Sollten nicht auch Linksextreme Ihre Demokratiefeinde sein?
Der Bundesgerichtshof hat gesprochen, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck hat gefaselt. Nach einem jüngsten Urteil der BGH-Richter darf ein Hotelbetreiber Gäste abweisen, wenn ihm deren politische Gesinnung nicht passt. Ebendas hatte ein Hotelier im brandenburgischen Bad Saarow mit einem Gast namens Udo Voigt 2009 getan. Warum? Weil dieser Gast damals Bundesvorsitzender der NPD war.
Eine wunderliche Begründung
Begründet hatte der Hotelier sein Hausverbot für den NPD-Voigt so: „Die politische Überzeugung von Herrn Voigt ist mit dem Ziel unseres Hauses, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten, nicht zu vereinbaren.“ Eine wunderliche Begründung, denn Voigt wollte in dem Wellness-Hotel Esplanade Ressort & Spa wohl kaum politisch agitieren, sondern es sich dort zusammen mit seiner Frau schlicht wohlgehen lassen. Das hatte er dort auch früher schon einige Male getan, ohne dass er zum Störfall wurde, ohne dass sich andere Hotelgäste beschwert haben, ohne dass es dem Hotelkonzept Abbruch getan hat. Vogt fühlte sich diskriminiert und klagte, letztinstanzlich teilweise mit Erfolg.
Platzeck: eine Ermutigung für Zivilcourage
Aber Matthias Platzeck fand die Begründung des Hoteliers richtig schön. In einer Mitteilung vom 9. März begrüßte er das Richterurteil als eine „Ermutigung für Zivilcourage“ und äußerte, die „rechtsextremen Demokratiefeinde“ müssten wissen und auch täglich spüren, dass sie in der Gesellschaft nicht willkommen seien.
Eine nicht abwegige Schlussfolgerung
Nun sollte man doch wohl meinen, dass nicht nur rechts-, sondern auch linksextreme Demokratiefeinde in der Gesellschaft unwillkommen sein sollten. Die jedoch hat Platzeck offensichtlich nicht in seinem demokratischen Blickfeld, als gäbe es die gar nicht und seien für die Demokratie gänzlich ungefährlich. So muss man denn aus seinem einäugigen Verdikt gegen Rechtsextreme folgern, dass er gegen linksextreme Demokratiefeinde nichts hat, ja, dass sie ihm vielleicht sogar willkommen sind, ihm jedenfalls nicht gefährlich erscheinen. Oder warum sonst hat er nicht auch sie in seine Äußerung einbezogen?
Hotelunterkunft nur mit richtiger Gesinnung?
Und warum ermutigt das Richterurteil, wie Platzeck meint, die Zivilcourage? Will er die Hotelbetreiber damit auffordern, Mut zu zeigen und bei ihren Gästen die Parteizugehörigkeit oder politische Gesinnung abzufragen, bevor sie die Buchungsbestätigung bekommen? Ohnehin darf ein Hotelier jeden Gast abweisen. Das gehört zu seinem Hausrecht. Noch nicht einmal einen Grund dafür muss er nennen.
Nicht Zivilcourage, sondern Dummheit
Lieber Herr Platzeck, es wäre noch nicht einmal Zivilcourage, wenn ein Hotelbesitzer sogar Ihnen den Zutritt in sein Haus verwehrte. Er darf das und hat – anders als in despotischen Regimen – staatliche Verfolgung und Haft im Rechtsstaat gottlob nicht zu befürchten. Aber es wäre eine sonderbare und außergewöhnliche Dummheit von ihm, allein schon deswegen, weil es aus geschäftlichen Gründen töricht ist, auf Kunden zu verzichten. Ihnen selbst freilich würde ich diese Erfahrung durchaus einmal gönnen. Es gibt viele, die auch mit Ihrer Partei und Ihrer Politik nicht einverstanden sind. Darunter mag auch einmal ein Hotelbesitzer sein.
Aktenzeichen des Urteils: Aktenzeichen V ZR 115/11
PR-Mitteilung des BGH mit Sachverhaltdarstellung hier: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=59510&linked=pm