Solidarität ist mit den neuen Bundesländern ist gut, nun aber bitte Solidarität mit den Steuerzahlern – Die Zusatzsteuer sollte endlich verschwinden
Er ist eine Zusatzsteuer und heißt Solidaritätszuschlag. Das klingt freundlicher und so sympathisch. Es war auch nicht abwegig, die Zusatzsteuer so zu nennen: Sollten mit ihr doch die großen Lasten der Wiedervereinigung geschultert werden. Sollte sie doch den fünf neuen Bundesländern wieder auf die Beine helfen. Galt es doch, mit den Deutschen der untergegangenen DDR Solidarität zu üben und allen Deutschen ein zusätzliches Gefühl der Zusammengehörigkeit vermitteln. Aber das Wort ist umständlich, ist zu lang und hat zungenbrecherische Züge. Deshalb hat der Volksmund den Zuschlag schon bald nur „Soli“ genannt. Der Name hat sich verselbständigt, und möglicherweise wird der eine oder andere, zumindest aus der jungen Generation, den fiskalisch-amtlichen Namen schon gar nicht mehr kennen. Nun steht der Soli zur Disposition. Wieder einmal. Oder immer noch, denn darüber, ihn abzuschaffen, wird schon seit Jahren diskutiert.
In Kraft seit 1991 – Erst 7,5 Prozent, kurze Zeit 0 und jetzt 5,5 Prozent
Erhoben wird der Soli zusätzlich zur Einkommensteuer, Kapitalertragssteuer und Körperschaftssteuer. Geregelt ist das im Solidaritätszuschlagsgesetz. Auf die jeweils ermittelte individuelle Steuer ist ein für alle einheitlicher Prozentsatz zu zahlen. Das waren anfänglich 7,5 Prozent, zwischendurch auch mal Null und sind seit 1998 bis heute 5,5 Prozent. Damit belastet werden die Steuerzahler seit dem 1. Juli 1991. Mit dem Aufkommen finanziert der Staat zu wesentlichen Teilen den wirtschaftlichen Wiederaufbau in den neuen Bundesländern (kurz: Aufbau Ost). Dies geschieht mit einer Vielzahl von gesamt- wie auch einzelwirtschaftlichen Maßnahmen. Das Ziel ist, die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse in den heute östlichen und nordöstlichen Ländern denen in den alten Bundesländern anzupassen.
Der erste und der zweite „Solidarpakt“
Geregelt ist das in Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern (Solidarpakt I und Solidarpakt II). Der erste Pakt trat 1995 in Kraft und enthielt sieben Bestandteile. Einer davon: Die neuen Länder und Berlin erhielten als Transferzahlung des Bundes zusammen jährlich 20,6 Milliarden DM. Der Pakt ist Ende 2004 ausgelaufen. Aber bevor das der Fall war, haben Bund und Länder bereits 2001 in Form einer Entschließung den zweiten Pakt geschlossen. Er läuft von 2005 bis Ende 2019 und sieht vor, dass der Bund den neuen Ländern in dieser Zeit mit insgesamt 156,5 Milliarden Euro unter die Arme greift.
Seit 2012 sind die Soli-Einnahmen höher die Zuweisungen an die neuen Länder
Der Soli ist eine Bundessteuer. Sein Aufkommen steht gänzlich dem Bund zu. 2012 brachte er ihm 13,624 Milliarden Euro ein, 2013 waren es 14,38 Milliarden und 2014 dürften es rund 15 Milliarden werden. Wohl dienen diese Einnahmen immer noch dem ursprünglichen Ziel. Wohl also besteht zwischen ihnen und den Finanzhilfen für die neuen Länder nach wie vor ein direkter Zusammenhang. Tatsächlich aber unterliegt das Aufkommen einer festgeschriebenen Zweckbindung nicht. Tatsächlich übersteigen die Einnahmen des Bundes aus dem Soli die Bundeszuweisungen aus dem Solidarpakt II an die neuen Länder schon seit 2012. Da der Bund den Überschuss nicht auf die hohe Kante legt, sondern für Anderweitiges ausgibt, ist das eigentlich eine Zweckentfremdung der Mittel.
Aus dem Überschuss ließe sich der Soli schrittweise senken – an sich
Weil die Zuweisungen von Jahr zu Jahr verringert werden, nimmt der überschüssige Betrag sogar zu. Das summiert sich von 2012 bis Ende 2019 auf voraussichtlich 71,1 Milliarden Euro. So hat es das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) des Bundes der Steuerzahler vorgerechnet (siehe hier). In der gesamten Laufzeit des Paktes (2005 bis 2019) werden sich die Bundeszuweisungen auf voraussichtlich 156,7 Milliarden summiert haben und die Soli-Einnahmen auf geschätzte 207,8 Milliarden. Daraus ergibt sich für den Bund ein Überschuss von 51,1 Milliarden Euro. Das heißt: Um diese 51 Milliarden ließe sich der Soli schrittweise senken und mit Jahresbeginn 2020 endgültig abschaffen – an sich
Obwohl befristet, ist er längst fiskalische Verhandlungsmasse geworden
Jahre kommen und gehen. Steuern kommen und gehen üblicherweise nicht. Und sollte eine mal gegangen sein (Beispiel Vermögenssteuer), dann gibt es immer wieder Bestrebungen, sie aus der Versenkung hervorzuholen und wiederzubeleben. Wie immer sie dann begründet werden, es stecken dahinter stets fiskalische Begehrlichkeiten. Die sind auch beim Soli längst geweckt. Der Solidarpakt II ist auf Ende 2019 befristet und damit auch der Soli. Einmal immerhin ist der Soli sogar schon ausgesetzt gewesen, nämlich vom 1. Juli 1992 bis Ende 1994. Aber 1995 wurde er wieder eingeführt, denn der Aufholbedarf der neuen Länder war bei weitem noch nicht gedeckt. Doch jetzt in der Neuordnung des vertikalen Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern ist er schon fiskalische Verhandlungsmasse geworden.
Der einstige Rückstand in den neuen Ländern ist weitgehend aufgeholt
Aus staatlich fiskalischer Sichtweise verwundert das nicht. Der Solidarpakt sollte (und soll noch bis 2019) den neuen Ländern ein Aufholen ermöglichen, und zwar über eine vergleichbare Infrastruktur, also Straßen, Abwasser, Krankenhäuser, Schulen, Universitäten und dergleichen. Doch nun ist der einstige Rückstand weitgehend aufgeholt. In der FAZ vom 7. November 2014 war zu lesen:
Wirtschaftskraft und Wohlstandsniveau spürbar verbessert
„Blickt man auf die vergangenen 25 Jahre zurück, ist auch nicht zu verkennen, dass viele große Erfolge bei der Restrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft erzielt worden sind: beim Wiederaufbau der Infrastruktur und der Städte, bei der Verbesserung der Umweltsituation, bei der sozialen Absicherung insbesondere der Rentner, bei den individuellen Wahl- und Entfaltungsmöglichkeiten. Auch Wirtschaftskraft und Wohlstandsniveau haben sich in den neuen Ländern spürbar verbessert. So hat sich das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen seit 1991 mehr als verdoppelt. Die realen verfügbaren Einkommen je Einwohner sind seither um immerhin 50 Prozent gestiegen.“
Vom Jahr 2020 an für die neuen Länder nur noch der übliche Finanzausgleich
Zwar hinken die neuen Bundesländer in ihrer Steuerkraft gegenüber den alten nach wie vor hinterher, aber um die Unterschiede einigermaßen auszubügeln, müssen sie sich von 2020 an mit dem üblichen vertikalen und horizontalen Finanzausgleich begnügen. Folglich ist die Versuchung für den Bund und die alten Bundesländer groß, den Soli zu verewigen und sein Quellwasser auch auf ihre Mühlen zu lenken.
Bundesfinanzhof: Ein dauerhafter Instrument darf der Soli nicht werden
Doch gibt es dafür ein Hindernis. Im Juli 2011 hatte der Bundesfinanzhof den Soli bis dahin zwar für verfassungsgemäß gehalten, aber zugleich an die Vorgaben des Grundgesetzes für die Aufteilung von Steuern zwischen Bund und Ländern erinnert.1) Und sein Präsident Hermann-Ulrich Viskorf hatte gesagt, der Soli dürfe nicht zu einem „dauerhaften Instrument der Steuerumverteilung zwischen Bund und Ländern“ werden.2) Danach darf der Bundestag, so damals FAZ-Kommentator Joachim Jahn, „nicht auf alle Ewigkeit eine chronische Finanzierungslücke stopfen, indem er eine verkappte Steuererhöhung als ‚Ergänzungsabgabe’ tarnt. Dies würde die Regeln verletzen, nach denen sich Bund und Länder die Ertragsteuern teilen, wogegen der ‚Soli’ allein in die Kasse von Finanzminister Wolfgang Schäuble fließt. Die Abgeordneten sollten sich deshalb nun schleunigst ehrlich machen: Je eher sie mit diesem Etikettenschwindel aufhören, desto besser.“
Aber der Staat will das Geld behalten, nur anders ausgeben
Aufhören könnte und müsste man mit dem Schwindel, indem man den Soli bis 2019 schrittweise senkt und dann abschafft. Das ist das Naheliegende. Nicht jedoch für Bundesfinanzminister Schäuble und die anderen Fiskalisten dieser Republik. Sie wollen den Soli in die Einkommen- und Körperschaftsteuer für Bund, Länder und Kommunen integrieren. Damit würden die Einnahmen aus dem Soli nach 2019 auch den westdeutschen Ländern und Kommunen zugutekommen. Das sei derzeit, so war von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zu vernehmen, „die einzige erkennbare sinnvolle Lösung“.3) Kurzum, der Staat will das Geld behalten, nur anders ausgeben.
Der Soli wird von befristeter zur verkappten dauerhaften Steuererhöhung
Aber schon zu lange haben die Steuerzahler (zwangsweise) Solidarität mit dem Staat geübt. Die Steuern und Abgaben sind stets gestiegen, die Einnahmen daraus haben Rekordhöhen erreicht. Das muss genügen, jetzt sollten Schäuble & Co. Solidarität mit den Steuerzahlern üben. Daher muss mit dem Solidarpakt auch der Solidaritätszuschlag verschwinden. Es wird nicht dazu kommen. Kanzlerin Merkel hat sich gegen das Verschwinden schon im Juli 2013 geäußert und zugleich gesagt warum: „Wenn ich auf die nächsten Jahre blicke, sehe ich großen Investitionsbedarf, und zwar in ganz Deutschland, etwa in Straße und Schiene. Außerdem wollen wir in der nächsten Legislaturperiode endlich Staatsschulden zurückzahlen.“4) Investitionsbedarf und zu tilgende Staatsschulden gibt es natürlich stets. Mit dieser Begründung wird der Soli dann für immer und ewig in die Einkommensteuer integriert bleiben und eine verkappte dauerhafte Steuererhöhung sein.
Des Staates erste Pflicht: An den Ausgaben sparen
Schäuble wird sich ebenfalls darauf berufen, es sei wichtiger, die staatliche Neuverschuldung zu vermeiden und alte Schulden zu tilgen. In der Tat ist das geboten, die Altverschuldung ist längst viel zu hoch. Aber es gibt viele Ausgaben, die unnötig sind, und Ausgaben, die dem Wohl der Allgemeinheit schaden. Allein, was Steuerzahlerbund, Bundesrechnungshof und Landesrechnungshöfe jährlich an Steuerverschwendung auflisten, zeigt ein beträchtliches Sparpotential auf. Dies zu heben, geht allem vor und ist Schäubles und der Seinen erste Pflicht.
Flotte ungegangen, Krieg verloren, Kaiser abgedankt, Sektsteuer blieb
Wenn der Staat eine neue Steuer als nur vorübergehend einführt, wird gerne an die Sektsteuer von Wilhelm Zwo erinnert. Zum Geschacher um die Zukunft des befristeten Soli äußerte einer meiner Freunde: „Steuererhöhungen sind ja beliebt wie Fußpilz. Daher haben sich Politiker überlegt, dem Wort Steuer mindestens eine Vorsilbe hinzuzufügen. Öko-Steuer klingt doch irgendwie netter. Oder man tauft sie um in „Solidaritätszuschlag“. Klingt dann auch nicht mehr so schlimm. Und die Sache mit „vorübergehend“ kennen wir von William Pitt. Zur Finanzierung von Kriegskosten (warum sind Kriege auch immer nur so teuer?) hatte dieser 1799 eine ‚Income Tax’ eingeführt. ‚Nur vorübergehend’ natürlich. Die Sektsteuer wurde 1902 in Deutschland eingeführt (Originaltext hier). Der Kaiser von Gottes Gnaden sah Deutschlands Zukunft bekanntlich auf dem Wasser und wollte eine Flotte finanzieren. Die Flotte ist untergegangen, der Krieg verloren, der Kaiser hat abgedankt – aber die Sektsteuer blieb dem Volk erhalten. So ergeht es allen ‚neuen’ Steuern. Sie werden schnell zu ‚alten’ – und bleiben für immer.“
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1) Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken schreibt das Institut: „Beim Solidaritätszuschlag handelt es sich um eine Ergänzungsabgabe, die allenfalls kurzfristig erhoben werden darf. Dies war Mitte der 1990er Jahre auch die Ansicht der Bundesregierung: ‚Der Solidaritätszuschlag ist ein Zuschlag auf Zeit . Er ist nicht in die Steuertarife integriert und wird jedes Jahr anhand von objektiven Kriterien auf seine Notwendigkeit hin überprüft. Sollten gegenüber dem Finanzplan die Finanzausgleichsleistungen an die neuen Länder deutlicher als erwartet zurückgehen oder die Steuereinnahmen aufgrund der konjunkturellen Entwicklung dauerhaft höher ausfallen als bisher erwartet, wird der Solidaritätszuschlag schrittweise zurückgeführt.’ Der Solidaritätszuschlag muss nach 19-jähriger Erhebungsdauer aber inzwischen als Dauerabgabe bezeichnet werden. Dies ist mit den Vorgaben der Finanzverfassung nicht zu rechtfertigen. Denn bei gesetzessystematischer Auslegung folgt aus Art. 106 GG, dass eine Ergänzungsabgabe nur zur Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt erhoben werden darf. Eine Ergänzungsabgabe ist daher nur als ultima ratio in außergewöhnlichen Haushaltssituationen einzusetzen. Dabei ist sowohl die Höhe als auch die Erhebungsdauer eng zu begrenzen. Der Solidaritätszuschlag genügt diesen Verfassungsvorgaben nicht und erscheint deshalb verfassungsrechtlich bedenklich.
2) FAZ vom 22. Juli 2011.
3) FAZ vom 24. September 2014.
4) Welt am Sonntag vom 21. Juli 2013.
Die Gans muss so gerupft werden, dass sie nicht schreit. So kommt es, daß wir nicht die 70% Steuer- und Abgabenlast mit einer Steuer abführen, sondern daß wir unzählige Steuern und Abgaben haben.
Das ganze Geld verschwindet in dem schwarzen Loch genannt Staat. Dieses schwarze Loch reist alles an sich und verpackt seine Gier in so schöne Worte wie Gerechtigkeit oder Gleichheit. Neid ist sein liebstes Mittel. Dadurch wird alles zerstört was eine Gesellschaft zusammenhält Familie, Nächstenliebe, gegenseitige Achtung und Hilfe. Selbstvertrauen, Unabhängigkeit, Freiheit und Eigenverantwortung bleiben auf der Strecke.
Das meiste braucht das schwarze Loch für seine Bürokratie und Diener. Doch manchmal spuckt das schwarze Loch auch mal wieder was aus. In den Genuss kommen die, die ihm am nächsten sind wie Banken und die ganzen großen Lobbyvereine (Großkonzerne, Klimaretter, Energiewender etc..). Alle anderen drehen sich immer schneller um das schwarze Loch, starren es an und schreien immer lauter und schriller „Vater Staat gib uns auch was“. Dabei wäre es doch viel einfacher, wenn sie darauf achten würden nicht so sehr gerupft zu werden.