Die Bauern und andere Bürger

Vieles haben sie gemeinsam zu ertragen – Die Reglementierungen und Anmaßungen aus „Brüssel“ – Nur-Bauern, Auch-Bauern, Noch-Bauern – Die bäuerlichen Nutznießer der EEG-Subventionen – Wenn nicht der Staat dazwischenfunken würde – Die kleineren Bauern als Demo-Potential – Demonstrieren sollten die Bauern auch gegen die Gefahren der Energiewendepolitik – Das gewollte Höfesterben – Meist kaufen das Land große Agrar- und Lebensmittelkonzerne auf

Sich hinter die Bauernproteste zu stellen, versteht sich und ist nötig. Denn vieles von dem, was die Landwirte, ihre Familien und die Menschen in ihrem Lebensumfeld politisch zwangsweise erleiden, erleiden in Deutschland alle Bürger, die städtische Bevölkerung wie die dörfliche. Die Landwirte sind auch sie alle. Von der gleichen Politik werden sie alle gebeutelt, fiskalisch ausgebeutet und, wenn es wie bisher so weitergeht, ins Elend geführt. Die Bauern protestieren für sie alle mit. Ihre Demonstrationen sollten auch als solche von städtischen Bürgern wahrgenommen und verstanden werden, nicht nur von bäuerlichen und dörflichen. Bauern und die anderen Bürger haben vieles gemeinsam.

Was Bauern und Nicht-Bauern gemeinsam ertragen müssen

Mit den Jahren der Merkel-Regierung (2005 bis 2021)* ist Deutschland in bis dahin unbekannte Niederungen abgerutscht. Mit der nachfolgenden Scholz-Regierung (SPD, Grüne, FDP) hat sich die allgemeine Lage verschlimmert. Stichworte sind: die schwindende Rechtssicherheit, die einst verlässliche, preislich vertretbare Energieversorgung, die ungehemmte Immigration, die schleichende Islamisierung und Afrikanisierung, der teils hemmungslose, teils sogar völlig missachtete Umweltschutz, die Gängeleien und sozialistischen Ambitionen der Grünen und anpasserischen Roten Schwarzen und Gelben, die Überregulierung in immer mehr Bereichen, die mangelhafte Schulbildung ….. Diese gleiche Politik erleben und ertragen müssen alle Bürger – unabhängig davon, welchen Beruf sie haben, was sie an Geld verdienen, ob sie jung sind oder alt. Bauern und Nicht-Bauern sind der gleichen Politik ausgesetzt. Sie wirkt sich auf sie aus in mehr oder minder gleicher Weise.

Die Reglementierungen und Anmaßungen aus „Brüssel“

Zur Politik gehört auch die Agrarpolitik. Sie erleben die Landwirte zusätzlich und als eine Politik, die ihre Arbeit zusätzlich erschwert. Es ist nur noch zum geringeren Teil eine deutsche Agrarpolitik, zum größeren eine der Europäischen Union, eine Agrarpolitik aus „Brüssel“. Was dort zentral beschlossen und verfügt wird, haben die EU-Mitgliedstaaten zu vollziehen und die Landwirte zu befolgen. Ihr verständlicher Ärger über diese Reglementierung samt Kontrollen und Nachweisen ist zu häufig berechtigt. Beispiele davon kann jeder Landwirt auf Anhieb herunterbeten. Aber zu einem Teil sind solche Überwachungen eben auch notwendig, zum Beispiel dann, wenn es um Einkommensbeihilfen und staatliche Zuschüsse aus Steuerzahlergeld geht. Dergleichen trifft Bauern aber nicht allein, andere Bürger müssen EU-Anmaßungen und Verwaltungsaufwand ebenfalls ertragen. Auch insofern demonstrieren die Bauern für diese anderen mit, teils bewusst, teils unbewusst.  Würden sie es deutlich genug herausstellen, könnten sie in der breiteren Bevölkerung Verstärkung gewinnen und gemeinsam mit ihr zur Massenbewegung werden. Mit spektakulären Traktor-Aufmärschen sind Öffentlichkeit, Medien und Politik leichter zu beeindrucken.

Nur-Bauern, Auch-Bauern, Noch-Bauern

Das Fatale ist: Es geht, wie das in der übrigen Wirtschaft ebenso ist, nicht allen Landwirten gleich gut. Zusätzliche Belastungen stecken die einen weg, anderen machen sie schwer zu schaffen, anderen gar geben sie den Rest. Die betriebliche Bandbreite ist groß. Die Landwirtschaft kennt Bauern im Vollberuf (Nur-Bauern), im Hauptberuf (Auch-Bauern) und im Nebenberuf (Noch- oder Nebenbei-Bauern). Teile der Bauern, die nur Bauer sind, haben es mit dem nötigen Einkommen schwer. Diese vollberuflichen Bauern mögen mit Ackerland oder Viehbestand keine höhere Betriebsgröße geschafft oder gewollt haben. Vielleicht gab es gesundheitliche Probleme. Vielleicht fehlte der Nachfolger. Dann lässt sich der alte Bauer mit einem dann absehbar auslaufenden Betrieb auf Erweiterungsinvestitionen vernünftigerweise nicht mehr ein.

„Die liegen im Winter drei Sofas durch“

Andere Nur-Bauern stehen mit Großbetrieben (viel Agrarland, hoher Viehbestand) sehr gut da. Von Landwirten, die großflächig nur Äcker bearbeiten und abernten, pflegte ein liebenswert-kauziger Kieler Agrarprofessor scherzhaft gerne zu sagen: „Die liegen im Winter drei Sofas durch.“ Denn die Arbeit geht erst mit der Frühjahrsbestellung wieder los. Aber zu tun ist auf Höfen natürlich immer etwas, auch in den fünf Monaten nach der Ernte. Zu den Großbetrieben zählen aber ebenso jene, die als Kapital- oder Personengesellschaften, nicht wie herkömmliche Bauernhöfe mit bäuerlichem Einzelunternehmer**, geführt werden. Sie gehören einstigen LPG-Kaderleuten aus DDR-Zeiten, westlichen Finanzgruppen, Geldkapitalanlegern und anderen Unternehmen und sind mit den Folgen in Dörfern und ländlich-gesellschaftlicher Struktur ein Kapitel für sich.

Die bäuerlichen Nutznießer der EEG-Subventionen für Wind- und Solarstrom

Aber wer ist heute noch Nur-Bauer? Die meisten sind Bauern im Hauptberuf und üben einen weiteren Beruf aus (Agrarberater, Landmaschinenhändler, Maschinenring-Leiter, Ingenieur, Mechaniker, Gutachter etc.) oder eine andere bezahlte Tätigkeit nebenbei (Vermieten von Ferienwohnungen, Betreiben eines Hofladens zum Beispiel). Sie sind demnach zusätzlich abgesichert. Aber auch unter ihnen gibt es solche und solche. Die einen haben ein vergleichsweise ansehnliches Auskommen, bei anderen bleibt es trotzdem knapp. Ansehnlich ist vor allem das Auskommen derer, die von den staatlich subventionierten Windkraft- und Fotovoltaik-Anlagen zur Stromerzeugung leben und von den Anlagen zum Erzeugen von „Biogas“ aus Pflanzenvergärung (EEG-Nutznießer). Gerade sie darben nicht. Wenn sie gleichwohl mitdemonstrieren, dann nicht, weil sie das Geld für vollversteuerten Diesel oder die Kfz-Steuer für Landmaschinen nicht aufbrächten oder sonst finanziell klamm wären, sondern – so darf man vermuten – aus Wut über die Politik generell und schlicht aus Solidarität. Und weil sie im Winter für so etwas Zeit haben.

Die Bauern im Nebenberuf

Wer heute nur Bauer nebenbei ist, der ist einst Bauer im Voll- oder Hauptberuf gewesen, oder dessen Vorfahren waren es. Die Betriebsgröße ist im Lauf der Zeit zu klein geworden, um mit einer Familie davon leben zu können. Heute hat der Noch-Bauer einen ganz anderen Hauptberuf. Wenn er nebenberuflich die eigene Scholle noch bestellt – Viehhaltung kommt wegen des Anwesenheitswangs und der intensiven Zuwendung kaum in Betracht – dann, weil sie als Zuverdienst noch etwas abwirft und aus Liebhaberei, Anhänglichkeit, Gewohnheit, Lebenserfüllung oder was immer sonst. Nicht zu vergessen das dörfliche Wohnen im eigenen Haus. Sie bleiben der Dorfgemeinschaft erhalten. Sie tragen zum dörflichen Leben bei. Außerdem gibt es noch jene Bauern, die als Bauern gar nicht mehr tätig sind, aber als Ruheständler ohne Nachfolger noch auf ihrem Gehöft leben und ihr Land an andere Bauern verpachtet haben. Auch von ihnen mögen welche an den Bauern-Demos teilgenommen haben, nur nicht mit eigenem Traktor.

Wenn nicht der Staat dazwischenfunken würde

Man sieht: Bauer ist nicht gleich Bauer, Landwirt nicht gleich Landwirt. Die Einkommen aus landwirtwirtschaftlicher Arbeit sind also sehr verschieden, auch nach spezialisierten Betriebsformen (Brotgetreide und Zuckerrüben, Futterbau, Gemüse, Milchvieh, Rindermast, Legehennen, Sauenhaltung, Ferkelaufzucht, Schweinemast, Pferdezucht etc.). Dazu kommen die strukturellen regionalen Unterschiede. Diese Einkommen sind auch stets in Bewegung, abhängig von Marktlagen, vom Wetter, von unterschiedlichen Ernten nach Menge und Qualität, von schwankenden Preisen, von Viehkrankheiten. Doch damit werden die Landwirte als selbständige Unternehmer in der Regel fertig wie andere Selbständige auch – wenn ihnen die Politik, der Staat  nicht immer wieder dazwischenfunkt, sei es mit guter Begründung, sei es mit nicht guter oder falscher.

Die bäuerlichen EEG-Nutznießer, der Bauernverband und die kleineren Bauern als Demo-Potential

Bei wem es durch neue Belastungen oder aus anderen Gründen zu eng wird, bei dem ist die Demo-Bereitschaft groß und schneller da als bei den besser Betuchten unter ihnen. Diese aber nutzen deren Massenproteste, um präventiv den eigenen Besitzstand zu sichern, und hängen sich dran. Es sind in der Regel die Großbetriebe und EEG-Nutznießer. Ihnen steht auch der Deutsche Bauernverband näher als den vielen kleineren, die auch er bei Bedarf als Demo-Masse nutzt, um seine Ansprüche politisch durchzusetzen. Diese kleineren sind gutes Demo-Potential.

Vorzüge, die alle Bauern schätzen, aber nicht so hervorkehren

Doch ob Landwirt im Voll-, Haupt- oder Nebenerwerb, alle wissen: Bauer sein hat auch wesentliche Vorzüge, die sie schätzen und nicht missen möchten, die sie aber nicht so hervorkehren. Es hat den Vorteil, nicht in der Stadt leben und arbeiten zu müssen, sondern in ländlicher Umgebung, in freier Natur, in ruhiger Lage und in einem geräumigen eigenen Haus. Sie müssen für das Wohnen keine Miete bezahlen. Sie haben Vermögen: den Hof und das Land. Sie sind ihr eigener Chef. Das wollen sie sich erhalten. Diese Vorzüge ersetzen die Subventionen nicht, aber die Bauern wollen sie erhalten. Letztlich deswegen demonstrieren sie, wenn sie ihr Leben gefährdet sehen.

Demonstrieren sollten die Bauern auch gegen die Gefahren der Energiewendepolitik

Eine schlimmere Gefährdung allerdings sehen die Landwirte und ihre Verbände noch nicht. Es sind die letztlich ruinösen Folgen der widersinnigen deutschen Klimaschutz- und Energiewendepolitik für Deutschland und alle seine Bürger. Eine nicht mehr bezahlbare und nicht mehr verlässliche Versorgung vor allem mit elektrischem Strom aus Windkraft und Sonnenschein mit allen absehbaren und längst geschilderten Folgen läuft auf eine De-Industrialisierung und einen Niedergang Deutschlands hinaus. Dazu die gefährlichen Wasserstoff- und CO2-Verpressungsvorhaben. Die Folgen werden auch die Landwirtschaft treffen. Mit Traktoraufmärschen gegen diese absurde und gefährliche Energiepolitik zu demonstrieren, wäre ein Dienst an allen Menschen in Deutschland. Aber der Deutsche Bauernverband (DBV) hängt ebenfalls im Mainstream drin. Und hinge er dort nicht, dann befände er sich im Interessenkonflikt mit seinen bäuerlichen EEG-Nutznießern, die sich mit Pachterlösen oder Eigenerträgen aus Windkraft-, Fotovoltaik- und Biogasanlagen das Leben erleichtern. Es sind gute Zahler der DBV-Mitgliedsbeiträge. Verderben möchte es sich der Verband mit ihnen nicht.

Dörfer, die vor sich hinsterben, und Dörfer, die städtische Zuzügler füllen

Mit Schwierigkeiten anderer, sozio-struktureller Art müssen Bauern und ihre Familien ebenfalls umgehen: In manchen, in ferneren Gegenden sterben Dörfer vor sich hin. Die jungen Leute sind fort in die Städte gezogen, die Alten zurückgeblieben. Um die noch anwesenden Bauern ist es einsam geworden. Dieser und jene kleine Laden im Dorf hat längst aufgegeben. Das Dorfleben schläft ein und erstirbt. Oder andersherum: Dörfer in relativer Nähe zu kleinen, mittleren oder großen Städten haben Zuzug bekommen, Zuzug von Bürgern, die städtemüde sind oder die in Städten höheren Wohnkosten nicht mehr erschwingen können oder ihren kleinen Kindern ein sichereres und stilleres Dorfleben verschaffen wollen. Die Zuzügler brauchten Wohnraum. Neue Wohngebiete sind entstanden. Die Bevölkerungstruktur hat sich geändert. Die Ortsparlamente setzen sich jetzt ganz anders zusammen. Sie wählen Bürgermeister, die von außerhalb kommen. Die örtlichen Bauern und ihr Umfeld sind zur Minderheit geworden. Diese Bewegung findet seit langem statt. Bauern fühlen sich von ihrer Heimat entfremdet.

Das gewollte Höfesterben

Die (in der Erinnerung) heile Welt von einst ist nicht mehr. Vermögensanleger mit viel Geld sind lange dabei, ihr inflationäres Geld in Sachwerte anzulegen und, wo immer möglich, Agrarflächen aufzukaufen. Doch das ist längst nicht alles. Der Anti-Spiegel von Thomas Röper schreibt im Beitrag „Das gewollte Höfesterben“ vom 10. Januar: „Die Bauernproteste, die derzeit Schlagzeilen machen, sind kein deutsches Phänomen, sondern Symptom einer im gesamten Westen umgesetzten Politik zur Umverteilung der landwirtschaftlichen Flächen von Kleinbauern an große Konzerne.“ Röper verweist auf die massiven Bauernproteste der letzten Jahre in den Niederlanden. Der Grund dafür sei ein Plan der Regierung  (hier) bis zu 3.000 Höfe zu schließen. Als Vorwand werde mal wieder der Kampf gegen den angeblich menschengemachten Klimawandel genannt. Bauernhöfe seien Produzenten von klimaschädlichen Abgasen und von Stickstoff.

Meist kaufen das Land große Agrar- und Lebensmittelkonzerne auf

Die Liste der Länder mit einer Politik, die auf eine zielgerichtete Reduzierung der Bauernhöfe abziele, könne man lange fortsetzen, schreibt Röper. Die Methoden und die von den jeweiligen Regierungen vorgeschobenen Begründungen seien unterschiedlich, aber sie hätten alle das gleiche Ergebnis: „In westlichen Ländern sterben die kleinen Bauernhöfe, und deren Land wird meist von den großen Lebensmittel- und Agrarkonzernen aufgekauft. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Bedingungen für die kleinen Betriebe Schritt für Schritt verschlechtert, um sie zum Verkauf ihres Landes zu drängen.“

Auch Özdemir arbeitet daran, die Zahl der Nutztiere zu verringern

Die Kürzungen, gegen die die deutschen Bauern derzeit protestierten, fügten sich in das Gesamtbild ein, das man in fast allen Ländern des kollektiven Westens beobachten könne, schreibt Röper weiter. Auch die deutsche Regierung, namentlich Bundesumweltminister Özdemir, arbeite daran, die Zahl der von Bauern gehaltenen Nutztiere zu verringern, was ebenfalls in den meisten westlichen Länder das Ziel sei. Die niederländische Regierung wolle die Zahl der gehaltenen Nutztiere gar um bis zu 50 Prozent verringern. Das Phänomen sei auch in den USA zu beobachten. Dort laufe das Höfesterben bisher allerdings langsamer ab.  Röpers ganzer Beitrag hier.

Wer Angst hat, muss Mut haben

Warum befasst sich der Bauernverband noch immer nicht mit dem „gewollten“ Höfesterben? Und die Bunderegierung? Und die Agrarpolitiker? Wissen sie nichts davon? Ein zu heißes Eisen? Angst, als Verschwörungstheoretiker hingestellt zu werden? Wer Angst hat, muss Mut haben.

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* Regierungsparteien waren in diesen sechzehn Jahren in teils wechselnder Besetzung CDU, CSU, SPD und FDP.

** Als Einzelunternehmer arbeiten noch 87 Prozent der Landwirte, davon weniger als die Hälfte (43 Prozent) als Landwirte im Hauptberuf. Nach jüngsten Zahlen gibt es in Deutschland noch rund 255 000 Agrarbetriebe. 2009 sind es 360 000 gewesen. Bis 2040 wird ein weiterer Rückgang auf nur noch 100 000 erwartet. Die durchschnittliche Agrarfläche je Betrieb beträgt 64,8 Hektar. Bis 2040 könnten es 160 Hektar werden.  Die regionalen Unterschiede sind beträchtlich: in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel durchschnittlich nur 44 Hektar, in Mecklenburg-Vorpommern rund 280 Hektar (Angaben aus der FAZ vom 16. Januar 2024, Seite 17), dort gibt es aber auch Großbetriebe mit 1000 Hektar und mehr. Im Durchschnitt wirtschaften die Landwirte in Deutschland zu 40 Prozent mit eigenem Land und zu 60 Prozent mit Pachtland.

 

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