Eine Idee, die nicht totzukriegen ist

Das bedingungslose Grundeinkommen – Finnland gibt sein Experiment damit auf, die Schweizer haben die Idee abgelehnt und mit großer Mehrheit der Angstmacherei widerstanden – „Vergesst das bedingungslose Grundeinkommen“

Die Idee vom „bedingungslosen Grundeinkommen“ gibt es schon lange. Diskutiert wird sie immer wieder gern. Stets verschwindet sie dann in der Versenkung. Stets aber taucht sie daraus auch wieder auf. Endgültig sterben wird sie wohl nie. Es geht um eine staatlich finanzierte Zuwendung für alle, ohne Ansehen der Person und der Höhe ihres Einkommens und unabhängig davon, ob jemand einer bezahlten Arbeit nachgeht oder nicht. Ganz schön verrückt.

IG-Metall-Chef Hofmann: Alimentiert werden macht nicht glücklich

Immerhin haben sich jüngst auch die Gewerkschaften gegen dieses Grundeinkommen ausgesprochen. Anderes für ihre Kundschaft ist ihnen wichtiger, darunter die Plä­ne zum Rück­kehr­recht von einer Teil­zeit- in die Voll­zeitarbeit, die pa­ri­tä­ti­sche Fi­nan­zie­rung der Kran­ken­kas­sen, die Sta­bi­li­sie­rung der Ren­te und die All­ge­mein­ver­bind­lich­keit der Pfle­geta­rif­ver­trä­ge. Am 1. Mai hatte der DGB-Vositzende Rainer Hoffmann gesagt: „Men­schen mit ei­ner Still­hal­te­prä­mie aufs Ab­stell­gleis zu stel­len, weil ih­nen kei­ne Per­spek­ti­ve in der Er­werbs­ar­beit an­ge­bo­ten wer­den kann, ist kei­ne Lö­sung“. Das Grundeinkommen kön­ne nicht die Ant­wort dar­auf sein, wenn durch die Di­gi­ta­li­sie­rung Ar­beits­plät­ze ver­lo­ren­gin­gen. So war es in der FAZ zu lesen.*) Und vom IG-Metall-Vorsitzenden Jörg Hof­mann berichtete das Blatt im gleichen Zusammenhag, Men­schen sei­en nicht glück­lich, wenn sie da­heim sä­ßen und ali­men­tiert wür­den.

Menschen, die Alimentation als Glücksfall empfinden würden

Wohl wahr, jedenfalls für die allermeisten. Aber etliche andere könnten ihr Glück wohl gar nicht fassen, würde ihnen eine solche Alimentation zuteil, ohne dafür Arbeiten gehen zu müssen. Menschen mit geringen Aussichten fürs eigene Vorankommen, ohne große Ansprüche und mit Wenigem zufrieden, gibt es immer. Die Zuwendung wäre notwendigerweise zwar sehr bescheiden, aber im heutigen Deutschland zum Überleben wohl immerhin auskömmlich. Die Gewissheit, sich bezahlter regelmäßiger Arbeit entziehen zu können und nichts dafür tun zu müssen, wird ihren Reiz für sie haben. Und da auch diese Menschen über das Bürgerrecht  verfügen, bei Wahlen Politiker in Parlamente zu schicken oder auch nicht, wird es immer auch Politiker geben, die sozialgerechtigkeitsselig – ob aus Überzeugung oder nur vortäuschend – das „bedingungslose Grundeinkommen“ wieder hervorkramen – nicht, um es wirklich einzuführen, sondern nur, um verführerisch darüber zu palavern.

Eine frühe Warnung vor einer Völkerwanderung nach Deutschland

Dies umso mehr, als ihnen mit dem Massenzustrom aus islamischen und afrikanischen Ländern ein Wählerpotential erwächst, das für den Anspruch auf Geld ohne Arbeit leicht zu mobilisieren wäre, zumal, wenn es diese (wirklichen oder nur scheinbaren) Asylbegehrenden zum Bleiberecht und später zur deutschen Staatsbürgerschaft und zur Wahlberechtigung geschafft haben würden. Zuvor schon gäben sie ein tüchtiges Massen-Demo-Potential ab, um mit ihm politischen Druck aufzubauen. Schon 2007 hatte der Wirtschaftswissenschaftler Horst Siebert gewarnt, das „Bürgergeld“ löse eine „gewaltige Völkerwanderung nach Deutschland“ von außerhalb Europas aus. Siebert gesamtes Verdikt, untermauert mit zehn Argumenten, lautete damals: „Eine unmögliche Idee. Zwar freundlich und liebevoll, aber abstrus. Die Arbeitsmoral wird zerrüttet. Die Politiker sollen die Finger davon lassen.“ Heute wissen wir: Die Völkerwanderung nach Deutschland haben wir längst ganz ohne dieses Bürgergeld; Hartz-IV-Alimentierung hat die gleiche Wirkung.

Die Idee: Das Grundeinkommen erhält jeder Staatsbürger

Dieses  Grundeinkommen ist an keine Bedingung geknüpft. Jeder Staatsbürger erhält zur Sicherung seines persönlichen Grundbedarfs von der Geburt an einen monatlichen Betrag. Der sichert den minimalen Existenzbedarf, er verpflichtet zu keiner Arbeit oder sonstigen Ersatzleistung. Das Bürgergeld ersetzt Arbeitslosen- und Kindergeld, Rente, Bafög, Sozialhilfe und sonstige Sozialleistungen. Es wird jährlich angepasst an einen repräsentativen Grundbedürfnis-Index für Mieten, Grundnahrungsmittel, Benzin, Heizkosten, Strom, Telefon, Krankenkassenbeiträge und anderes. Daher sollte man besser von leistungslosem anstelle von bedingungslosem Grundeinkommen sprechen.

Das Gefasel von der angeblich verletzten Menschenwürde

Der Unterschied zwischen diesem Grundeinkommen und der in vielen Staaten üblichen Sozialhilfe für Menschen, die zwar arbeitsfähig, aber arbeitslos sind (also keine bezahlte Beschäftigung haben), ist der, dass sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und zumutbare Arbeit auch annehmen müssen. Wer dagegen für ein bedingungsloses Grundeinkommens eintritt, begründet dies damit, ein solches Grundeinkommen (auch gerne „Bürgergeld“ genannt)  stelle ein Menschenrecht dar, die Zahlung von Sozialhilfe sei jedoch an Bedingungen geknüpft, nämlich zumutbare Arbeit annehmen zu müssen, und das verletze die Menschenwürde. Aber das ist Gefasel: frei erfunden, an den Haaren herbeigezogen und abwegig. Ebenso gut ließe sich dann behaupten, alle Menschen, die für Geld arbeiten (müssen), um zu überleben oder besser zu leben, seien ebenfalls in ihrer Menschwürde verletzt. Arbeiten als menschenunwürdige Tätigkeit? Absurd. Eine sachlich kühle Abwägung von Dr. Rigmar Osterkamp (FAZ vom 9. Januar 2017) finden Sie hier.

Finnland gibt sein Grundeinkommen-Experiment auf

Finnland hat im April die Lust am Grundeinkommen verloren und sich von dem Ge­dan­ken ver­ab­schie­det, ein be­din­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men für al­le ein­zu­füh­ren. Mit dem Test ei­nes sol­chen Grund­ein­kom­mens hatte Finnland Anfang 2017 begonnen und damit breites Aufsehen erregt.  Zwar wird der Test noch wie ge­plant bis zum Jahresende 2018 wei­ter­lau­fen, da­nach aber das Ex­pe­ri­ment nicht fort­ge­setzt. Am Test beteiligt sind 2000 zu­fäl­lig aus­ge­wähl­te fin­ni­sche Ar­beits­lo­se. Anstelle der üb­li­chen So­zi­al­leis­tun­gen erhalten sie 560 Eu­ro im Mo­nat  und dürfen oh­ne Auf­la­gen da­zu­ver­die­nen. Man wollte her­aus­fin­den, ob die Testpersonen auf die­se Wei­se schnel­ler ei­ne Regelbeschäftigung fin­den als im her­kömm­li­chen So­zi­al­sys­tem. Auch ging es darum zu un­ter­su­chen, wie sich ei­ne sol­che re­gel­mä­ßi­ge Zah­lung auf Er­werbs­tä­ti­ge aus­wirkt. Da­für sollten 10 000 wei­te­re Testpersonen ausgesucht werden. Da­zu wird es aber nicht mehr kom­men.**)

In Finnland eine Regierung mit Realitätssinn

Heike Göbel kommentierte den finnischen Beschluss in der FAZ so: „Die bes­te Nach­richt zum Tag der Ar­beit kommt aus Finn­land. Die dor­ti­ge Re­gie­rung hat ge­ra­de be­schlos­sen, Träu­me von ei­nem Le­ben auf Steu­er­zah­ler­kos­ten, be­freit von der Not­wen­dig­keit zu ar­bei­ten, nicht mehr zu för­dern. … . Die sich in vie­len west­li­chen Län­dern for­mie­ren­den An­hän­ger ei­nes sol­chen „be­din­gungs­lo­sen Grund­ein­kom­mens“ hat­ten das Ex­pe­ri­ment ge­fei­ert und ge­hofft, es wer­de aus­ge­wei­tet. Doch die Re­gie­rung zeigt Rea­li­täts­sinn und macht das Ge­gen­teil. Der fast 9 Pro­zent ho­hen Ar­beits­lo­sig­keit rückt sie jetzt mit mehr Druck zu Lei­be und we­ni­ger Il­lu­sio­nen. Un­ge­kürz­te Ar­beits­lo­sen­hil­fe gibt es nur noch für je­ne, die im Schnitt we­nigs­tens zwei Stun­den wö­chent­lich ar­bei­ten oder sich wei­ter­bil­den.“ ***)

Schweizer Bürger lehnen ein leistungsloses Grundeinkommen ab

Eine Volksabstimmung über das leistungslose Grundeinkommen hat es im Juni 2016 in der Schweiz gegeben. Aber die Schweizer haben diese Volksinitiative abgelehnt. 77 Prozent der Stimmbürger sprachen sich gegen die Idee aus. Den Initiatoren schwebte vor, man könnte jedem Erwachsenenmonatlich 2500 Franken und jedem Kind 650 Franken auszahlen. Eine Familie mit zwei Kindern hätte so ein Monatseinkommen von 6300 Franken (ca. 5700 Euro) bekommen. Die Finanzierung war im Initiativtext allerdings ausgeklammert. Dies kam nach Angaben von Meinungsforschern bei den Wählern aber nicht gut an. Viele Bürger fürchteten, am Ende mit saftigen Steuererhöhungen für den staatlichen Geldsegen aufkommen zu müssen. … Dabei schwang auch die Sorge mit, dass die Schweiz mit einer derart hohen staatlichen Gratisgabe noch stärker zum Magnet für Zuwanderer aus dem Ausland werden würde.****)

Das bürgerliche in der Schweiz fest verankerte Ethos

Johannes Ritter, der FAZ-Korrespondent in der Schweiz, schrieb und kommentierte: „Die Initiative warf die Frage nach der Zukunft der Arbeit auf und traf damit immerhin einen Nerv: was tun, wenn Roboter den Menschen immer mehr Stellen wegnehmen? Wenn infolgedessen immer weniger Menschen einer bezahlten Arbeit nachgehen könnten? Das bedingungslose Grundeinkommen wäre in den Augen der Initianten eine ‚Automatisierungsdividende’, die jeden Bürger an den Gewinnen des technischen Fortschritts beteiligen würde. … Dass die Schweizer den Vorschlag eines bedingungslosen Grundeinkommens für jedermann ablehnen würden, stand außer Zweifel. Ein solches Experiment wäre nicht nur wirtschaftlich höchst riskant. Es widerspräche auch dem traditionellen bürgerlichen Ethos, das in der Bevölkerung fest verankert ist. Diese beiden Einsichten treten in dem Abstimmungsergebnis klar zutage.

Mit großer Mehrheit der Angstmacherei widerstanden

Die Initianten freuen sich trotzdem über ihren Achtungserfolg und darüber, dass es ihnen gelungen ist, die Bürger – daheim wie auch über die Landesgrenzen hinweg – zu einer Auseinandersetzung mit der Frage zu bringen, ‚wie wir in Zukunft leben wollen’. Das Bemerkenswerte an der Ablehnung ist, dass sich die Eidgenossen nicht dazu haben hinreißen lassen, dieser gesellschaftlichen Entwicklung vorzugreifen. Sie haben in großer Mehrheit der Angstmacherei widerstanden, die Roboter nähmen den Menschen die Arbeit weg. Und selbst wenn die Maschine den Menschen am Arbeitsplatz verdrängte, hielten sie eine vorgreifende massive Umverteilung für falsch. Trotzdem gut, dass man darüber geredet hat? Schon. Denn sonst hätten manche Bürger die sozialplanerische Brechstange nicht als solche erkannt.“

Die Angst vor dem Wegfall von Arbeitsplätzen durch die Automatisierung

Der Rechtsanwalt und Unternehmer Andreas Tiedtke unterzog das bedingungslose Grundeinkommen im libertären Magazin eigentümlich frei(ef) vom 14. September 2017 einer ökonomischen Kritik und befand unter anderem: ,Schon die sozialistische Propaganda, dass durch Automation Arbeitsplätze wegfielen, ist grundfalsch: Durch Automation wird Arbeit effizienter. Der Einsatz zum Beispiel von Scanner-Kassen bedeutet zunächst nur, dass mit derselben Anzahl Arbeitnehmer mehr Produkte und Dienstleistungen angeboten werden können als ohne Scanner-Kassen. Der Effekt der Zunahme des Angebots führt zu einem Rückgang des Grenznutzens für die jeweiligen Produkte gegenüber dem Grenznutzen, den andere Produkte für die Käufer haben. Der technische Fortschritt in dem einen Bereich macht es möglich, dass nun Güter und Dienstleistungen in anderen Bereichen hergestellt werden können, was vorher nicht möglich war, weil die Arbeit in dem Wirtschaftszweig gebunden war, der nun durch technischen Fortschritt effizienter produzieren kann. Dadurch können nun weniger drängende Bedürfnisse der Verbraucher befriedigt werden, die vorher unbefriedigt bleiben mussten. Die Arbeitsplätze fallen also nicht weg, sondern durch den Kapitaleinsatz verlagern sich die Arbeitsplätze in andere Wirtschaftszweige, die andere Produkte und Dienstleistungen herstellen.“ Der ganze Text hier.

„Vergesst das bedingungslose Grundeinkommen“

Empfehlenswert ist auch der Beitrag von Georg Cremer darüber, dass die Be­für­wor­ter ei­nes be­din­gungs­lo­sen staat­li­chen Grund­ein­kom­mens den wah­ren Preis nicht nen­nen: Nähme man ih­re Idee ernst, bliebe vom deut­schen So­zi­al­staat nicht viel üb­rig. Der Volkswirt Cremer war bis zu seiner Pensionierung der langjährige Generalsekretär des Caritasverbands. Seinen Beitrag in der FAZ vom 12. Januar 2018 (Seite 16) finden Sie hier. Und wer es kürzer schätzt, kann sich an Rainer Hanks Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 24. Januar 2016 (Seite 22) halten mit der Überschrift „Vergesst das bedingungslose Grundeinkommen“ (hier).

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*)  FAZ vom 2. Mai 2018, Seite 19.   **) FAZ vom 21. April 2018, Seite 20.    ***)  FAZ vom 30. April 2018, Leitartikel Wirtschaft, Seite 15.    ****) FAZ vom 6. Juni 2016, Seite 1 und 15.

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Ein Kommentar zu „Eine Idee, die nicht totzukriegen ist“

  1. Ja, das ist wirklich eine Idee, die nicht totzukriegen ist.
    Davon hat mir tatsächlich im Jahr 2000, also vor 18 Jahren schon ein damaliger Kumpel erzählt.
    So lange geistert das also mindestens schon durch die Hirne einiger Menschen.
    Ich habe Ihn dann damals gefragt, wie das finanziert werden soll, da Geldwert durch dafür geleistete Arbeit geschaffen wird.
    Und wenn ja Alle so ein Grundeinkommen haben können, also auch Bäcker, Metzger, etc. warum sollte noch jemand von denen arbeiten und wer dann die Waren herstellen soll.
    Da kamen dann von Ihm die allseits bekannten Strohmann „Argumente“, dass es für Die, die dann noch arbeiten doch ein Anreiz sein soll, zusätzlich zum Grundeinkommen dann mehr zu haben und sich mehr leisten zu können, also vor 18 Jahren schon genau derselbe Blödsinn, wie heute.
    Gerade von diesem Kumpel konnte ich die Ausführungen schon mal garnicht verstehen, da Er genauso wie ich in einem Maschinenbauunternehmen als Techniker gearbeitet hat und wusste, was es bedeutet, Geldwert zu erwirtschaften.
    Oder es zumindest wissen sollte.
    Da kann man mal sehen, auch ein technisches Studium schützt nicht automatisch vor Dummheit, oder zumindest vor fehlendem Verständnis.

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