Die Beispiele Sowjetunion und Tschechoslowakei – Die Ukraine müsste und könnte ein weiteres werden – Die Lösung wäre verblüffend einfach – Unveränderliche Grenzziehungen kennt das Völkerrecht nicht – Die Menschen selbst bestimmen lassen, unter welcher Herrschaft sie leben wollen – Volksabstimmungen, die Frieden stiften und Frieden bewahren können – Der Vorschlag von Peter Haisenko aus dem Jahr 2024
In Gaza schweigen die Waffen. Vorerst. Und in der Ukraine noch immer nicht. Dieser Tage ist mir ein Beitrag zum Krieg in der Ukraine in die Hände gefallen. Danach gibt es zum dauerhaften Frieden dort nur e i n e n Weg. Der Beitrag aus dem Dezember 2024 beginnt so: „Waffenstillstand ist nicht Frieden. Es ist nur die Zeit, bis sich einer der Kontrahenten stark genug fühlt, den anderen wieder anzugreifen. Waffenstillstand ist ein Geschenk für die Waffenindustrie. Um dauerhaften Frieden zu erreichen, können auch Grenzen neu bestimmt werden, und zwar nach dem Willen der Menschen, die dort wohnen. Das gilt nicht nur für die Ukraine.“ Aber selbst Waffenstillstand gibt es in der Ukraine noch nicht, denn ständig beliefern westliche Staaten die Ukraine mit neuen Waffen und viel Geld, damit der Krieg dort n i c h t beendet wird – mit an vorderster Front Deutschland.
Förmliche Kriegserklärung – das war einmal. Statt Friedensvertrag nur Waffenstillstand
Den Beitrag verfasst hat Peter Haisenko. Näheres zu diesem Autor finden Sie unten in der Fußnote. Einst, so schreibt Haisenko, sei einem Krieg eine Kriegserklärung vorausgegangen. Das sei die letzte Warnung, die letzte Aufforderung gewesen, um zu einer Verhandlungslösung zu kommen. „Kam die dann nicht zustande, begann der Waffengang, und der endete mit einem Friedensvertrag. Die Sache war erledigt, zumindest für einige Zeit. Seit 1945 gab es hunderte Kriege, Überfälle, und keinem davon ging eine Kriegserklärung voraus. So gibt es seither auch keine Friedensverträge. Weltweit stehen sich Länder gegenüber im Zustand des Waffenstillstands, belauern sich gegenseitig und mästen die Waffenindustrie mit dem Geld ihrer Bürger. Da kann man nur zu dem Schluss kommen: Wer nur Waffenstillstand fordert, der will keinen dauerhaften Frieden. Das gilt gerade besonders für die Ukraine.“
Kriege beenden oder verhindern mit neuen Gebietsaufteilungen
Am besten beendet (oder verhindert) werden kann ein Krieg, wie Haisenko schreibt, mit neuen Gebietsaufteilungen. Alle Staaten, in denen unterschiedliche Ethnien zusammengepfercht seien, seien potentielle Pulverfässer, ein leichtes Terrain für Unruhestifter. Und für Kriege. Als Beispiele für Gebietsaufteilungen, die einen Krieg gar nicht erst haben entstehen lassen, nennt er die einstige Tschechoslowakei und Sowjetunion. In der Tschechoslowakei seien Anfang der 1990er Jahre aufkeimende Spannungen mit der Aufteilung in zwei Staaten beendet worden. Eine friedliche Aufteilung in mehrere souveräne Staaten habe auch in der vormaligen Sowjetunion stattgefunden. „Warum“, fragt Haisenko, „soll das in der Ukraine nicht möglich sein?“
Unveränderliche Grenzziehungen kennt das Völkerrecht nicht
Ja, warum eigentlich nicht? Rechtlich wäre das kein Problem. Haisenko: „Tatsache ist nämlich, dass das Völkerrecht keine unveränderlichen Grenzziehungen kennt. Es sieht vielmehr vor, dass sich Provinzen eines Staats per Volksabstimmung vom Mutterstaat lossagen, ihren eigenen unabhängigen Staat erklären können. So, wie sie es auf der Krim und in den vier neuen Volksrepubliken im Osten der Ukraine getan haben. Wäre es anders, wäre der kollektive Westen schon lange in Den Haag vorstellig geworden. Das tun sie nicht, weil sie wissen, dass die Abspaltungen im Osten der Ukraine völkerrechtskonform abgelaufen sind.“
Die Lösung im Fall Ukraine wäre verblüffend einfach
Eine Mehrheit der Ukrainer wolle den Krieg beendet sehen und sich endlich einen Zustand dauerhaften Friedens erhoffen. Doch wie könnte der Weg dahin aussehen? Russland werde keinen Zustand akzeptieren, der Kiews Restukraine die Möglichkeit biete, während eines Waffenstillstands aufzurüsten für den nächsten Waffengang gegen Russland. Genauso unannehmbar sei für Russland die Nato-Mitgliedschaft der Restukraine, denn genau darum sei es auch gegangen, bevor sich Russland gezwungen gesehen habe, seine „Sonderoperation“ zu starten. Wie könne es also weitergehen, auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden, und zwar für alle Staaten, die an die Ukraine grenzen? Nehme man das Völkerrecht ernst und halte sich daran, könne die Lösung verblüffend einfach und dann auch noch nachhaltig sein.
Volksabstimmungen als Weg zum Frieden
Der Weg zum Frieden sind nach Haisenko Volksabstimmungen: „Nachdem die Kampfhandlungen in der Ukraine beendet sind, Kiews Armee kapituliert hat, muss in der Restukraine ein großes Referendum abgehalten werden. Unter Aufsicht aller geeigneten internationalen Organisationen. Die Bürger müssen darüber abstimmen, wohin, zu welchem Staatsgebilde sie gehören wollen. Es ist zu erwarten, dass sich viele im Westen der Ukraine dafür aussprechen werden, in das Staatsgebiet aufgenommen zu werden, dessen Sprache ihre Muttersprache ist und ihrer ethnischen Herkunft entspricht. Kiew wird Teile seines bisherigen Staatsgebiets an Nachbarstaaten abgeben müssen.“ Die Ukraine, Europas zweitgrößter Staat, müsse aufgeteilt werden
Die Menschen selbst bestimmen lassen, unter welcher Herrschaft sie leben wollen
Diese Referenden, so Haisenko, würden Klarheit schaffen, wie und unter welcher Herrschaft die Menschen leben wollten. Anschließend würden neue Grenzen gezogen, je nachdem, wie die Mehrheit abgestimmt habe. Ja, das sei Demokratie. Gleichzeitig werde für eine Übergangszeit jedem Bürger das Recht zugestanden, innerhalb der ehemaligen Grenzen der Ukraine seinen Wohnort frei zu wählen. Das heiße, wer lieber mit Menschen ukrainischer Sprache zusammenleben wolle, könne in die entsprechenden Gebiete wechseln. Oder anders herum. So würden ethnische Konflikte auch in kleinem Maßstab kaum noch stattfinden. Einem dauerhaften Frieden stünde nichts mehr im Wege.
Referenden in allen Gebieten, in denen ethnische oder religiöse Konflikte am Köcheln sind
Haisenko merkt an: „Nun könnte mich mancher als naiven Träumer bezeichnen. Aber fällt Ihnen ein besserer Plan ein, um wirklich Frieden zu schaffen? Dauerhaften Frieden? Nach allen Regeln des Völkerrechts? Und weil ich schon dabei bin: Derartige Referenden sollten in allen Gebieten abgehalten werden, in denen ethnische oder religiöse Konflikte am Köcheln sind. Nordirland, das Baskenland, Katalonien und nicht zu übersehen, Schottland. Es gibt weltweit noch etliche Regionen, die so befriedet werden könnten. Man denke da auch an den Nahen und Mittleren Osten, an die Kurden, die von England auf vier Staaten aufgeteilt worden sind. Auf Staaten, deren Grenzen es so nicht gab, bis sie von den englischen Grenzdiktaten geschaffen worden sind.“
Keine Staatsgrenze darf unveränderlich sein
Grenzen seien menschengemacht. Keine Staatsgrenze dürfe unveränderlich sein. Besonders dann, wenn es sich um große, zu große Staaten handele. Sie seien von Menschen geschaffen worden, unterlägen keinerlei Naturgesetzen oder gar göttlicher Bestimmung. So könnten sie auch von Menschen neu bestimmt werden, jederzeit und nach demokratischen Prinzipien, dem Willen ihrer Einwohner. Man solle nicht vergessen, dass es viele Kleinstaaten gebe und es den meisten von ihnen gut gehe. Man solle auch im Gedächtnis behalten, dass die Rückkehr des Saarlands zu Deutschland durch genau ein solches Referendum gelungen sei, wie er es jetzt für die Ukraine vorschlage.
Kein Krieg in der Ukraine, hätte es vor 2014 ein Referendum dort gegeben
Abschließend schreibt Haisenko: „Hätte man in der Ukraine vor 2014 ein solches Referendum abgehalten und befolgt, gäbe es jetzt keinen Krieg dort. So könnte echte Demokratie, mit Abstimmungen mit ergebnisoffenem Ausgang, deren Ergebnisse respektiert werden, tatsächlich zum Frieden führen. Dauerhaftem Frieden. Wer wollte das nicht? Den gesamten Text des Haisenko-Beitrags, erschienen auf Anderweltonline.com, finden Sie hier.
Aber das Einfache und Vernünftige ist von den Herrschenden nicht gewollt
Mein Kommentar: So sympathisch und zutreffend ist, was Haisenko vorschlägt, und so richtig dieser einzige Weg gegen Krieg sein dürfte, begangen wird er nicht werden. Es gibt dafür nicht genug kluge Staatenlenker, und zu groß sind die individuellen Interessen von gewählten und ungewählten Machthabern, die im Vorder- und Hintergrund politisch bestimmen, was sein darf und was nicht. Das Einfache, Vernünftige und rechtlich Einwandfreie ist nicht gewollt. Es wäre sonst längst geschehen. Ein Fall von Staatsversagen. Aber den Weg, der zu gehen wäre, sollte jeder wenigstens kennen.
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Einen ersten informativen Eindruck von der Person Haisenko verschafft Ihnen ein Interview, das Ulrich von Trotha mit ihm geführt hat (hier). Peter Haisenko, geboren 1952 in München, hat sich nach dem Abitur an der Lufthansa-Flugschule zum Verkehrspilot ausbilden lassen. Die folgenden dreißig Jahre weltweit im Einsatz als Copilot und Flugkapitän. Seit 2004 ist er tätig als Autor und Journalist und hat in den letzten Jahren etwa 700 Artikel veröffentlicht mit Schwerpunkten Wirtschaft, Historie, Politik und Luftfahrt. Auch Bücher sind von ihm erschienen (Bankraub globalisiert, England, die Deutschen, die Juden und das 20. Jahrhundert und zusammen mit Hubert von Brunn Die Humane Marktwirtschaft – Wirtschafts – und Finanzsystem zum Wohle aller Menschen). Außerdem ist er Herausgeber des zweibändigen Buches Der Weg vom Don zur Isar. 2007 hat er den AnderweltVerlag gegründet und 2013 das Online-Magazins Anderweltonline.com.