Die Vorwürfe gegen die deutschen Exportportüberschüsse sind nicht nur eine arrogante hegemoniale Unverschämtheit, sondern auch unglaublich töricht
Wir kennen das geflügelte Wort aus Asterix und Obelix. Da wettert Obelix häufig: „Die spinnen, die Römer.“ Zum Beispiel hier: https://kpkrause.de/wp-content/2013-11-04-Obelix-Comic.doc Oder auf Französisch: „Ils sont fous, ces Romains!“ Was in ihrem Reich, dem Imperium Romanum, damals die Römer mit ihren Vasallenstaaten waren, das sind heute die Amerikaner in ihrem Imperium mit ihren Vasallenstaaten. Was sie dort treiben, ist freilich kein Comic, sondern Realität. Aber vielleicht schaffen es auch sie in einigen Jahrhunderten in Comic-Hefte, wenn eines Tages selbst ihr Reich dahingegangen ist. Dann werden die Menschen dieser ferneren Zukunft darin vielleicht ebenfalls lesen: „Die spinnen, die Amerikaner.“
Die deutsche Exportstärke am Pranger
Aber sagen kann man das von ihnen auch schon heute, jedenfalls von ihrem Staat, oder genauer: vom amerikanischen Finanzministerium. Dieses nämlich hat in seinem halbjährlichen Währungsbericht vom 30. Oktober Deutschland wegen dessen ständigen und steigenden Exportüberschüssen attackiert. Mit ihnen schiebe es die Anpassungslast in der Euro-Schuldenkrise auf die Krisenländer des südlichen Euro-Raum ab. Das habe dort die Arbeitslosigkeit gerade unter Jugendlichen erhöht Deutschland behindere eine Anpassung in einer Zeit, in der viele Länder im Euroraum unter Druck stünden, ihre Nachfrage und Einfuhr zu drosseln. Es warf Deutschland „blutarmes Wachstum der Binnennachfrage“ und eine „Abhängigkeit vom Export“ vor.
Lieber Henry Hazlitt lesen
Aber diese Kritik – man muss es wirklich so deutlich sagen – ist nicht nur eine arrogante hegemoniale Unverschämtheit, sondern auch unglaublich töricht. Deutschland exportiert deshalb so viel, weil seine Produkte gut sind und verlangt werden. Sie zu kaufen, zwingt es niemanden. Und der deutsche Staat darf seine Unternehmen nicht zwingen, ihren Export zu drosseln. Wie soll das wohl auch gehen – rechtlich wie praktisch? Amerikas Finanzministerium sollte lieber Henry Hazlitt lesen. Dieser amerikanische Ökonom und Philosoph (1894 bis 1993) hat das dazu Nötige kurzgefasst so formuliert:
Mehr Export bedeutet auch mehr Import
„Auf lange Sicht müssen sich Im- und Exporte ausgleichen; beide Begriffe sind dabei sehr weit gefasst und umfassen auch die „unsichtbaren” Posten wie die Ausgaben der Touristen, Übersee-Frachtgebühren und alle anderen Positionen der „Zahlungsbilanz”. Die Exporte kommen für die Importe auf, und umgekehrt. Je größer unsere Exporte sind, desto mehr müssen wir importieren, wenn wir jemals erwarten, unser Geld zu sehen. Je kleiner unsere Importe sind, desto weniger können wir auch exportierten. Ohne Importe können wir nichts exportieren, denn den Ausländern fehlt es an den Mitteln, mit denen sie Waren von uns kaufen können. Wenn wir uns entschließen, unsere Einfuhren zu drosseln, entscheiden wir uns in Wahrheit auch dafür, unsere Ausfuhren zu verringern. Und wenn wir uns vornehmen, unsere Exporte zu steigern, bezwecken wir damit in Wahrheit auch, unsere Importe anzukurbeln.“ (http://www.misesde.org/?p=2690) That’s it.
Mit Geld aus dem Export kann ein Land seinen Import bezahlen
Mit anderen Worten als Hazlitt lässt sich das auch so formulieren: „Exporte sind gut, sie sind aber nur deshalb gut, weil man mit den Einnahmen aus den Exporten Importe bezahlen kann. Dadurch steht jedem Einzelnen von uns ein größeres Warenangebot zur Verfügung als ohne den Handel und dank der Exporte haben wir die Einnahmen, um die Ausgaben zu bezahlen.“1) Und als Beispiel: „In Deutschland stehen Arbeitnehmer morgens auf, gehen in die Autofabrik, produzieren Mercedes, BMW und Audi. Diese werden dann im Ausland verkauft, das Geld fließt dann nach Deutschland. Die Arbeitnehmer können nun mit diesem Geld zum Beispiel in Griechenland Urlaub machen und das Geld fließt wieder zurück. Das ganze ist also ein fairer Tausch, Autos gegen preiswerten Urlaub. Je mehr deutsche Autos, Maschinen, Konsumgüter im Ausland verkauft werden, umso mehr Güter und Dienstleistungen können im Ausland eingekauft werden. Dies setzt aber immer eine Gegenleistung voraus. Das heißt, der Handelspartner muss wettbewerbsfähig sein.2)
Wenn ein Export arm macht
Auch dies jedoch erleben wir: „Es gibt aber auch einen Export, der arm macht. Nehmen wir an das Land A exportiert Güter und Dienstleistungen an Land B. Land B bezahlt die Güter und Dienstleistungen mit Krediten aus Land A. Eines Tages stellt Land B fest, dass es die Kredite aus Land A nicht bedienen kann. Die Steuerzahler von Land A kommen nun für die Kredite aus Land B auf und zahlen Transferzahlungen an Land B, damit dieses weiterhin Exportgüter aus Land A kaufen kann. Die Frage ist, worin besteht darin der Vorteil? Wenn Deutschland in die Eurozone exportiert und die Exporte nur nachgefragt werden, weil die deutschen Steuerzahler für Kredite und Transferzahlungen aufkommen, mit denen die Importländer die Exporte aufkaufen können, dann hat das keinen Vorteil. Dies ist geradeso als wenn der Bäcker seinem Kunden das Geld gibt, damit dieser ihm seine Semmeln abkauft. Ein solcher Vorgang ist dann lediglich eine Subventionierung der Exportindustrie auf Kosten der übrigen Wirtschaftssektoren.“3)
Angriffe gegen die Exportstärke kommen auch aus der EU-Kommission
Die deutsche Exportstärke ist immer wieder das Ziel von Angriffen. Und immer wieder sind sie abzuwehren. Vor gut einem Jahr war in der FAZ4) dies zu lesen: „Deutschlands Exportstärke ist vielen ein Dorn im Auge. Aus ihr folgen „Ungleichgewichte“ in den Handelsbilanzen, die mancher für eine Ursache der Eurokrise hält. EU-Sozialkommissar László Andor hat erst kürzlich im Interview mit dieser Zeitung eine angeblich „merkantilistische Wirtschaftspolitik“ hierzulande angeprangert. Durch seine Lohnzurückhaltung, die deutsche Produkte auf dem Weltmarkt preislich wettbewerbsfähiger gemacht hat, habe Deutschland die Probleme der Europeripherieländer mit verursacht, meint Andor. Wie er denken viele keynesianische Ökonomen, Gewerkschafter und Politiker. Der Vorwurf des Merkantilismus ist ziemlicher Unsinn. Unter Merkantilismus versteht man eine dirigistische Politik mit Schutzzöllen und gezielter Exportförderung durch Subventionen, wie sie im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert – vor den freihändlerischen Ideen Adam Smiths – in Europa üblich war.“
Eine Gans, die goldene Eier legt, schlachtet man nicht
Die Online-Zeitung Deutsche Wirtschafts Nachrichten5) kommentierte jetzt: „Die USA und der IWF kritisieren die deutschen Exporte. Die EU überprüft den bundesdeutschen Haushalt und warnt Berlin, nicht zu viel zu exportieren.6) Brüssel setzt alles daran, die Gans zu schlachten, die gleichzeitig goldene Eier legen soll. Ein großes, gleichmachendes Straf-System wird etabliert. Früher nannte man das Kommunismus. Es war nicht sehr erfolgreich. … Jeder dritte Arbeitsplatz hängt am Export. Bricht der deutsche Export ein, so wie es einige EU-Politiker gerne sähen, hätte dies verheerende Folgen für ganz Europa.“ Darüber die Überschrift „Der große Irrtum von Brüssel: Scheitert Deutschland, dann scheitert die EU.“
Statt Bewunderung, auch Anklage und Missgunst
Vor gut einem Monat schrieb die FAZ7): „Deutlich mehr als eine Billion Euro beträgt der Wert des deutschen Exports, vergangenes Jahr waren es schon knapp 1,1 Billionen Euro. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt von 2,6 Billionen Euro, kann man daraus eine Bruttoexportquote von mehr als 42 Prozent errechnen. Der Exportüberschuss von 188 Milliarden Euro – der zweitgrößte der Geschichte der Bundesrepublik – macht erstaunliche 7 Prozent des BIP aus. Das hat Deutschland nicht nur Bewunderung, sondern auch Missgunst und Vorwürfe einer viel zu exportlastigen Wirtschaftsstruktur eingebracht. In manchen medialen Anklagen entstand das Bild, dass sehr wettbewerbsstarke deutsche Konzerne mit ihren Exporten beispielsweise die schwächere südeuropäische Konkurrenz erdrücken.“
Nur noch zwei Drittel eines deutschen Exportautos sind deutsch
Im gleichen Beitrag wies sie darauf hin, dass die amtlichen Statistiken den Wert des Exports überschätzen, weil dieser importierte Zwischenprodukte enthalte. Der inländische Anteil der Wertschöpfung der Exportprodukte sinke. Inzwischen betrage er nach Statistiken der OECD nur noch rund drei Viertel (72 Prozent), bei einem aus Deutschland exportierten Auto im Durchschnitt sogar nur noch zwei Drittel, weil Teile und Vorprodukte aus dem Ausland stammten. Zum Beispiel stelle Audi sämtliche Motoren in Ungarn her. Volkswagen produziere Komponenten und Teile in der Slowakei und in Brasilien. Wenn die „deutschen Autos“ anschließend in die Vereinigten Staaten oder nach China verkauft würden, dann werde dadurch, dass der Verkaufspreis, der in die Bruttoexportstatistik einfließe, die tatsächliche Wertschöpfung in Deutschland überzeichnet.
Il sont fous, ces Americains
Der starke deutsche Export ist die Folge der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte. Wenn Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit aufgibt, gibt es sich selbst auf. Il sont fous, ces Americains.
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1) Gérard Bökenkamp: http://www.freiewelt.net/blog-3557/der-mythos-vom-wohlt%E4tigen-export%FCberschuss.html Anknüpfungspunkt für Feststellung ist allerdings, dass in Deutschland um den Exportüberschuss ein Kult betrieben werde.
2) Ebenda.
3) Ebenda.
4) Philipp Plickert in der FAZ vom 1. Oktober 2012.
5) DWN vom 5. November 2013: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/11/05/der-grosse-irrtum-von-bruessel-scheitert-deutschland-dann-scheitert-die-eu/
6) http://www.freiewelt.net/nachricht/eu-will-deutschland-fur-erfolg-bestrafen-10015274/
7) Philipp Plickert in der FAZ vom 23. September 2013.
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Ein wunderbarer Beitrag, vielen Dank! Ich bin heute durch „Zufall“ auf den Blog von Heiner Flassbeck gestossen und war doch ziemlich schockiert, was da geschrieben steht. Der Mann verdient mit diesen Ansichten auch noch Geld:-)
Ist diese Aussage nicht putzig?
„Dabei die alte und falsche Geschichte aus der Mottenkiste zu holen, nach der die amerikanische Geldschwemme für Finanzkrisen verantwortlich ist (wir haben das hier ausführlich kommentiert), ist schon ziemlich peinlich. Gibt es in Europa keine Geldschwemme? Hat Japan nicht schon seit zwanzig Jahren Geldschwemme? Und haben wir mit den flexiblen Wechselkursen nicht ein Währungssystem, bei dem jeder die Geldpolitik machen kann, die er national braucht?
Kennen Sie eigentlich den Unterschied zwischen Exporten und Exportüberschüssen? Sieht nicht so aus. Um Exportüberschüsse zu reduzieren muss man nämlich nicht, Überraschung, die Exporte drosseln.