Die Lust der Deutschen an der Erniedrigung – „Was ihr Deutschen braucht, ist mehr Selbstachtung und Patriotismus“ – Die verpfuschte innere Wiedervereinigung – Als sie kam, gab’s keinen Plan, kein Konzept, gab es nichts – Gesetze gemacht, die den Rechtsstaat unterhöhlten – Demokratie und Rechtsstaat sind nicht zwingend identisch – Deutschland aus der großen Politik ausgeschieden und politisch wie finanziell Melkkuh der ganzen Welt – Die Deutschen sind nur noch das Gespött der europäischen Nachbarn – Die heutige Demokratie ist schon lange zur Attrappe geworden – Friedrich Carl Albrechts „Sorge um das Vaterland“
Deutschland ist politisch und wirtschaftlich abgeglitten in eine trostlose Lage. Die ist nicht plötzlich, nicht unerwartet über uns gekommen. Kundige, kluge, gebildete, besonnene Menschen haben sie früh so kommen sehen, haben das Drohende beschrieben und versucht vor ihm zu warnen. Es ist, wie wir inzwischen wissen, vergebens gewesen. Zu diesen Menschen hat Friedrich Carl Albrecht gehört. Ich habe mit ihm in Kontakt gestanden, brieflich und telefonisch. Es ist etliche Jahre her. Kennengelernt habe ich ihn am 24. Januar 2006 in Hannover, als ich dort vor dem Heimatverdrängten Landvolk einen Vortrag hielt.
Friedrich Carl Albrecht, Jahrgang 1929, ist der Bruder des einstigen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. Dessen Tochter Ursula von der Leyen ist also seine Nichte. Als diese Bundesfamilienministerin war (2005 bis 2009), hat er sich über sie und ihre Politik im Gespräch mir gegenüber entschieden distanziert und ablehnend geäußert und sie für die Familie Albrecht als Schandfleck empfunden. Geboren am 12. Mai 1929 ist er in diesem Jahr (2023) am 20. Februar gestorben. Jetzt ist mir aus meinem Archiv ein Text von ihm in die Hände gefallen. Er hatte ihn mir einst zugeschickt. Den Text gespeichert habe ich im September 2008. In jenem Jahr müsste er auch geschrieben worden sein. Das ist jetzt fünfzehn Jahre her.
Albrecht beginnt seinen Beitrag mit einem Zitat des ehemaligen Staatspräsidenten von Estland, Lennart Meri, der mit kritischem, wenn nicht gar entsetztem Bedauern 1995 festgestellt hat, Deutschland sei eine Republik der Reue, eine Art Canossa-Republik geworden. Albrecht sieht, dass die Deutschen zum Gespött der europäischen Nachbarn geworden sind. Er hält Deutschland rechtsstaatlich und moralisch für verkommen. Demokratie und Rechtsstaat seien nicht zwingend identisch. Schon die Regierung Kohl habe Gesetze gemacht, die den Rechtsstaat unterhöhlt hätten. Seine innere Wiedervereinigung habe das Land verpfuscht.
Die Demokratie in der heutigen Regierungsreform lehnt Albrecht ab. Diese Regierungsform sei schon lange zur Attrappe geworden. Hinter einer demokratischen Fassade sei sie eine Diktatur der Funktionärskader der Parteien und der Steuerleute der großen Medien, die in allen wirklich wichtigen Dingen alle einer Meinung seien. Albrecht glaubt, „daß wir in nicht ferner Zukunft, jedenfalls in Europa, den Zusammenbruch einer gesellschaftlichen und politischen Utopie erleben werden, nämlich der auf den Theorien von 1789 basierenden so genannten „Volksherrschaft“. Diese war schon 1796 geistig und 1930 politisch am Ende, spätestens jetzt ist sie es moralisch, und bald wird sie es auch wirtschaftlich sein unter Verelendung des Mittelstandes.“ Das spielt sich gerade ab. Ich gebe Albrechts Text hier im Wortlaut zur Kenntnis. Die Zwischenüberschriften sind von mir eingefügt.
Sorge um das Vaterland
Von Friedrich Carl Albrecht*)
Am 3. Oktober 1995, also dem fünften Jahrestag der Vereinigung von Westdeutschland mit dem Gebiet der ehemaligen DDR, hat der estnische Staatspräsident Lennart Meri in Berlin eine bemerkenswerte Rede gehalten, in der er unter anderem sagte:
„Als Este frage ich mich, warum zeigen die Deutschen so wenig Respekt vor sich selbst? Deutschland ist eine Art Canossa-Republik geworden, eine Republik der Reue. Aber wenn man die Moral zur Schau trägt, riskiert man, nicht sehr ernst genommen zu werden. Als Nicht-Deutscher erlaube ich mir die Bemerkung: Man kann einem Volk nicht trauen, das rund um die Uhr eine intellektuelle Selbstverachtung ausführt. Diese Haltung wirkt auf mich als ein Ritual, eine Pflichtübung, die überflüssig und sogar respektlos gegenüber unserem gemeinsamen Europa dasteht. Für mich als Este ist es kaum nachzuvollziehen, warum die Deutschen ihre eigene Geschichte so tabuisieren, daß es enorm schwierig ist, über das Unrecht gegen die Deutschen zu publizieren, ohne dabei schief angesehen zu werden – aber nicht etwa von den Esten oder Finnen, sondern von den Deutschen selbst !“
Die Lust der Deutschen an der Erniedrigung
Staatspräsident Meri hat den Nagel auf dem Kopf getroffen. Deutschland ist zu einer Canossa-Republik verkommen mit einer Haltung sehr vieler ihrer Amtsträger und Mandatsträger und vieler ihrer so genannten Gebildeten, auf die die 1985 in einem Essay gebrauchten harten Worte des Schriftstellers Hans-Georg v. Studnitz zutreffen: „Die 40 Jahre nach Kriegsende ungestillte Lust der Deutschen an der Erniedrigung ihrer Vergangenheit hat die Grenzen überschritten, die selbst der Charakterlosigkeit gesetzt sind.“
„Was ihr Deutschen braucht, ist mehr Selbstachtung und Patriotismus“
Präsident Ronald Reagan hatte anlässlich seines Deutschland-Besuches 1985 in nobler Weise unser Volk zu Selbstbewusstsein und zum Stolz auf die eigene Geschichte aufgerufen, was ihm böse Kommentare der meisten deutschen Medien eingetragen hat. Das gleiche versuchte der von Reagan nach Bonn entsandte U.S.-Botschafter Vernon Walters, der 1984 sagte:
„Vor den deutschen Soldaten ziehe ich den Hut. Ich habe bei Anzio und in der Normandie gegen Euch gekämpft und kann nur sagen: Eure Soldaten waren erstklassig! Was ihr Deutschen braucht, ist mehr Selbstachtung und Patriotismus! Ihr habt das Recht dazu. Ihr seid ein großes Volk, das der Welt unermessliche Kulturschätze geschenkt hat. Ihr habt in der Wehrmacht eine Armee gehabt, welche die Welt bewundert.“
Entlastungen für Deutschland unerwünscht
Wie verkommen unser Land inzwischen ist, ersieht man darin, daß diese Worte keinerlei positive Resonanz gefunden haben. Ein in meinen Augen zutreffendes Resümee zog 1996 der bekannte Dirigent Günter Wand:
„Die Zeit, die wir jetzt durchleben, wird in 50 Jahren vielleicht als die lächerlichste der deutschen Geschichte bezeichnet werden, weil nichts stimmt. Das ist so in der Kultur, auch in der Politik.“
Ich selber erlebe bei Unterhaltungen mit den Gebildeten der heute 35 bis 65-Jährigen immer wieder, dass – wenn man gewisse Dinge richtigstellt wie beispielsweise bezüglich der Entstehung des Ersten und des Zweiten Weltkrieges – sehr viele dieser Generation schockiert, wenn nicht empört sind. Sie wollen keine Entlastungspunkte zugunsten Deutschlands hören.
In der Generation der heute 18- bis 35-jährigen sieht es etwas besser aus. Dort wächst die Skepsis gegenüber den heutigen Parolen. Das nur am Fraktionsinteresse orientierte Parteiengetriebe stößt bei ihnen auf Verdrossenheit und Ablehnung. Aber dort sind es auch nur Einzelne, die den Mut und den Willen haben, einen klaren Standpunkt zu bekennen und zu vertreten.
Die verpfuschte innere Wiedervereinigung
Die Wiedervereinigung Westdeutschlands mit Mitteldeutschland kam als Aufstand des Volkes, nachdem dies merkte, daß die DDR bankrott war und die Sowjetunion keinen Druck mehr ausübte. Aber die innere Wiedervereinigung ist verpfuscht worden, weil sie nur materiell angegangen wurde mit kleinlichen wahltaktischen Überlegungen. Und das noch dazu unter Aushöhlung des Rechtsstaates mit schäbigem Schikanieren der zu SBZ/DDR-Zeiten ausgeplünderten und verjagten, teils umgebrachten historischen Oberschicht.
Friedrich der Große hätte was daraus gemacht
Die Wiedervereinigung, das Wiederzusammenfinden des Volkes, ist in erster Linie eine moralische Frage. Friedrich der Große hätte was daraus gemacht, und zwar sofort. Der hätte am 4. Oktober 1990 in gewerblichen und landwirtschaftlichen Betrieben gestanden, nicht in einer Vorzeige-LPG. Er hätte sich gründlich umgesehen und die Leute gefragt, wo sie der Schuh drückt. Gemütlich wäre er auch jetzt nicht gewesen, aber er hätte ihnen damit Zuversicht gegeben. Vor allem hätte er den Gutwilligen damit Mut zugesprochen und die Böswilligen in ihre Schranken verwiesen.
Als die Wiedervereinigung kam, gab’s keinen Plan, kein Konzept, gab es nichts
Vierzig Jahre lang hatten wir ein „Bundesministerium für Gesamtdeutsche Fragen“ bzw. ein „Bundesministerium für Innerdeutsche Beziehungen“, dessen Aufgabe es erst war und später hätte sein sollen, Grundkonzepte, Maßnahmenkataloge et cetera für den Tag nach der Wiedervereinigung zu entwerfen. Ähnlich dem Aufmarschplan eines Generalstabes hätten für alle wichtigen Sparten wie Rechtswesen, Innere Verwaltung, Wirtschaft, Währung, Landwirtschaft, Eigentumsfragen, Schulwesen, Wiedergutmachung von DDR-Unrecht, Grundkonzepte erarbeitet werden müssen, die jährlich entsprechend der jeweiligen Lage wie jeder Aufmarschplan zu überarbeiten gewesen wären. Als die Wiedervereinigung durch Gottes Fügung kam, da waren die Schränke und Schreibtische dieses Ministeriums leer. Es gab keinen Plan, kein Konzept, keine Vorstellungen, es gab nichts. Hatte man mit der Wiedervereinigung gar nicht mehr gerechnet? Oder hat man sie gar nicht gewollt? Jedem, der vor der Wende die DDR besuchte, und jedem, der gleich nach der Wende mit offenen Augen durch das Land fuhr und dort mit den Leuten redete, war klar, daß dies eine Mammutaufgabe sein würde.
Gesetze gemacht, die den Rechtsstaat unterhöhlten
Die wenigen ehemaligen Eigentümer, denen es gegen den Widerstand der von der Regierung Kohl unterstützten alten Kader gelungen ist, ihr eigenes Land von diesem Staat zu pachten, haben bewiesen, daß man die Menschen in Mitteldeutschland für sich gewinnen und aus dem Druck der alten Seilschaften befreien kann. So hätte man vieles einvernehmlich aufbauen können. Aus Ressentiment, aus antipreußischen Emotionen, aus Neid gegenüber den „Junkern“, aus kleinlichem fiskalischem Denken, in der Illusion, für die Bundeskasse einen finanziellen Reibach zu machen, aus der Illusion heraus, man mache sich bei der DDR-Bevölkerung beliebt, wenn man die „Junker“ (dazu zählten alle, die mehr als 100 Hektar hatten) und die mittelständischen Industriellen und sonstigen Eigentümer nicht wieder dort hinlasse, hat die Regierung Kohl unter dem Beifall natürlich aller linken Abgeordneten Gesetze gemacht, die den Rechtsstaat völlig unterhöhlt haben.
Gegen die Enteigneten eine besonders widerliche Spitze
Um der ganzen Angelegenheit noch eine besonders widerliche Spitze zu geben, verfügte die Regierung, daß den Enteigneten, die mehr als 100 Hektar besessen hatten, auch ihre Kunstgegenstände nicht zurückgegeben werden. Der Minister des Inneren, Schäuble, sagte, die Kunstgegenstände gehörten mit zur Enteignung. Dieselben wurden dann für 20 Jahre Museen übergeben. Nach Ablauf dieser Zeit soll entschieden werden, was weiterhin damit geschieht.
„Wer Tradition zerstört, fällt uralte Bäume, zerstört Altäre, lästert Gott“
Dies waren mehr als zynische Fußtritte gegen die geschichtlich gewachsene Kultur und Tradition der betroffenen Familien. In dem gleichnamigen Buch sagte „Der Flüchtling du Chène“ 1790: „Wer Tradition zerstört, fällt uralte Bäume, zerstört Altäre, lästert Gott“. Und weiter: „Das Ordinäre hasst das Vornehme bis in die Armut hinein und über den Tod hinaus. Es betreibt noch Grabschändung mit dessen Erinnerungen, indem es seine Verdienste leugnet und die Geschichte fälscht.“
In diesem Zusammenhang ist zu vermerken, daß mehr oder weniger parallel zu der geschilderten Eigentumspolitik das neue Namensrecht eingeführt bzw. ausgebaut wurde. Alle Warnungen der Familienverbände wurden in den Wind geschlagen. Es bricht mit einer jahrtausendalten abendländischen Ordnung und Tradition, es nimmt dem einzelnen Menschen seine Identität, es zerstört die im Namen zum Ausdruck gebrachte Kontinuität der Familie, es macht die Ahnenforschung bald unmöglich, es wertet die Institution der Ehe weiterhin ab.
Demokratie und Rechtsstaat sind nicht zwingend identisch
Ein Regierungssystem verliert seine moralische Grundlage und überzeugt nicht mehr, wenn seine Träger sich an der Aushöhlung des Rechtsstaates aktiv beteiligen. Das alte Preußen war ein Rechtsstaat, ebenso das Deutsche Reich von 1871. Die Ereignisse der 1990er Jahre haben erwiesen, was politische Denker wie Alexis de Toqueville, Jacob Burckhardt, Carl Schmitt und Winfried Martini schon vor vielen Jahrzehnten aufgezeigt haben, nämlich daß Demokratie und Rechtsstaat nicht identisch sind – wie fälschlicherweise immer behauptet wird.
Unschuldige Opfer in russischen Rehabilitierungsverfahren von deutscher Regierung nicht unterstützt
Bald nach der Wende in Russland begann die dortige Regierung mit der Rehabilitierung der in der Sowjetunion zu Unrecht als „Kriegsverbrecher“ zum Tode oder zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilten (fast ausnahmslos toten) deutschen Soldaten, Dolmetscher und Zivilverschleppten. Im Gegensatz zur ungarischen, rumänischen, finnischen und italienischen Regierung hat unsere Regierung nichts unternommen, um die deutschen Antragssteller in diesen Rehabilitierungsverfahren zu unterstützen.
Die deutschen Soldaten des Zweiten Weltkriegs vom Staat im Stich gelassen
Eines der unerfreulichsten Kapitel ist das Im-Stich-Lassen der deutschen Soldaten des Zweiten Weltkrieges durch unseren Staat. Es begann mit der Zulassung der Parole „Soldaten sind Mörder“ durch das Bundesverfassungsgericht. Richter Grimm erklärte, das Urteil des Gerichts beziehe sich nicht auf die Soldaten der Bundeswehr, was im Klartext bedeutet, daß man die Soldaten der Deutschen Wehrmacht und der alten Armee (vor 1918) als Mörder bezeichnen darf. Es folgte die Zulassung der so genannten „Wehrmachtsausstellung“, deren Exponate zum größten Teil der Fälscherwerkstatt des KGB entstammen und deren Darstellungen so aus dem Zusammenhang gerissen sind, daß sie die Wirklichkeit überhaupt nicht wiedergeben. Wie leicht hätte die Regierung diese Ausstellung, die jahrelang durch die Lande zog und durch welche die Schulklassen im beeindruckbarsten Jugendalter geschleift wurden, verhindern können unter Berufung auf den im Strafgesetzbuch ja vorhandenen Paragraphen 130 gegen Volksverhetzung und Schädigung des Ansehens Verstorbener.
Was ist dies für ein Staat, der seine Obhutspflicht gänzlich missachtet?
Mit dem Generalangriff der Umerzieher gegen die Deutsche Wehrmacht und vor allem gegen deren Generalität wurde gewartet, bis alle Betroffenen tot sind und sich nicht mehr wehren können, fast alle Zeugen ebenfalls tot sind, und die letzten lebenden Offiziere – vom Leutnant bis allenfalls Major – nunmehr zwischen 85 und 95 Jahre alt sind und somit kaum noch Auseinandersetzungen führen können. Der ganze Widerstand gegen diese Ungeheuerlichkeit liegt fast nur bei den heute 75- bis 90- Jährigen. Was ist dies für ein Staat, der seine Obhutspflicht gänzlich missachtet? Der ehemalige Bundesminister der Verteidigung Rühe erklärte die Wehrmacht erneut für nicht traditionswürdig. So gut wie alle Abgeordneten des Parlaments nehmen das alles einfach hin.
Die Deutschen als Gespött der europäischen Nachbarn
Ein heute 16-jähriger Junge kann doch nur zu dem Schluss kommen, daß sein Großvater und sein Urgroßvater entweder Verbrecher oder Feiglinge oder Dummköpfe oder Opportunisten waren. Und das ist ein furchtbares Fazit. Es ist die Ursache dafür, daß die Deutschen in Wirklichkeit aus der großen Politik ausgeschieden sind und zur Melkkuh der ganzen Welt gemacht werden, politisch wie finanziell. Sie sind nur noch das Gespött der europäischen Nachbarn.
Die heutige Demokratie ist schon lange zur Attrappe geworden
Wie wird es nun in Deutschland weitergehen? Politische Prophetie ist eine fragwürdige Sache. Ich glaube aber, daß wir in nicht ferner Zukunft, jedenfalls in Europa, den Zusammenbruch einer gesellschaftlichen und politischen Utopie erleben werden, nämlich der auf den Theorien von 1789 basierenden so genannten „Volksherrschaft“. Diese war schon 1796 geistig und 1930 politisch am Ende, spätestens jetzt ist sie es moralisch, und bald wird sie es auch wirtschaftlich sein unter Verelendung des Mittelstandes. Diese Regierungsform ist ja schon lange zur Attrappe geworden. Hinter einer demokratischen Fassade ist sie eine Diktatur der Funktionärskader der Parteien und der Steuerleute der großen Medien, die in allen wirklich wichtigen Dingen alle einer Meinung sind.
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*) Friedrich Karl Albrecht, geboren am 12. Mai 1929, ist selbständiger Landwirt gewesen und war als landwirtschaftlicher Sachverständiger auch beratend tätig. Fünf Jahre lang (1959 -1954) hat er in einem großen landwirtschaftlichen Unternehmen in Kalifornien gearbeitet, danach zwölf Jahre in Brasilien, Mexiko und Indien als Teilhaber in einem Bremer Baumwollimporthaus. 1975 übernahm er die Bewirtschaftung seines Bauernhofs. Seit 1991 lebte er im Ruhestand. Begonnen hatte er sein berufliches Leben 1945 als Sechzehnjähriger mit einer landwirtschaftlichen Lehrzeit.
Der Zustand Deutschlands trieb ihn immer wieder um, ist sein Thema immer wieder gewesen. Mit politischen Memoranden und Leserbriefen hat er sich schon sehr oft zu Wort gemeldet, sich auch viele Jahre lang in der Kommunalpolitik engagiert. Dieses Engagement liegt wohl in der Familie. Auch kleine Bücher hat er geschrieben. Dazu gehören vor allem zwei: Was nun, Deutschland? Vom Scheitern eines Parteienstaates. (Verlag Frieling & Huffmann, Taschenbuch 2012. 112 Seiten. ISBN-10: 3828030718 und ISBN-13: 978-3828030718) sowie Politische Wendepunkte (Klosterhaus-Verlag, Wahlsburg 2006. ISBN 3-87418-211-8).
In dem Band von 2006 sieht Albrecht Deutschland auf einem abschüssigen Weg in den geistig-moralischen Verfall von Politik und Recht, von Staat und Gesellschaft. Aber viele Menschen seien unfähig zu begreifen, dass, sobald die Demokratie in die geistig-moralische Anarchie übergehe, eine Diktatur entstehen könne. Wenn man eine neuerliche Diktatur – in welchem Gewand auch immer – nicht wolle, dann solle man sich an Formen erinnern, „die den Rechtsstaat und die Gewaltenteilung dauerhaft garantieren und unter welchen die Staatsspitze statt in Wahlperioden in Generationen denken kann“. Welche Formen Albrecht dabei im Blick hat, erschließt sich auch daraus, daß er in der Politik die großen Persönlichkeiten vermisst. Er denkt dabei an die Jahre nach 1806 und an Männer wie Stein, Hardenberg, Yorck, Bismarck. Damals seien die besten Deutschen nach Preußen geeilt. In diesem Staat hätten sie den Kern und die Grundlage für das Wiedererstarken Deutschlands gesehen. Trotz größter außenpolitischer Anspannung sei hier ein innenpolitisches Reformwerk von äußerst weittragender Bedeutung konzipiert und verwirklich worden. Das Staatsoberhaupt, der König, habe Helfer als Staatsmänner gesucht und gefunden, die in das Ehrenbuch der Geschichte eingegangen seien.
In dem Band von 2012 greift Albrecht manches aus seinen früheren Schriften noch einmal auf, teils gestrafft, teils wesentlich erweitert: „Der Rechtsstaat ist unterhöhlt, die Gewaltenteilung ist eine Farce. Die Meinungsfreiheit ist durch die Political Correctness stark eingeengt. Die Relativierung und damit die Abwertung der ‚Institution’ Familie läuft auf Hochtouren. Die Parteien beherrschen alles.“ Er stellt dar, was in Deutschland hinter einer demokratischen Fassade alles fehlläuft, wohin das wieder führen kann und was dagegen getan werden könnte. Es ist eine tiefgreifende Analyse, die grundsätzliche Konstruktionsfehler der Demokratie westlichen Stils aufzeigen soll. Ein Grundproblem dieser Staatsform sieht er in Auswahlprozessen für das politische Führungspersonal, die nicht wahre Staatsmänner fördern, sondern das Mittelmaß bevorzugen. Hinzukommen das Denken in Legislaturperioden und die übergroße Bedeutung der Parteien. Seine Analyse stützt er mit historischen Exkursen, insbesondere zu den Dreißigerjahren in Deutschland. Darüber hinaus definiert er die Begriffe „rechts“ und „links“ neu. Albrecht, der selbst konservative Werte vertritt, entwickelt eigene Vorschläge zur Reform des politischen Systems.