Eine häufige Verwirrung der Begriffe
Immer wieder wird Inflation genannt, was keine ist. Immer wieder werden die Begriffe Inflation und Teuerung durcheinander geworfen. Wenn die Gedanken sich verwirren, verwirren sich die Begriffe. Wenn die Begriffe sich verwirren, verwirrt sich das Handeln.
Wie man beides auseinanderhält
Wenn beispielsweise der Rohölpreis steigt, weil weniger Rohöl angeboten wird, aber die Nachfrage nach Rohöl unverändert ist, dann ist das kein inflationärer Vorgang, sondern ein marktbedingte Preisanstieg, eine für die Nachfrager zwar unerfreuliche, aber stinknormale Teuerung. Wenn der Maispreis steigt, weil Trockenheit die Ernte dezimiert hat, ist auch das keine Inflation, sondern ebenfalls schlicht eine Preissteigerung, eine Teuerung. Wenn der Staat den Mehrwertsteuersatz heraufsetzt und daher alle Güter und Dienstleistungen auf breiter Front teurer werden, ist das ebenfalls keine Inflation, sondern staatlich veranlasste Preissteigerung, allerdings eine unverschämte. Wenn dagegen zentrale Notenbanken mit ihrem staatlich verliehenen Geldmonopol und Banken mit ihrem Teilreserveprivileg durch Kreditvergabe die Geldmenge weit über das Wirtschaftswachstum einer Volkswirtschaft hinaus aufblähen und dem dann ein Anstieg des Preisniveaus in dieser Volkswirtschaft folgt, dann ist das Inflation. Daher sollte man also auch die Begriffe Inflationsrate und Teuerungsrate zweckmäßigerweise auseinanderhalten.
Ein munteres Durcheinander
Erst wird das Denken unsauber, dann die Begriffe Dieser Tage war zu lesen, die Inflationsrate im Euro-Raum im August sei von 2,4 auf 2,6 Prozent geklettert – vor allem wegen des Ölpreisanstiegs. Derzeit bewege vor allem das Auf und Ab des Ölpreises die Inflationsrate. Die Inflation liege nun schon seit 21 Monaten über der Marke von 2 Prozent, die die Europäische Zentralbank als Preisstabilität definiere. EZB-Präsident Mario Draghi habe die Prognose ausgegeben, dass die Teuerungsrate bis Anfang 2013 wieder unter 2 Prozent sinken solle. Also ein munteres Durcheinander. Es kann allerdings sein, dass die globale Geldmengenausweitung (durch die Fast- Nullzinspolitik von Fed und EZB, genannt „lockere Geldpolitik) den Ölpreisanstieg mitbewirkt hat. Dann immerhin enthält diese Preissteigerung einen inflationären Anteil (lateinisch inflare = aufblasen, aufblähen).
Nicht jeder Preisauftrieb ist eine Inflation
Aber nochmals: Nicht jeder Preisauftrieb ist eine Inflation, obwohl gerne und häufig so genannt. Warum? An freien Märkten, also bei unbeschränktem Wettbewerb, pflegen Güterpreise nur dann zu steigen, wenn die kaufkräftige Güternachfrage größer ist als das gleichzeitig vorhandene Güterangebot. Die Ursachen dafür sind bekanntermaßen zwei: Entweder ist das Angebot, gemessen an der Nachfrage, zu knapp, oder die Nachfrage ist, gemessen am Angebot, zu groß. Zu knapp heißt, die Gütermenge ist geringer geworden (Beispiel Produktionsausfälle) oder nicht ebenso gewachsen wie die kaufkräftige, also die mit Geld ausgestattete Nachfrage.
Marktbedingt und inflationsbedingt
Steigen die Güterpreise im unbeschränkten Wettbewerb aufgrund von Verknappung, sind das übliche marktbedingte Preissteigerungen, Inflation ist das nicht. Inflation liegt nur dann vor, wenn die Güterpreise steigen, weil die Geldmenge aufgebläht worden ist und das Güterangebot mit der Aufblähung der Geldmenge nicht Schritt halten kann. Die Folge ist zwingend: Die Preise der relativ knappen Güter passen sich auf den Märkten der riesigen Geldmenge an: sie steigen. Das ist inflationsbedingt.
Eine scheußliche Mischung
Das eine ist die Teuerungsrate, das andere die Inflationsrate. Beides, Verknappung und Inflation, kann auch zusammen auftreten. Dann entsteht aus verknappungsbedingtem und inflationsbedingten Preisauftrieb eine scheußliche Mischung. Doch ist der inflationsbedingte auf den Güter-, vor allem den Konsumgütermärkten noch gar nicht richtig durchgesickert, sondern macht sich erst auf den Finanzmärkten (zum Beispiel Aktienkurse), auf Rohstoffmärkten (Erdöl, Getreide), Bodenmärkten (Agrarland) und Edelmetallen wie Gold und Silber (Inflationsangst) bemerkbar. In dieser Lage befinden wir uns jetzt. Das habe ich an dieser Stelle schon vor gut anderthalb Jahren geschrieben (https://kpkrause.de/2011/01/27/inflation-die-grose-gefahr-die-grose-versuchung/).
Der für politisches Handeln wichtige Unterschied
Steigt also der Index der Verbraucherpreise, heißt das korrekt Preisanstieg oder Teuerung. Diese Teuerung kann teilweise oder ganz auch inflationsbedingt sein, muss es aber nicht. Wäre sie ganz eine Folge der Geldmengenaufblähung, wäre die Teuerungsrate zugleich die Inflationsrate. Normalerweise ist sie das aber nicht. Wer Preissteigerungen durch politisches Handeln verhindern oder eindämmen will, muss wissen, ob sie marktbedingt oder/und inflationsbedingt sind, muss also den Unterschied beachten, weil für das Handeln, um erfolgreich zu sein, unterschiedliche Mittel anzuwenden sind. Denn siehe oben: Wenn die Begriffe sich verwirren, verwirrt sich das Handeln.
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Vielen Dank für diese Erleuterung. Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt ist mir schon seit langen aufgefallen. Fast überall in den Medien wird Inflation mit reiner Preissteigerung gleichgesetzt. Die Wirkung in der Politik sind meines Erachtens fatal.
Ich freue mich, dass es dennoch Menschen gibt, die mithelfen, diese Unwahrheit aufzuklären.