To Pingsten, ach wie scheun – Ein Hamborger Couplet von 1890 – Der Urvater des Hamburger Couplets: Hein Köllisch (1857 bis 1901)
Ich zitiere das Länderzentrum für Niederdeutsch (hier): „Was ist ein Couplet? Das mehrstrophige witzig-zweideutige, politische oder satirische Lied hat durch einen markanten Refrain ähnlich dem Schlager einen hohen Wiedererkennungswert. Im Gegensatz zum Chanson, in dem Erlebnisse und Stimmungen im Vordergrund stehen, ist der Inhalt eines klassischen Couplets jedoch frivol oder intellektuell und behandelt die jeweiligen Themen mit spöttischer Distanz.
In Hamburg erlangte dat Hamborger Couplet durch die Auftritte sich volkstümlich gebender Gesangshumoristen wie Hein Köllisch, Gebrüder Wolf und Charly Wittong große Popularität. Sie belegten gängige Schlager mit neuen, witzigen Texten, meist auf Plattdeutsch.
In den Liedern besingen die Künstler häufig Szenen des Hamburger Lebens. Dies reicht von zur Schau gestellten Eigenarten der Einwohner der verschiedenen Stadtteile und Gesellschaftsschichten, Alltagsszenen aus Freizeit, Beziehungs- oder Berufsleben oder Festtage.
Heinrich – genannt Hein – Köllisch (* 19. September 1857 auf St. Pauli am heutigen Hein-Köllisch-Platz †18. April 1901 in Rom), gilt gern als Urvater des Hamburger Couplets. Nach einer Schlosserlehre, Wanderjahren in Süddeutschland und Übernahme der Fabrik seines Vaters für Schuhwichse begann er, die in seiner Freizeit gedichteten humoristischen und oft plattdeutschen Lieder in seiner Stammkneipe in der Bartelsstraße zum Besten zu geben.
Die Texte zu seinen Liedern schrieb er selbst und vertonte sie mit populären Wiener Melodien. Des Weiteren schrieb er plattdeutsche Parodien und Theaterstücke. Zu seinen mehr als 100 Couplets gehörten Lieder wie De Orgel kummt, De Reis nor Helgoland und vor allem De Pingsttour.“ (Weitere Erläuterungen hier). Und nun De Pingsttour in memoriam Hein Köllisch im Wortlaut.
To Pingsten, ach wie scheun
Von Hein Köllisch
To Pingsten, ach wie scheun, – wenn de Natur so greun,
un all’ns na buten geiht, dat is een wohre Freid!
besünners vör de Göörn, – de heurt man räsoneern:
Weur Pingstn doch erst bloß- denn goht wie los!
Kümmt nu Pingstobend ran, – denn geiht’n Leben an,
de Mudder seept de Görn – vun achtern un vun vörn,
sünds wuschen nu un kämmt, – denn kreegt se`n reinet Hemd,
un denn geiht mit Gejuch – rin in de Puch!
De Vadder nu ton anner’n Morg’n – deit sick mit Proviant versorg’n:
Eier, Käs, Wust un Schinken, – ook verschiedenerlee to drinken.
Dormit keen Minsch de Tied verslopt, – treckt he noch den Wecker op,
un anner’n Morgen gegen soß, – dor schippert los de Troß.
De Vadder geiht voran, – een witte Maibüx an,
sien Jung kummt in de Mitt, – natürlich ook in Witt,
dorbi hebbts op den Kopp – een fien’n Strohhoot op,
all’ns sauber un mit Schick, – grood wie gelickt.
Un nu kummt achterher – mit’t allerlüttste Göör,
in groot’n Kinnerwog’n – de Mudder angeschob’n.
De Dochter mookt den Sluß, – stolt, voller Hochgenuß,
in Arm mit ehren Freier, – een Piependreiher.
Een jeder, wehrnd se nu marscheert, op eeg’ne Fuust sick amüseert:
De Vadder vör, de kippt sick een, – de Jung dor achter grapst Sireen,
de Mudder mutt so in‘ Gedräng’n – den Lüttsten öfter dreug mol legg’n,
dat Liebespoor kummt achterher, de snackt von em un ehr.
So geiht’t bitt Quellndol, – dor leggt man sick nu dohl
in’t scheune weeke Moos, – nu geiht dat Futtern los.
Een jeder matt un meud – langt no de Bodderbreud,
se fallt doröber her – grood as so’n Bär.
Dormit dat beter rutscht, – ward ut de Buddels lutscht,
de Vadder un de Söhn, – de hollt sick an den Kööm,
un ook de Piependreiher – is op den Buddel Freier,
de Dochter un de Froo – mookt’t ebenso.
Bi lütt’n ward de Krom fidel, – man heurt jem sing’n ut vuller Kehl:
Vun Edelweiß, de Wacht am Rhein, de Fischerin un Komm‘ Se rein!
De anner Siet de blarrt jedoch: Lebt denn meine Male noch?
Im Grunewald ist Holzauktion! Un denn noch Revolutschon.
Op eenmol, wie gemeen, – ehr eener sick versehn,
dor kummt vun boben dohl – een Regen kollosol!
De ganze Minschenschwarm – de kummt nu in Marm,
de Froonslüd kriescht un jucht, – de Mannslüd flucht.
De Vadder springt nu op, – glitscht ut unfallt dorop
grood op den Kinnerwogen, – de kippt un fallt in Groben.
He mit sien witte Büx – recht in so’n deebe Pfütz,
mitsamt dat lüttje Göör, – wat een Malheur!
Een jeder socht nu Schutz to finn‘, de Minschen rennt dorch dick un dünn,
de Mäkens un de Froons vorop mit all‘ de Röck‘ hoch boben Kopp.
De Anblick is sehr int’ressant! Worum, dat liggt klor op de Hand:
Bi sowat kriggt man, wie ick meen, verscheedenerlee to sehn.
Na endlich, no den Suus, – dor geiht dat nu to Huus,
de Vadder un sien Söhn – sünd nüdlich antosehn,
de scheune witte Büx – süht ut wie Stebelwix,
de Strohheud sünd so slapp – wie oles Papp.
De Brögam un de Brut, – de seht erst lecker ut!
De harr’n, wat sull’n se mooken, – sick beid‘ in’t Hei verkropen.
Dat allerlüttste Göör – weur dorchnatt dör un dör,
de Mudder weur so natt – as wie so’n Katt.
De een schuwt achtern annern her grood wie de Geus, se könt nich mehr!
Un dorbi alle Ogenblick verswind mol eener achtern Knick.
Grood wie gerädert un half dood kummt se denn endlich an de Bood.
So ward in Hamborg Pingst’n fiert un sick fein amüsiert.