Migrationsfragen auf nationaler Ebene klären und entscheiden, nicht auf zentraler – Was der Migrationspakt ignoriert – „Die Dimension des Migrationspakts erfordert unverzügliches Handeln“ – Gauland für ein „buntes“ Europa der Vaterländer, gegen ein aus Brüssel „normiertes Einheitseuropa“ – UN-Migrationspakt ein „erpresserischer Humanitarismus aus Berlin und Brüssel“ – Der AfD-Parteitag in Magdeburg zur Wahl ihrer Kandidaten für das EU-Parlament 2019 – Ein erster FAZ-Kommentar lautet „Unsinn“ und „beängstigender Realitätsverlust“
Die AfD sagt Nein zum Migrationspakt der Vereinten Nationen. Das hat sie auf ihrem Parteitag in Magdeburg am 16. November beschlossen. Auf diesem Parteitag, für den vier Tage angesetzt sind, wählt sie ihre Kandidaten für die Wahl 2019 zum nächsten EU-Parlament. Zu Beginn hatte Alexander Gauland, einer der beiden Bundesvorsitzenden der Partei, in seiner Begrüßungsrede die Europa-Politik der gegenwärtigen Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel gegeißelt. Für die Wahl ins EU-Parlament will die Partei 35 Kandidaten aufstellen. Für den Platz 1 auf der Kandidatenliste haben die Delegierten des Parteitages Jörg Meuthen gewählt, einer der beiden Bundesvorsitzenden der Partei. Meuthen kam auf diesen Platz mit 90 Prozent Zustimmung (483 von 535 Stimmen). Meuthen hatte für den ersten Platz keinen Mitbewerber. Er ist schon jetzt AfD-Abgeordneter im EU-Parlament. In Magdeburg versammelt haben sich 546 Delegierte aus allen Landesverbänden der Partei. Hier der Nein-Beschluss zum Migrationspakt im Wortlaut:
Migrationsfragen auf nationaler Ebene klären und entscheiden, nicht zentraler
Das AfD-Nein zum Global Compact for Migration (UN-Migrationspakt) war in Magdeburg von einer Delegiertengruppe beantragt und zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt worden. Es ist Bestandteil des EU-Wahlprogramms der Partei. Dem Antrag wurde einhellig zugestimmt. Hier sein Wortlaut:
1. Die Alternative für Deutschland lehnt den Beitritt Deutschlands zum UN-Migrationspakt „Global Compact for Migration“ kategorisch ab. Sie setzt sich auf allen Ebenen mit Nachdruck dafür ein, Migrationsfragen auf nationaler Ebene zu klären und zu entscheiden.
2. Eine weitere Aushöhlung der staatlichen Souveränität Deutschlands im Rahmen internationaler Abkommen sowie der nachfolgenden Flüchtlingspolitik im Rahmen der Europäischen Union lehnt die Alternative für Deutschland entschieden ab.
Was der Migrationspakt ignoriert
In der Begründung für den Antrag und den Beschluss heißt es: „Am 10. und 11. Dezember 2018 soll in Marrakesch der UN-Migrationspakt („Global Compact for Migration“) angenommen werden. Das Abkommen zielt auf die Ausweitung der weltweiten Migration durch ein breites Bündel an Maßnahmen. Deutschland ist bereits heute weltweit ein
Hauptziel von Migranten. Das Abkommen legt die Grundlage für ein weiteres Anwachsen der Migrationsströme nach Deutschland. Bereits heute offenkundige Probleme bei Zuwanderung aus fremden Kulturkreisen werden durch das Abkommen ignoriert. Die kulturelle Kompatibilität – Kennzeichen erfolgreicher Einwanderungsmodelle – wird komplett ausgeklammert. Die Rechte der Migranten stünden in der praktischen Anwendung über den berechtigten Interessen unseres Vaterlands.“
„Die Dimension des Migrationspakts erfordert unverzügliches Handeln“
Und weiter: „Wie schon bei der Nicht-Schließung der Grenzen im Herbst 2015 ignoriert die Bundesregierung die Volksvertretung: Die geplante Annahme des Abkommens wurde nicht im Bundestag beraten. Die Öffentlichkeit sollte über die Pläne im Unklaren gelassen werden. Warum dieser Antrag bereits jetzt beschlossen werden muss: Die Zeit drängt: Aus Magdeburg muss jetzt – vor der Annahme im Dezember – ein wichtiges Fanal ausgehen. Die Dimension des Migrationspakts erfordert unverzügliches Handeln der AfD als einziger Wahrerin deutscher Interessen. Sollte die Bundesregierung den Migrationspakt „Global Compact for Migration“ tatsächlich annehmen, ist der Kampf gegen die Folgen des Abkommens ein wichtiger Bestandteil zukünftiger Politik gerade auch im Europäischen ‚Parlament’. Die lobenswerte Kampagne des Bundesverbands (www.migrationspakt-stoppen.de) wird durch die Annahme dieses Antrags unterstrichen und gestärkt. Die Annahme macht klar: Der Wahlkampf für die Europawahl beginnt jetzt. Sie ist elementarer Bestandteil des Kampfes für den Erhalt der deutschen Nation und eines Europas der Vaterländer.“
Gauland für ein „buntes“ Europa der Vaterländer, gegen ein aus Brüssel „normiertes Einheitseuropa“
Für eine Europäische Union als ein Europa der Vaterländer setzte sich in seiner Begrüßungsrede auch der andere AfD-Bundesvorsitzende, Alexander Gauland, ein. Er sprach von einem „buntem“ Europa der Vaterländer und stellte unter Beifall klar: „Wir wollen die EU nicht verlassen. Wir wollen sie auch nicht abschaffen. Wir wollen sie reformieren, so wie sie ursprünglich gedacht war als gemeinsamer Markt.“ Gauland (und die Partei) wollen „eine dezentral verfasste Europäische Union der Vielfalt mit einem selbstbewussten Deutschland in seiner Mitte“, das als Vermittler zwischen
Staaten, die den Migrationspakt schon jetzt ablehnen
Ost und West agieren solle. „Wir wollen kein aus Brüssel normiertes Einheitseuropa“, sagte Gauland. Nicht der Nationalismus gefährde den Frieden in Europa, sondern die gemeinsame europapolitische Linie der Kanzlerin und des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. Aufgabe der AfD als Opposition gemeinsam mit einer kleinen Fraktion im EU-Parlament sei die „Herrschaftskorrektur“. Der Sitz im EU-Parlament sei kein Versorgungsposten. Die Arbeit dort werde anstrengend werden. Die Abgeordneten müssten gegen den „undemokratischen Zentralismus“ in der EU vorgehen. Gauland verglich diesen Zentralismus mit autoritären Herrschaftsformen.
UN-Migrationspakt ein „erpresserischer Humanitarismus aus Berlin und Brüssel“
Auch rechnete Gauland ab mit Merkels Politik der offenen Grenzen. Merkel habe damit in Europa „mehr Unfrieden gestiftet als jede Entscheidung seit dem Fall des Eisernen Vorhangs“. In dieser Politik sieht er einen der wesentlichen Gründe für den noch laufenden Austritt Großbritanniens aus der EU. Den UN-Migrationspakt nannte Gauland einen „erpresserischen Humanitarismus aus Berlin und Brüssel“. Staaten, die wie Polen planten, diesen abzulehnen, könne man nur beglückwünschen. Zur Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel am wachsenden Nationalismus in Europa, die sie zuletzt in Paris geäußert habe, sagte Gauland, niemand stelle die europäische Friedensarbeit infrage, aber zuallererst sei die Europäische Union eine realpolitische Entscheidung, die – unterstützt von den Vereinigten Staaten – getroffen worden sei angesichts eines gemeinsamen Feindes. Damals seien „die Violinen der Völkerverbrüderung“ noch gar nicht angestimmt worden.
Meuthen: Die wahren Europäer sind wir
In seiner Bewerbungsrede für den Platz 1 auf der AfD-Kandidatenliste hatte Meuthen unter anderem deutlich gemacht, dass er nicht für einen EU-Austritt Deutschlands plädiert. „Wir treten nicht an, um die EU kaputt zu machen“, sagte er. Aber die Europäische Union sei zurückzuführen auf eine Europäische Union der Vaterländer. „Die wahren Europäer“, fasste Meuthen zusammen, „sind wir.“ Angriffe ritt er gegen den Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck. Dieser stehe für ein „links-rot-grün verseuchtes 68er- Deutschland“. Friedrich Merz, der sich zusammen mit seinen beiden Konkurrenten Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn um den CDU-Vorsitz bewirbt, schmähte Meuthen als „pseudo-konservativen Totalausfall“. Als mögliche Bündnispartner im künftigen EU-Parlament empfindet er den italienischen Lega-Vorsitzenden Matteo Salvini, den österreichischen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.
Für die FAZ zeigt der Parteitag „Unsinn“ und einen „beängstigenden Realitätsverlust“
Erster Kommentar der FAZ (Jasper von Altenbockum) zum ersten Tag der AfD-Kandidatenwahl: „Der Augsburger AfD-Bundesparteitag hat ein Maß an Realitätsverlust gezeigt, das beängstigend ist. Es ist kaum zu glauben, dass es eine stabile Wählerschicht gibt, die solchen Unsinn honoriert.“ Der ganze Kommentar hier.
Den vollständigen Text des UN-Migrationspaktes in deutscher Übersetzung finden Sie hier.