Die Bahn, ach, die Bahn

Das Risiko, mit dem Zug zu fahren

Der Zug verspätet sich. Er verspätet sich bis zum schieren Verzweifeln. Die Anschlusszüge warten nicht. Es scheinen die einzigen Züge zu sein, die stets pünktlich abfahren. Oder der Zug ist pünktlich, aber eine Lautsprecherdurchsage wenige Minuten vor der planmäßigen Abfahrt verrät: Er fährt diesmal ein auf einem ganz anderen Gleis und Bahnsteig. Oder der Zug kommt überhaupt nicht, er fällt aus.

Oder er fällt nicht aus, er fährt sogar pünktlich ab, bleibt aber im Irgendwo auf der Strecke liegen: Eine Kuh hat vor den Gleisen keinen Respekt. Oder: Unbekannte haben das Gleis mit einem Eisengestänge, einem Baumstamm, einem ausrangierten Kinderwagen oder was immer sonst blockiert. Oder: Eine Schranke wollte partout nicht runtergehen. Oder: Ein Triebwerksschaden. Nun heißt es warten, warten. Auf dem Gegengleis kommt endlich ein herangeschaffter Ersatzzug an. In ihn müssen alle Fahrgäste umsteigen. Der Ersatzzug hat vier Waggons weniger, und für die Fahrgäste aus dem vollbesetzten, havarierten Zug wird es ziemlich eng: Wer ergattert einen Sitzplatz, wer muss stehen?

Oder: Der Zug hat keinen Strom mehr, weil die Sonne nicht scheint und kein Wind weht, denn seit 2018 fahren die ICE doch zu 100 Prozent mit „Ökostrom“ – behauptet die Bahn. Sie hat auch mal behauptet „Alle reden vom Wetter. Wir nicht.“ Vorbei, alles vorbei.

Ebenso vorbei die Zeit, als noch beeindruckend gewaltige Dampfloks der Deutschen Reichsbahn die Waggons zogen, pünktlich in den Bahnhof einliefen und ihn schnaufend wieder verließen, ebenfalls pünktlich. Vorbei, vorbei ist auch die gute, alte Postkutschenzeit. Wohl hatte sie ihre Reize, war romantisch, war abenteuerlich, ließ die Landschaft hautnah erleben – und erleiden. Na ja, dann doch lieber das Risiko eingehen und mit der Bahn von heute fahren.

Print

Ein Kommentar zu „Die Bahn, ach, die Bahn“

  1. Seit 1998 lebe ich auf dem Land und seit 2001 wieder mit eigenem Automobil. Bis heute nutze ich Züge, um mir ein anderes Fahrzeug zu kaufen. Ende Dezember 2022 war es mal wieder so weit. Der Regionalzug von Bayreuth nach Nürnberg verspätete sich. Der Intercity nach Köln war pünktlich abgefahren, eine Alternative über eine andere Strecke ausgefallen. Ich war angenehm überrascht, wie schnell mir eine funktionierende Verbindung herausgesucht wurde und die Zugbindung auf meinem Fahrschein per Stempel aufgehoben wurde. Nach ungefähr ein drei Viertel Stunden ging es weiter mit Umsteigen in Köln bis zum letzten Regionalbahnhof in der Eifel. Allerdings musste ich dort fast eine Stunde in der Kälte warten, bis der Bahnbus nach Gerolstein abfuhr. Die 500 km weite Heimfahrt per Auto beanspruchte nur fünf Stunden. Was für ein Unterschied!

    Die Corona-Kacke wischte ich vom Tisch, indem ich einfach behauptete, ich dürfe keine Maske tragen. Als Beleg dient mir die E-Mail-Korrespondenz mit einem Gesundheitsamt, das ich um eine Maskenbefreiung gebeten hatte. „Pandemiebedingt“ hatte dort niemand Zeit für mich.

Schreibe einen Kommentar