Der Brite Johnson und Deutschland

Was Johnson mit Churchill gemeinsam hat – Hinter dem Brexit stehen auch amerikanische Interessen – … Deutschland einzuhegen und kleinzuhalten, aber sein Potential zu nutzen – Ein erfolgreicher Brexit könnte im Zusammenwirken mit den USA die EU sprengen – Was Johnson gegen Deutschland unternehmen könnte – Wir politisch verängstigten Deutschen – Wir sind zu politischen Waschlappen geworden – Der mangelnde Mut deutscher Politiker, sich zu Deutschland zu bekennen – Ein Gastbeitrag von Menno Aden

Noch ist Boris Johnson als Erster Minister des britischen Königreichs im Amt. Aber seine beiden jüngsten Niederlagen sind für ihn höchst peinlich. Die erste: Seinen Antrag auf Neuwahlen hatte das Parlament nach turbulenten Szenen abgelehnt, zuvor bereits seine No-Deal-Brexit-Lösung. Die zweite: Das höchs­te schot­ti­sche Ge­richt hat am 11. September die von ihm verfügte Be­ur­lau­bung des Par­la­ments für rechts­wid­rig er­klärt. Zwar hatten ei­ne an­de­re Kam­mer des­sel­ben Ge­richts und der High Court in Lon­don den Zwangsurlaub in der Woche davor als recht­mä­ßig beurteilt, doch steht noch die Entscheidung des Su­pre­me Court in Lon­don aus, der sich vom 17. September an mit dem Fall be­schäf­ti­gen wird. Sollte auch dieser gegen Johnson entscheiden, dann ist der Premier mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, darunter mit der vom frü­he­ren Ge­ne­ral­staats­an­walt Do­mi­nic Grie­ve: Weil John­son die Kö­ni­gin um ei­ne rechts­wid­ri­ge Maß­nah­me ge­be­ten habe, müs­se er „rasch zu­rück­tre­ten“. Johnson ist Premierminister erst seit dem 24. Juli. Was hat Deutschland von ihm zu erwarten, falls er sich wider Erwarten länger im Sattel hält?  Gedanken darüber gemacht hat sich, eine Woche nach Johnsons Amtsantritt, Menno Aden*). Sie heben sich von Kommentaren des politisch-korrekten Mainstream zu Johnson deutlich ab. Ich gebe sie im Folgenden**) als Gastbeitrag im Wortlaut wieder.

Was Johnson mit Churchill gemeinsam hat

In diesen Tagen wurde Boris Johnson Erster Minister des Vereinigten Königreichs. Er hat mit Winston Churchill gemein, dass er mit zackigen Reden eine Palastrevolution innerhalb der regierenden Konservativen Partei inszenierte, um zum höchsten Staatsamt zu gelangen. Churchill dachte an das Britische Empire, als er gegen das verruchte Deutschland in einen Kreuzzug zog, dessen sich die Menschheit noch in tausend Jahren erinnern würde. Wenn Johnson so erbittert auf Brüssel schimpft und für den Brexit wirbt, dann liegt der Verdacht nahe, dass auch er vor allem das angeblich zu starke Deutschland im Blick hat.

Hinter dem Brexit stehen auch amerikanische Interessen

Johnson wird von uns praktisch unisono als eine Art Politclown abgetan. Da werden wir uns sehr täuschen!  Er wird – diese Voraussage erlaube ich mir –  mit der bekannten und historisch vielfach verbürgten britischen Selbstgerechtigkeit frech und unbekümmert seine Interessen vertreten.

Karikatur: Pascal Kirchmair

Was bei Churchill zutage liegt, kann auch bei Johnson vermutet werden: auch dieser kann den starken Mann spielen, weil er der amerikanischen Unterstützung gewiss ist. Es ist also nicht nur die Frage nach den britischen Interessen am Brexit, sondern auch, welche amerikanischen Interessen hinter dem Ruf nach Brexit stehen.  Die britischen Interessen können uns letzten Endes egal sein. Die amerikanischen gehen uns aber an. Auch Trump ist nicht der Clown, als der er vielen erschien. Der Mann ist viel frecher und unbekümmerter und steht als von Gott berufener Amerikaner über dem Recht. Trump hat Johnson und dessen Brexit – Kurs seit längerem sehr und laut über den grünen Klee gelobt. Warum?

… Deutschland einzuhegen und kleinzuhalten, aber sein Potential zu nutzen

Es ist sicher, dass die USA kein Interesse an der Europäischen Union hat, und es ist so gut wie sicher, dass sie alle direkten und indirekten Hebel ansetzen, um die EU zu zerbrechen. Divide et impera – ist auch hier das Geheimnis.  Unser relativ kleiner aber leistungsfähiger Kontinent ist als Einheit durchaus ein Machtfaktor in der Welt, in viele Kleinstaaten zerbrochen, ist er es nicht mehr. Hier kommt nun eine Überlegung ins Spiel, welche Margret Thatcher mit großem Eifer gegenüber USA und Frankreich vertrat. Diese hatten die europäische Einigung als Möglichkeit gesehen, Deutschland einzuhegen und kleinzuhalten, aber sein Potential zu nutzen. Frankreich traute sich zu, hierbei die Führungsrolle zu übernehmen und zu halten. Auch die USA scheint Frankreich das zugetraut zu haben. Die USA habe, so Thatcher, die irrige Idee gehegt: Only a united Europe could keep German power in check (Margret Thatcher, The Downing Street Years, 1993, S. 783). Thatcher argumentierte im Gegenteil: A united Europe would augment German power not check. (S. 784). In einem Bilde: Der  51% -Mehrheitsgesellschafter kontrolliert auch das Kapital der 49%-Gesellschafter und kann es für seine Ziele einsetzen. Thatcher macht es ihren Interpreten daher sehr leicht, ihre Haltung zur deutschen Wiedervereinigung zu erfahren: Sie war dagegen, und zwar sehr!! (aaO S. 792 ff). Aus heutiger Sicht hat Thatcher wohl Recht behalten.

Wenn die EU wieder in Kleinteile zerbräche …

Es ist daher nicht auszuschließen, dass die USA unter Trump den von seinem Vorgänger Bush sen. gemachten „Fehler“ wieder gutmachen wollen. Solange Deutschland das eigentliche Kraftzentrum der Europäischen Union ist, solange ist diese auch ein Wettbewerber der USA in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht um Einfluss auf der Welt. Wenn die EU wieder in Kleinteile zerbräche, könnte nach dem Grundsatz divide et impera eine viel intensivere Hegemoniepolitik getrieben werden. Insbesondere würde auch die in  USA  gesehene  Gefahr vermindert, dass Europa unter deutscher Anführerschaft sich zu sehr Russland und damit insgesamt dem eurasischen Block  mit China annähert und aus dem amerikanischen Machtbereich herausfällt.

Ein erfolgreicher Brexit könnte im Zusammenwirken mit den USA die EU sprengen

Wenn Großbritannien als die dritt- oder wohl sogar zweitstärkste Wirtschaftsmacht der EU diese verlässt, ist die EU bereits als solche geschwächt,  und Großbritannien steht außerhalb des „deutschen“  Machtbereiches.  Wenn der Brexit erfolgreich vollzogen würde, wäre das eine geradezu unwiderstehliche   Einladung  an alle anderen EU-Mitglieder, Ähnliches zu versuchen.  Diese Gefahr ist  höchst aktuell und wird in dem Maße größer werden, wie die Wirtschaftskraft Deutschlands absolut oder auch relativ zurückfällt, sodass auch Deutschland nicht mehr alles zahlt. Johnsons Brexit und die Schwierigkeit, welche Trump der deutschen Industrie/Exporten macht, könnten daher zu einer gefährlichen Parallelaktion werden, die EU zu schwächen oder gar zu sprengen.

Was Johnson gegen Deutschland unternehmen könnte

Johnson wird ebenso zackig an die Sache herangehen, wie er geredet hat. Er scheint sich als eine Art Churchill zu sehen, der Britannien vor dem Bösen rettet. Da Deutschland in der EU am Ende sowieso   fast   alles zahlt und hinnimmt, was man von uns verlangt, z.B. eine Frau Lagarde als EZB-Präsidentin zu akzeptieren (sonst droht ja wieder der Ruf: Hitler, Hitler!!!),  wird es Johnson nicht allzu schwer fallen, unsere „Freunde in der EU“ gegeneinander auszuspielen und davon zu überzeugen, dass nicht die EU das Problem ist, sondern das überstarke Deutschland – und zwar nicht nur das der Briten, sondern auch deren eigenes. Es wird ihm nicht sehr schwer fallen,  das durchzusetzen,  was bereits  als Luftballon in die britischen Regenwolken aufsteigt: Nicht Großbritannien schuldet der EU  Milliardenbeträge, sondern umgekehrt!

Worauf Johnson wird bauen dürfen

Diese Mehrbelastungen könnten dann doch am besten gleich Deutschland in Rechnung gestellt werden, da dieses  so unglaublich von der EU profitiere, und zwar zulasten der EU – Mitgliedsländer – man frage doch nur die Italiener!! Auf die vielfach verbürgte Illoyalität deutscher Parteitaktiker gegenüber unserem Vaterland wird Johnson  dabei ebenso bauen dürfen wie  auf die Konnivenz***) der künftigen Kommissionspräsidentin. Diese wird, auch diese Voraussage erlaube ich mir, kaum im Amt, ihre deutsche Herkunft zugunsten einer „europäischen Gesinnung“, auf die sie ja so stolz ist,  verleugnen.

Wir politisch verängstigten Deutschen

Wir Deutschen sind nach allen seit 1914 gemachten Erfahrungen mit anglo-amerikanischer Großmachtpolitik offenbar politisch so verängstigt, dass wir wie ein geprügeltes Kind nach empfangener Züchtigung (ein Drittel  Deutschlands mithilfe der Briten an Polen verloren und 10 bis 12   Millionen Deutsche vertrieben, hunderttausende Kriegsgefangene von den Amerikanern  auf den Rheinwiesen ermordet – vgl. das Buch von James Baque****), dutzende deutscher Städte durch völkerrechtswidrige Bombereien der Briten zerstört)  glauben,  wir hätten nun genug Buße getan  und brauchten nur brav zu sein, dann  sei  alles gut.   Dem ist aber leider nicht so.

Wir sind zu politischen Waschlappen geworden

Fazit: Wenn ein so entferntes Ereignis wie der Unfall von Fukushima/Japan uns als ausreichender Anlass für die Energiewende   von der Regierung Merkel „angedreht“ werden konnte, dann ist ein politisches Großereignis wie der Austritt Großbritanniens aus der EU gewiss Anlass genug, einmal die Karten auf den Tisch zu legen, um die Verhältnisse zu klären. Wir müssen endlich den Mut aufbringen, unsere Interessen kraftvoll zu vertreten – so wie es Margret Thatcher tat, und wie es Boris Johnson zweifellos tun wird. Wir Deutschen sollten den Brexit zum Anlass nehmen, im Sinne einer Änderungskündigung unsererseits den Austritt aus der EU zu erklären mit dem Angebot, das System der EU, Ämterbesetzung, Zahlungspflichten und Sanktionen bei Übergriffigkeiten von Kommission, des EuGH und der EZB völlig neu zu verhandeln. Aber wir sind, wie es aussieht, zu politischen Waschlappen geworden und werden von unseren EU- Freunden auch so behandelt.  (Menno Aden 1. August 2019)

Der mangelnde Mut deutscher Politiker, sich zu Deutschland zu bekennen

Am 7. August hat Menno Aden diesen Beitrag ergänzt, weil dazu ungewöhnlich viele Kommentare gekommen seien. Er schreibt: „Alle waren zustimmend. Leider. Schön wäre, wenn man mir mit Gründen darlegte: Sie sehen, dass alles viel zu schwarz! Widerspruch gab es eigentlich nur zu meinem Vorschlag einer deutschen Änderungskündigung, um die EU neu aufzustellen. Der Vorschlag sei unrealistisch oder sogar abwegig, weil unsere Politiker, was ich nur angedeutet hatte, den Mut nicht finden würden, wichtige deutsche Interessen auch gegen Widerstände zu vertreten. Das ist eigentlich der Hauptvorwurf: der mangelnde Mut deutscher Politiker, sich zu Deutschland zu bekennen. Die ausführlichste Zuschrift stelle ich, soweit zitiert, wörtlich ein und ergänze mit meinen Erwiderungen.“ Adens ganzen Ergänzungstext finden Sie hier.

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*) Prof. Dr. iur. Menno Aden (Jahrgang 1942) hat Rechtswissenschaften in Tübingen und Bonn studiert (1963 bis 1967), wurde 1972 in Bonn promoviert, war in den Jahren 1971/72 Senior Research Officer am Institut für Rechtsvergleichung der Universität von Südafrika, war beruflich tätig in der Energie- und Kreditwirtschaft und von 1994 bis 1996 Präsident des evangelisch-lutherischen Landeskirchenamtes in Schwerin, dann bis 2007 Professor an der FH für Ökonomie und Management in Essen. Verheiratet, fünf Kinder. Er hat neben seiner Lehrtätigkeit zahlreiche Schriften im Bereich Bank-, Wirtschafts- und internationales Recht verfasst, auch theologische Schriften und Bücher zu anderen Themen. Weiteres über Aden siehe hier.

**)  Die Zwischenüberschriften sind von mir eingefügt, ebenso die Fußnoten. Der Titel stammt ebenfalls von mir, denn Aden selbst verzichtet darauf, versieht derartige Beiträge nur mit der Überschrift „In diesen Tagen“.

***) Konnivenz = Großherzigkeit, Nachsichtigkeit, Duldsamkeit, vorurteilsfreie Gesinnung (Näheres siehe hier).

****) James Bacque: Der geplante Tod: Deutsche Kriegsgefangene in amerikanischen und französischen Lagern 1945-1946. Verlag Pour le Mérite, 2008. 19,95 Euro. ISBN-13: 9783932381461. Verlagstext dazu: „Unter der verharmlosenden Bezeichnung ‚Other Losses’ (Andere Verluste) tarnten die US-Streitkräfte 1945/46 das Massensterben deutscher Kriegsgefangener in amerikanischen Lagern auf deutschem Boden. Der kanadische Historiker James Bacque war tief erschüttert, als er das erste Mal Kenntnis von diesem Kriegsverbrechen erhielt. Der pathologische Deutschenhasser General Dwight David Eisenhower hatte diesen Massenmord gezielt betrieben und systematisch verschleiert. Erst Bacques Forschungen förderten das ganze Ausmaß – fast 1 Million in amerikanischer und französischer Gefangenschaft vernichtete deutsche Soldaten – zutage. Rund 2.000 Überlebende der alliierten Hungerlager haben sich nach Erscheinen der ersten Auflage dieses Buches an Autor und Verlag gewendet. Deren neue, aufsehenerregende Hinweise flossen in die vorliegende Neuausgabe dieses Bestsellers ein.“ Als Ergänzung dazu eine FAZ-Rezension von 1995 mit der Überschrift „Sollen die Deutschen doch leiden“ (hier). Sie bezieht sich auf das Buch „James Bacque: Verschwiegene Schuld. Die alliierte Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945.“ Verlag Ullstein, Berlin 1995. 309 Seiten“.

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Ein Kommentar zu „Der Brite Johnson und Deutschland“

  1. Wenn Sie Kritik wollen, bitte.

    Der ganze Beitrag ist ein Konglomerat von dumpfen, pauschalen Plattitüden. Wer die Rheinwiesen erwähnt, die Wehrmacht vor Leningrad aber außen vorlässt, der will nicht wissen sondern agitieren. Was diese Kriegsereignisse mit den heutigen EU Kopfgeburten zu tun haben sollen ist zudem schlicht off topic.

    Einfach ein paar Schlagworte zusammenzurühren macht noch keinen Text. Die EU ist eine Schimäre. Sie existiert nur als Vorteilsnahme der Beteiligten. Ihre dreckigen Protagonisten haben nun wirklich jeden Vertrag gebrochen, jedes Versprechen in sein Gegenteil verkehrt und auch jede sinnvolle Handlung die über Nepotismus, Korruption pure Machtgeilheit und schamlose Selbstbedienung hinausgeht unterlassen. Die Schaffung einer maximalen Negativauslese von Selbstbereicherern und Karrierepsychopathen der primitivsten Sorte ist das Ergebnis.

    Sie ein Gebilde zerbricht nicht an perfiden Albions von außen sondern an innerer Verwesung. Der „deutsche“ Beitrag dazu ist nichts anderes als ein gigantischer Verschiebebahnhof von den Menschen abgepressten Geldern über z.B. „Griechenlandkredite“ in die Taschen der sog. „Reichen“ (Vulgo die gesamte Schmarotzerszene aus Politikern, Beamten, Unternehmensberatungen Juristen und und und – der zur eigenen Bereicherung kein Mittel zu Schade ist).

    Solche Drecksgebilde, bar jeglicher Moral und Anstand, steuern auf kriegerische Verhältnisse zu. Letztlich wird es nur mit Gewalt aufrecht zu erhalten sein. Die Dummheiten des „maximum punishment“ gegen die Exit-Briten (eine Atommacht mit der einzigen schlagkräftigen Armee in der Gegend) sind da nur der Anfang. Diese EU wird den Krieg zurückbringen

    Dass diese InselTypen in nichts besser sind und alles tun um diese ach so tolle EU zu zerlegen sei nur am Rande erwähnt. Das wäre aussichtslos wenn diese Politikerwahnidee funktionieren würde ohne das ständig Geld reingepumpt wird,

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