Der renommierte Rechtswissenschaftler Alfred de Zayas konstatiert: Die NATO bedroht den Weltfrieden und die internationale Sicherheit – Ihre Daseinsberechtigung erlosch mit dem Ende der Sowjetunion – Ursprünglich hatte sie ein legitimes Sicherheitsziel – Die Zusicherung von George H.W. Bush und James Baker an Gorbatschow – Den Traum von einem möglichen Weltfrieden zerstörte Bill Clinton mit Brzezinski und den „Neo-Cons“ – Die Verwandlung in einen geopolitischen Koloss zur Unterjochung des Restes der Welt – Der Angriffskrieg der NATO auf Jugoslawien mit schweren Kriegsverbrechen als Beginn von Überfällen auf andere Staaten – Die NATO als ständige Friedensbedrohung begreifen und diese neutralisieren
Für die vielen Gutgläubigen in Deutschland und anderswo wird es harter Tobak sein: Die Nato eine kriminelle Vereinigung? Wirklich? Ist es nicht ein reines Verteidigungsbündnis? Gegründet einst gegen die kommunistische Sowjetunion? Ja, einst. Aber tempora mutantur, die Zeiten ändern sich. Und der Rechtswissenschaftler Alfred de Zayas, der zu diesem Verdikt gegen die Nato greift, ist nicht irgendwer, sondern ein renommierter Kundiger des Völkerrechts. Zudem ist er ein aufrechter Mann, der in klarer Haltung und offenen Worten beharrlich für das Recht eintritt, Unrecht unmissverständlich als solches benennt und deswegen auch angegriffen wird.
Die Daseinsberechtigung der NATO erlosch mit dem Ende der Sowjetunion
Auf seiner Web-Seite (hier) schreibt er als Epigramm für Juli 2023: „Es ist an der Zeit, die NATO als ‚kriminelle Organisation‘ im Sinne der Artikel 9 und 10 des Nürnberger Statuts und des Urteils zu bezeichnen. Die Daseinsberechtigung der NATO erlosch, als die Sowjetunion endete und der Warschauer Pakt aufgelöst wurde. In einem verzweifelten Versuch, sich selbst zu erhalten, erfand die NATO Feinde, um ihre weitere Existenz zu rechtfertigen. Es begann eine Reihe von Expansionen, die darauf abzielten, Russland einzukreisen, obwohl Gorbatschow die sowjetischen Streitkräfte freiwillig abgezogen hatte, gerade um ‚dem Frieden eine Chance zu geben‘.“
Die NATO als Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit
Weiter schreibt de Zayas: „Die NATO versuchte, die Funktionen des UN-Sicherheitsrats und seine ausschließliche Gewaltbefugnis gemäß der UN-Charta an sich zu reißen. Die seit 1989 konstituierende Osterweiterung der NATO – unter eklatanter Verletzung der 90, 91, 1997 von George H.W. Bush und seinem Außenminister James Baker eingegangenen völkerrechtlich verbindlichen Verpflichtungen – stellt nach wie vor eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit im Sinne von Artikel 39 der UN-Charta dar. Heute geht der anhaltende Größenwahn der NATO-Führer so weit, dass sie vorgeben, sich nach Asien und Afrika auszudehnen.“
Nicht Defensiv-Bündnis, sondern Imperialismus neuen Stils mit nackter Aggression
Der Völkerrechtler nimmt kein Blatt vor den Mund: „Die NATO-Mitgliedstaaten haben eine nackte Aggression gegen Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien durchgeführt, sie haben illegal im Nahen Osten interveniert, verabscheuungswürdige Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, die bisher völlig ungestraft waren. In jüngster Zeit ist die NATO die Quelle der ungeheuerlichen Verstöße der Ukraine gegen die Minsker Vereinbarungen (wie von der OSZE aufgezeichnet), die schließlich die russische Invasion auslösten. Die Behauptung, die NATO sei ein „defensives“ Bündnis, ist absurd – ihr Credo ist nicht Verteidigung, sondern Provokation, Bravour, Mobbing und Imperialismus neuen Stils. Die NATO kann immer noch die gesamte Menschheit unter den Bus werfen.“
Was de Zayas hier als „Epigramm“ bezeichnet, hat er in einem Beitrag vom 15. Juli 2023 näher erläutert (s. unten und hier). Dieser Beitrag ist zuerst auf Global Times**) hier erschienen. Er hat ihn auch für diese meine Blog-Seite freigegeben. Die Zwischenüberschriften sind von mir eingefügt. Lesen Sie ergänzend und weiterführend dazu de Zayas‘ Beitrag vom 19. Juli „Die Dynamik des Kriegswahnsinns: Das Ukraine-Roulette der NATO“ (hier).
Die NATO verdient die Bezeichnung „kriminelle Organisation“ im Sinne des Nürnberger Urteils
Von Alfred de Zayas*)
Was ist eine kriminelle Organisation? Der Durchschnittsbürger denkt sofort an lokale und internationale Drogenkartelle, Menschenhändlerringe, Gesellschaften für Kinderpornographie, Spielhöllen oder die Mafia. Vielleicht aufgrund eines künstlich geschaffenen Bildes, unterfüttert von westlichen Medien, wird die NATO nicht ohne weiteres als „kriminelle Organisation“ erkannt.
Ursprünglich keine kriminelle Organisation
Ursprünglich war die NATO keine kriminelle Organisation. Im Vertrag zur Gründung der NATO vom 4. April 1949 heißt es unter Artikel 5:
„Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle anzusehen ist, und sie kommen daher überein, dass im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen anerkannten Rechts auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung der angegriffenen Vertragspartei oder den angegriffenen Vertragsparteien dadurch beisteht, dass sie unverzüglich einzeln und in Abstimmung mit den anderen Vertragsparteien die Maßnahmen ergreift, die sie für notwendig erachtet, einschließlich der Anwendung bewaffneter Gewalt, um die Sicherheit des nordatlantischen Raums wiederherzustellen und zu erhalten.“
Ursprünglich ein legitimes Sicherheitsziel
Ursprünglich verfolgte die NATO ein legitimes Sicherheitsziel, das mit Kapitel VIII der UN-Charta (Art. 52–54) vereinbar war und regionale Vereinbarungen zulässt, sofern diese mit Ziel und Zweck der UN-Charta in Einklang stehen und dem UN-Sicherheitsrat untergeordnet sind. Gemäß Artikel 103 der Charta („Vorrangklausel“) hätte im Falle eines Konflikts zwischen irgendeinem Vertrags[bündnis] und dem der [NATO-]Charta die Charta den Vorzug.
Die Zusicherung von George H.W. Bush und James Baker an Gorbatschow
Solange die Sowjetunion Westeuropa bedrohte und eine Expansion nach Westen plante, war es für die westlichen Staaten legitim, Maßnahmen der kollektiven Sicherheit zu ergreifen. Eine Folge des NATO-Vertrages war, dass die Sowjetunion als konkurrierendes Bündnis den Warschauer Pakt (1955–1991) organisierte, doch die Drohung der gegenseitig gesicherten Vernichtung durch Atomwaffen beide Lager davon abhielt, sich gegenseitig zu attackieren. Dies änderte sich 1989, als der friedliebende sowjetische Führer Michail Gorbatschow die sowjetischen Streitkräfte aus Mittel- und Osteuropa abzog und sich vom damaligen US-Präsidenten George H.W. Bush und Außenminister James Baker zusichern ließ, dass sich NATO „keinen Zentimeter“ nach Osten bewegen werde.
Den Traum von einem möglichen Weltfrieden zerstörte Bill Clinton mit Brzezinski und den „Neo-Cons“
Für einen kurzen Moment schien die Möglichkeit des Weltfriedens samt gegenseitiger Abrüstung realistisch. Dieser Traum wurde von US-Präsident Bill Clinton zunichte gemacht, weil er den Ratschlägen der Neokonservativen [Neo-Cons] mit den imperialistischen Plänen des Politikwissenschaftlers Zbigniew Brzezinski folgte: Dieser hatte die Idee einer unipolaren Welt[ordnung] – unter dem Hegemon USA, der im Wesentlichen die UNO ersetzen sollte – ausgeheckt. Clintons Entscheid die NATO, entgegen den verbindlichen Zusagen, nach Osten zu erweitern, wurde schon von George F. Kennan’s Essay in der New York Times vom 5. Februar 1997 als „verhängnisvoller Fehler“ scharf angeprangert.
Die Verwandlung in einen geopolitischen Koloss zur Unterjochung des Restes der Welt
Nach 1997 verwandelte sich die NATO schleichend von einem „Verteidigungsbündnis“ in einen geopolitischen Koloss zur Unterjochung des Restes der Welt. Bereits in den 1990er Jahren beteiligten sich NATO-Staaten an der Zerstörung der territorialen Integrität Jugoslawiens und 1999 bombardierte die NATO ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrats Jugoslawien unter Verstoß gegen Artikel 2, Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen.
Der Angriffskrieg der NATO auf Jugoslawien mit schweren Kriegsverbrechen als Beginn von Überfällen auf andere Staaten
Der Angriffskrieg der NATO im Jahr 1999 war die Generalprobe für das, was folgen sollte. Das brachte auch schwere Kriegsverbrechen mit sich, darunter die wahllose Bombardierung ziviler Ziele unter Einsatz von Waffen ohne Unterschied, wie durch abgereichertes Uran und Streubomben. Jugoslawien war nur der Auftakt zu einer Reihe von Überfällen gegen Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien und andere Länder, in deren Folge Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit völlig ungestraft verübt worden sind. Der Internationale Strafgerichtshof, der im Wesentlichen im Dienste des „kollektiven Westens“ steht, hat es versäumt, diesen Verbrechen nachzugehen: Kein einziger westlicher Politiker oder Militärführer wurde jemals angeklagt.
Der USA-Plan einer Kollektivbestrafung und Untergraben der Unschuldsvermutung
Bei den Nürnberger Prozessen 1945–46 hatte die amerikanische Delegation geplant, 14 Organisationen als kriminell anzuklagen, die später auf sechs reduziert wurden: Reichskabinett, Führungskorps der NSDAP, Gestapo, SA, SS/SD sowie den Generalstab bzw. das Oberkommando der deutschen Wehrmacht. Ziel war es, diese Organisationen rückwirkend für kriminell erklären zu lassen, um Teilnehmer schon wegen ihrer bloßen Mitgliedschaft verurteilen zu können. Natürlich verstößt dieses Konzept gegen die Rechtsstaatlichkeit, da es eine Kollektivbestrafung darstellt und den Grundsatz der Unschuldsvermutung untergräbt.
Die Präzedenzfall-Entscheidung von Nürnberg ist für die Anklage der NATO nicht erforderlich
Während das Nürnberger Urteil drei Organisationen per se als kriminell einstufte, wurden SA, Reichskabinett bzw. Wehrmacht als nicht kriminell erkannt. Das Nürnberger Urteil schuf einen (schlechten) Präzedenzfall, der auf NATO-Länder und NATO-Streitkräfte angewendet werden könnte. Dies ist jedoch nicht erforderlich, da die Verstöße der NATO-Streitkräfte gegen die Haager – und Genfer Konvention so gut dokumentiert sind, dass jedes Gericht mit entsprechender Zuständigkeit die Mitglieder der NATO-Streitkräfte auf der Grundlage der bestehenden Konventionen verurteilen könnte, ohne sich auf das Konzept einer kriminellen Vereinigung stützen zu müssen.
Die NATO als ständige Friedensbedrohung begreifen und diese neutralisieren
Unter dem Strich haben die NATO-Streitkräfte seit den 90er Jahren zwar Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, doch wichtig wäre inzwischen, dass die Weltöffentlichkeit die NATO als eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit der Menschheit begreift. Ihre ständigen Provokationen stellen die größte Gefahr für unser Überleben als Spezies dar. Auch wenn die NATO die Bezeichnung „kriminelle Organisation“ verdient, geht es nicht darum, Kriegsverbrecherprozesse zu führen, sondern die Bedrohung zu neutralisieren.
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*) Prof. Dr. phil. und Dr. iur. Alfred-Maurice de Zayas (geb. 1947 in Havanna) ist ein amerikanischer Völkerrechtler, Historiker und Sachbuchautor und lebt in der Schweiz. Von Mai 2012 bis April 2018 war er „Unabhängiger Experte des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung“. Weiteres über ihn, seine vielfältigen Tätigkeiten und Engagements auf Wikipedia hier. Die Biographie auf seiner Web-Seite hier.
Auf seiner Web-Seite kann man auch seinen Blog „Menschenrechtsecke“ (hier) abonnieren. Sein Motto: „Verstehen statt zu verurteilen“. Dazu de Zayas: „Dieser Blog widmet sich rechtlichen, historischen und menschenrechtlichen Fragen, in denen Fragen von allgemeinem Interesse frei und spontan angesprochen werden. Er soll einen informellen Meinungsaustausch im demokratischen Geiste der Meinungsfreiheit und des Respekts vor den Meinungen anderer fördern, um zu verstehen, anstatt zu verurteilen, konstruktive Lösungen vorzuschlagen, anstatt sich in den Vordergrund zu stellen. Die Perspektive ist sowohl von innen als auch von außen und der Mehrwert liegt mehr in den Fragen als in den Antworten.“
**) Die Global Times ist eine der zwei landesweiten englischsprachigen Tageszeitungen in China. Sie erscheint unter der Schirmherrschaft der Renmin Ribao, dem Organ der Kommunistischen Partei Chinas und trägt das Motto „Discover China, discover the world“. Erstausgabe am 20. April 2009. Die andere, ältere englischsprachige Tageszeitung Chinas ist China Daily. (Weiteres hier).
Die Frage die sich stellt ist, wie werden wir diese kriminelle Organisation endgültig los? Wobei wir mittlerweile mehrere Organistionen, wie WHO, WEF, UNO etc, die ebenso kriminell sind, unbedingt zerstören und auflösen müssten. Ich fürchte, die Menschen können und wollen nicht begreifen, welche tödliche Giftschlangen wir mit unseren Steuergeldern nähren. Der Wahnsinn ist deutlich sicht-, erkenn- und spürbar und trotzdem hält die Menschheit an ihm fest. Todessehnsucht?
Wenn es die NATO nicht gäbe, dann wären wir in der Vergangenheit vom Sowjet-Kommunismus überrannt worden. Nach dem kalten Krieg muss man sich die Frage stellen, inwieweit die USA eine totale Stellung in diesem Bündnis haben sollen oder nicht, das auf jeden Fall. Bsp.: Es war gut, dass D’land und andere sich nicht am Irakkrieg 2003 beteiligt haben. Aber es wäre töricht, sich momentan von Putin überrennen zu lassen. Es werden dort in der Ukraine keine westlichen Werte verteidigt, denn in der Politik gibt es keine Werte sondern nur Interessen.
Wir sollten den Amerikanern gefälligst dafür danken, dass sie uns im 2. Weltkrieg und im kalten Krieg gegen den braunen und den roten Sozialismus mehr als nur begestanden haben: die GI’s damals sind für uns heute krepiert.
Und noch etwas: Militär ist immer kriminell. Ich war auch Soldat, und auch in Friedenszeiten weiß der allgemeine Soldat nicht, was die da oben im Hintergrund planen.
Das Vereingte Europa wurde ermöglicht durch die NATO, und die Montanunion bis zur EU waren nur möglich durch die NATO. Ansonsten zerfällt Europa in eine Polit-Show, wo die Beamten sich als neuer Feudal-Adel etablieren würden/werden. Könnten die sich gegen Putin verteidigen? Nein, denn Europa hat keine (geeinte) Armee.
WENN DU FRIEDEN WILLST, DANN SEI GERÜSTET FÜR DEN KRIEG.
Unsere Rüstung heißt NATO !
P.S. Nachtrag:
Die Behauptung, die NATO-Erweiterung sei „illegal“ gegenüber Russland gewesen, stimmt ja gar nicht. Diese Aussagen von James Baker an Gorbatschow wurden ab dem Zeitpunkt obsolet, als Boris Jelzin die Osterweiterung erlaubte, und zwar am 27.05.1997 in Paris mit dem NATO-Russland-Sicherheitspakt.
https://www.youtube.com/watch?v=4HCvfsRRqDI
die ersten 6 Minuten.