Die Schizophrenie gegenüber den Kernkraftwerken

Und warum es falsch ist, sie für eine längere Laufzeit bezahlen zu lassen

Diese Frage wird bei dem Laufzeiten-Diskussionsgewaber gar nicht behandelt: Wieso sollen die Betreiber der deutschen Kernkraftwerke dem Staat Geld dafür bezahlen, dass sie länger billigen Strom produzieren dürfen? Weil diese Kraftwerke so ungemein unsicher und daher gefährlich sind? Dann müssten sie doch sofort abgeschaltet werden, und jede Laufzeitverlängerung wäre unverantwortlich. Aber sicher sind die deutschen Kernkraftwerke durchaus, auch wenn die Partei „Die Grünen“ sowie verbohrte sonstige Umweltschützer und ihre vielen Mitläufer in der Politik bisher mit Erfolg versuchen, die Bürger zu indoktrinieren und diese „Atomstrom“-Anlagen als störanfällig und höchstgefährlich hinzustellen. Mit diesem Schüren von Angst wollen sie offensichtlich ihre Schizophrenie bemänteln. Die nämlich besteht darin, einerseits, wenn auch fälschlich, das menschenverursachte CO2 als „Klimakiller“ darzustellen, andererseits aber die Kernkraftwerke abzuschalten, obwohl diese bei der Stromerzeugung keinerlei CO2 ausstoßen und dringend notwendig sind, um verlässlich und am preisgünstigsten den deutschen Strombedarf zu decken.

Das Entgeltverlangen für das Laufzeit-Verlängern ist unverfroren

Umso unverfrorener ist nun das Vorhaben, für die sachlich und wirtschaftlich gebotene Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke ein Entgelt zu verlangen und dessen Höhe in einem Versteigerungsverfahren zu ermitteln. Es ist nichts anderes als eine Lizenzgebühr dafür, dass der Staat diesen (noch) preisgünstigen Stromerzeugern gnädigst das Weiterproduzieren erlaubt, also einen vorläufigen Ausstieg aus dem Ausstieg. Die Befürworter setzen dabei darauf, dass die Bürger durch die medienverstärkte Verteufelung des „Atomstroms“ hinreichend manipuliert sind, um diese Versteigerung nicht nur lammfromm hinzunehmen, sondern sogar noch zu beklatschen, selbst wenn sie wüssten, dass ihr Haushaltsstrom damit noch teurer würde. Denn die Lizenzgebühren werden in den Strompreisen mit einiger Sicherheit und zumindest teilweise weitergereicht werden. Der Strom wird also nochmals künstlich verteuert – nämlich über das hinaus, was dem allgemeinen Strompreis mit der staatlichen Stützung von Wind- und Solarstrom und zwangsläufig steigend bereits jetzt aufgelastet wird.

Die hanebüchene Begründung

Hanebüchen ist auch die Begründung, mit dem gewährten Weiterproduzieren würden die Produzenten dieses Stroms doch Zusatzgewinne erzielen. „Zusatz“ wohl deswegen, weil die Gewinne, wenn die Kraftwerke eigentlich stillgelegt werden sollen, aber weiterproduzieren dürfen, unverhofft sind. Dabei werden die Gewinne ohnehin schon teilabgeschöpft, nämlich normal besteuert wie auch bei allen übrigen Unternehmen, die mit Gewinn arbeiten.

Die möglichen Weiterungen

Warum hanebüchen? Das Verfahren, Lizenzgebühren für das Weiterproduzieren zu erheben und die Lizenzen zu versteigern, ist ausbaufähig und ließe sich mit der Zeit auf alle produzierenden Unternehmen erweitern. Denn „Zusatzgewinne“ fallen bei allen, solange sie politisch noch unbehelligt ihre Erzeugnisse herstellen, täglich an. Wohl würden sich allenfalls wenige Produktionen ebenfalls als hochgefährlich darstellen lassen, aber wenn es darum geht, Sparen zu vermeiden und die Bürger noch mehr auszuquetschen, ist der Staat als Fiskus, sind seine Politiker ungemein einfallsreich. Und warum nicht auch Dienstleistungsunternehmen die Weiterarbeit nur gegen regelmäßige Lizenzzahlung gestatten? Immer noch höhere Abgaben haben stets auf unmerkliche Weise Einzug gehalten und die Menschen allmählich an Zahlungen gewöhnt, die sie einst für absurd gehalten haben.

Solche möglichen Weiterungen werden auch die drei Professoren (ein Umweltökonom und zwei Nationalökonomen) nicht bedacht oder für absurd gehalten haben, als sie die Versteigerungsidee in die Welt setzten. Geschehen ist das unter der Überschrift „AKW-Laufzeiten: Versteigern statt verschenken“ in der FAZ vom 12. März 2010. Mittels Auktion, so meinen jene drei, könne die Politik zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Zwei merkwürdige Begründungen

Erstens: Die Energiekonzerne müssten offenbaren, wie viel ihnen längere Laufzeiten ihrer Meiler wirklich wert seien. Doch das ist der Einstieg in Weiterungen, denn dieses Verfahren ließe sich aus fiskalischen Gründen dereinst auch auf weitere und schließlich alle übrigen Unternehmen ausdehnen.

Zweitens: Die Einnahmen aus den Versteigerungen könnten skeptische Bürger überzeugen, der Laufzeitverlängerung zuzustimmen. Doch damit machen die drei Professoren bei der schon beschriebenen Schizophrenie mit: Denn wenn die Bürger „skeptisch“ sind, weil sie die ihnen gemachte und geradezu aufgedrängte Angst vor „Atomkraftwerken“ verinnerlicht haben, dann werden sie diese Angst doch nicht deswegen verlieren, weil den Energiekonzernen für das Weiterbetreiben ihrer Meiler Sonderzahlungen abgezwungen werden. Die künstliche Verteuerung des Stroms ist den Autoren zwar bewusst, sie nehmen sie aber mit ihrem Auktionsvorschlag gleichwohl in Kauf. Auch unterstützen sie die verrückte Klimaschutzpolitik, ohne an ihr auch nur einen zarten Zweifel anzudeuten. Freilich stehen sie damit zusammen mit andren anpasserischen Ökonomen nicht allein.

„Wie bei der Mafia“

Distanziert hat sich die FAZ-Redaktion, die bei dieser Klimaschutzpolitik ebenfalls unkritisch mitspielt, von dem Versteigern der Laufzeitenverlängerung bisher nicht, wohl aber inzwischen die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter der Überschrift „Wie bei der Mafia“ (Rainer Hank, FAS vom 18. Juli 2010): Der Staat habe viel von der Mafia gelernt und viele Tricks erfunden, wie er an „Schutzgeld“ komme, ohne dafür wirklich eine Gegenleistung erbringen zu müssen.

Ein hinkender Vergleich

Gern wird der Vergleich zur Versteigerung der UMTS-Lizenzen an die Telefonkonzerne vor zehn Jahren gezogen. Aber der hinkt. Die Funkfrequenzen haben natürliche Grenzen. Wenn ihre Zahl geringer ist als die Zahl der an ihnen interessierten Unternehmen, sind sie ein knappes und nicht mehr freies Gut. Dann macht eine Versteigerung Sinn und ist geboten, auch wenn sich dann der Staat des Auktionserlöses bemächtigt und sich damit herausnimmt, so aufzutreten, als sei er der Eigentümer der Frequenzen.

Ängste nicht schüren, sondern abbauen helfen

Dagegen ist ein staatlicher Ausstiegsbefehl, solange die Kernkraftwerke sicher sind – die deutschen Sicherheitsauflagen gelten als die strengsten weit und breit – nicht natürlich, sondern willkürlich. Eine staatliche „Laufzeitverlängerung“ ist es ebenso. Wenn sich die berufsmäßigen Kernkraftgegner und in ihrem Gefolge Politiker darauf berufen, wie es geschieht, die Menschen hätten vor den „Atomkraftwerken“ Angst, dann dürfen sie und die Medien diese unberechtigten Ängste nicht schüren, sondern müssen sie abbauen helfen, vor allem dadurch, dass sie unabhängigen Fachleuten breites öffentliches Gehör verschaffen. Das gleiche gilt für das absichtsvoll verteufelte anthropogene CO2 und den mit ihm begründeten, aber für Menschen nicht möglichen „Klimaschutz“.

Zusatzgewinne zu 100 Prozent abschöpfen?

Es ist sogar auch gefordert worden, die bei einer längeren Nutzung der Kernkraftwerke anfallenden zusätzlichen Gewinne müssten zu 100 Prozent abgeschöpft werden (FAZ vom 21. Juli 2010). Aber welches Interesse sollten die Betreiber dann an einer Laufzeitverlängerung überhaupt haben? Eben das ist wohl auch der unausgesprochene Sinn dieser grotesken Forderung.

Der Staat maßt sich mehr an, als ihm zusteht

Produzieren dürfen ist ein gewachsenes, heute natürliches Freiheits- wie auch ein Eigentumsrecht. Wird durch eine Produktion die Sicherheit der Menschen tangiert, sind gesetzliche Auflagen möglich und nötig. Will sich der Staat ein solches Recht bezahlen lassen, maßt er sich mehr an, als ihm zusteht.

Wirklich eine „marktwirtschaftliche“ Lösung?

Verharmlost wird die Versteigerung auch mit dem Argument, das sei doch eine „marktwirtschaftliche“ Lösung – so der Umweltpolitiker Horst Meierhofer ausgerechnet von der vorgeblichen liberalen FDP (FAZ vom 14. Juli 2010). Gewiss sind Versteigerungen eine marktwirtschaftliche Verfahrensweise, gleichsam Marktwirtschaft pur. Aber ein selbstverständliches Freiheits- und Eigentumsrecht versteigern – hier muss man sogar sagen: verhökern – zu wollen, ist nicht Marktwirtschaft, sondern eine rein fiskalisch motivierte Abzockerei, die zu Akzeptanzzwecken das wahre Motiv verschleiernd begründet wird.

Der Strom wird künstlich teurer und teurer

Zusätzlich zur Versteigerung der Lizenz für eine längere Laufzeit will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Kernkraftbetreiber mit einer Brennelemente-Steuer belasten, in der Berichterstattung prompt „Atomsteuer“ genannt, um angstvolle Assoziationen zur Atombombe herzustellen. Und damit nicht genug hat er zusätzlich angekündigt, der produzierenden Wirtschaft die ermäßigten Sätze für die Strom- und Energiesteuer zu streichen. Beides werden die Betreiber in den Preisen ebenfalls an die Verbraucher weiterreichen. Das (neben dem fiskalischen Zweck) unausgesprochene Ziel ist, den Kernkraftstrom so zu verteuern, dass er gegenüber den anderen Stromarten nicht mehr so augenfällig billig ist. Zu den Stromkosten hinzukommen noch die Kosten für den Erwerb von willkürlichen, weil für den „Klimaschutz“ unnötigern CO2-Emissionsrechten. Schon das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verteuert den Strom mit zwangsläufig steigender Tendenz auf unverantwortliche Weise. Deutschland verspielt seine Zukunft nun auch noch damit. Nachbarländer wie Frankreich und Großbritannien lachen sich ins Fäustchen. „Es geht um knallharte Industriepolitik“ (FAZ-Leserbrief vom 19. Juli 2010).

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