht immer einen Feind. Er braucht einen Feind, mit dem er die Notwendigkeit seines energischen Vorgehens und seiner Expansion erklären kann. Aber er braucht auch einen Feind, um die Kontrolle innerhalb des Systems des Hegemons, innerhalb von Blöcken – innerhalb der NATO oder anderer militär-politischer Blöcke – aufrechtzuerhalten. Wenn es einen Feind gibt, müssen sich alle um den Chef scharen.

Der Zwang, ständig äußere Schuldige für die wachsenden inneren Probleme zu finden

Es geht uns nichts an, wie andere Länder leben. Aber wir sehen, wie die herrschenden Eliten in vielen Ländern die Gesellschaften dazu zwingen, Normen und Regeln zu akzeptieren, die die Bürger selbst – zumindest eine große Anzahl von Bürgern, und in einigen Ländern kann man sicher sagen, die Mehrheit der Bürger – nicht akzeptieren wollen. Aber sie sind gezwungen, ständig Gründe zu erfinden, äußere Schuldige für die wachsenden inneren Probleme zu finden, nicht existierende Bedrohungen zu erfinden und aufzublähen.

Sie versuchen, aus jedem, der nicht blindlings folgt, ein Feindbild zu formen

Dabei ist Russland ein Lieblingsthema dieser Politiker. Wir sind natürlich daran gewöhnt, historisch daran gewöhnt. Aber sie versuchen, aus jedem, der nicht bereit ist, diesen westlichen Eliten blindlings zu folgen, ein Feindbild zu formen. Sie versuchen, aus jedem einen Feind zu machen: in gewissen Situationen aus China, zu einem bestimmten Zeitpunkt haben sie versucht, auch aus Indien einen Feind zu machen. Jetzt flirten sie natürlich mit Indien, wir verstehen das sehr gut, wir spüren das und wir sehen die Situation in Asien, alles ist klar. Die indische Führung, so möchte ich sagen, ist unabhängig und sehr national orientiert. Ich denke, dass diese Versuche keinen Sinn machen, aber sie gehen trotzdem weiter. Sie versuchen, sich die arabische Welt zum Feind zu machen, auch selektiv, sie versuchen, vorsichtig zu agieren. Aber im Großen und Ganzen läuft es doch darauf hinaus, dass sie sogar aus den Muslimen versuchen, ein Feindbild zu machen. Und so weiter. De facto wird jeder, der sich unabhängig verhält und seine eigenen Interessen verfolgt, für diese westlichen Eliten sofort zu einem Hindernis, das es zu beseitigen gilt.

Blockbildung ist eine Einschränkung der Rechte und Freiheiten von Staaten, sich selbst zu entwickeln

Der Welt werden künstliche geopolitische Konstruktionen aufgezwungen, es werden geschlossene Blöcke geschaffen. Wir sehen das in Europa, wo seit Jahrzehnten auf die NATO-Erweiterung gedrängt wird, aber auch im asiatisch-pazifischen Raum und in Südasien, wo man versucht, die offene und inklusive Architektur der Zusammenarbeit zu durchbrechen. Der Ansatz der Blöcke, nennen wir die Dinge beim Namen, ist eine Einschränkung der Rechte und Freiheiten von Staaten, sich selbst zu entwickeln, ein Versuch, sie in einen bestimmten Käfig von Verpflichtungen zu sperren. Es geht bekanntlich – und das ist offensichtlich – darum, den Staaten einen Teil ihrer Souveränität zu nehmen und ihnen dann – und zwar sehr oft – Entscheidungen in anderen Bereichen als der Sicherheit, vor allem im wirtschaftlichen Bereich aufzuzwingen, wie es derzeit zwischen den USA und Europa geschieht. Ich brauche das nicht zu erläutern, wenn nötig, können wir in der Diskussion nach meinen einleitenden Bemerkungen noch ausführlicher darüber sprechen.

Das ist einfach nur Verblödung, Unsinn

Dazu versuchen sie, das Völkerrecht durch eine „Ordnung“ – welche „Ordnung“? – zu ersetzen, die auf gewissen „Regeln“ basiert. Welche „Regeln“, was diese „Regeln“ sind, von wem sie erfunden wurden – das ist absolut unklar. Das ist einfach nur Verblödung, Unsinn. Aber das ist es, was sie versuchen, in den Köpfen von Millionen von Menschen zu verankern: „Wir müssen nach Regeln leben.“ Nach welchen Regeln denn?

Die USA stellen nicht nur willkürlich Regeln auf, sondern weisen auch an, wer sie wie befolgen soll

Und überhaupt, wenn Sie erlauben, stellen unsere westlichen Kollegen, vor allem aus den USA, diese „Regeln“ nicht nur einfach willkürlich auf, sondern weisen auch an, wer sie wie befolgen soll, wer sich wie zu verhalten hat. So wird das gemacht und normalerweise wird es in einer offen frechen Form gesagt. Das ist wieder die Manifestation kolonialen Denkens. Die ganze Zeit hören wir: Ihr müsst, ihr seid verpflichtet, wir warnen euch ernsthaft….

Reibt Euch die Augen, diese Ära ist längst vorbei, und sie wird nie wiederkehren

Wer seid Ihr denn überhaupt? Welches Recht habt Ihr, jemanden zu warnen? Das ist einfach unglaublich. Vielleicht ist es an der Zeit, dass diejenigen, die das sagen, vielleicht ist es an der Zeit, dass Ihr eure Arroganz ablegt, dass Ihr aufhört, Euch so gegenüber der Weltgemeinschaft zu verhalten, die ihre Aufgaben und Interessen sehr wohl versteht, und dass Ihr dieses Denken aus der Zeit der Kolonialherrschaft wirklich ablegt? Man möchte es Ihnen so sagen: Reibt Euch die Augen, diese Ära ist längst vorbei, und sie wird nie wiederkehren, nie mehr.“

Sechs Grundsätze, was Russland anstrebt und erreichen will

Im weiteren Verlauf seiner Rede hat Putin sechs Grundsätze zu dem formuliert, „was wir anstreben und was wir erreichen wollen“:

Erstens: Wir wollen in einer offenen, vernetzten Welt leben, in der niemand jemals versuchen wird, künstliche Barrieren für die Kommunikation, die kreative Verwirklichung und den Wohlstand der Menschen zu errichten. Es muss ein barrierefreies Umfeld geben, das muss man anstreben.

Zweitens: Wir wollen, dass die Vielfalt der Welt nicht nur bewahrt wird, sondern die Grundlage für eine universelle Entwicklung ist. Es muss verboten sein, irgendeinem Land oder Volk vorzuschreiben, wie es zu leben und zu fühlen hat. Nur eine echte kulturelle und zivilisatorische Vielfalt sichert das Wohl der Menschen und einen Interessenausgleich.

Drittens: Wir sind für eine maximale Repräsentativität. Niemand hat das Recht, niemand darf die Welt für andere oder im Namen anderer regieren. Die Welt der Zukunft ist eine Welt der kollektiven Entscheidungen, die auf den Ebenen getroffen werden, auf denen sie am effektivsten sind, und von den Teilnehmern, die wirklich in der Lage sind, einen wesentlichen Beitrag zur Lösung eines bestimmten Problems zu leisten. Nicht einer entscheidet für alle, und auch nicht alle entscheiden über alles, sondern diejenigen, die von einem Problem direkt betroffen sind, einigen sich darauf, was zu tun ist und wie es getan werden soll.

Viertens: Wir sind für universelle Sicherheit und dauerhaften Frieden, der auf der Achtung der Interessen aller beruht: von den großen Staaten bis zu den kleinen Ländern. Es geht vor allem darum, die internationalen Beziehungen vom Blockdenken zu befreien, vom Erbe der Kolonialzeit und des Kalten Krieges. Seit Jahrzehnten sprechen wir von der Unteilbarkeit der Sicherheit, davon, dass es unmöglich ist, die Sicherheit der einen auf Kosten der Sicherheit der anderen zu gewährleisten. In der Tat ist Harmonie in diesem Bereich erreichbar. Wir müssen nur Hybris und Arroganz ablegen und aufhören, andere als Partner zweiter Klasse oder als Ausgestoßene oder Wilde zu betrachten.

Fünftens: Wir sind für Gerechtigkeit für alle. Die Ära der Ausbeutung von wem auch immer, ich habe das schon zweimal gesagt, ist vorbei. Die Länder und Völker sind sich ihrer Interessen und Fähigkeiten klar bewusst und bereit, auf sich selbst zu vertrauen – und das vervielfältigt ihre Kräfte. Jeder sollte Zugang zu den Vorteilen der modernen Entwicklung haben, und Versuche, das für ein Land oder ein Volk einzuschränken, sollten als ein Akt der Aggression angesehen werden, genau so.

Sechstens: Wir sind für Gleichheit, für die unterschiedlichen Potenziale der verschiedenen Länder. Das ist ein absolut objektiver Faktor. Aber nicht weniger objektiv ist die Tatsache, dass niemand bereit ist, sich zu unterwerfen, seine Interessen und Bedürfnisse von wem auch immer abhängig zu machen, und vor allem von den reicheren und stärkeren.

Das ist nicht nur der natürliche Zustand der internationalen Gemeinschaft, das ist die Quintessenz der gesamten historischen Erfahrung der Menschheit. Das sind die Grundsätze, an die wir uns halten wollen und zu denen wir alle unsere Freunde und Kollegen auffordern, sich ihnen anzuschließen.“

Soweit zwei Ausschnitte aus Putins Grundsatzrede am 5. Oktober auf dem Valdai-Forum in Sotschi. Die gesamte von Thomas Röper übersetzte Rede können Sie hier lesen. Die nach Röpers Meinung interessantesten Fragen und Putins Antworten in der anschließenden Diskussion gibt Röper ebenfalls in Übersetzung wieder:

Putin über die AfD hier, über das globale Finanzsystem und eine mögliche Währung der BRICS-Staaten hier, über seine Nichtteilnahme am diesjährigen BRICS-Gipfeltreffen hier, über einen möglichen Beitritt der Ukraine zur EU hier, über die Sprengung von Nord Stream hier, aber Atomwaffen und die Eskalation durch den Westen hier und über die wirtschaftliche Entwicklung in Russland und in der EU hier.

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*) Thomas Röper (Jahrgang 1971) lebt seit 1998 überwiegend in Russland, spricht fließend Russisch und Englisch und ist als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Deutschland, Osteuropa, Russland und in der Schweiz tätig gewesen, teils als Vorstand und Aufsichtsrat. Danach ließ er sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg nieder. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft. Wikipedia (hier) diffamiert ihn als Kreml-treuen Verbreiter von Desinformation, Verschwörungstheorien und russischer Regierungspropaganda. Auch arbeite er mit dem russischen Staatssender RT DE zusammen. Sein Studium des Bank- und Versicherungswesens an der Universität Kiel habe er 1994 abgeschlossen. Nach Darstellung von Röper hat sein Anti-Spiegel drei Themenschwerpunkte:

„Erstens geht es um Medienkritik. Hier wird – mit transparent überprüfbaren Quellen – aufgezeigt, wenn Medien die Unwahrheit schreiben, Tatsachen verdrehen, entscheidende Informationen weglassen, Dinge aus dem Zusammenhang reißen und so weiter. Der Anti-Spiegel versteht sich als Gegengewicht und Korrektiv der Medien.

Zweitens geht es beim Anti-Spiegel darum, das völlig unwahre Bild von Russland, das die Medien in Deutschland und im Westen verbreiten, zu korrigieren. Der Grund ist, dass ich seit über 20 Jahren in Russland lebe und mich seitdem darüber ärgere, wie unwahr über Russland berichtet wird. Ich liebe dieses Land und seine offenen, herzlichen und fröhlichen Menschen und mir ist es wichtig aufzuzeigen, dass Russland auch nur ein ganz normales Land ist, in dem einige Dinge gut funktionieren und andere nicht. Im Grunde wie in Deutschland auch.

Drittens übersetzt der Anti-Spiegel viele Meldungen russischer Medien, damit die Leser sehen, wie in Russland über Ereignisse berichtet wird. Russische Medien berichten ganz anders, als man es meinen sollte, wenn man liest, was die westlichen Medien über die Medien in Russland schreiben. Da die westlichen Medien bei politischen Themen regelmäßig die russischen Argumente verschweigen, zeigen meine Übersetzungen der Berichte russischer Medien auf, was westliche Medien verheimlichen.

Es geht dabei nicht um eine ‚pro-russische‘ Berichterstattung (auch wenn diese oft im Ergebnis dabei herauskommt), es geht mir um folgendes: Wer sich in bei einem Streit eine Meinung bilden will, muss beide Seiten anhören und da die westlichen Medien die russischen Argumente verschweigen, bringe ich sie. Danach kann der Leser entscheiden, welche Position ihm näher ist. Aber um diese Entscheidung treffen zu können, muss man zuerst beide Seiten anhören.“ (Weiteres hier).

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