Der AfD-Erfolg in Köln

Die Partei hat jetzt ein Wahlprogramm und ein Spitzen-Duo – Alice Weidel und Alexander Gauland bejubelt – Für Frauke Petry einen Handkuss –  5000 Euro Spendendank an die NRW-Polizeistiftung – Ein disziplinierter Parteitag und glückliche Delegierte

Die AfD hat jetzt (neben ihrem Grundsatzprogramm vom Mai 2016 in Stuttgart) für die Bundestagswahl im September nun auch ein Wahlprogramm und ein „Spitzen-Team“ – beschlossen auf dem Bundesparteitag in Köln am 23. April. Mittags um 13 Uhr hatte die Schlussabstimmung über das gesamte Programm stattgefunden. Mit 92,5 Prozent der Stimmen (434 Delegierte) fand es eine nahezu einhellige Zustimmung. Nur 27 Delegierte (5,8 Prozent)  lehnten das Programm ab, 8 von ihnen enthielten sich (1,7 Prozent). Mit langem Beifall und von ihren Sitzen erhoben spendeten sie sich sehr erleichtert klingendes Eigenlob. Zuvor hatten sie 145 Anträge abgearbeitet und alle weiteren Anträge, ohne sie zu behandeln, komplett in die Fachausschüsse verschoben.

Damit war Zeit gewonnen, zügig zur Wahl eines „Spitzen-Teams“ überzugehen, das offensichtlich für notwendig gehalten wurde. Dabei hatte ein Delegierter zu Recht geäußert: „Wir haben doch schon ein Spitzen-Team, es geht hier doch nur darum, es zu bestätigen.“ Er meinte  damit die Mitglieder des Bundesvorstandes und die gewählten Spitzenkandidaten in den sechzehn Landesverbänden. Doch gemeint war ein Team, das entweder aus zwei, drei, vier oder fünf Mitgliedern bestehen sollte. Die führungsinterne Regie vor dem Parteitag war aber darauf angelegt, sich auf zwei ausgeklügelte Personen zu beschränken. Und so kam denn auch prompt als erstes der Vorschlag, ein Duo zu wählen und es aus Alice Weidel (Baden-Württemberg) und Alexander Gauland (Brandenburg) bestehen zu lassen. Darüber fand denn auch sofort eine Abstimmung statt, so dass andere personelle Kombinationen gar nicht erst  zur Diskussion kamen.

Weidel: Mit der politischen Korrektheit auf den Müllhaufen

Gewählt wurden beide in einem Wahlgang gemeinsam als „Team“ mit einer Mehrheit von 67,7 Prozent (365 Delegierte). 125 Delegierte votierten mit Nein (28,2 Prozent), und 22 enthielten sich der Stimme (4,1 Prozent).  Kaum war das Ergebnis verkündet, brach Jubel aus, rauschender, langer Beifall, die Delegierten erhoben sich, Beglückwünschungen auf dem Podium, ein paar Umarmungen. Was der Bundesvorstand geplant und untereinander abgesprochen hatte, war aufgegangen. Dann die Reden der beiden Gewählten zur Bundestagswahl. Erst Alice Weidel. Kämpferisch, wie es so schön heißt, immer wieder, auch im Stehen, von Ovationen unterbrochen, wenn Sätze fielen wie „Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen“ oder „Stehen wir auf für Deutschland“. Kleine Beobachtung beim Beglückwünschen nach der Rede: Weidel wird von Petry anerkennend und lächelnd getätschelt.

Versöhnliches für Frauke Petry von Alexander Gauland

Dann Gauland, der andere „Spitzen-Teamer“. Er wendet sich nach den ersten Sätzen mit einer versöhnlichen Geste an Frauke Petry: „Ich weiß, dass wir Sie gestern …“ –  im ersten Beifall gehen seine beiden folgenden Worte unter – „aber wir brauchen Sie in der Partei.“ Rauschender Applaus, die Delegierten klatschen wie von einer Last befreit, erheben sich von den Sitzen, skandieren Frauke-Frauke-Rufe. Und Frauke? Bleibt gerührt sitzen, hatte Tränen in den Augen, wie mancher zu sehen meinte, der gerade in ihrer Nähe stand. Später neigt sich Gauland zu ihr herab mit einem eleganten Handkuss. In seiner Rede sagt er: „Wir stehen vor einem schweren Wahlkampf. Daher sollten alle innerparteilichen Auseinandersetzungen aufhören.“ Andere Sätze lauten: „ Wir gehen nicht nach links und nicht nach rechts, wir sind die Partei der Mitte und wollen alle mitnehmen.“ Oder: „Wir wollen das Land behalten, das wir von unseren Eltern und Großeltern geerbt haben, und sind stolz darauf, Deutsche zu sein.“ Starker Beifall mit standing ovations auch für ihn, durchsetzt mit „Merkel-muss-weg-Rufen“.

Spendendank für die Polizei an deren Stiftung

Alice Weidel dankt der Polizei für den gewährten Schutz und fordert die Delegierten zu Spenden für die Stiftung der nordrhein-westfälischen Polizei auf (www.polizeistiftung-nrw.de). Auch die Journalisten sollten bitte spenden, sagt der Delegierte Seitz, denn die habe den polizeilichen Schutz doch ebenfalls genossen. Mit einer Geldsammlung unter den Delegierten gleich anschließend kamen als Spende 5067 Euro zusammen. Danach ging der Parteitag schnell seinem Ende zu. Drei Tagungsordnungspunkte wurden gestrichen: die Vorstellung der AfD-Wahlkampagne, eine Beschlussfassung zur Satzung, der Tätigkeits- und Rechenschaftsbericht des Bundesvorstandes. Die AfD-Bundesschiedsgerichtsordnung erhielt noch schnell die geplante Änderung, und vier zusätzliche Richter für das Bundesschiedsgericht der Partei wurden gewählt. Dann Schlussworte von Jörg Meuthen, dann das gemeinsame Singen der üblichen Strophe der Nationalhymne. Der Parteitag war beendet. Schlimme Konflikte waren befürchtet, aber beiseitegeschoben worden. Disziplin, Bemühen um Geschlossenheit und einen erfolgreichen Parteitag hatten sich durchgesetzt. Im Allgemeinen glücklich zogen sie von dannen – auch wenn etliche Anträge, ob abgelehnt oder durchgekommen, Wunden hinterlassen haben.

„Der eigentliche Spaltpilz in Deutschland und in der EU ist Merkel“

Wie Jasper von Altenbockum als politischer Leitartikler der FAZ die AfD nach ihrem Kölner Parteitag beurteilt (FAZ vom 24. April, Seite 1), können Sie hier lesen.  Ein FAZ-Leser schrieb dazu am gleichen Tag: „ ‚… Brücken in den klassischen Nationalismus.’ – Das ist eine völlig irrige Wahrnehmung, Herr von Altenbockum. Tatsächlich ist eine Mehrheit der Bürger in Deutschland durchaus pro-Europa, pro-EU. Dennoch ist die EU in ihrem derzeitigen Zustand für Viele nicht mehr akzeptabel. Der eigentliche Spaltpilz der gesellschaftlichen Spaltung in Deutschland sowie der tiefgreifenden Erosion innerhalb der EU ist die Person Merkel, ist die Politik unter Merkel und Gabriel, insbesondere die EURO- und Griechenland-‚Rettung’, aber noch viel mehr die sogenannte „Asylpolitik“ Deutschlands, die man den Partnern aufoktroyiert. Diese deutsche Erziehungs- und Zuchtmeisterpolitik hat die Engländer in den Brexit getrieben und sie ist die Ursache dafür, dass sich ALLE französischen Präsidentschaftskandidaten – gemeinsam mit Le Pen – gegen Merkel und Deutschland stellen. Sie sind der Grund für den Zerfall Europas. Es ist ein Akt der Freiheit und der Selbstbestimmung sich von dieser EU zu befreien.“  Weitere Leserkommentare finden Sie dort ebenfalls.

Ausschnitte aus Kommentaren anderer Medien und Hinweise auf weitere Beiträge zum AfD-Wahlparteitag habe ich im Folgenden zusammengestellt.

Gauland und Weidel waren auf dem Parteitag nur im Doppelpack zu haben

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-parteitag-in-koeln-jubel-fuer-alice-weidel-mitleid-fuer-frauke-petry-a-1144459.html    „Nur im Doppelpack hatten sich das Vorstandsmitglied und der Parteivize den Delegierten in Köln angeboten, das war die Bedingung, die zuvor Gauland dem Parteitag klargemacht hatte. Dahinter stand in Führungskreisen der AfD die Sorge, dass Weidel in einer Solo-Kampfkandidatur gegen andere Kandidaten nicht durchgekommen wäre. Die 38-Jährige steht nicht gerade für das klassische Rollenmodell von Mann, Frau und Kind, das die Partei in Köln in ihrem Wahlprogramm propagiert: Weidel ist lesbisch, lebt mit einer Frau in eingetragener Partnerschaft und zwei Kindern. … Sie selbst stehe für einen „freiheitlich-konservativen Arm“, betonte die 38-Jährige. Sie und Höcke seien „zwei Teile einer Partei“. Im Wahlkampf werde man Seite an Seite arbeiten, sagte sie nun. Als sie eine Stunde zuvor im Tagungssaal vom Podium ging, zeigte eine kurze Szene den zerrissenen Zustand der AfD: Parteichefin Frauke Petry, die am Vortag eine Niederlage im Streit um eine „realpolitische“ Ausrichtung der Partei erlitten hatte, berührte Weidel nur kurz am Arm – mehr Gratulation war nicht drin. Die Mitglieder des Bundesvorstands hingegen standen und klatschen lange Weidel und Gauland zu. Petry wirkte wie ein Fremde auf dem Podium. Sie hatte sich vier Tage vor dem Parteitag selbst aus dem Rennen um ein Spitzenteam genommen und ihren Verzicht auf eine Kandidatur erklärt.“

„Eine glückliche personalpolitische Entscheidung“

https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/beweis-politischer-vernunft/  „Es gibt nur eine Politik. Personalpolitik. Und wenn man die Wahl von Alice Weidel und Alexander Gauland in das Spitzenteam der AfD als personalpolitische Entscheidung betrachtet, war das eine glückliche. Nach den vergeblichen Appellen zur Einheit, den Turbulenzen im Vorfeld, dem langwierigen Hin und Her um die Führung und dem unerfreulichen Eindruck, den man nach den Abläufen am Sonnabend gewinnen mußte, wirkt dieser Entschluß wie der lange geforderte Beweis politischer Vernunft. Damit soll gar nicht in Abrede gestellt werden, daß Absprachen und Kompromisse, für den Betrachter verborgene Haupt- und Nebenabsichten eine Rolle spielten. Aber das tut angesichts des Formats der beiden Kandidaten wenig zur Sache. Sie repräsentieren nicht nur jeweils wichtige Landesverbände im Westen (Baden-Württemberg) und im Osten (Brandenburg), sondern auch die beiden Hauptströmungen der Partei: die klassisch-liberale, die für wirtschaftliche Vernunft und Leistungsprinzip steht, die volkskonservative, die die AfD in erster Linie als Interessenwahrerin der einfachen Leute etabliert hat und den Gedanken der Nation hochhält. … Die Entscheidung der AfD, mit einem Spitzenteam anzutreten, und nicht einfach als namenlose Liste zu erscheinen, war richtig. Eine so junge, angefeindete und von einer geschlossenen Front des Establishments bekämpfte Partei braucht Sichtbarkeit, einzelne, mit denen sich Anhänger und Wähler identifizieren können, und Personen, die neben dem notwendigen Kampfgeist auch Disziplin, Parkettsicherheit und geistige Unabhängigkeit mitbringen. Das alles darf manAlice Weidel und Alexander Gauland zutrauen. Das ist angesichts der gegebenen Lage nicht wenig.“

„So schnell geht es manchmal in der Politik“

https://www.tagesschau.de/inland/afd-gauland-weidel-103.html  „Frauke Petry – wer war das noch mal? Eine Parteichefin im Abseits, so schnell geht es manchmal in der Politik, und bei der AfD erst recht. Über Stunden starrte Petry heute auf ihr Laptop. Sie wirkte geradezu, als ginge sie das Geschehen des Parteitages nichts an. Längst sind in der Partei andere am Ruder. … Gaulands Rolle als graue Eminenz im Hintergrund hat er heute eindrucksvoll bewiesen. Den Rechtsaußen-Flügel um Björn Höcke dazu zu bewegen, Alice Weidel als Führungsperson zuzustimmen – das ist eine Leistung. Weidel kann Höcke und seiner Linie nichts, aber auch gar nichts abgewinnen, sie hat auch für sein Parteiausschlussverfahren gestimmt. Und die wirtschaftsliberale Weidel war lange ein rotes Tuch für Höckes Leute.“

„Applaus für Meuthen, von dem Petry heute nur träumen kann“

http://www.rp-online.de/nrw/staedte/koeln/afd-parteitag-in-koeln-frauke-petry-scheitert-krachend-mit-ihren-plaenen-aid-1.6772107   „Als Meuthen bei seiner Rede mit tosendem Applaus sowohl von den Delegierten als auch von Vorstandskollegen Paul Hampel, André Poggenburg und Alexander Gauland stehend bejubelt wird, bleibt seine Ko-Vorsitzende Frauke Petry wie versteinert sitzen. Damit scheint alles klar. Von Petrys Zukunftsantrag und ihren Strategiepläne ist keine Rede mehr, sämtliche Anträge wurden schon zu Beginn von der Tagesordnung gewählt. Und dann stellt sich Meuthen, der sonst so behäbige, ungelenke Rhetoriker, ans Rednerpult. Nach scharfen Sätzen zur „Rückeroberung des Vaterlandes“ erklärt er, man würde niemals eine Koalition mit etablierten Parteien eingehen – und widerspricht damit nicht nur Petrys Plänen, sondern erntet auch noch einen Applaus, von dem die Parteivorsitzende Petry heute nur träumen kann. … Früh am Samstagmorgen bei ihrem Grußwort hatte Petry noch versucht, ein Bild der Einheit zu vermitteln. Sie entschuldigte sich gar bei Parteivize Alexander Gauland, ihn in ihrem Strategieantrag namentlich genannt zu haben, was als Angriff aufgefasst worden sei: „Das war ein Fehler.“ Sie sei bereit, den  Antrag mit Gauland in einem gemeinsamen Redaktionsteam zu überarbeiten. Doch dazu kam es nicht.“

http://www.focus.de/politik/deutschland/auf-parteitag-in-koeln-afd-einigt-sich-auf-programm-fuer-bundestagswahl_id_7012648.html

https://www.merkur.de/politik/afd-bundesparteitag-in-koeln-wahlprogramm-und-spitzenkandidaten-fuer-bundestagswahl-2017-zr-8202082.html

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-04/afd-parteitag-koeln-proteste-demonstrationen

http://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/afd-parteitag-koeln-demonstrationstag-zwei-100.html

http://www.faz.net/aktuell/politik/afd-parteitag-in-koeln-geht-nichts-mehr-14983083.html

http://www.faz.net/aktuell/politik/afd-parteitag-in-koeln-geht-nichts-mehr-14983083.html

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/gauland-und-weidel-fuehren-afd-im-bundestagswahlkampf/   (mit Interviews Petry, Meuthen, Weidel)

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/afd-verschiebt-richtungsentscheidung/

http://ef-magazin.de/2017/04/24/10893-bundesparteitag-der-afd-die-alternative-hat-sich-ihre-handlungsfaehigkeit-zurueckerkaempft

 

 

 

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3 Kommentare zu „Der AfD-Erfolg in Köln“

  1. Kleine Beckmesserei: In einer Zwischenüberschrift heißt es: „Gauland und Petry waren auf dem Parteitag nur im Doppelpack zu haben“ Das muß natürlich „Gauland und Weidel….“ heißen.

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