Patriotismus und Nationalismus

Zum Beispiel das „Neue Hambacher Fest“ und die „Patriotenwanderung“ zum Hambacher Schloss – Der Beweggrund 1832, der Beweggrund heute – Wie sich Henryk M. Broder  zum Nationalismus äußert

Pfingstsonnabend beim „Neuen Hambacher Fest“ gewesen. In Neustadt an der Weinstraße. Das erste Mal hat

Der Zug zum Hambacher Schloss. Die teilkolorierte Federzeichnung von 1832. (Quelle: wikipedia.org)

es das Fest 2018 gegeben. Dies also war das zweite. Es fand statt am Freitag vor Pfingsten mit einer Wanderung hinauf zum Hambacher Schloss mit rund 450 Teilnehmern und am Folgetag als „Kongress für Frieden und Sicherheit in Europa“ in der großen und voll besetzten Stadthalle von Neustadt. Der Initiator Prof. Dr. Max Otte erläutert dazu dies. Eindrücke per Video eines Teilnehmers*) finden Sie hier. Vor einem Jahr berichtete die FAZ**): „’Pa­trio­ten­wan­de­rung’ nen­nen sie es. Ei­ni­ge hun­dert, dann mehr als tau­send Leu­te lau­fen durchs pfäl­zi­sche Neu­stadt, durch den Wald hin­auf zum Ham­ba­cher Schloss. Ein Meer von schwarz­rot­gol­de­nen Fah­nen weht. Wie 1832 – da­mals fand hier die ers­te po­li­ti­sche Mas­sen­de­mons­tra­ti­on der deut­schen Ge­schich­te statt, es ging ge­gen die po­li­ti­sche Un­ter­drü­ckung und die Will­kür­herr­schaft der Fürs­ten. Jetzt sind An­ge­stell­te und Hand­wer­ker, Rechts­an­wäl­te, pen­sio­nier­te Ärz­te, Leh­re­rin­nen, auch Stu­den­ten da­bei.“ So war es auch diesmal wieder.

Der Beweggrund damals, der Beweggrund heute

Deutsche Nation, deutsche Einheit, Vaterland, Heimat Deutschland, Patriotismus, Freiheit von autoritärer Herrschaft – das sind die Stichworte, die mit dem Hambacher Fest von 1832 verbunden sind. Die Freiheits- und Protestbewegung von damals gehört zu den wichtigsten Ereignissen der jüngeren deutschen Geschichte und gilt als Wiege der deutschen Demokratie. Die Teilnehmer damals forderten die nationale Einheit Deutsch­lands, Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie die Gleichberechtigung der Frauen. Sie forderten auch schon eine europäische Vereinigung („conföderiertes republikanisches Europa“). Weiteres Geschichtliches zu 1832 unter anderem hier.  Nun hat dieses Ereignis als „Neues Hambacher Fest“ eine Wiederbelebung gefunden – dieses Mal als Protest gegen mächtige politische Bestrebungen, die EU-Mitgliedstaaten in einem vereinheitlichten Staat Europa aufgehen zu lassen, in dem die Mitgliedsländer ihre Souveränität letztlich verlieren. Die Europäische Union soll kein „Europa der Vaterländer“ sein, sondern ein Zentralstaat mit nur einer gemeinsamen Regierung. Die wohl meisten Bürger in der heutigen Europäischen Union (EU) lehnen das ab und wollen ihre eigenstaatliche Selbständigkeit erhalten. Freiheit und Rückbesinnung auf die deutsche Nation ist auch der Beweggrund für das „Neue Hambacher Fest“.

Wie sich Henryk M. Broder zum Nationalismus äußert

Auf der Bahnfahrt nach Neustadt las ich einen Essay von Henryk M. Broder in der Tageszeitung Die Welt vom 3. Juni (Seite 2) mit dem Titel „Ihr seid mir schöne Patrioten“. Darin finden sich auch ein paar eigenwillige, auch amüsante Bemerkungen zum Nationalismus sowie zum Unterschied zwischen einem Patrioten und Nationalisten. Hier sind sie:

Auch der Nationalismus geht mit der Zeit. Menschen, die sich als ‚stolze’ oder ‚überzeugte Europäer’ outen, denken, dass sie den Nationalismus hinter sich gelassen haben. In Wirklichkeit haben sie ihn nur  neu verpackt.“

Zu seiner vollen Entfaltung braucht der Nationalismus nicht nur Siege, sondern auch Niederlagen, der Patriotismus ebenso. Da ticken beide vollkommen synchron.“ Aber:  „Wann immer ein Politiker zu einem Loblied auf den Patriotismus ansetzt, begibt er sich freilich auf vermintes Gelände.“

Ein Patriot, so wurde uns immer erklärt, liebt sein Land, ohne andere Länder zu verachten. Ein Nationalist dagegen überhöht das Kollektiv, dem er sich zugehörig fühlt, und schaut auf andere von oben herab. Das ist eine feine und politisch korrekte Beschreibung, die den Praxistest leider nicht besteht. Ebenso wenig wie man zwischen dem Islam und dem Islamismus eine klare Trennung ziehen und behaupten kann, der eine missbrauche den anderen, kann man Patriotismus und Nationalismus so auseinanderhalten, dass der erste als Tugend und der zweite als  Sünde daherkommt.“

Der ‚Nationalismus’, vor dem die Kanzlerin, der Kölner Kardinal (‚Christen sollten überzeugte Europäer sein’) und die Anhänger der ‚Europa-für-alle’-Bewegung warnen, ist ein Popanz, wie es früher die ‚gelbe Gefahr’, die Aliens und die Iluminati waren. Offenbar brauchen auch offene Gesellschaften etwas, wovor sie sich fürchten können. Das kommt dem ’Zusammenhalt’ zugute, der in Friedenszeiten erodiert.“

Leider dem Zusammenhalt der Falschen für die falsche Sache wie zum Beispiel dem Klimaschutzwahn und der Energiewende.

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*) Autor: Konrad Giesiger

**) Philip Plickert in der FAZ vom 6.Mai 2018, Seite 31. An die Demonstration von 1832 erinnert er so: „Am Pfingst­sonn­tag 1832 ka­men zwi­schen 20000 und 30000 nach Neu­stadt, es wur­den feu­ri­ge Re­den ge­gen die Zen­sur und die Ob­rig­keit ge­hal­ten, es wur­de ge­sun­gen, ge­trun­ken, ge­lacht, man schwenk­te schwarz­rot­gol­de­ne Ban­ner und de­mons­trier­te für die na­tio­na­le Ein­heit. „Deutsch­lands Wie­der­ge­burt“ stand auf ei­ner gro­ßen Fah­ne, die heu­te im Mu­se­um auf dem Schloss aus­ge­stellt ist. Das Ham­ba­cher Fest – der His­to­ri­ker Hein­rich Au­gust Wink­ler nennt es „das größ­te Fest von Frei­heits- und Va­ter­lands­freun­den“, das es bis da­to ge­ge­ben hat­te – war ei­ne wich­ti­ge Sta­ti­on auf dem Weg zur 1848er-Re­vo­lu­ti­on und zur De­mo­kra­tie in Deutsch­land. Klas­sisch li­be­ra­le For­de­run­gen nach Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit, aber auch der Ruf nach na­tio­na­ler Ein­heit trie­ben die De­mons­tran­ten da­mals an. Nicht we­ni­ge drück­ten aber auch wirt­schaft­li­che Sor­gen: Die Steu­ern und Ab­ga­ben sei­en viel zu hoch, fan­den die pfäl­zi­schen Win­zer. Nach dem Fest schlug die Re­pres­si­on zu, ei­ni­ge Teil­neh­mer wur­den ver­haf­tet.“

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