Starbatty zürnt, Sinn gratuliert, Weidmann windet sich – Draghi der Euro-Retter? Er hat das Leiden am Euro verlängert
Viele bekommen Ehrungen, die sie verdienen. So manche bekommen verdiente Ehrungen nicht. Andere bekommen Ehrungen, die sie nicht verdienen. Zu solchen Ehrungen gehört auch das Bundesverdienstkreuz. Jetzt wird diese Ehrung dem Italiener Mario Draghi zuteil – für seine acht Jahre als Präsident der Europäischen Zentralbank, der er derweilen nicht mehr ist. Am 31. Januar will ihm der Bundespräsident das Kreuz überreichen. Hat er diese Dekoration verdient? Man könnte sagen: ein Routine-Akt, denn seine Vorgänger Wim Duisenberg und Jean-Claude Trichet haben das Kreuz doch ebenfalls erhalten. Aber ob Routine oder nicht, verdient haben sollte der Geehrte die Auszeichnung wirklich.
Merkel dankt Draghi „von ganzem Herzen“
Für Bundeskanzlerin Angela Merkel – wen wundert’s – steht das außer Frage. Bei Draghis offizieller Verabschiedung Ende Oktober 2019 in Frankfurt erfuhr die Öffentlichkeit durch die Berichterstattung*) nicht nur, dass die beiden sich duzen, sondern auch von dem Überschwang, mit dem Merkel Draghis Präsidentschaft in den Himmel hob: „Du hast den Euro durch unruhige See navigiert. Für deinen leidenschaftlichen Einsatz danke ich dir von Herzen.“ Draghi habe den Währungsraum erfolgreich durch die Euro-Schuldenkrise geführt, die Unabhängigkeit der EZB bewahrt und die Währungsunion gestärkt.
Ökonom Joachim Starbatty zürnt
Das kann (und sollte) man auch ganz anders sehen. In der FAZ**) las man, es dürfte in Deutschland vermutlich nicht so viele Menschen geben, die Draghi mit einem Orden dekoriert sehen wollten. „So manchem dürfte es angesichts der Nullzinsen und der daraus resultierenden Schwierigkeiten für Sparer die Zornesröte ins Gesicht treiben.“ Das Blatt berichtete auch von den Reaktionen dreier Ökonomen. Der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Starbatty zürnte: „Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Draghi erklärt, warum die Bundeskanzlerin Jens Weidmann als EZB-Präsidenten nicht haben wollte – Draghis ultralockere Geldpolitik finanziert die Schulden der Mitgliedstaaten der Währungsunion und hält sie so zusammen, enteignet aber die Sparer, untergräbt die Sicherung unseres Lebensabends und produziert gefährliche Blasen.“
Ökonom Hans-Werner Sinn gratuliert
Merkwürdig anders dagegen Hans-Werner Sinn. Der frühere Präsident des Münchner Ifo-Instituts habe, so die FAZ, in der Vergangenheit mit Kritik an Draghis Euro-Rettungspolitik gleichfalls nicht gespart, sich nun aber zu einem Glückwunsch durchgerungen: „Mario Draghi hat ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz beim Verständnis der Funktionsweise der Kapitalmärkte bewiesen, und er hat sehr eng mit der Bundeskanzlerin kooperiert. Die von ihm vertretenen Entscheidungen waren im Übrigen die Entscheidungen des EZB-Rates. Ich gratuliere ihm zu der Auszeichnung.“
Ökonom und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann windet sich
Wiederum anders Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Dieser windet sich. Ihn, „der im EZB-Rat all die Jahre immer wieder mit Draghi um die richtige Linie für Europas Geldpolitik gerungen hat wie kein Zweiter“ zitiert die FAZ mit diesen Worten: „Es steht uns nicht zu, Ehrungen, die der Bundespräsident vornimmt, zu kommentieren. Aber natürlich freuen wir uns für Mario Draghi über die Anerkennung aus der deutschen Politik.“
Draghi der Euro-Retter? Er hat das Leiden am Euro verlängert
In die Historie der Euro- und Geldpolitik eingehen werden die immer wieder zitierten drei Draghi Worte „Whatever it takes“ – drei Worte mit großer Wirkung, wie Frankreichs Staatspräsident Macron bei Draghis Abschiedsparty in Frankfurt betont hatte. Gefallen waren sie in dessen Rede 2012 in London. Sie sollten ausdrücken, die EZB werde alles ihr Mögliche zur Rettung von hochverschuldeten Banken, Euro-Mitgliedstaaten und damit des Euros tun, um sämtliche Zweifel an der Unumkehrbarkeit des Euros auszuräumen. Aber um das deutsche Volk hat sich Draghi damit nicht verdient gemacht, sondern ihm geschadet. Nützlich war sein Wirken nur für die politische Führung, vor allem für die in den schwächlichen Euro-Ländern. Orden umhängen sollten ihm vor allem die Führungen in Griechenland, Italien und Spanien.
Ja, Draghi hat (zusammen mit dem EZB-Rat) den Euro gerettet – vorerst. Treffender allerdings wäre: Er hat das Leiden am Euro verlängert. Wie lange wird das so noch weitergehen? Es ist nicht abzusehen. Nein, das Bundesverdienstkreuz hat Draghi nicht verdient. Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz. So ungerecht ist die Welt.***)
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*) FAZ vom 29. Oktober 2019 (Seite 19) und BILD-Zeitung am 22. Januar 2020 (hier).
**) FAZ vom 23. Januar 2020 (Seite 18).
***) Andere Reaktionen lauten:
Der Merkur am 23. Januar 2019: „Ehrung für Draghi befremdet Politiker und Banker zutiefst. Ex-EZB-Chef Mario Draghi erhält das Bundesverdienstkreuz – dabei würden ihm viele am liebsten vors Schienbein treten.“ (hier).
Focus Online notiert: „Die deutschen Reaktionen auf die Entscheidung sind wenig schmeichelhaft. Nominiert wurde der Italiener zwar von Außenminister Heiko Maas, verschiedene Politikerkollegen allerdings haben eine etwas andere Meinung zu einem Bundesverdienstkreuz für Draghi: Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler twitterte: ‚Jetzt bekommt man schon für die Enteignung der deutschen Sparer das Bundesverdienstkreuz.‘ Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte laut Münchner Merkur: ‚Seine Verdienste für Deutschland entziehen sich meiner Kenntnis, sind aber sicher dem Bundespräsidenten bekannt.‘“ (hier).
CSU-Generalsekretär Markus Blume befand: „Warum Herr Draghi das Bundesverdienstkreuz bekommen soll, ist ein Rätsel. Was ist der Verdienst von Herrn Draghi für unser Land? Man muss sich vor Augen führen, dass nun ausgerechnet der Mann ausgezeichnet werden soll, der mit seiner Zinspolitik seit Jahren für eine Art schleichender Enteignung all jener steht, die vorausschauend zurückgelegt, gespart und für das Alter investiert haben! Wir haben Zweifel, ob die Auszeichnung von Herrn Draghi das richtige Signal an die deutschen Sparer ist.“ (hier).
Die stellvertretende Vorsitzende des AfD-Bundesvorstands, Beatrix von Storch, wettert: „Man mag es kaum glauben, aber Draghi soll von Steinmeier das Bundesverdienstkreuz erhalten: Der Mann, der mit seiner Nullzinspolitik deutsche Sparer und Rentner enteignet hat. Was für eine Schande. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Sparer. Deutsche Sparer verlieren jedes Jahr wegen Draghi zig Milliarden. 648 Milliarden Euro haben Deutschlands Sparer schon durch die niedrigen Zinsen verloren, wie die DZ Bank für den Zeitraum von 2010 bis 2019 berechnet hat. Dafür soll sich Draghi öffentlich bei den deutschen Sparern entschuldigen und nicht die Frechheit besitzen, sich ein Bundesverdienstkreuz anheften zu lassen.“ (hier).
Die Online-Publikation FinanzmarktWelt merkt an: „Mario Draghi erhält Bundesverdienstkreuz (kein Witz) – der deutsche Sparer gratuliert! Nein, wir haben noch nicht den 1. April. Nein, es ist kein bitter böser Scherz. … Aber Scherz bei Seite. Bekommt Mario Draghi das Bundesverdienstkreuz dafür, dass seine Geldpolitik (2,6 Billionen Euro drucken und Zinsen abschaffen) so gut funktioniert hat, dass er die Wirtschaft stimuliert und die Inflation planmäßig auf 2% gehoben hat? (was ja gar nicht geschehen ist). Nein, es geht natürlich um das ‚Große Ganze‘“. (hier).
Mike Schier in OVB Online kommentiert: „Ja, aus europäischer Sicht, vor allem aus Sicht der Krisenstaaten in Südeuropa, mag die Zinspolitik Draghis durchaus verdienstvoll gewesen sein. Den Krisenländern verschaffte er damals Luft zum Atmen, die dann aber leider nicht alle für die eigentlich notwendigen Reformen nutzten. Inzwischen sind die Negativzinsen so drückend, dass sie von den Banken schon an deutsche Sparer weitergereicht werden. Die private Altersvorsorge steckt in der Krise, Lebensversicherungen sind deutlich weniger wert. Die Flucht der Anleger in Immobilien hat massive Auswirkungen auf die Lebenshaltungskosten in den Städten. Diesen immensen Preis für seine Euro-Rettung hat Draghi in Kauf genommen. In der europäischen Abwägung mag er das so vertreten können. Aber dass ihn ausgerechnet Deutschland dafür ehrt, wird vielen bitter aufstoßen.“ (hier).
Einen Windhund namens Mario Draghi die Oberaufsicht
über die Finanzen Europas an zu vertrauen, ist so als würde ich meinen Hund die Bewachung meiner Wurstvorräte überlassen und wenn Dieser die meisten
gefressen hat, Ihn dafür noch zu belohnen!
Gieb Pfödchen!!! Na Du bist ja ein ganz Lieber!!