Es wäre besser für die USA, Russland auf ihrer Seite zu haben

Fundsache 

„Es gibt keinen Grund zu befürchten, dass Russland eine regionale Hegemonie in Europa anstrebt. Russland stellt keine ernsthafte Bedrohung für die Vereinigten Staaten dar. Wir sehen uns jedoch einer ernsthaften Bedrohung im internationalen System gegenüber. Wir haben es mit einem klaren Konkurrenten zu tun. Und das ist China. (…) Wenn man in einer Welt lebt, in der es drei Großmächte gibt – China, Russland und die Vereinigten Staaten – und eine dieser Großmächte, China, ein wirklicher Konkurrent ist, dann möchte man als Vereinigte Staaten Russland auf seiner Seite haben. Stattdessen haben wir mit unserer törichten Politik in Osteuropa die Russen in die Arme der Chinesen getrieben. Das ist ein Verstoß gegen das Einmaleins der Politik des Gleichgewichts der Kräfte.“

(John J. Mearsheimer, Politikwissenschaftler an der University of Chicago, im USA-Magazin „New Yorker“ vom 2. März 2022. Fundstelle: Junge Freiheit Nr. 11/22 vom 11. März 2022, Seite 2).

Das eigentliche amerikanische Ziel

Aber für die USA zählt in ihrer Geostrategie seit über hundert Jahren ein anderes Ziel: eine enge politische und wirtschaftliche Verbindung zwischen Russland und Deutschland zu verhindern. Diese Verbindung von Russlands Landmasse und Ressourcen-Reichtum mit Deutschlands Erfindungskraft,  technischem Wissen und  industrieller Kompetenz würde Russland und Deutschland, so die amerikanische Furcht, zu einer derart starken Macht werden lassen, dass die USA als Großmacht geopolitisch an Stärke und Einfluss verlöre.

Hegemon in Europa wollen die USA bleiben, soll nicht Russland werden dürfen

Jetzt zum Krieg in der Ukraine erläutert der Generalmajor a. D. Gerd Schultze-Rhonhof die amerikanischen Beweggründe so: „Die USA wollen Hegemonialmacht in Europa bleiben und bekämpfen deshalb Russlands Bemühen, seine Bedeutung in und für Europa zu erhalten. Anders sind der Wirtschaftskrieg um die Gaspipeline North Stream II und die amerikanische Wirtschaftsinfiltration in der Ukraine und ihr Bemühen, 2008 Georgien und die Ukraine in die NATO aufnehmen zu lassen, nicht zu verstehen. Die USA treten im Falle der Ukrainekrise nicht nur als Schutzmacht der UKR sondern auch mit großer Härte als Wirtschaftskonkurrenz für Deutschland auf. Die USA sind der größte Exportmarkt Deutschlands und der drittgrößte Außenhandelslieferant und zugleich seine militärische Schutzmacht. Die USA nutzen Ihre Wirtschaftshebel, um die NATO-Mitglieder bei Bedarf zur Gefolgschaft zu zwingen.“

Deutschland will mit Russland, darf aber nicht

Zur Lage Deutschlands und zu den deutschen Interessen schreibt Schultze-Rhonhof: „Deutschland steckt in einer Zwickmühle zwischen sicherheitspolitisch gebotener USA-Loyalität und -Abhängigkeit und zwischen Einigkeitsgebot der uneinigen EU-Staaten und zwischen seiner Abhängigkeit von Russlands Markt, Rohstoffen und militärischem Wohlverhalten und Abhängigkeit vom Zugang zum chinesischen Markt und zu chinesischen Produkten. Deutschland fürchtet die angedrohten Wirtschaftssanktionen der USA. Es braucht Russland als Energie- und Rohstofflieferant, als Markt und friedlichen Nachbarn. Es leidet unter der Einmischung der EU in sein Wirtschaftsverhalten.“

(Aus: „Stellungnahme zur Ukraine-Krise und Kriegsgefahr“ von Gerd Schultze-Rhonhof am 14. Februar 2022, hier).

Noch ein Ziel der USA: Sie wollen den Kauf ihres Flüssig-Erdgases erzwingen

Nach Darstellung des amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Michael Hudson ist es ein Hauptziel des „heutigen Neuen Kalten Krieges“, den Markt für amerikanische Lieferungen von Flüssig-Erdgas (LNG) zu monopolisieren. Bereits unter der Regierung von Donald Trump sei Angela Merkel dazu gedrängt worden zu versprechen, 1 Milliarde Dollar für den Bau neuer Hafenanlagen für amerikanische Tankerschiffe auszugeben, um dort Erdgas für die deutschen Versorgung zu entladen. Das dringendste strategische Ziel der Nato-Konfrontation mit Russland durch die USA seien steigende Öl- und Gaspreise, vor allem zum Nachteil Deutschlands. Höhere Energiepreise würden der deutschen Wirtschaft viel Dampf entziehen. Das sei dann, so Hudson, „das dritte Mal in einem Jahrhundert, dass die Vereinigten Staaten Deutschland besiegt haben“. (Aus: „America defeats Germany for the third time in a Century” von Michael Hudson am 1. März 2022, hier).

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