Die unverhältnismäßigen Freiheitsbeschränkungen

Die Anti-Corona-Anordnungen und das Recht – Je länger sie dauern, umso heikler für die Verantwortlichen werden sie aus rechtlicher Sicht – Der Grund­satz der Verhält­nis­mä­ßig­keit und der Gleich­be­hand­lung – Erhellende Aufklärung durch Rechtswissenschaftler und andere Juristen – Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit sind stets mit anderen Rechtsgütern abzuwägen – Rechtliche Rüge für die Hochschul-Rektoren-Konferenz: nicht grundgesetz-konform – Jura-Professor Lepsius: Der Rechtsstaat ist schwer beschmutzt – Elementare Grundsätze der Verfassung unterlaufen – Warum der Shutdown verfassungswidrig ist – Sechs kurze Begrün­dungen für die Verfassungs­widrigkeit – Mit den Deutschen ist offenbar wenig Staat zu machen, jedenfalls wenig Rechtsstaat

Freiheitsbeschränkungen durch staatliche Anordnung darf es nur in Ausnahmesituationen geben. Die Epidemie oder Pandemie durch das Corona-Virus Covid-19  ist eine solche Situation; die Infektionen sollen sich nicht ungebremst verbreiten dürfen. Aber die Beschränkungen müssen verhältnismäßig sein. Daher sind angestrebter Nutzen und erkennbarer Schaden gegeneinander abzuwägen. Die Unverhältnismäßigkeit zu Beginn wegen zu dürftiger Information ist vielleicht noch vertretbar gewesen, obwohl aus kritischer Expertensicht auch das umstritten ist. Aber schon lange können sich die politischen Führungen von Bund und Ländern auf fehlende Informationen nicht mehr berufen. Medizinisch und juristisch ist für unabhängige Fachleute beider Disziplinen die Lage in Deutschland klar: Bei allen Lockerungen, die die politischen Führungen – nicht sehr freiwillig, sondern durch den Eindruck von den angerichteten Schäden und von den Groß-Demos protestierender Bürger – schon vorgenommen haben, gibt es unverhältnismäßige Freiheitsbeschränkungen aus dem „Shutdown“ oder Lockdown“ immer noch. Je länger sie dauern, umso heikler für die Verantwortlichen werden sie aus rechtlicher Sicht.

Der Grund­satz der Verhält­nis­mä­ßig­keit und der Gleich­be­hand­lung

Die Rechtsprechung funktioniert immerhin. Das hat eine jüngste Entscheidung des nordrhein-westfälischen Ober­ver­wal­tungs­ge­richts in Münster gezeigt. Mit ihr wurden die Einschrän­kun­gen des öffent­li­chen Lebens im Kreis Güters­loh rechtskräftig aufgehoben, obwohl sie am 8. Juli ohnehin ausgelaufen wäre, aber hätte verlängert werden können (hier). Die entspre­chen­de Verord­nung sei rechts­wid­rig, weil sie nicht mehr mit dem Grund­satz der Verhält­nis­mä­ßig­keit und der Gleich­be­hand­lung verein­bar sei, teilte das Gericht am 6. Juli mit. Das Land hätte eine diffe­ren­zier­te Rege­lung erlas­sen müssen.*) Der Gleichheitsgrundsatz besagt, dass Glei­ches nicht ohne Grund ungleich, aber auch Unglei­ches nicht ohne Grund gleich behan­delt werden darf. Aber Gerichte werden nicht von sich aus tätig, sondern nur dann, wenn man sie in Anspruch nimmt. Solange es keine Verfahren und keine Entscheidungen gibt, sind außergerichtliche Aufklärungen erhellend. Durch Rechtswissenschaftler und andere Juristen sind genügend verfügbar.

Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit sind stets mit anderen Rechtsgütern abzuwägen

Einer dieser Rechtswissenschaftler ist der Müns­te­ra­ner Verfas­sungs­recht­ler Oliver Lepsi­us. Jüngst meldete sich Lepsius zu Wort, als sich der Senat der Hoch­schul­-Rek­to­ren-Kon­fe­renz (HRK) Anfang Juli zur Planung des Winter­se­mes­ters äußer­te und sich dabei „einhel­lig zu einer abso­lu­ten Prio­ri­tät des Gesund­heits­schut­zes“ bekannte. Ihn zitierte auch die FAZ vom 9. Juli (Seite 6 und hier). Diese Formulierung, so Berichterstatterin Heike Schmoll, habe unter Verfas­sungs­recht­lern schar­fe Kritik hervor­ge­ru­fen, darunter die von Lepsius. Dieser habe sein Befrem­den über die Abso­lut­set­zung des Gesund­heits­schut­zes geäußert, die verfas­sungs­recht­lich nicht begrün­det, genau genom­men sogar verfas­sungs­wid­rig sei. Abso­lut geschützt sei in der Verfas­sung nur die Menschen­wür­de. Alle ande­ren Rechts­gü­ter, auch Leben und Gesund­heit, seien mit ande­ren Rechts­gü­tern abzu­wä­gen.

Rechtliche Rüge für die Hochschul-Rektoren-Konferenz: nicht grundgesetz-konform

Lepsius wörtlich: „Die HRK nimmt hier eine Gewich­tung von Schutz­gü­tern vor, was dem Frei­heits­schutz des Grund­ge­set­zes – das muss ich leider so deut­lich ausspre­chen – wider­spricht.“ Für die Hoch­schu­len schrei­be die HRK das Grund­ge­setz im Sinne einer Schutz­gü­ter­hier­ar­chie um. Daher erinnere Lepsi­us die Hoch­schul­rek­to­ren, so die FAZ weiter, an ihre Verpflich­tung gegen­über der Wissen­schafts­frei­heit und dem Recht auf Bildung. Das seien die Grund­rech­te, deren Gewähr­leis­tung die HRK im Blick haben müsse. Wenn sie sich nun zum Sach­wal­ter der Gesund­heit mache, verken­ne sie die Verfas­sungs­ord­nung. Die Hoch­schu­len als Perso­nal­kör­per­schaf­ten erfüll­ten ihren Verfas­sungs­auf­trag nicht, wenn sie Wissen­schaft und Bildung unter einen Gesund­heits­vor­be­halt stell­ten.**)

Professor Lepsius: Der Rechtsstaat ist schwer beschmutzt

Was Lepsius für die Hochschulen formuliert, ist den politischen Führungen in Bund und Ländern ebenso vorzuhalten. Gesundheitsschutz darf nicht stets über allem stehen. Auch für politische Anordnungen wie im Fall von Covid-19 besteht die Pflicht zur Abwägung. Für Lepsius sind die von den Landesregierungen erlassenen Verordnungen „unverhältnismäßig, unbestimmt und sinnwidrig“. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe angemerkt, dass die in Bayern verfügten Ausgangsbeschränkungen  teilweise nicht vollziehbar seien. Wenn Menschen, die auf Parkbänken säßen, verwarnt oder mit Bußgeldbescheiden überzogen würden, stelle sich die Frage, ob und wie Parkbanksitzen das Infektionsrisiko erhöhe. Ein Fazit, das Lepsius in seiner rechtlichen Beurteilung der Anti-Corona-Maßnahmen zieht, lautet: „Wir stehen vor Hygienemaßnahmen ganz anderer Art: Der Rechtsstaat ist schwer beschmutzt. Die rechtsstaatliche Hygiene muss dringend wieder hergestellt werden, sonst droht hier das größte Infektionsrisiko.“

Elementare Grundsätze der Verfassung unterlaufen

Auf der Web-Seite Blätter für deutsche und internationale Politik (Mai-Ausgabe) ist zu den Corona-Rechtsfragen zu lesen: „Um die massiven Beschränkungen der ersten Phase auferlegen zu können, reformierte der Bundestag Ende März im Eilverfahren das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Die Veränderungen sind gravierend: Denn das IfSG räumt dem Bundesgesundheitsminister nun weitreichende Befugnisse ein. Demnach darf Jens Spahn im Krisenfall Gesetze außer Kraft setzen und Rechtsverordnungen ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen. Solche Blankovollmachten unterlaufen jedoch elementare Grundsätze der Verfassung, etwa die Bindung der Regierung an parlamentarische Gesetze. Hinzu kommt, dass diese überstürzte Machtverschiebung hin zur Exekutive ohne institutionelle Not erfolgt: Denn der Bundestag kommt weiterhin zusammen.“ Der ganze Text hier.

Warum der Shutdown verfassungswidrig ist

Am 7. April 2020 hat die Juristin Beate Bahner erläutert, „warum der Shutdown verfassungswidrig ist und warum dies der größte Rechtsskandal ist, den die Bundesrepublik Deutschland je erlebt hat“. Auch achtzehn Seiten unterzieht sie die Maßnahmen einer kritischen Überprüfung. Maßnahmen gegenüber gesunden Dritten seien nur im engen Ausnahmefall erlaubt. Dieser Ausnahmefall habe selbst in diesem Corona-Epidemie nicht vorgelegen. Sie konstatiert: „Die umfassenden Kontaktverbote und Schließungen von Einrichtungen dürfen sich niemals an 11 Millionen gesunde Bürger in Baden-Württemberg bzw. niemals an 83 Millionengesunde Bürger in der Bundesrepublik richten. Daher ist die landesweite Schließung fast aller Einrichtungen und Geschäfte ohne jedwede Gefahr einer Ansteckung durch diese Einrichtungen und Geschäfte durch keine Rechtsnorm des Infektionsschutzes und auch durch keine andere Regelung berechtigt. Die entsprechende Regelungen der Corona-Verordnungen sind so offensichtlich rechts- und verfassungswidrig, dass das juristische Stillschweigen mich wirklich sehr beunruhigt.“ Frau Bahner ist Fachanwältin für medizinrecht, Mediator im Gesundheitswesen und Fachbuchautor im Springer-Verlag. Der ganze Text ihrer „rechtlichen Stellungnahme“ hier. Auf diese Stellungnahme beruhte ihr  Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach Paragraph 32 BVerfGG beim Bundesverfassungsgericht. Das Gericht hat den Antrag am 10. April 2020 als unzulässig abgelehnt (Quelle hier.

Sechs kurze Begrün­dungen für die Verfassungs­widrigkeit

„Sechs kurze Begrün­dungen für die Verfassungs­widrigkeit des Shutdown in Deutsch­land“ gibt der Rechtswissenschaftler Peter Nahamowitz in einem Beitrag vom 17. Mai 2020, ausgerichtet an diesen Maßnahmen: „Der Shutdown-Beschluss vom 23. März 2020 brachte, nachdem zuvor Großveranstaltungen untersagt und Schulschließungen verfügt worden waren, Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote und die Schließung aller Restaurants, Cafes, Bars und Hotels. Mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften und Apotheken mussten alle Geschäfte schließen. Mit diesen Anordnungen waren weitrei­chende Eingriffe in die Grundrechte der Bürger und Unternehmen verbunden, und zwar vor allem in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), die Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 2 GG), die Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG), die Freizügigkeit (Art. 11), die Berufs­freiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sowie in die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG). Zweck des Shutdown war die Verlangsamung des Infektionsgeschehens, um den Krankenhäusern Gelegenheit zu geben, ihre Kapazität an Intensivbetten so zu erhöhen, dass alle schwer an Corona Erkrankten versorgt werden könnten.“

Jede Form von Zweck/Mittel-Proportionalität gesprengt

Abschließend zieht Nahamowitz aus seinen Überlegungen diese Schlussfolgerung: „Im Endergebnis heißt das, dass in Deutschland bei 170 000 Infizierten die Zahl der ‚echten‘ Coronatoten bei unter 100 liegt. Angesichts dieser unglaublich niedrigen Zahl ist evident, dass die deutsche Coronapolitik mit all ihren rigiden Einschränkungen, ihrem großen sozialen, die berufliche Existenzvernichtung einschließenden Leid, ihren erheblichen gesundheitlichen Schäden infolge unterlassener Operationen und Behandlungen und ihren exorbitanten Kosten für Staat und Gesellschaft außerhalb jeder Erforderlichkeit liegt und auch jede Form von Zweck/Mittel-Proportionalität sprengt und damit verfassungswidrig ist. Wer sagt, auch bei 100 Toten sei jeder Tote einer zu viel und der Staat zu jeder Anstrengung verpflichtet, den Tod zu vermeiden, der sei daran erinnert, wie ungerührt Öffentlichkeit und Staat die 25 000 Grippetote im Winter 2017 / 2018 hingenommen haben.“ Nahamowitz war Prof. für öffentliches Wirtschafts- und Finanzrecht sowie Politikwissenschaft am Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Hannover und ist seit 2007 im Ruhestand. An seinem Fachbereich in Hannover lehrte er jahrzehntelang Wirtschaftsverfassungsrecht.

Mit diesen Deutschen ist offenbar wenig Staat zu machen, jedenfalls wenig Rechtsstaat

Bei allen diesen Rechtswidrigkeiten nicht bloß erstaunlich, sondern sehr bedenklich ist die Nachricht, dass 65 Prozent der Menschen in Deutschland nach wie vor mit der Art, wie die politisch Verantwortlichen gegen die Corona-Pandemie vorgehen, zufrieden ist und die Maßnahmen für „gerade richtig“ halten. Das geht aus einer aktuellen Befragung von Forsa- und Ifo-Institut hervor. Befragt worden sind mehr als 30 000 repräsentativ ausgewählte Personen (FAZ vom 14. Juli, Seite 1). Nach einer anderen aktuellen Umfrage sind die Befragten ebenfalls mehrheitlich mit den Maßnahmen zufrieden.  79 Prozent sprechen sich sogar dagegen aus, die Sicherheitsmaßnahmen jetzt abzuschmelzen. Das hat die repräsentative Befragung von 2038 Personen durch das Meinungsforschungsinstitut Yougov  im Auftrag der Zurich-Versicherung ergeben (hier). Man darf vermuten, dass die einseitigen und offenbar gelenkten Mainstream-Darstellungen an dieser Haltung kräftig mitgewirkt haben. Wie Gegenstimmen unterdrückt wurden, können Sie hier nachlesen. Deutsche Angst sowie Staats- und Mediengläubigkeit sind ein scheußliches Gemisch. Mit diesen Deutschen ist offenbar wenig Staat zu machen, jedenfalls wenig Rechtsstaat.

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*) FAZ vom 7. Juli 2020, Seite 1. In der FAZ vom 8. Juli (Seite 2) schreibt Alexander Haneke:  Die Eilentscheidung des Oberverwaltungsgerichts könnte „als Orien­tie­rungs­hil­fe für kommen­de Infek­ti­ons­aus­brü­che dienen. Denn der Beschluss fügt sich in eine Reihe frühe­rer Entschei­dun­gen der obers­ten Gerich­te und ergänzt sie um einen Aspekt: Kommt es zu einem Massen­aus­bruch, müssen die poli­tisch Verant­wort­li­chen schnell handeln, selbst wenn sie in dieser Situa­ti­on noch nicht genug Infor­ma­tio­nen haben, um abge­wo­gen zu entschei­den – so lautet die Linie der Gerich­te. Denn die Exeku­ti­ve ist schon aus ihrer Schutz­pflicht für die Bürger zum Tätig­wer­den verpflich­tet; je unkla­rer die Situa­ti­on ist, desto weiter ist der Beur­tei­lungs­spiel­raum der Poli­tik. Sobald es jedoch genaue­re Infor­ma­tio­nen über Infek­ti­ons­ge­sche­hen und Gefah­ren­la­ge gibt, muss die Exeku­ti­ve ihre Entschei­dun­gen jeder­zeit über­prü­fen. Aus diesem Grund hatten Rich­ter auch immer wieder darauf abge­stellt, dass die Maßnah­men stets befris­tet werden soll­ten“.

**)  Oliver Lepsius (Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verfassungstheorie an der Universität Münster) hat sich zu staatlichen Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Infektion mit Covid-19 in vielen Stellungnahmen geäußert, darunter auf seinem „Verfassungsblog“ mit dem Beitrag „Vom Niedergang grundrechtlicher Denkkategorien in der Corona-Pandemie“ vom 6. April 2020 (hier). Mit den folgenden Sätzen leitet Lepsius den Beitrag ein:

„Wir beklagen zurzeit Grundrechtseingriffe ungeahnten Ausmaßes. Wir müssen aber noch etwas beklagen, nämlich einen ziemlich flächendeckenden Ausfall rechtsstaatlicher Argumentationsstandards. Zwar betonen die Entscheider, die momentan mit Rechtsverordnungen Grundrechte suspendieren, immer wieder, wie schwer ihnen dies falle. Dem rechtlich wie ethisch gebotenen Umgang mit den Grundrechten wird die momentane Rechtfertigungsrhetorik jedoch nicht gerecht. Grundrechte können nur unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden. Der Eingriff unterliegt einem Rationalitätstest anhand von faktenorientierten Maßstäben und einer Verantwortbarkeitskontrolle orientiert an normativen Maßstäben.“

Am 25. April 2020 brachte das FAZ-Feuilleton zu den Corona-Anordnungen den Lepsius-Beitrag „Warum lauert die Polizei Spaziergängern auf?“ Darin erinnert er an Selbstverständlichkeiten, beispielsweise diese, dass Grundrechte nicht unter einem Demoskopievorbehalt stünden, dass der Begriff „Systemrelevanz“ keine unmittelbare Verfassungsrelevanz habe, oder dass Kirchen verfassungsrechtlich nach anderen Maßstäben beurteilt werden sollten als Baumärkte. Eine Reihe von Maßnahmen hält Lepsius für verfassungswidrig, zumal eine Überschusstoleranz aufgrund des Nichtwissens sich täglich reduziere und teilweise bereits abgelaufen sei. In der Abwägung seien viele Freiheitsbelange auch deshalb zu kurz gekommen, weil das Ziel der Maßnahmen zu vage bleibe („es geht um Leben und Tod“) und Entscheidungen von thematisch verengten Stäben getroffen wurden („Corona Kabinette“; „Taskforces“), in denen sich einseitig eine virologische Handlungslogik habe durchsetzen können, während andere Aspekte vernachlässigt worden seien, weil die zur Pflege dieser Freiheitsbereiche Zuständigen in den Expertenstäben nicht vertreten seien.  Verstörende habituelle Freiheitsverluste diagnostiziert Lepsius beim Vollzugseifer. Dieser habe zu absurden Maßnahmen „ohne Sinn und Verstand“ geführt. Der ganze Beitrag hier.

In einem Interview vom 13. Mai 2020 mit der Wochenzeitung Die Zeit sagte Lepsius unter anderem:
„Ende März, als der Shutdown beschlossen wurde, haben die Politiker zu wenig auf die Vielfalt der Grundrechte, den Pluralismus der Freiheiten geachtet. Man hat sich nur auf den Schutz des Lebens, auf die Gesundheit, konzentriert und dem alles andere untergeordnet. Das ist angesichts der Sorgen, die es damals wegen der exponentiell steigenden Ausbreitung des Virus gab, menschlich nachvollziehbar, entspricht aber nicht unserer Grundrechtskultur. Zumal die Eingriffe in unsere Freiheitsrechte durch Verordnungen der Landesregierungen erfolgten, nicht durch die Parlamente. denn das Prinzip der Gewaltenteilung erfordert eigentlich, dass das Parlament Gesetze macht, die die Regierung erst zu Grundrechtseingriffen ermächtigen. Die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes sind aber so unbestimmt, dass erst die Verordnungen die Grundrechtseingriffe ermöglichten. Die Regierungen haben zuerst die Rechtsgrundlagen geschaffen und diese dann auch vollzogen. Eigentlich trennt die Gewaltenteilung diese beiden Ebenen – auch aus Gründen des Freiheitsschutzes. Beim Vollzug der Anti-Corona-Normen haben die Regierungen ihren Verwaltungen und der Polizei eine harte Haltung verordnet. Dagegen konnten nur noch die Gerichte vorgehen. Das ist kein haltbarer und in jedem Fall ein unfreiheitlicher Zustand.“  Das ganze Interview hier

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2 Kommentare zu „Die unverhältnismäßigen Freiheitsbeschränkungen“

  1. ZITAT: „Deutsche Angst sowie Staats- und Mediengläubigkeit sind ein scheußliches Gemisch.“

    Und wirksam ist das Gemisch obendrein. Bei jedem Versuch, mittels Fakten und logischen Überlegungen an die Vernunft zu appellieren, stoße ich auf Widerstand. Worauf ich praktisch nie stoße ist Interesse bzw. Neugier.
    Diese Woche habe ich gehört, dass das Wintersemester auch nur in eingeschränkter Form durchgeführt werden soll. Und bei so manchen Universitäts-Home-Office-Veteranen habe ich inzwischen den Verdacht, dass sie sich weit von der Arbeit entfernt haben. Am Ende müssen sie womöglich wie Langzeitarbeitslose mühsam in den Arbeitsprozess reintegriert werden. 🙂

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