Die Aktion Linkstrend stoppen will verstärkt weitermachen
„Wir machen verstärkt weiter.“ Das ist als einhellige Meinung beim „Ersten Großen Konservativen Kongress“ deutlich geworden, veranstaltet von der Aktion Linkstrend stoppen (ALS) am 6. und 7. Mai in Berlin. Doch will sie nicht eine eigene konservative Partei gründen, sondern lieber als eine Art „Teaparty“-Bewegung wie in Amerika agieren, gerichtet vor allem gegen die Merkel-CDU. Darüber hat es bei der Abstimmung einen Beschluss ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen gegeben. Die Aktion will sich jetzt eine schlagkräftigere organisatorische Struktur geben. Untergruppierungen sollen entstehen, in immer mehr Städten der Bundesrepublik Zusammenkünfte stattfinden und dabei vor allem die Mitbürger der jungen Generation einbezogen und zum Mitmachen ermuntert werden. Die ALS ist eine Bewegung innerhalb der CDU, sieht sich aber als ein Sammelbecken aller Konservativen im Land, unabhängig davon, ob sie der CDU, einer anderen politischen Partei oder gar keiner Partei angehören. Jetzt zum Kongress waren knapp zweihundert Gleichgesinnte zusammengekommen, vorwiegend der älteren, pensionierten Generation angehörend. Doch waren auch unübersehbar weit jüngere Teilnehmer unter ihnen.
Wortmeldungen aus der jüngeren Generation
Dass gerade auch Vertreter der jungen Generation (die Altersgruppen zwischen 20 und 45 Jahren wie Studenten, Selbständige, andere Berufstätige) eine Politik bewährter konservativer Wertvorstellungen vermissen und wiederbelebt sehen wollen, dass auch sie nach einer Sammelbewegung suchen, die ihre Vorstellungen politisch durchsetzen hilft, haben die Äußerungen aus diesem Kreis der Teilnehmer bei der Veranstaltung ebenfalls deutlich gemacht. Etliche von ihnen ergriffen in der sehr lebhaften Diskussion energisch und fordernd das Wort. Die Diskussion im Plenum nach den Eingangsvorträgen war lebhaft, teils erregt und vom energischen Diskussionsleiter Professor Dr. Menno Aden, auf knappe Äußerungen bedacht und Abschweifungen bremsend, nicht immer leicht zu bändigen.
Eine temperamentvolle Teaparty-Amerikanerin
Erfrischend war der Auftritt der jungen Amerikanerin Heather DeLisle von der amerikanischen Teaparty-Bewegung. Die Initiatoren hatten sie für die Mitwirkung auf dem Podium gewonnen. Mit ihren ungeduldigen Einwürfen, fordernden Anregungen und ihrem entschiedenen Auftreten bemühte sich die intelligente junge Frau sehr, amerikanischen Pragmatismus zu vermitteln und sich temperamentvoll deutschen Umständlichkeiten so mancher älteren Teilnehmer zu widersetzen. An ihr wurde deutlich, wie schwer es, ist die locker-dynamische und unkomplizierte Art der amerikanischen Bewegung ebenso wirkungsvoll auf Deutschland zu übertragen. Frau DeLisle arbeitet als Journalistin, ist konservativ, bekennende Republikanerin und Teaparty-Expertin. Sie moderiert eine Nachrichtensendung für den englischsprachigen Kanal der Deutschen Welle. Davor war sie beim Radiosender AFN und Auslandskorrespondentin von ABC News Radio. Auch Buchautorin ist sie. Ihr jüngstes Werk heißt Amiland – Eine Streitschrift für die Weltmacht USA.
Mit dabei auch die CDU-Parteiälteste
Andere Mitwirkende auf dem Podium neben ihr und Menno Aden waren Martin Lohmann, Dr. Ursula Besser, Prof. Dr. Klaus Motschmann und ALS-Pressesprecher und Kongress-Organisator Michael Nickel. Der Politikwissenschaftler und konservative Publizist Prof. Dr. Klaus Hornung hatte wegen Erkrankung absagen müssen. Die betagte, aber nach wie vor geistig agile Frau Besser (Jahrgang 1917) ist CDU-Parteiälteste, saß achtzehn Jahre im Abgeordnetenhaus von Berlin und ist eine über Berlin hinaus anerkannte Hochschulpolitikerin geworden. Als ihre ersten Worte an die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel überliefert ist ihre Bemerkung: „Vergraulen Sie den Merz nicht.“ Wie bekannt, ist das dann aber doch geschehen.
Motschmann: Eine politische Verwirrung wie lange nicht
Der Journalist und Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht Lohman sieht, übereinstimmend mit den übrigen Teilnehmern, „die Notwendigkeit einer christlich-konservativen Renaissance“. Er von 1987 bis 1997 Redakteur und stellvertretender Chefredakteur beim Rheinischen Merkur, danach Chefredakteur der Rhein-Zeitung in Koblenz, bis 2002 Moderator der Sendung „Münchener Runde“ im Bayrischen Fernsehen, zusammen mit Thomas Goppel Gründer des Arbeitskreises engagierter Katholiken in der CDU und seit 2010 Verlagsleiter der Bachem Medien GmbH. Auch der Politikwissenschaftler Motschmann betonte: „Das C in der CDU muss wieder seine Bedeutung bekommen.“ Zur unentwegten „Schuld-Diskussion“ in Deutschland stellte er lapidar fest: „Früher hatten wir nur einen einzigen Bußtag, heute sind es 365.“ Motschmann sieht „in Deutschland eine politische Verwirrung, wie wir sie lange nicht gehabt haben“. Als Folge der unsäglichen political correctness gebe es hier nur noch eine sehr begrenzte Gesprächskultur. Die politische Willensbildung werde noch immer und immer mehr von den Vorstellungen der einstigen 68er-Bewegung bestimmt. Mit ihrem „Marsch durch die Institutionen“ hätten sie in Gesellschaft und Politik viele Schlüsselpositionen erobert. Dieser Marsch finde nach wie vor statt, vollziehe sich jetzt aber still – „ohne Gewalt und ohne Schlapper-Look“.
Parlamentarische Diskussion verhindert
Der Jurist und Ökonom Menno Aden, CDU-Mitglied nach eigenem Bekunden seit vierzig Jahren, warf der Bundeskanzlerin Merkel vehement vor, für Deutschlands Zukunft lebenswichtige Beschlüsse nur in einem kleinen Kreis entschieden, ohne wirkliche parlamentarische Diskussion nahezu eigenmächtig durchgepaukt und die notwendige ausgiebige Diskussion selbstherrlich verhindert zu haben. Das Parlament, sagte er sinngemäß, habe sich durch zum Durchwinken degradieren lassen. Als Beispiele führte er den Lissabon-Vertrag, den Euro-Rettungsschirm und die Abschaffung der Wehrpflicht an – alles ohne Diskussion im Parlament. „Das sind DDR-Methoden, die wir uns nicht bieten lassen dürfen. In einem demokratischen Staat geht es nicht, dass man in solcher Art überfahren wird. Wir haben eine autoritäre Regierung, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht gehabt haben.“
Merkels autoritäres Regime
Ein autoritäres Regime unter einer „Allkanzlerin“ Merkel, so Aden weiter, sei gefährlich für die CDU und schädlich für Deutschland. Die Gewaltenteilung sei gefährdet. Seit Adenauer habe keiner eine solche Machtfülle gehabt wie jetzt Alleinherrscherin Merkel. Aber wozu gebrauche sie die eigentlich, fragte Aden. Weder für die notwendige Neuordnung der Bundesländer, weder für die der Alterssicherung, weder für den Schutz deutscher Unternehmen vor räuberischen Übernahmen aus dem Ausland. „Wir dürfen nicht zulassen, dass sich ausländische Schatzgräber an unseren Unternehmen vergreifen.“
Die Medien sind zu wenig Gegenkraft
Aden nahm sich auch die Medien vor und kritisierte, dass sie die Lücke, die durch die gefährdete Gewaltenteilung zwischen Parlament, Regierung und Rechtsprechung entstehe, nicht als „Vierte Gewalt“ wirklich ausfüllten. „Die Medien, als verfassungsergänzende und –unterstützende Einrichtungen gesetzlich herausgehoben, sollten als vierte Gewalt eine Gegenkraft sein. Das sind sie zu wenig.“ Sie seinen in vielfacher Weise abhängig. Diese Abhängigkeit führe oft zu „linken“ Positionen, links im Sinne von grundsatzlos, regierungstreu und politisch korrekt. Es sei aber ihre Aufgabe „links“ zu sein im Sinne von „angriffig, autoritätskritisch und wahrheitssuchend“. Sie seien aber oft zu feige und zu artig. Die politische Korrektheit setzte Aden gleich mit dem Begriff Unwahrhaftigkeit. Sie sei in Deutschland ein Krebsschaden und breite sich immer mehr aus. Aden lehrt an der Fachhochschule für Ökonomie und Management in Essen, ist Vorsitzender der Staats- und wirtschaftspolitischen Gesellschaft in Hamburg, war Präsident des Oberkirchenrats der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, hat viele Experten- und Vorlesungseinsätze in Europa und außerhalb Europas hinter sich und viele Veröffentlichungen zum deutschen und internationalen Wirtschaftsrecht vorzuweisen, auch zu politischen und geschichtlichen Fragen.
Hohmann: Der Linkstrend hat die CDU fest im Griff
Einen Vortrag mit dem Titel „Linkstrend und Defizite in der CDU“ hat auf dem Kongress Martin Hohmann gehalten. Der Linkstrend habe die CDU fest im Griff. Viele Bürger verstünden wohl die Welt, aber nicht mehr die CDU. Die CDU stehe nicht mehr in der christlichen Verantwortung. Hohmann forderte sie dazu auf, sich auf die christlichen Werte zurückzubesinnen. Dazu gehöre auch, gegen die Abtreibung vorzugehen. Mit der Abtreibung, so Hohmann, „haben wir ein Ungeheuer geschaffen, das uns eines Tages verschlingen wird.“ Später, in einem anderen Vortrag, aber hierzu passend, sagte die Autorin Alexandra Maria Lindner als stellvertretende Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALFA), durch Abtreibungen würden mehr Menschen getötet als durch Krieg.
Im Wald Nachhaltigkeit, beim Menschen nicht
Homann sagte: „Ehe und Familie stehen deswegen unter dem Schutz des Grundgesetzes, weil sie auf Kinder angelegt sind.“ Also anders als gleichgeschlechtliche Ehen. Aber auch hier habe die CDU „grundstürzlerische Änderungen“ mitgemacht. „Dem Druck der Homo-Lobby wurde nachgegeben.“ Bei allem sei man sonst so sehr für das Einhalten des Nachhaltigkeitsprinzips – zugunsten von Kröten, vom Wald, der übrigen Natur – nur beim Menschen offensichtlich nicht. Weitere Themen in Hohmanns Vortrag waren die hysterische Energiepolitik, die große Gefolgschaft unter den Bürgern für Sarrazin, die ausufernde Verschuldung, die fehlende Liebe deutscher Politiker zu Deutschland.
Günzel und Hohmann als Opfer einer Falschmeldung
Auch forderte Hohmann, den Brigadegeneral a.D. Reinhard Günzel endlich zu rehabilitieren, und Peter Struck (SPD) solle sich bei ihm entschuldigen. Struck als Bundesverteidigungsminister hatte Günzel 2003 in den einstweiligen Ruhestand versetzt, weil dieser der Hohmann-Rede in Neuhof zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2003 brieflich Beifall gezollt hatte. Aus einer Passage dieser für Hohmann dann verhängnisvollen Rede hatte der öffentlich-rechtliche Fernsehsender ARD damals die falsche Meldung gemacht „CDU-Abgeordneter nennt Juden Tätervolk“. Andere Medien griffen diese Formulierung auf und reichten sie ungeprüft weiter. Daraufhin schloss die CDU ihr Bundestagsmitglied Homann aus der Fraktion aus, später auf Betreiben Merkels auch aus der Partei. Die CDU hat ihn bisher nicht rehabilitiert, obwohl viele Medien seither eine durch Vertragsstrafe gesicherte Unterlassungserklärung abgegeben haben, die damalige Aussage nicht zu wiederholen. Die FAZ hat sich sogar ausdrücklich korrigiert: Hohmann habe das jüdische Volk nicht als Tätervolk bezeichnet.
Appell an die CDU, Martin Hohmann zu rehabilitieren
ASL-Initiator Friedrich-Wilhelm Siebeke sagte anschließend, Anspruch auf Rehabilitierung und Entschuldigung habe nicht nur Günzel, sondern auch Hohmann selbst. Der Kongress verabschiedete dann einen Appell an das Präsidium und den Bundesvorstand der CDU, die förmliche Rüge gegenüber Hohmann sowie seinen Ausschluss aus der Partei nicht aufrechtzuerhalten. Bundesweit habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die CDU-Ordnungsmaßnahmen gegen Hohmann auf einer nicht zutreffenden Grundlage beruhten, nämlich auf der ARD-Falschmeldung. Zu Hohmanns Vortrag sagte Siebeke: „Sie haben die politische Bühne wiederbetreten mit einer Grundsatzrede.“
Jetzt soll die Basis mobilisiert werden
CDU-Mitglied und Rechtsanwalt Siebecke hatte den Kongress mit einer Ansprache auch eröffnet und die knapp zweihundert Teilnehmer begrüßt. Die Konservativen fühlten sich in der CDU heimatlos und von der CDU-Führung nicht mehr vertreten. Die CDU habe sich zu einer zweiten SPD entwickelt. „Es ist ein atemberaubender Identitätswechsel zu verzeichnen. Tausende haben der CDU den Rücken gekehrt, hunderttausende, ja, Millionen wählen sie nicht mehr.“ Festzustellen sei eine verbreitete Resignation. Über den desolaten Zustand der CDU gebe es unter den vielen Konservativen in der Bevölkerung und möglichen CDU-Wählern einen breiten Konsens, aber so richtig mobilisieren lasse sich die breite Basis noch nicht. Wohl habe man mit dem „Manifest gegen den Linkstrend“ vom Februar 2011 immerhin siebentausend Unterstützer hinter sich gebracht, aber das reiche noch nicht. Doch die Hände in den Schoß zu legen und dem Schicksal seinen Lauf nehmen zu lassen, sei nicht sein Fall. Die Teaparty-Bewegung in den Vereinigten Staaten zeige hier einen Weg. Auch Organisator und Mitglied der Jungen Union Michael Nickel sprach bei seiner Begrüßung davon, der Kongress könne vielleicht zum Beginn einer deutschen „Teaparty“ werden. Den Anstoß dazu hat der Kongress gegeben.
PS. Die Welt am Sonntag schämt sich nicht, in der Rubrik „Kopfnoten“ ihrer Ausgabe vom 8. Mai 2011 den tapferen, ehrwürdigen und bald neunzigjährigen Siebeke mit einer „Note 4“ abzukanzeln – nur weil er „die Christdemokraten auf einen konservativen Kurs zurückleiten“ und deren Linkstrend stoppen will. Dagegen feiert sie den Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU Oliver Wittke mit einer „Note 1“ – nur weil der „einen klaren Mitgliederschwund“ erkannt habe und „nun umdenken will“, nämlich mehr junge Leute, Frauen und Migranten zum Parteieintritt zu bewegen. Zwar sei nicht bekannt, wie die Werbekampagne aussehen werde, aber allein Wittkes „Einsicht“ – so trivial wie kriecherisch – ist der BamS-Redaktion diese Bestnote wert. Siebeke dagegen hat wahrhaftig mehr geleistet. Was für eine erbärmliche Journaille.