Was man über die Erbschaftssteuer wissen sollte IV

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verlangt gleiche Bewertung, nicht gleiche Belastung

Die Verfassungsrichter haben an der Vorlage des Bundesfinanzhofes fünf lange Jahre herumgekaut und erst mit ihrem Beschluß vom 7. November 2006, veröffentlicht am 31. Januar 2007, Klarheit geschaffen. Den Gesetzgeber haben sie zu einer Neuregelung spätestens bis zum 31. Dezember 2008 verpflichtet. Bis zur Änderung sollten die bisherigen Regelungen erst einmal fortgelten. Wegen der ausstehenden Entscheidung der Karlsruher Richter waren seit 2002 die Erbschaftsteuerbescheide nur noch vorläufig ergangen.

Was die Richter der Bundesregierung, dem Bundestag und Bundesrat aufgeben zu tun, bezieht sich auf die Einheitlichkeit der Bewertung, nicht darauf, daß auch die Steuerbelastung für alle Vermögensarten gleich hoch sein muß. Dabei billigt er ihnen zu: „In der Wahl der Wertermittlungsmethode ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei.“ Zu beachten hat er allein dies: „Die Bewertungsmethoden müssen aber gewährleisten, daß alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfaßt werden.“ Der Gemeine Wert ist der Verkehrswert. Doch ihn zu ermitteln, bleibt unverändert schwer.

Um dies zu erleichtern, kann man sich des Ertragswertes bedienen. Er besteht darin, dass man ein Wirtschaftsgut verwertet, um mit ihm einen Ertrag zu erzielen, während sich der Verkehrswert aus dem Verwerten des Gutes durch Veräußerung ergibt. Nach dem Bewertungsgesetz von 1965 ist der Ertragswert ein Vielfaches (zum Beispiel das Achtzehnfache) des durchschnittlichen, nachhaltig erzielbaren Reinertrags. Aber Ertrags- und Verkehrswert fallen nicht selten erheblich auseinander. Wohl wird der Verkehrswert durch die Erträge mitbestimmt, doch häufig spiegelt sich im Verkehrswert des Erwerbsvermögens auch mehr wider als bloß dessen Ertragskraft. Das zeigt sich besonders deutlich beim Agrar- und Forstvermögen.

Bekommt der Gesetzgeber die annähernd gleiche Bewertung der verschiedenen Vermögensarten hin, sei es nach dem Ertragswert, sei es nach dem Verkehrswert, darf er anschließend bei der tatsächlichen Belastung mit Erbschaftssteuer nach der Vermögensart differenzieren, wenn es dem Gemeinwohl dient und zu diesem Zweck hinreichend begründet ist. Damit besteht einiger Spielraum, den das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber inzwischen ohnehin in (häufig jedoch allzu) großer Breite einzuräumen pflegt.

Eine solches Differenzieren und solches Nutzen des Spielraums, bieten sich an und sind (nach zuvor gleicher Bewertung) auch sinnvoll. Dafür empfiehlt sich ein einfacher Grundsatz: Nur Gleiches ist gleichzubehandeln, Ungleiches dagegen nicht. Gleiche Fälle sind also – das verlangt die Steuergerechtigkeit – steuerlich gleich zu belasten, ungleiche Fälle erlauben oder gebieten eine andere Belastung. Geldvermögen und Immobilienvermögen sind aber nicht gleich. Auch einzelne Immobilienarten untereinander (wie Wohngrundstücke, Betriebsvermögen und Ackerland/Forst) sind nicht gleich. Daher kann der Gesetzgeber dem, was ungleich ist, mit unterschiedlich hohen Steuersätzen, mit Freibeträgen oder mit Steuerverschonung Rechnung tragen.

Wenn der Staat Immobilien beim Erben und Schenken zwar gleichbewerten muß, aber wie bisher (aus guten Gründen) begünstigen will, müssen also die Steuersätze sinken oder die Freibeträge heraufgesetzt werden.

Besonders für mittelständische Unternehmen, vor allem land- und forstwirtschaftliche, entscheidend ist, dass die Steuer aus den laufenden Erträgen aufgebracht werden kann und nicht so hoch sein darf, dass sie aus der Substanz gezahlt werden muss. Die Kuh, die man melken will, schlachtet man nicht. Damit ist der erbschaftssteuerliche Zugriff des Staates eng begrenzt. Das läßt sich schon dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 entnehmen.

Die geringere Belastung von Agrar- und Forstland mit Erbschaftssteuer läßt sich zum Beispiel deswegen rechtfertigen, weil es zugunsten der Allgemeinheit (Gemeinwohl) höheren rechtlichen Bindungen unterliegt wie der Sozialpflichtigkeit und der nicht freien Verkäuflichkeit an jedermann. Daher ist die Verfügbarkeit anders als beim Geldvermögen deutlich eingeschränkt. Das gilt in ähnlicher Weise auch für Betriebsvermögen.

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof befindet dazu: „Wer ein Unternehmen erbt, das im Wirtschaftsverwaltungsrecht, im Umweltrecht und im Arbeitsrecht hohen Sozialverpflichtungen unterliegt, kann über diesen Vermögenswert weniger verfügen als der Erbe eines Geldvermögens. Würde das Unternehmensvermögen mit 25 Prozent durch Erbschaftssteuer verringert, müßte das Unternehmen vermutlich Insolvenz anmelden. Die Erbschaftssteuer würde das ererbte Eigentum zerstören.“ (In: Der sanfte Verlust der Freiheit, Seite 198/199).

Für diese Fälle hat die Große Koalition als Kompromisslösung dies vorgesehen: Die Steuerschuld wird, wenn der Erbe den Betrieb fortführt, gestundet und für jedes Jahr der Fortführung um 10 Prozent gekürzt, so daß sie nach zehn Jahren Fortführung nicht mehr besteht. Doch sind inzwischen sogar auch 15 Jahre vorgesehen.

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