Aber Gewalt ist Gewalt, aus welcher politischen Richtung auch immer – Daher ist sie gleichermaßen rechtswidrig und gleichermaßen strafbar
Man hat aus der Berichterstattung vieler Medien den Eindruck, dass Gewalttaten nur oder überwiegend von Politisch-Rechtsextremisten begangen werden, aber nicht oder kaum von Politisch-Linksextremisten. Er entsteht, weil die Neigung, kritisch und aufgeregter über das Geschehen in der rechtsextremistischen Szene zu berichten, sichtlich ausgeprägter ist, als die Neigung, die gleichen Empörungsmaßstäbe auch für die linksextremistische anzulegen. Eine Meldung aus Hamburg scheint den Eindruck zu bestätigen.
2012 in Hamburg 396 rechtsextremistische Straftaten und 38 Gewalttaten
Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD hat jüngst den Verfassungsschutzbericht für Hamburg mit den Zahlen für das Jahr 2012 vorgestellt.*) Danach haben die „rechtsextremistischen Straftaten“ von 298 (2011) auf 396 (2012) zugenommen, die „Gewalttaten“ von 21 auf 38. Dazu wird erläutert: Dieser Anstieg „ist unter anderem auf die rechtsextreme Großdemonstration am 2. Juni 2012 zurückzuführen, bei der es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremisten kam. Etwa zwei Drittel der rechtsextremistischen Straftaten waren Propagandadelikte, zum Beispiel das Zeigen des ‚Hitler-Grußes’ oder das Skandieren der Parole ‚Sieg Heil’.“ Also Motto für ihre Demonstration hatten die Rechtsextremisten „Tag der deutschen Zukunft“. Innensenator Neumann nannte ihn jetzt „fremdenfeindlich und rassistisch motiviert“.
Gewalttätigkeiten erst durch die Linksextremen
Wohl war diese Großdemonstration eine der Rechtsextremisten, aber unfriedlich ist sie, so muss man daraus schließen, erst dadurch geworden, dass die Linksextremisten als Gegendemonstranten herbeigeeilt waren, um die Demonstration ihrer politischen Gegner massiv zu stören. Erst dadurch ist es zu den „gewalttätigen Auseinandersetzungen“ überhaupt erst gekommen. Tatsächlich also gingen die Gewalttätigkeiten von den Linksextremen aus, und natürlich haben sich die Rechtsextremen dagegen gewehrt. Der Hamburger Verfassungsschutzbericht jedoch lastet sie zunächst nur den Rechtsextremen an. Wären die Linksextremen zuhause geblieben, wäre die rechtsextreme Großdemonstration höchstwahrscheinlich friedlich verlaufen. Aber so scheint es immer zu sein: Erst wenn die Linksextremen auftauchen, kommt es zu den Gewalttaten, von denen wir dann lesen, es seien rechtsextremistische gewesen.
Links- und rechtsextremistische Gewalt gemessen mit zweierlei Maß
Dies feststellen heißt nicht die Rechtsextremen reinwaschen und als Unschuldslämmer hinstellen – siehe die „ zwei Drittel Propagandadelikte“, auch wenn sie keine Gewalttaten sind, aber doch sehr provozieren – es geht nur darum, offenzulegen, wie linksextremistische Gewalt systematisch verharmlost und verschwiegen und wie mit zweierlei Maß gemessen wird. Typisch für diese bewusst einseitige Wahrnehmung ist, dass die für den Verfassungsschutz zuständige Hamburger Behörde das Geschehen zustimmend mit diesem Satz kommentiert: „Es war ein ermutigendes Zeichen, dass an der von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis getragenen Gegendemonstration auf dem Rathausmarkt mehr al 10.000 Bürgerinnen und Bürger teilnahmen.“ Die Behörde nimmt also die von den Linksextremisten ausgelösten Gewalttätigkeiten als „ein ermutigendes Zeichen“ billigend in Kauf.
Polizisten als Opfer linksextremer Straftäter
Andererseits aber stellt die Behörde anhand des Berichts sehr wohl und den Tatsachen entsprechend die Linksextremisten als Verursacher der Gewalttätigkeiten „bei Demonstrationen anlässlich des 1. Mai 2012 oder der rechtsextrem motivierten Veranstaltung in Hamburg am 2. Juni 2012“ so heraus: „Hier liegen die Hauptursachen für den Anstieg der linksextremistischen Straftaten von 81 im Jahr 2011 auf 138 sowie der Gewaltdelikte von 48 auf 64. Dabei wurden immer wieder auch Polizisten Opfer linksextremer Straftäter.“ Opfer durch Rechtsextreme hat es unter den Polizisten also wohl nicht gegeben.
In Hamburg 1 120 Linksextremisten und 330 Rechtsextremisten
Bezeichnend ist und zum wahren Bild passt, was sich im Bericht der Hamburger Behörde so liest: „Wie 2011 stufte der Verfassungsschutz im Jahr 2012 in Hamburg 1.120 Personen als Linksextremisten ein, darunter 620 als gewaltorientiert. Auf ihr Konto gingen zahlreiche Straftaten, zum Beispiel Brandstiftungen und Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit Themen wie Stadtentwicklung („Anti-Gentrifizierung“) und innerer Sicherheit („Anti-Repression“), aber auch Antifaschismus.“ Zu den Rechtsextremen dagegen liest man: „Die Gesamtzahl der Personen in Hamburg, die rechtsextremistischen Organisationen angehören, ist 2012 vor allem infolge der Auflösung der DVU von 450 im Jahr 2011 auf 330 zurückgegangen.“ Das zeigt: Die Zahl der Linksextremisten in Hamburg ist fast dreimal so hoch wie die der Rechtsextremisten. Aber gleichwohl: Gewalt ist Gewalt – aus welcher politischen Richtung auch immer. Daher auch ist sie gleichermaßen rechtswidrig und gleichermaßen strafbar. Daher gehört sie auch gleichermaßen ans Licht gebracht. Der Eindruck, dass dies wirklich geschieht, ist überzeugend noch nicht widerlegt.
*) http://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/3998660/2013-06-06-bis-pm-verfassungsschutzbericht-2012.html