Wie Öl ins Feuer gießen

Die Finanzkrise wird auf falsche Weise bekämpft

Was als Platzen einer Immobilienblase in den Vereinigten Staaten begann, hat zur schwersten umfassenden Wirtschaftskrise seit Ende der 1920er Jahre geführt. Die Geldwirtschaft hatte sich von der Güterwirtschaft gelöst und in Saus und Braus auf unverantwortliche Weise und zu wenig kontrolliert ein Eigenleben geführt. Dass die Krise noch weit schlimmer ausfällt, ist ziemlich gewiss. Mit einem Feuerwehr-Großeinsatz versuchen die Staaten, den globalen Flächenbrand zu bekämpfen, auch Deutschland. Dies wird, weil sie in ihrer Not – und nun sogar schier unausweichlich – Symptome statt Ursachen bekämpfen, schiefgehen.

Wo noch vorhandenes Vertrauen zu sichern oder verlorenes wiederzugewinnen gilt, springen die Staaten mit gewaltigen Bürgschaftsversprechen ein. Wo in der Finanz- und Geschäftswelt Zahlungsunfähigkeit droht, pumpen sie zur Brandlöschung gewaltige Geldmengen hinein. Wo in der Güterwirtschaft der Absatz wegbricht, legen sie riesige Konjunkturprogramme auf.

Ist der Ruf erst ruiniert …

Die dafür nötigen Mittel sind gigantisch und in Wirklichkeit nicht vorhanden, denn kein Staat hat Gespartes auf der hohen Kante liegen. Im Gegenteil, sie sind alle hochverschuldet, viel zu hoch. Also nehmen sie mittels Staatsanleihen noch mehr Schulden auf. Das Geld stellen die Zentral- und Notenbanken dem Staat und der Wirtschaft per Kredit inzwischen zu einem Zins von nahe an Null zur Verfügung, also fast gratis. Zusätzlich werden die Notenpressen bedient. Es drängt sich der Spruch auf „Ist der Ruf erst ruiniert …“

Staatsversagen, nicht Marktversagen

Da die eigentliche Ursache darin liegt, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Geldmengen durch Kredite (Buchgeld) und Notendruck (Bargeld) wegen zu niedriger Leitzinsen – vor allem in den Vereinigten Staaten – so unglaublich ausgeweitet wurden und jetzt zur Brandbekämpfung noch mehr Geld in den Umlauf gedrückt wird, wirkt das wie Öl ins Feuer gießen. Das kann nicht gut gehen und nur in einem großen Zusammenbruch enden. Anzulasten ist die Krise einer verfehlten Geldpolitik und mangelhafter staatlicher Vor- und Aufsicht, also einem Staats- und Notenbankversagen, nicht Marktversagen.

Die staatlichen Maßnahmen zusammen mit den Notenbanken sind darauf ausgerichtet, als gelte es, nur eine Liquiditätskrise, also nur einen augenblicklichen Engpass an flüssigen Geldmitteln zu überwinden. Insolvenzbedrohte Banken und Großunternehmen bekommen staatliche Bürgschaftsversprechen und gewaltige staatliche Liquiditätshilfen noch und noch. Aber tatsächlich handelt es sich bei Banken und auch vielen Unternehmen um eine Überschuldung, die zu lange und zu billig (wegen zu niedriger Zinsen) möglich war und somit unnötig gefördert wurde.

Die Finanzkrise offenbart die verschleppte Strukturkrise

Und in dieser ihrer Schuldenkrise kommt nun auch noch eine (wegen der Politik des billigen Geldes) verschleppte und bislang unbeachtete Strukturkrise zum Vorschein, wie sie sich zum Beispiel auf einem gesättigten Markt in der Überproduktion der Autoindustrie äußert, in Fehlentscheidungen innerhalb der Finanzwelt (Beispiel: Investment Banking zu Lasten des Privatkunden- und Spargeschäfts) oder auch im Fusionsgrößenwahn in der Produktionswirtschaft (jüngster Versuch: das Vorhaben der Schaeffler-Gruppe zur Übernahme von Continental). Eine Krise wie diese macht Versäumtes schlagartig und besonders schmerzhaft sichtbar und fühlbar.

Vieles, wenn nicht alles im Leben unterliegt Veränderungen. Wer sich dem nicht rechtzeitig anpasst, erleidet Schaden oder auch Schiffbruch. Anpassungsbedarf an Veränderungen herrscht auch in den westlichen Industriegesellschaften. Sich anpassen heißt für Unternehmen oder Wirtschaftszweige schrumpfen oder umsteuern. Da Wirtschaft und Politik nicht beizeiten auf die Veränderungen reagiert haben, stecken sie jetzt in einer strukturellen Anpassungskrise. Die hat Auswirkungen auch auf die Rohstofflieferanten und industriell aufstrebenden exportierenden Billiglohnländer. In der globalisierten Wirtschaft sind alle mit einander vernetzt, hängen alle voneinander ab.

Die Strukturkiste wird als Konjunkturkrise missverstanden

Mit den gigantischen Konjunkturpaketen für die Güterwirtschaft zeigen die staatlichen Führungskräfte, vornehmlich die der westlichen Welt, dass sie die verschleppte Strukturkrise als Konjunkturkrise missverstehen oder missverstehen wollen. Die westlichen Volkswirtschaften sind gesättigt. Für nötige Veränderungen und Bereinigungen von Strukturen in Wirtschaftszweigen und Unternehmen sind staatliche Finanzhilfen ungeeignet; sie verschleppen sie nur weiter. Den Unternehmen werden die dicken Geldspritzen auf die Dauer, wie Beispiele zeigen, doch nicht helfen. Dann sind die staatlichen Gelder – es sind die der Bürger – verschleudert. Fängt ein Staat mit solchen Hilfen an, fließen sie wie in ein Fass ohne Boden, weil immer weitere Unternehmen auf Staatshilfe drängen. Wir erleben es gerade.

Ins Gigantische steigt mit diesen Anti-Krisenmaßnahmen auch die staatliche Verschuldung. Dass die Staaten die Schulden je tilgen werden und können, ist Utopie. Auch mit höheren Steuern ist das nicht zu schaffen, denn die sind schon jetzt zu hoch. Die Schafschur muss da aufhören, wo die nackte Haut beginnt. Das muss ein Staat auch bei seinen Steuerbürgern beachten. Die ausgeweiteten Geldmengen wieder aus dem Verkehr zu ziehen, also sie in die Notenbanken zurückzuholen und sie der Gütermenge anzupassen, wird nicht gelingen. Das mündet zwangsläufig in eine große Inflation, in die massive Geldentwertung.

Folgerung und Schluß in meinem nächsten Beitrag

Copyright: Klaus Peter Krause

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2 Kommentare zu „Wie Öl ins Feuer gießen“

  1. Lieber Dr. Krause,
    warum müssen Sie eigentlich immer Recht behalten?
    Peer Steinbrück sagte noch Ende vorigen Jahres vor laufenden Kamerades mit weinerlicher Stimme: „Nur die brutalste Sparsamkeit kann uns retten!“ Aber ob das auch für ihn selbst und sein Ressort zu gelten hat, sagt er wohlweislich nicht. Er ging tatsächlich noch von einer Rettung aus!! Ich schrieb mir diesen Satz auf, weil ich ihn so niedlich fand. Am 26.02.09 wurde in N24 berichtet, die USA würden jährlich 150 Mrd Dollar drucken und in Umlauf bringen (wenn das man reicht). Wieviel Euro bei uns gedruckt werden, um die horrenden Schulden von Griechenland, Italien, Spanien und unsere eigenen Schulden (ganz zu schweigen von Polen, Rumänien und Bulgarien) zu bezahlen, ist mir leider nicht bekannt, aber es sind sicher mehr, als auf mein leeres Konto passen.
    Um es kurz zu sagen: Es ist eine bodenlose Sauerei, dass unsere Politiker uns und unser ganzes Land mit ihrer Unfähigkeit um unsere Zukunft betrügen. Noch viel schlimmer ist aber, dass unseren Medien nicht endlich der Kragen platzt und die Versager im Reichstag, in den Vorständen und Aufsichtsräten beim Namen nennt und sie immer wieder an den Pranger stellt. Warum nicht mal eine Liste der Versager veröffentlichen? Alle gehören rausgeworfen: aus dem Reichstag und den Vorstandsetagen, und wenn sie nicht von allein gehen, müsste man nachhelfen.
    Wieviel Landesbanken mit ihren unfähigen Politrentnern in den Aufsichtsräten hätten unter normalen Umständen längst Pleite gehen müssen? Fast alle. Und dann, zu allem Überfluss, treten die noch auf, als hätten sie weiter Bestands- und Existentzrecht! Weg damit!
    Christitan Wulff sagte vor knapp zwei Jahren in einem Vortrag in Herrmannsburg: „Wenn wir unsere horrenden Schulden in Niedersachsen im gleichen Maße abbauen wie bisher, ist Niedersachen im Jahr 2184 schuldenfrei“. Damals lachte das Publikum noch, weil es merkte, dass es verarscht wurde.
    Niemand wird uns retten, weder Wulff noch Steinbrück und erst recht nicht Frau Merkel. Die Haut der Schafe ist beim Scheren längst zerfetzt, sie werden verbluten. Und wir mit Ihnen, weil wir uns von den Schafen kaum unterscheiden.

    mfg
    Wolfgang Haars

  2. Die Vertrauenskrise ist von oben nach unten weitergereicht worden.
    Das bekommen die Banken nun zu spüren.
    Die niedrige Asset Basis der Banken zu Beginn des Jahres 2009 verbunden mit dem riesigen Vertrauensverlust sowohl in Finanzmärkte als auch die Beratung der Banken wird eine Rückkehr zu den alten Rekordeinnahmen der Banken im Wealth Management auf absehbare Zeit unmöglich machen. Vielmehr ist eine weitere markante Ertragserosion zu erwarten.

    Daraus entsteht eine brisante Konstellation:
    Die Kosten im Wealth Management lassen sich kurzfristig nicht hinreichend gemäss den schrumpfenden Erträgen abbauen. Es ist daher zu beobachten, dass alles getan wird, um die Marge auf die Assets einigermassen stabil zu halten. Da die Assets markant niedriger sind, müsste die Marge theoretisch sogar steigen. Das bedeutet aber einen noch stärkeren Vertriebsdruck auf die Relationship Manager mit entsprechendem Priorisierung höhermargiger Produkte.

    Angesichts der weit verbreiteten Kritik an strukturierten Produkten führt ein derartiges Verhalten jedoch nur zu einer Konsequenz: Das Vertrauen der Kunden in die Bank als Wahrer ihrer finanziellen Interessen nimmt noch weiter ab.

    Hier hab ich noch mehr dazu gefunden:

    http://www.sharewise.com/news_articles/4217-WealthManagement-Banken-Boerse

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