Die Namensposse in Greifswald

Den Bilderstürmern folgen Namensstürmer – Die jahrelang geschürte Erregung gegen Ernst Moritz Arndt als Namensbestandteil der Universität  endet in einer kabarettreifen Entscheidung – Die gescheiterte Umbenennung von 2017 und der jetzt  erfolgreiche neue Anlauf – Eine andere Art von Vandalismus

Was religiöse Eiferer zu Bilderstürmern werden ließ, äffen politische Eiferer der political correctness nach, indem sie sich als Gesinnungswächter zu Namensstürmern aufschwingen. Diesbezügliche öffentliche Aufmerksamkeit und Erregung hat in Vorpommern gerade wieder einmal die schöne, ehrwürdige und einstige Hansestadt Greifswald erfahren, nämlich mit dem Namen ihrer Universität: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. In der heute links-ideologisch verseuchten Atmosphäre des politischen Deutschlands wird Nationaldichter, Hochschulprofessor und Paulskirchen-Abgeordneten Ernst Moritz Arndt (1769-1860) gebrandmarkt als – horribile dictu  – antisemitisch, nationalistisch und antifranzösisch. Seit 1998 wurde immer wieder gegen den Namen Stimmung gemacht, ausgerechnet durch jene, die dort studieren dürfen, so dass sich dazu die Frage stellt, warum überhaupt Studenten anmaßend darüber mitbestimmen dürfen, wie ihre Uni heißt?  Doch nun hat sich der Se­nat der Uni­ver­si­tät, in dem auch Studenten sitzen, zu dem „Kompromiss“ durchgerungen, dass die Hoch­schu­le zwar nicht mehr Ernst Mo­ritz Arndt hei­ßen soll, aber sein Na­me op­tio­nal doch noch vorangestellt wer­den darf. Deutschland, deine Grotesken.

Ist jetzt auch das Arndt-Denkmal der Universität von 1856 gefährdet?

Arndt hatte 1791 in Greifswald ein Theologiestudium begonnen und wirkte später an der philosophischen Fakultät als außerordentlicher Professor. Aber 1856, noch zu seinen Lebzeiten, ehrte ihn die Universität wegen seiner publizistischen Leistungen mit einem Denkmal. Wird sie jetzt auch diesem Denkmal an den Leib rücken? Vor allem durch seine Texte vor und während der Befreiungskriege gegen Napoleon hatte es Arndt zu großer Popularität gebracht. Von ihm stammen zum Beispiel die später vertonten und noch heute bekannten Gedichte „Was ist des Deutschen Vaterland“ und „Der Gott, der Eisen wachsen ließ“. (Siehe Junge Freiheit vom 17. März 2010 hier).  Als His­to­ri­ker und Schrift­stel­ler hat er ge­gen die fran­zö­si­sche Vor­herr­schaft an­ge­kämpft, wie es auch auf der In­ter­net-Sei­te der Uni­ver­si­tät heißt.

Antisemit und Franzosenhasser sei Arndt gewesen, sagen die Namensstürmer

Am 17. Juni 2009 hatte eine studentische Vollversammlung mit einer Mehrheit von 90 Prozent der mehr als 1.200 anwesenden Studenten gegen den Universitätsnamen gestimmt. Unterstützt wurde sie von der Grünen Hochschulgruppe Greifswald, den örtlichen Jusos sowie dem „Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverband“ Die Linke.SDS Greifswald. Zur Begründung wurde behauptet, der Name Arndt sei „wegen antisemitischer und antifranzösischer Äußerungen“ ungeeignet. Die FAZ vom 19. Januar 2018 berichtete: „Die Ar­gu­men­te der Na­mens­geg­ner sind in den ver­gan­ge­nen Jah­ren im We­sent­li­chen gleich ge­blie­ben: Arndt sei ein Fran­zo­sen­has­ser ge­we­sen, ein An­ti­se­mit und au­ßer­dem ha­be die Uni­ver­si­tät in Greifs­wald den Na­men von ihm aus­ge­rech­net im Jahr 1933 zu­ge­wie­sen be­kom­men. Und wäh­rend man­che Uni­ver­si­tä­ten in der DDR neue Na­men be­ka­men, be­hielt Greifs­wald den ih­ren.“

Das anstößige 1933 als Jahr des neuen Universitätsnamens

Geschmückt mit Arndt in ihren Namen wurde die Universität in der Tat erst 1933. Auf der Web-Seite der Universität heißt es hierzu: „1933 beantragte das Konzil der Universität bei der preußischen Staatsregierung, den Namen ihres einstigen Professors tragen zu dürfen. Der preußische König 1856 und der nationalsozialistische Ministerpräsident Hermann Göring 1933 akkreditierten die Greifswalder Beschlüsse. 1856 ging die Initiative von einem Kreis nationalliberaler Professoren aus, 1933 wurde sie von der Greifswalder Akademikergruppe des deutschnationalen „Stahlhelm“, dem Kampfbund deutscher Frontsoldaten, getragen. In beiden Fällen war der Vorschlag nicht unumstritten. 1933 befand man sich im Umfeld einer weitgehenden Selbstgleichschaltung der deutschen Universitäten.“ (Quelle: hier). ). In der „Chronik“ der Universität heißt es lapidar: „1933 nahm die Universität den Namen Ernst-Moritz-Arndt-Universität an.“ (hier)    

Die gescheiterte Umbenennung von 2017 und der jetzt  erfolgreiche neue Anlauf

Vor einem Jahr (2017) hatte der Uni-Senat schon einmal gegen den Namen Arndt gestimmt, beantragt von den Studenten im Senat. Aber wegen eines Formfehlers scheiterte die Umbenennung am Landesbildungsministerium. Als der behoben war, gab es einen neuen Anlauf. Der ursprüngliche Antrag scheiterte zwar, aber ein Kompromissvorschlag fand im Senat die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. In ihm heißt es: „Die Uni­ver­si­tät in Greifs­wald trägt den Na­men Uni­ver­si­tät Greifs­wald. Die­sem kann nach Maß­ga­be ei­ner vom en­ge­ren Se­nat nach An­hö­rung des er­wei­ter­ten Se­nats zu be­schlie­ßen­den Ord­nung der Na­mens­zu­satz Ernst Mo­ritz Arndt vor­an­ge­stellt wer­den.“

Lorenz Caffier (CDU): Das Er­geb­nis von links­grü­ner Mei­nungs­ma­che

Der In­nen­mi­nis­ter und stell­ver­tre­ten­de Mi­nis­ter­prä­si­dent von Mecklenburg-Vorpommern, Lo­renz Caffier (CDU), kommentierte die Posse auf sei­ner per­sön­li­chen Face­book-Sei­te so: „Die Ent­schei­dung des Uni­ver­si­täts­se­nats ist das Er­geb­nis von links­grü­ner Mei­nungs­ma­che und ei­ner voll­kom­men un­dif­fe­ren­zier­ten Dis­kus­si­on.“ Er hof­fe, „dass dies nicht der Ein­stieg in ei­ne groß­an­ge­leg­te Na­mens­be­rei­ni­gungs­wel­le oder gar Kul­tur­re­vo­lu­ti­on sei. Für ihn blei­be es da­bei: Ernst-Mo­ritz-Arndt-Uni­ver­si­tät. (FAZ vom 19. Januar 2018, Seite 2). Caffier warnte vor einer „groß angelegten Namensbereinigungswelle oder gar Kulturrevolution“.

Eine andere Art von Vandalismus

Wenn „Bilderstürmer“ religiöse  Kunstwerke zerstören, nennt man das ziemlich einhellig Vandalismus. Barbarische Akte von Kunstzerstörung aus jüngerer Zeit sind die Sprengung der Buddha-Statuen von Bamiyan durch afghanische Taliban oder die Zerstörung antiker Tempel und Kunstwerke durch den „Islamischen Staat“. Die Bilderstürmerei hat eine lange Geschichte, auch in der christlichen Religion. In eine andere Art von Vandalismus sind die Namensstürmer von Greifswald einzuordnen. Anders deswegen, weil sich gestrichene Namen jederzeit unbeschädigt wieder präsentieren und verwenden lassen. Dem Treiben wie in Greifswal kann man aber auch mit galgenhumoriger Ironie begegnen – wie zum Beispiel vor knapp einem Jahr der Buchautor und Jurist Menno Aden. Er machte sich am 16. Februar 2017 über die Namensstürmer lustig. Ich zitiere aus dem Anfang:

Und wie geht die zeitgeistige evangelische Kirche jetzt mit Arndts Choral um?

„In diesen Tagen gingen zwei wunderbare Nachrichten durch  das deutsche Volk. Die Ernst Moritz Arndt Universität in Greifswald ändert ihren Namen. Der Namengeber war mit seinem deutschen Patriotismus  aus den  Freiheitskriegen einfach nicht mehr tragbar. Die politisch stets hellwache und dem Zeitgeist nachlauernde evangelische Kirche wird nun sicher auch  E. M. Arndts Choral Ich weiß, woran ich glaube (EG 357) aus dem Gesangbuch streichen.  Das wird  auch höchste  Zeit – denn sie weiß ja wirklich  nicht mehr, woran sie glaubt. Die andere Nachricht war,  dass in einer Stadt das vom Glockenspiel intonierte Lied Fuchs du hast die Gans gestohlen  auf Klage einer Veganerin aus dem Repertoire der Kirchturmmusik genommen wurde. Soll der Fuchs statt Gans doch lieber Kohl essen – ist auch gesünder, zumal der Fuchs eine gefährdete Art  ist.“  Die ganze Glossierung finden Sie hier.

 

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Ein Kommentar zu „Die Namensposse in Greifswald“

  1. Wie heißt es so schön: Die Geschichte mischt die Karten immer mal wieder neu.
    Was hindert also eine (auf mittlere bis lange Sicht schon absehbare) konservative politische Mehrheit in kommenden Zeiten daran, all diese ideologisch verblendeten Ergebnisse/Ausuferungen von zu Namensstürmern mutierten politisch korrekten Gesinnungswächtern zu korrigieren?!

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