Wie die FAZ die AfD diffamiert – Leserbriefe, die dem Blatt widersprechen und ihm Einseitigkeit vorwerfen – Ein Leitartikel, dessen Autor, sich vergaloppiert hat – Erkennbar mit zweierlei Maß gemessen – Gegen die Kollektivbeschuldigung einer ganzen Partei – Für AfD-Mitglieder braune Kübel, um sie zu brandmarken – Wie journalistische Tugenden vor die Hunde gehen
Die Qualität einer Zeitung erkennt man auch an der Qualität ihrer Leserbriefschreiber. Oder andersherum: Qualitativ hochwertige Leserbriefe pflegen, auch das qualitative Niveau der Zeitung zu heben – zumal dann, wenn die Qualität des Zeitungsartikels, dem sie gelten, zu wünschen übrig ließ. Leserbriefe dienen dazu, redaktionelle Beiträge zu ergänzen oder zu korrigieren, und sind dann stets eine Bereicherung. Von der FAZ sagte man einst, ihre Leserbriefe („Briefe an die Herausgeber“) seien der meistgelesene Teil dieser Zeitung. Das mag immer noch so sein und wäre auch notwendig. Denn korrigierende Ergänzungen verdient hat zum Beispiel ihr politischer Leitartikel „Die Falle der AfD“ vom 19. Juni. Er insinuiert, diese Partei sei an der Ermordung des hessischen Regierungspräsidenten Walter Lübcke ideell mitverantwortlich. Es ist daher nicht überzogen, ihn sogar infam und bösartig zu nennen.
„Verantwortungslosigkeit, die sich mit ‚Patriotismus’ tarnt“
Der Verfasser des Artikels, Jasper von Altenbockum, wirft der AfD unter anderem dies vor: „Die Heuchelei der AfD beruht im Spiel auf einem schmalen Grat der Demokratie: Auf der einen Seite macht sie sich zum Anwalt berechtigter Interessen, auf der anderen Seite bricht sie Tabus, um Masse zu gewinnen. … Das Gerede vom ‚Widerstand’, von der ‚Diktatur’, von der ‚Lügenpresse’, von den ‚Systemparteien’ offenbart ihre ganze Verantwortungslosigkeit, die sich mit „Patriotismus“ tarnt, sich aber in Wahrheit gegen das eigene Land richtet.“
„Sie klagen, sie würden in einen Topf mit Extremisten geworfen“
Und weiter: „Verrannt haben sich die Gaulands, Meuthens und Weidels, weil sie nicht wahrhaben wollen, dass die Blase, in der sie sich bewegen und die sie rhetorisch aufgepumpt haben, die Szene mitumfasst, in der Gewaltphantasien und Extremismus zum Alltag gehören. Das kommt davon, wenn Grenzen überschritten, Tabus gebrochen und Anstandsregeln missachtet werden, die nicht im Grundgesetz stehen. Die Abwärtsspirale, auf der sie ihre Anhänger mitziehen, ähnelt sehr der am linken Rand: Sie sehen sich als Opfer einer Hetzjagd und klagen, sie würden in einen Topf mit Extremisten geworfen, für deren Taten sie nichts könnten. Rechtsaußen und Linksaußen überbieten sich an dieser Stelle mit Scheinheiligkeit.“ (FAZ vom 19. Juni 2019, Seite 1. Den ganzen Artikel finden Sie hier: hier).
Der Widerspruch von Alexander Gauland
Die erste Leserzuschrift, die die FAZ veröffentlichte, war eine von Alexander Gauland, dem (zusammen mit Jörg Meuthen) Vorsitzenden der Partei. Er widerspricht unter anderem so: „Der Kommentar erweckt nicht nur bei mir den Eindruck, dass wir, weil wir die Politik der Regierung ablehnen und radikal kritisieren, für einen Mord mitverantwortlich seien. Was das im Umkehrschluss heißt, ist klar. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, seit je eingehegt durch das Strafrecht, soll nicht mehr gelten. Ein Mord, der noch nicht einmal richtig aufgeklärt ist, wird instrumentalisiert, um die Opposition zum Schweigen zu bringen. Sensible Gemüter könnten diese Argumentation als niederträchtig empfinden. Dass die AfD seit ihrer Gründung jede Art politischer Gewalt verurteilt, sei nur Heuchelei, weiß Herr von Altenbockum. Ich nehme an, er als Journalist weiß auch, dass Abgeordnete, Mitarbeiter und Büros der AfD am häufigsten von Extremisten angegriffen werden, wie zuletzt unter anderem der ‚ARD-Faktenfinder’ berichtete.“
Gauland: Für Taten sind immer die Täter verantwortlich
Gauland erinnert an die politisch linken Soziologen Theodor Adorno und Jürgen Habermas der „Frankfurter Schule“ und schreibt: Sie „galten in konservativen Kreisen und in Teilen der CDU als intellektuelle Wegbereiter des Terrorismus“. Dem schließt er – nach einigen Erläuterungen – die folgenden (rhetorischen) Fragen an: „Ist Marx verantwortlich für die Verbrechen Stalins? Wie viel Wagner oder Nietzsche stecken in Hitler? Haben die Vordenker der Neuen Linken die RAF mitgeschaffen? Und jene der Neuen Rechten den NSU? Sind Linke und Grüne verantwortlich für die Straftaten der Antifa? Meine Antwort – und die der großen Mehrheit meiner Partei – lautet: Nein, nein und nochmals nein! Für Taten sind immer die Täter verantwortlich. Alles andere ist Polemik im Dienste politischer Interessen. Wir haben nichts gegen Polemik, wir sind ja selbst nicht zimperlich, doch zwischen Worten und Taten besteht ein grundlegender Unterschied.“
„Die Kollektivbeschuldigung einer ganzen Partei“
Gauland ergänzend: „Natürlich hat auch der Gebrauch des Wortes Grenzen, dafür haben wir das Strafrecht. Das Strafrecht trifft die Unterscheidung, ab wann eine maßlose Kritik in Beleidigung oder Aufruf zu einer Straftat umschlägt. Wenn es im Netz Mordaufrufe gegen Walter Lübcke gegeben hat, sind solche Leute als Straftäter zu behandeln. Wo immer so etwas stattfand, verurteilen wir es, weil wir solche Vorfälle generell verurteilen. Und ebenso verurteilen wir die Kollektivbeschuldigung einer ganzen Partei, denn daraus spricht genau jener ‚längst überwunden geglaubte’ Ungeist, den die politischen Mitbewerber gern uns unterstellen.“ (FAZ vom 22. Juni 2019, Seite 7).
Ulrich van Suntum: Hier wird erkennbar mit zweierlei Maß gemessen
Ein weiterer Leserbrief zum Altenbockum-Artikel stammt von Professor Dr. Ulrich van Suntum, Nordkirchen. Er schreibt: „Normalerweise lese ich sehr gern die Kommentare von Jasper von Altenbockum. Aber mit seinem Beitrag hat er sich meines Erachtens vergaloppiert. Ja, es gab jahrelange Hetze gegen Lübcke von rechts. Aber es gab und gibt auch entsprechende Hetze von links gegen konservative und liberale Politiker. So wird Kritikern der derzeitigen EU-Politik durchweg Nationalismus und Populismus unterstellt, Kritiker der Einheitswährung werden als ‚Eurohasser’ diffamiert, und wer die ungesteuerte Zuwanderung gegen geltendes Recht kritisiert, muss sich als Fremdenfeind und Nazi beschimpfen lassen. Würde Altenbockum einen entsprechenden Mordanschlag, etwa gegen einen AfD-Politiker, deswegen aber den Linken und Grünen anlasten? Und wie steht es um die politische Verantwortung für die tägliche links-grüne Gewalt etwa am Hambacher Forst? Sie wird von den gleichen Politikern totgeschwiegen oder als ziviler Ungehorsam verharmlost, die einen bislang unaufgeklärten Mord von Beginn an dem politischen Gegner anzuhängen versuchen. In jedem anderen Fall, etwa bei dem Messermord in Chemnitz, würde man sich das als populistische und menschenfeindliche Hetze verbitten. Hier wird erkennbar mit zweierlei Maß gemessen.“ (FAZ vom 26. Juni 2019, Seite 29).
Ein Vakuum gefüllt, aber abschätzig schnell als „rechtspopulistisch“ etikettiert
Der Leser Klaus Wörner, Tübingen, schreibt unter anderem: „Die AfD ist ja nicht ohne Zutun vom Himmel gefallen. Der Autor deutet es an: Es war durch die Finanz-, Schulden- und Flüchtlingskrise ein Vakuum entstanden, das von dieser Partei gefüllt wurde, die dann schnell mit dem abschätzigen Etikett „rechtspopulistisch“ versehen wurde. Manche sehen das allerdings differenzierter: ‚Populistische Parteien artikulieren reale Probleme und Anliegen, die von den anderen Parteien vernachlässigt wurden’ (Thomas Oppermann, SPD, F.A.Z. vom 16. März 2016) oder ‚Populismus ist kein Stigma, sondern eine Reaktion auf die Negierung von Problemen durch die herrschende Politik’ (Roman Herzog, ehemaliger Bundespräsident, F.A.Z. vom 13. April 2016). Und zum Problem ‚rechts’ ist beachtenswert, was der ehemalige Bundespräsident Gauck dieser Tage dazu äußerte: Es wäre wohl zu unterscheiden zwischen schwer konservativ und rechtsextrem. Aber alles wird in einen Topf geworfen, damit die Suppe nicht mehr schmeckt.“
17 Prozent mit einem linksextremen Weltbild, 3 Prozent mit einem rechtsextremen
Und noch ein Ausschnitt aus der Wörner-Zuschrift: „Solange in unserer Gesellschaft links als fortschrittlich, weltoffen und sozial gilt und rechts als rückschrittlich, national und rassistisch, so lange wird dieser Bruch offenbleiben – er sollte besser abheilen, bevor er infektiös wird. Dass links mehr als nur eine harmlose Neigung sein kann, sollte man auch nicht ganz unter den Teppich kehren, wenn man eine Studie der Freien Universität Berlin von 2015 liest: 17 Prozent verfügen über ein linksextremes Weltbild (gegenüber drei Prozent Rechtsextremisten nach der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung 2019), fast die Hälfte lehnen das staatliche Gewaltmonopol ab, und über 40 Prozent halten den Sozialismus für eine gute Idee.“
Welche Partei, wenn nicht die AfD …
Wörner abschließend: „Wenn der Autor aber schließt, dass die AfD bei normalem Gebaren mangels Platz im bürgerlichen Spektrum sich gleich ganz auflösen könnte, darf man fragen, welche Partei denn für klare Reformen der EU im Hinblick auf ein Ende ohne Wenn und Aber der Transferzahlungen, für eine Umsetzung und Neuordnung des jetzt inhaltsleeren, nicht praktikablen Subsidiaritätsprinzips ist, welche Partei für eine Rückbesinnung auf die Nationalstaaten als Träger dieses Staatenverbundes, für eine minimale und geregelte Immigration sowie konsequente Abschiebung ist, welche Partei für einen Vorrang des im Lande Gewordenen gegenüber fremden Kulturen, Religionen und Einstellungen eintritt, was für sehr viele ein Anliegen ist.“ (FAZ vom 28. Juni 2019, Seite 29).
Starbatty: Für AfD-Mitglieder braune Kübel, um sie zu brandmarken
Auch Professor Dr. Joachim Starbatty, Tübingen, hat sich zu Wort gemeldet, unter anderem mit diesen Bemerkungen: „Der Diskurs um Realität und politische Konzepte ist teilweise in Feindschaft und Hass umgeschlagen, weil sich viele – auf allen Seiten – im Besitze der ewigen Wahrheit wähnen. Auch mag politisches Kalkül dahinterstecken, für Andersdenkende, insbesondere für Mitglieder der AfD, braune Kübel bereitzuhalten, um deren Vertreter als verkappt nazistisch zu brandmarken, in der Erwartung, dass sie dann für viele Bürger nicht mehr wählbar sind. Der Mord an Walter Lübcke wird nicht direkt der AfD angelastet, aber doch dem Klima, das sie durch Wortwahl und begrenzte Tabubrüche hat entstehen lassen. Die Distanzierungen maßgeblicher Vertreter der AfD von diesem Mord sind für Jasper von Altenbockum nichts weiter als Krokodilstränen.“
„Diskussionsklima in Deutschland generell verhärtet, teilweise auch vergiftet“
Starbatty beklagt, dass sich „das Diskussionsklima in Deutschland generell verhärtet hat“, teilweise sei es auch vergiftet. Von einem moralischen Standpunkt werde die realistische Diagnose der Migrationsursachen und -konsequenzen als kalt und egoistisch gebrandmarkt. Stimmen, die Forderungen nach „mehr Europa“ ablehnten, weil sie mit einer Machtverlagerung nach Brüssel verknüpft seien, würden als nationalistisch ins Abseits gestellt. Die Berichterstattung besonders in den öffentlich-rechtlichen Medien könne als parteiisch empfunden werden. (FAZ vom 28. Juni 2019, Seite 29).
Wie journalistische Tugenden vor die Hunde gehen
Den Grundsatz „audiatur et altera pars“ nur in Leserbriefen zu beherzigen, genügt nicht. Er ist auch in den Beiträgen der Redaktionen selbst hochzuhalten. Mit nur einseitigen Darstellungen, mit dem Unterdrücken von Tatsachen, die aber zur Meinungsbildung ebenfalls nötig sind, mit Diffamierungen, wie schöngeistig und wortgewandt sie auch daherkommen, mit dem Missachten von Anstand, kurzum mit bloßer Meinungsmache gehen journalistische Tugenden vor die Hunde. Opfer solcher Einseitigkeit ist auch die AfD. Die Mainstream-Medien berichten und kommentieren, gelinde formuliert, unfair. Natürlich dürfen sie ihre eigene Meinung haben und vertreten. Aber vor allem sollen sie es ihrer Kundschaft ermöglichen, sich eine eigene, eine auch andere Meinung zu bilden. Mit einseitigen Darstellungen tun sie es nicht. Sie drängen ihrer Kundschaft auf, welche Meinung sie haben sollen. Festzustellen ist das besonders auffällig bei den Themen Migration, Energiewende, Klimaschutzpolitik, Russland – und eben gegenüber der AfD. Hier macht leider auch die FAZ mit. Das Bild, das die FAZ von der AfD zeichnet, ist ein Zerrbild. Der Altenbockum-Leitartikel ist hierbei ein trauriger Höhepunkt.
PS. Am 25. Juni 2019 hatte der FAZ-Leser Dr. iur. Menno Aden an die Redaktion mit der Bitte um Veröffentlichung, die aber nicht stattfand, folgendes geschrieben: „Die ständige Anti- AfD-Propaganda und nun die von der CDU ausgerufene Kontaktsperre zu dieser Partei, zuletzt unbewiesene Andeutungen, die AfD bereite den Boden für politische Morde, führen den Juristen allmählich zu der Frage , ob diese Aktionen nicht den Straftatbestand des § 130 StGB (Volksverhetzung) erfüllen. Darin heißt es
‚1. Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, gegen …… Teile der Bevölkerung oder ….zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, ….. oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er ….eile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.’
Die AfD ist, was offenbar niemand bestreitet, verfassungsmäßig und demokratisch entsprechend dem Parteiengesetz verfasst. Etwa 15% der deutschen Wähler bringen ihr mehr Vertrauen entgegen als allen anderen Parteien. Die nicht immer sehr sachlichen Äußerungen über die AfD dürften daher geeignet sein, 1) die Menschenwürde von AfD -Mitgliedern und – Wählern anzugreifen und 2) AfD-Mitglieder, Wähler und Anhänger bei dem Rest der Bevölkerung böswillig verächtlich zu machen. Dass damit der öffentliche Friede gestört wird, dürfte auf der Hand liegen. Der Generalbundesanwalt, der Straftaten von Amtswegen ermitteln und verfolgen muss, sollte der Sache doch einmal nachgehen.“