In der Energiepolitik bietet die junge Partei ebenfalls eine Alternative / Kleine Nachlese vom Parteitag in Erfurt
Weg mit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). Eine Partei in Deutschland, die dafür eintritt, gibt es seit dem vergangenen Wochenende. Es ist die Alternative für Deutschland (AfD). Auf ihrem Parteitag am 22. und 23 März in Erfurt hat sie beschlossen, dieses für Deutschland überaus teure und geradezu ruinöse Gesetz sei ersatzlos abzuschaffen. Damit bekommt die politische Diskussion über die Kritik am EEG einen kräftigen zusätzlichen Schub und kann auch im Wahlkampf um die Neubesetzung des EU-Parlaments eine Rolle spielen.
Der Wortlaut gegen das EEG
Der betreffende Text im AfD-Wahlprogramm lautet: „Das EEG muss komplett abgeschafft werden. Ansprüche von Altanlagen-Besitzern sind rechtskonform abzufinden. Alle Energiemarkt-Eingriffe durch Subventionen wie z. B. staatlich garantierte Vergütungen oder Vorrangeinspeisung für bestimmte Stromerzeugungsanlagen, sind sofort einzustellen. Sie führen zu einer noch stärkeren Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im EU-Binnenmarkt und weltweit, denn sie verteuern den Strom in Deutschland auf unverantwortliche Weise und schädigen die bisher hohe Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland.“
Wissenschaftlich unsicher, nichts im Alleingang
Kritisch äußert sich die Partei auch zu den CO2-Emissionen, mit denen das EEG begründet wird: „Wissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Entwicklung des Klimas aufgrund menschlicher CO2-Emissionen sind sehr unsicherheitsbehaftet. Zudem kann ein globales Problem nur durch ein koordiniertes Vorgehen aller großen Wirtschaftsnationen gelöst werden. Deshalb lehnt die AfD nationale und europäische Alleingänge ab.“ Ferner steht auch dies im Programm: „Neue Zielvorgaben für den Ausbau erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz nach 2020 lehnt die AfD als ein schädliches Wettbewerbshemmnis ab, solange andere hochindustrialisierte Länder nicht gleichartige Maßnahmen ergreifen.“ Sowie dies: „Die dauerhafte Subventionierung jeglicher Art der Energieerzeugung lehnt die AfD ab.“ Der ganze Text zur AfD-Energiepolitik hier.
Ein Ergänzungsantrag des AfD-Bundesfachausschusses
In dieses in Erfurt verabschiedete Programm ist in seinem wesentlichen Kern das eingeflossen, was der AfD-Bundesfachausschuss Energie (BFAE) in den Monaten zuvor erarbeitet und dem Bundesvorstand der Partei empfohlen hat. Doch hätte der Ausschuss das eine oder andere darin gerne etwas abgeändert und ergänzt gesehen. Daher haben drei seiner Mitglieder auf dem Parteitag einen Änderungsantrag eingebracht. Dessen Text ist hier zu lesen und steht in der Synopse rechts. Die Änderungen und Ergänzungen gegenüber dem vom AfD-Bundesvorstand vorgeschlagenen Text (linke Seite der Synopse) sind mit roter Schrift gekennzeichnet. Dieser BFAE-Gegentext ist eng an den vom Bundesvorstand empfohlenen Text angelehnt. Der Sinn war, beide Texte leichter vergleichbar zu machen und damit die Zustimmungsbereitschaft vielleicht zu erhöhen. Das hat nicht geklappt.
Ein zweiter Antrag aus dem Bundesfachausschuss
Ich selbst habe als AfD- und BFAE-Mitglied – unter Zustimmung der anderen Ausschussmitglieder – noch einen zweiten und eigenen Änderungsantrag gestellt, der nur mit meinem Namen versehen war. Er deckt im Wesentlichen den Inhalt des ersten gemeinsamen Antrags ab, ist aber auf nur fünf Sätze verdichtet. Der damit verfolgte, gemeinsame Sinn war, die Übersichtlichkeit des Gewollten zu verbessern und dadurch den Parteimitgliedern die Meinungsbildung zu erleichtern. Hier der Text des verdichteten Antrags, der vollständig ersetzen sollte, was der Bundesvorstand empfahl:
1. Die staatliche Planwirtschaft in der deutschen Stromversorgung ist zu beenden.
2. Das EEG und die Folgegesetze (wie die EnEV und EEWärmeG) sind ersatzlos zu streichen, Marktwirtschaft und Wettbewerb in der Stromversorgung wieder herzustellen.
3. Der Staat hat sich darauf zu beschränken, den Wettbewerb auf dem Markt für Strom zu schützen und ihn von Beschränkungen freizuhalten.
4. Der Staat unterstützt in allen Bereichen der Energieversorgung nur Forschung und Entwicklung, aber er unterlässt es, die Stromerzeugung zu subventionieren.
5. Alle Reglementierungen für die Emissionen von CO2 werden vorerst eingestellt.
Vor dem EEG und seit dem EEG
Die Begründung (der vollständige Antrag hier) lautete unter anderem so:
„Die Stromversorgung v o r dem EEG hat sich bewährt, sie war sicher und preisgünstig. Die Stromversorgung s e i t dem EEG ist unsicher geworden (Stromausfälle häufen sich), und sie wird teurer und teurer.
Die befürchteten Wirkungen menschlicher CO2-Emissionen auf das Klima (übermäßige Erwärmung) sind in der Wissenschaft sehr umstritten. Daher ist die These, diese Emissionen seien zu begrenzen, um das Klima zu schützen, also die Erwärmung aufzuhalten, ebenfalls umstritten. Belegt ist die These bisher nicht. Dagegen ist belegt, dass Wärmephasen in der Erdgeschichte schon immer stattgefunden haben, als es menschliche CO2-Emissionen noch gar nicht gab. Was nicht belegt ist, bedeutet Unsicherheit. Auf Unsicherheit darf keine derart weitreichende und kostspielige Politik gegründet sein, wie es mit den CO2-Reglementierungen geschieht. Daher sind diese Reglementierungen so lange einzustellen, bis die Unsicherheit überzeugend ausgeräumt ist.“
Wie der Vorstand den Parteitag schon im voraus gegen die Anträge einstimmt
Soweit der Begründungstext. Wir BFAE-Mitglieder waren übereingekommen, dass ich als erster meinen eigenen Antrag vortragen sollte, danach Michael Limburg den BFAE-Antrag. Aber als ich dran war und wartend am Saal-Mikrofon stand, um das Wort erteilt zu bekommen, meldete sich Konrad Adam zu Wort, im Bundesvorstand einer der drei AfD-Sprecher. (Vorstandsmitglieder dürfen jederzeit und fast ohne die vorgegebene Zeitbegrenzung sprechen.) Wir beide kennen uns gut, sind aber in Sachen Energiepolitik sehr konträr. Taktisch wie rhetorisch geschickt schaffte es Konrad Adam, die Parteitagsmitglieder zu emotionalisieren und schon im Voraus gegen unsere beiden Anträge in Stellung zu bringen. Er überstrapazierte seine Zeit nicht, aber wir übrigen Antragsteller bekamen weniger Zeit eingeräumt.
An den Anträgen entzündet sich eine längere Diskussion
Insgesamt sind zur Energiepolitik fünf Anträge eingebracht worden. Doch besonders unsere beiden lösten eine längere Diskussion aus, weil sie mit klaren Worten gegen die Energiewende-Politik der Bundesregierung und Alt-Parteien gerichtet war. Herausgefordert fühlten sich mit heftigen Gegenäußerungen vor allem die Befürworter dieser Politik. Die Schlange an den Saal-Mikrofonen wurde länger und länger, so dass die Diskussion aus zeitlichen Gründen durch Geschäftsordnungsbeschluss abgebrochen werden musste. Dann wurde abgestimmt. Die Vorstandsempfehlung obsiegte, unsere beiden Anträge fanden keine Mehrheit.
Die beiden wichtigsten Aussagen im Parteitagsbeschluss
Doch ist das Ergebnis, auch wenn sich unsere schärfere Fassung nicht durchgesetzt hat, durchaus akzeptabel. Diese schärfere Vorlage ist damit in die innerparteiliche und politische Diskussion hineingebracht. Zugleich wirkte sie wie ein Köder, an dem sich die Gegner abarbeiten konnten. Sonst wären sie wahrscheinlich über die Vorstandsempfehlung hergefallen und hätten sie vielleicht noch verwässert. Damit haben wir es wohl erleichtert, dass die Vorstandsempfehlung von deren Gegnern als das kleinere Übel empfunden wurde und ohne Abstriche durchkam. Die beiden wichtigsten Aussagen lauten: Das EEG hat ersatzlos zu verschwinden, die behaupteten Auswirkungen der menschlichen CO2-Emissionen auf das Klima sind sehr zweifelhaft.
Die AfD auch in der Energiepolitik mit klarer Alternative
Das ist ein vorzeigbarer, jedenfalls ein zunächst sehr brauchbarer Kompromiss. Auch steht hinter diesem Parteitagsbeschluss eine übergroße Mehrheit, und wer hier in der Partei zur Minderheit gehört, ist damit klargestellt und für die Parteiführung ein deutliches Signal. Folglich bietet die AfD gegenüber der Energiewende-Politik der Alt-Parteien sehr wohl eine klare Alternative. Damit hat sie unter den wesentlichen Parteien ein Alleinstellungsmerkmal.
Der Emissionshandel steht auf wackligen Füßen
Zwar ist die AfD „aus Vorsichtsgründen“ vom Handel mit Emissionszertifikaten noch nicht abgerückt, aber dieses Zertifikate-Unwesen ist logischerweise aus den gleichen Gründen sehr zweifelhaft wie die behaupteten Auswirkungen der CO2-Emissionen auf das globale Klima. Zweifelhaftes darf nicht zur politischen Maßnahme werden. Daher steht der Emissionshandel auf den gleichen wackligen Füßen und muss sein Ende ebenso finden wie das EEG. Ohnehin lehnt der Beschluss nationale und europäische Alleingänge ab. Wenn schon Unsinn, dann müssen ihn wegen der damit entstehenden Zusatzkosten zumindest alle jene bedeutenden Staaten mitmachen, mit denen Deutschland und die EU im Wettbewerb stehen, und das sind ziemlich viele. Diese Vielzahl wird die Durchsetzbarkeit nicht gerade erleichtern.
Das EEG kein Thema für die Europa-Wahl?
Das häufig zu hörende Argument, das EEG sei nur ein deutsches, kein europäisches Gesetz und habe daher im Europa-Wahlprogramm der AfD nichts zu suchen, ist falsch. Denn die AfD muss deutsche Wähler in Deutschland für sich gewinnen, wenn sie ins EU-Parlament einziehen will, nicht italienische in Italien oder französische in Frankreich. Ihre Wähler sollen (und wollen) auch wissen, für welche Politik sie in Deutschland steht. Außerdem werden benachbarte EU-Staaten, die im großen Stromverbund miteinander verflochten sind, durch das EEG ungefragt und daher unfreundlich sowie unzulässig behelligt. Deshalb ist es auch für sie gut zu wissen, dass eine im EU-Parlament künftig vertretene Partei das EEG abgeschafft wissen will. Gelänge es wirklich, das EEG ersatzlos zu streichen, stellt sich die Frage, was mit den Ansprüchen von Altanlagen-Besitzern wird. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die AfD hat in Erfurt die Formulierung beschlossen, diese Ansprüche seien rechtskonform abzufinden. Damit enthält sie für den Gesetzgeber genügend rechtlichen und politischen Spielraum.
„Den Karren Energiewende so richtig in den Sumpf gefahren“
Für Sprecher Bernd Lucke kommt die Energiepolitik in ihrer Bedeutung jetzt gleich nach dem Euro-Thema. Für ihn war das, wenn man an die Anfänge 2013 denkt, ein Lernerlebnis. In seiner Erfurter Rede*) hat er jetzt gesagt: „Da ist die Energiepolitik, wichtig für die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes: Frau Merkel hat den Karren mit der überstürzten, schlecht geplanten Energiewende so richtig in den Sumpf gefahren und Herr Gabriel versucht jetzt die Quadratur des Kreises: Wie schaffe ich das EEG ab, ohne es abzuschaffen? Die Kosten für Wirtschaft und Verbraucher explodieren, aber der politische Druck, die Energiewende nicht in Frage zu stellen ist ähnlich groß wie der Druck, den Euro nicht in Frage zu stellen. Unter diesen Voraussetzungen, Herr Gabriel, werden Sie scheitern!“
Deutschland steht in der Klimapolitik weitgehend allein
In der FAZ vom 20. März (Seite 19) war zu lesen, Deutschland stehe mit seiner Klimapolitik allein: „Der Klimaschutz ist auf der Agenda vieler EU-Staaten, von Großbritannien bis Polen, nach hinten gerutscht. Wirtschaftswachstum hat für sie angesichts der ökonomischen Krise Priorität, und die vielbeschworenen grünen Technologien gelten bei ihnen dabei nicht als große Hoffnungsträger. Deutschland steht mit seiner Forderung nach einer Fortsetzung der bisherigen Klimapolitik, mit verbindlichen nationalen Zielen für den Ökostromausbau und einem eigenen Energiesparziel weitgehend allein.“ Die Bundesregierung drohe mit ihrer Energiewende in eine (teure) Außenseiterposition zu geraten. Die von der EU-Kommission angestrebte schnelle Einigung auf die Klimapolitik für 2030 sei angesichts dieser Gemengelage in weite Ferne gerückt. In der gleichen FAZ-Ausgabe (ebenfalls Seite 19) hat EU-Energiekommissar Günther Oettinger auf der Jahresversammlung des Landkreistages im Hambacher Schloss gewarnt: „Fast alle Bundesländer wollen so viel Strom herstellen, wie sie brauchen; einige wollen sogar noch exportieren. „Wir gehen in eine heillose Überproduktion hinein. Wer kauft den Mist?“
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*) Die schriftlich fixierten Teile der Lucke-Rede, teils nur in Stichworten, hier.
Wer das glaubt ist selber schuld.
Die sagen das doch nur um Stimmen
einzufangen; siehe CO2 Zertifikate.
Das die AfD so Stark ist finde ich schon echt fazinierend. Selbst die Grünen und die FDP lässt Sie hinter sich und das mit einem nie dagewesenen Kaltstart. Wir werden sehen wo die Reise hingeht.