Bitte, liefern sie mir den Ökostrom aus Kernkraft

Wie Sie versuchen können, ihn zu bekommen
und sich, wenn auch aussichtslos, gegen die staatliche Stromverteuerung zu wehren

Wollen Sie Ihren Stromlieferanten mal schön in Verlegenheit bringen und ärgern? Gewiss, an sich tut man so etwas nicht. Aber ärgert er Sie nicht ebenfalls? Nämlich in freundlichen Briefen mit Strompreiserhöhungen? Dann versuchen Sie doch mal ein bisschen Gegenwehr.

Strom nur aus Wasserkraft zu bekommen, das geht

Mein Stromlieferant zum Beispiel bietet auch Strom nur aus Wasserkraft an. Er liefert ihn unter der Bezeichnung „NaturPLUS“, berechnet für ihn aber etwas mehr, allerdings nur 1 Euro monatlich. Das dürfte erschwinglich sein. Mein Stromlieferant sind die Stadtwerke. „NaturPLUS ist Ökostrom aus 100 % Wasserkraft.“ Versprechen sie. Glaube ich ihnen.

„Ökostrom“ ist solcher, bei dessen Erzeugen kein CO2 entsteht

Als „Ökostrom“ gilt, wenn bei seiner Erzeugung kein Kohlendioxid (CO2) emittiert wird, das dem Erdklima abträglich sein soll, weil er dieses erwärme. Nun gut, tun wir mal so, als träfe das zu. Folglich soll immer mehr Strom mit Wind- und Sonnenkraft sowie „Biogas“ erzeugt werden, weil zumindest beim Erzeugen CO2 hier nicht anfällt.

Je mehr Wind- und Solarkraft um so teurer der Strom

Allerdings sind die Kosten für diese Stromproduktion zu hoch und daher unwirtschaftlich. Um diesen Schaden zu beheben, zwingt die politische Führung die Stromnetzbetreiber per Gesetz, diesen Strom mit Vorrang abzunehmen, und uns Stromverbraucher, mehr für ihn zu bezahlen, damit dessen Erzeuger auf ihre Kosten kommen und an ihm verdienen. Das Gesetz heißt „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) und soll zu einer Stromproduktion ohne CO2 hinführen. Aber je mehr Windkraft-, Fotovoltaik- und Biogasanlagen gebaut werden und Strom erzeugen, umso mehr wird der Strompreis heraufgesetzt werden (müssen), umso mehr werden jene freundlichen Briefe unserer Stromlieferanten eintreffen.

Doch es gibt noch einen anderen „Ökostrom“

Aber gibt es nicht noch eine andere Möglichkeit, Strom zu produzieren, bei der das „Klimakiller-Gas“ CO2 ebenfalls nicht entsteht? Richtig, es gibt eine. Es ist die Stromerzeugung aus Kernkraft. Daher ist auch Kernkraftstrom „Ökostrom“. Dazu kommt der Vorteil, dass seine Erzeugungskosten (neben denen aus Braunkohle) am niedrigsten sind.

Schreiben Sie einfach mal einen Brief

Nun, nach diesem Vorlauf, zurück zum Stichwort Gegenwehr. Wenn Stadtwerke Strom verkaufen und liefern können, der nur mit Wasserkraft erzeugt wird, dann müssen sie das doch wohl auch mit reinem Kernkraftstrom können. Schreiben Sie also Ihrem Stromlieferanten einen Brief mit vielleicht diesem Wortlaut:

… beantrage ich hiermit, mich nur mit Strom aus Kernkraft zu beliefern

„Sehr geehrte Damen und Herren, da Sie offenkundig sehr für eine CO2-freie, klimafreundliche Stromgewinnung eintreten, wohl weil Sie meinen, anthropogenes CO2 sei klimaschädlich, sich also für den sogenannten Ökostrom einsetzen, beantrage ich hiermit, mich künftig nur noch mit dem CO2-freien Ökostrom aus Kernkraft zu beliefern und mir nur noch dessen Erzeugungskosten in Rechnung stellen; sie liegen, wie Sie wissen, etliche Cent/kWh unter dem Standard-Mixpreis. Die Versorgung mit diesem Strom ist am preiswertesten, vor allem aber stets zuverlässig, auch langfristig. Sollten Sie für diesen Strom später einmal Bezugsschwierigkeiten haben, weil die deutschen Kernkraftwerke doch abgeschaltet werden sollen, kann diesen Strom die CEZ-Gruppe aus Tschechien liefern und die EDF-Gruppe aus Frankreich. Schwierigkeiten, 100 Prozent Kernkraftstrom zu liefern, werden Sie bestimmt genauso wenig haben, wie andere Stromlieferanten imstande sind, 100 Prozent Strom aus Wasserkraft anzubieten und zu liefern. Mit freundlichen Grüßen …“

Was Sie als Antwort erwartet

Dann erhalten Sie vielleicht, wie ich, eine Antwort ähnlich wie diese: „Wir freuen uns, dass Ihnen so wie uns daran liegt, CO2-Emissionen zu reduzieren. Ihrer Bitte um Lieferung von CO2-freiem Ökostrom aus 100 % Kernkraft können wir leider nicht nachkommen. Unser Produktpotfolio entstammt aus einem Gesamtstrommix, für dessen Beschaffung und Struktur uns ökologische wie auch ökonomische Gesichtspunkte sowie die Interessenlage sämtlicher Kunden als Grundlage dienen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir für einzelne Privatkunden weder gesondert Strom beschaffen noch gesonderte Produkte entwickeln können.“

Aber aufgeben müssen Sie dann noch nicht

Nach so einer Antwort bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder Sie geben auf oder Sie lassen sich diese Begründung nicht gefallen. Im zweiten Fall können Sie dann so zurückschreiben:

Was mit Wasserkraftstrom geht, muss doch auch mit Kernkraftstrom gehen

„Leider halte ich meinen Wunsch nach Kernkraftstrom noch nicht für abschließend beantwortet. Denn ich verstehe noch nicht, warum Sie Strom nur aus Wasserkraft liefern können, ihn jedenfalls anbieten und bewerben, Strom nur aus Kernkraft aber nicht. Noch sind deutsche Kernkraftwerke am Netz, und wenn sie eines Tages wirklich abgeschaltet sein sollten, dann gibt es diesen Strom von benachbarten EU-Mitgliedstaaten, die es aus guten Gründen für zweckmäßiger halten, aus dieser Form der Stromerzeugung nicht auszusteigen. Ihre Begründung, sie könnten meinem Verlangen nach Kernkraftstrom deswegen nicht nachkommen, weil Ihr „Produktfolio aus einem Gesamtstrommix entstammt“, verstehe ich nicht, denn mit dieser Begründung würden Sie dann doch auch keinen Wasserkraftstrom liefern können. Ebendas aber gelingt Ihnen offenkundig, denn Sie werben damit. Und warum können sie für einzelne Privatkunden Wasserkraftstrom „gesondert“ als Produkt entwickeln und beschaffen, nicht jedoch Strom aus Kernkraft? Und wenn für Ihre gesamte Strombeschaffung ‚ökologische wie auch ökonomische Gesichtspunkte sowie die Interessenlage sämtlicher Kunden als Grundlage dienen’, dann möchte ich doch gerne wissen: Worin bestehen diese ökologischen Gesichtspunkte genau? Was für ökonomische Gesichtspunkte meinen Sie konkret? Preise? Woher wissen Sie, was die Interessenlage Ihrer ‚sämtlichen’ Kunden ist? Und wie definieren Sie deren Interessenlage? Kurzum, Ihre Begründung ist nicht schlüssig, und ich bitte um nachvollziehbare Aufklärung.“

Das Handtuch geworfen

Ja, was sollen die armen Stadtwerke diesem Quälgeist da noch antworten? Wem die Puste ausgeht, der wirft das Handtuch. Also haben sie wortwörtlich wiederholt, was sie schon zuvor geschrieben hatten: „In unserem letzten Schreiben haben wir Ihnen bereits mitgeteilt, dass unser Produktpotfolio aus einem Gesamtstrommix entstammt, für dessen Beschaffung und Struktur uns ökologische wie auch ökonomische Gesichtspunkte sowie die Interessenlage sämtlicher Kunden als Grundlage dienen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir für einzelne Privatkunden weder gesondert Strom beschaffen noch gesonderte Produkte entwickeln können. Aus unserer Sicht ist Ihr Anliegen hiermit abschließend beantwortet.“

Der Versuch bei einem anderen Stromlieferanten

Einen anderen Stromlieferanten, der ebenfalls reinen Wasserkraftstrom im Programm hat, hatte ich ebenfalls mit dem Wunsch nach Kernkraftstrom traktiert. Das Begehren fand dann mit dessen intelligenteren Antwort diesen Abschluss:

Ergebnis: „Atomstrom“ liefern geht aus vielen Gründen nicht

„Leider können wir Ihnen kein solches Produkt anbieten. Im Gegensatz zu regenerativer Energie aus Wasserkraft – überwiegend aus Skandinavien und Österreich – wird reine Kernenergie nicht speziell an der Strombörse gehandelt. Bei den – neben den regenerativen Energien – gehandelten Strommengen handelt es sich immer um so genannten ‚Graustrom’, der dem bundesdeutschem Strommix entspricht. Insofern gibt es für solch einen Tarif auch keine Kalkulationsgrundlage, da es keinen Einzelpreis für die Kilowattstunde Kernenergie gibt. Auch aus technischer Sicht wäre eine Belieferung rein durch Kernkraft nicht machbar. Kernkraftwerke werden zur Deckung der Grundlast eingesetzt. Spitzenlaststrom wird – nach Bedarf – aus anderen Energieformen ergänzt, so dass es auch in diesem Fall zu einem Energiemix kommt. Darüber hinaus gibt es unserer Sicht für solch einen Tarif derzeit keinen Bedarf. Die Ereignisse in Fukushima und der daraus resultierende Atomausstieg bis zum Jahr 2020 lassen Atomstrom aus heutiger Sicht als Auslaufmodell erscheinen. Dies zeigt auch die Reaktion unserer Kunden, die verstärkt Stromprodukte aus regenerativer Energie nachfragen.“

Ein tolles Ergebnis der Energiewende: Versorgungslücke

Wie gesagt, intelligenter, aber ebenso kein Abweichen von dem, was hierzuland’ politisch korrekt zu sein hat. Nix da mit Kernkraftstrom. Wie lange wollen wir uns das EEG mit der Stromverteuerung noch gefallen, uns diese für Deutschland ruinöse Energiepolitik noch bieten lassen? In der FAZ vom 14. Mai war zu lesen, dass sich die Stromversorgungslage in Süddeutschland verschlechtert statt wie prognostiziert verbessert hat. Die Bundesnetzagentur sieht vor allem hier einen bedrohlichen Versorgungsengpass. Die Versorgungslücke entspreche etwa der Leistung von zwei Kernkraftwerken. Ein tolles Ergebnis der Energiewende. Eine irre Energiepolitik.

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Ein Kommentar zu „Bitte, liefern sie mir den Ökostrom aus Kernkraft“

  1. Ein hervorragender Bericht. Er verdeutlicht nur allzugut das Dilemma, in dem sich unser „Denken“ befindet. Statt zu fordern, wie es die Rot-Grünen tun, stellen wir eine Bitte.
    Ich freue mich schon auf unser nächstes Treffen, um von nun an Strategien gegen diese Meinungsmanipulationen zu entwerfen.

    Mit freundlichen Grüßen (aus dem hohen Norden)
    Tyron Booker

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