Die EU den Bürgen wieder näher bringen

Für die neue Juncker-Kommission in Brüssel dreißig Reformvorschläge für zwölf Politikbereiche – Open Europe Berlin: Ausgaben überprüfen, Wachstum beschleunigen, Regeln einhalten, Regulierungen mit Verfallsdatum versehen, nationale Schulden und Absicherungen nicht vergemeinschaften, mögliche Einsparung in sieben Jahren: 252 Milliarden Euro

 Wer vernimmt das nicht gern: „Für jedes neue Gesetz soll ein altes abgeschafft werden, EU-Beamte sollen rund 10 Prozent weniger Geld bekommen, ein neuer Kommissar soll Gesetze darauf prüfen, ob sie wirklich Angelegenheit der EU sind, und Subventionen sollen nur noch an die ärmeren Mitgliedsländer gehen.“ Die neue EU-Kommission in Brüssel steht vor alten wie vor neuen Aufgaben. Dass sie sie meistert, ist sehr zu hoffen, dass sie es schafft, aber auch zu bezweifeln. Die bisherigen Erfahrungen jedenfalls sind nicht gut. Und die neuen Kommissare wirken ebenso wenig überzeugend wie deren Qualifikation für die Ressortzuständigkeit, die ihnen der designierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zugedacht hat. Umso wichtiger ist, ihnen vorzugeben, was sie tun müssten, wenn ihre Arbeit erfolgreich sein soll.

Ausgaben überprüfen, Wachstum beschleunigen, Regeln einhalten

Um eine solche konkrete Vorgabe verdient gemacht hat sich die gemeinnützige Institution Open Europe Berlin. Sie selbst bezeichnet sich als „eine eigenständige deutsche Denkfabrik mit europäischer Ausrichtung“ (hier). Für zwölf Politikbereiche mahnt sie dreißig genau benannte Reformen an, die sich die neue Kommission vornehmen sollte, ohne dass es dafür irgendwelcher Vertragsänderungen bedürfe. Dies werde die EU wettbewerbsfähiger machen und ihr helfen, die Verbindung zu den EU-Bürgen wiederherzustellen (hier). Den ordnungspolitischen Auftrag für die EU-Kommission unter Juncker kennzeichnet Open Europe Berlin kurz so: „Ausgaben überprüfen, Wachstum beschleunigen, Europa näher am Bürger gestalten, Regeln setzen und einhalten“.

Regulierungen mit Verfallsdatum versehen

Die wichtigsten Aufforderungen an die Kommission (von Open Europe Vorschläge genannt) lauten: die Gelder der EU-Regional- und Strukturfonds auf Projekte mit hohem Multiplikatoreffekt in armen Mitgliedsstaaten konzentrieren; die Märkte für Dienstleistungen öffnen; die nationalen Parlamente stärker einbinden; die Gehälter und Sondervergünstigungen für EU-Angestellte in den niedrigen Gehaltsklassen um 5 Prozent kürzen, in der Mitte um 10 und in den höchsten Gehaltsklassen um 15 Prozent, weil sie vergleichsweise zu üppig sind; die Regulierungen begrenzen (für jede neue Regulierung eine bestehende unnötige abschaffen); Regulierungen nach einem vorgegebenen “Verfallsdatum” automatisch auslaufen lassen, es sei denn, eine Mehrheit von Mitgliedstaaten hält diese nach eingehender Prüfung für dauerhaft notwendig.

Nationale Schulden und Absicherungen nicht vergemeinschaften

Eine weitere Aufforderung lautet: „Um die EU und die Eurozone nicht zu einer Koalition der Reformverweigerung auf Kosten noch vorläufig gesunder Volkswirtschaften werden zu lassen, muss sich die neue Kommission (konsequent ihrem Mandat folgend) einer Vergemeinschaftung fiskalischer Lasten und wohlfahrtsstaatlicher Lasten und Leistungen widersetzen. Das heißt konkret: Die jeweils national zu verantwortenden Staatschulden und die jeweiligen nationalen Absicherungen für Banken oder auch für Arbeitslose dürfen nicht vergemeinschaftet werden; sonst schafft die EU nur mehr Anreize für Schulden, Bankenpleiten und Arbeitslosigkeit.“

Mögliche Einsparung in sieben Jahren: 252 Milliarden Euro

Mit diesen und den weiteren Aufforderungen könne die EU-Kommission erreichen, in den kommenden sieben Jahren rund 252 Milliarden Euro einzusparen. Ohne tiefgreifende Reformen drohe der EU noch mehr wirtschaftliche Stagnation und politische Frustration. Die Aufforderungen stellten darauf ab, neue Wachstumsimpulse vor allem in der Privatwirtschaft zu schaffen. „Das geht ohne Transferunion und Brüsseler Interventionismus. Tatsächlich könnten die EU-Steuerzahler sogar noch um Milliarden Euro entlastet werden; und die EU-Bürger erhielten mehr Kontrolle über Entscheidungen in Brüssel.“ Die gesamten Aufforderungen im Wortlaut hier.

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Ein Kommentar zu „Die EU den Bürgen wieder näher bringen“

  1. Sehr geehrter Herr Krause, d i e s e EU wollten und wollen die Völker Europas nicht.
    Ich darf hier an Charles de Gaulle erinnern: ein Europa der Vaterländer, d. h. der souveränen Nationalstaaten (übrigens wohlweislich ohne die Engländer!).
    Da können diese Polit-Kommissare (dieser „Berufsstand“ weckt so ungute Erinnerungen an UdSSR und DDR!) noch so viel Kreide fressen, die wahren Ziele dieser „Übung“ EU sind andere. Hoffentlich wachen die Bürger Europas bald auf, bevor es zu spät ist!

    Zum Thema Finanzen sei hier nur Henry Ford (ich glaube 1913) zitiert: „Wenn die Menschen unser Finanzsystem verstehen würden, hätten wir vor morgen früh noch eine Revolution.“

    Ein ungedecktes, d. h. wertloses Papiergeldsystem, wie es weltweit existiert, aufgebaut auf Schulden mit Zinseszinsfunktion birgt seinen Zusammenbruch schon bei der Entstehung in sich.
    Zum besseren Verständnis der Zinseszins- oder auch Exponentialfunktion:
    1. Lineare Verzinsung: Sie bekommen 60 Wochen lang jede Woche 50.000 Euro – macht am Ende 3 Mio. Euro
    2. Exponentialfunktion: Sie bekommen, beginnend in der ersten Woche, 0,000000001 Euro – dann erfolgt jede Woche eine Verdoppelung des vorhergehenden Betrages, also in der zweiten Woche 0,000000002 Euro, in der dritten Woche 0,000000004 Euro usw. – das ebenfalls 60 Wochen lang. Man rechne selbst weiter.

    Wer hat am Ende mehr Geld in der Tasche? Für welche Option würden Sie sich entscheiden, wenn Ihnen diese beiden Möglichkeiten geboten werden? Nur soviel sei hier schon verraten: die 3 Mio. Euro muten wie Portokasse an gegenüber der 2. Option.

    Und genau dieses Zinseszins-Schuldgeld-System, das Henry Ford wohl zu seiner Aussage veranlaßte, ist es, in dem wir stecken.

    Dazu abschließend Ludwig v. Mises:
    „Es gibt keinen Weg, den finalen Kollaps eines Booms durch Kreditexpansion zu vermeiden. Die Frage ist nur, ob die Krise früher durch freiwillige Aufgabe der Kreditexpansion kommen soll, oder später zusammen mit einer finalen und totalen Katastrophe des Währungssystems kommen soll.“

    Mehr muß man nicht wissen, um zu begreifen, daß es keine Frage des „Ob“, sondern nur des „Wann“ ist!

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