Der aufgeheizte Konflikt in der AfD

Was sich in ihren beiden Strömungen anfänglich noch zu ergänzen schien, wurde unüberbrückbar gemacht – Der sachliche Unterschied zwischen beiden Lagern auf eine Kurzformel gebracht – Noch nicht geahndete Satzungsverstöße – Fragen, die sich stellen, aber noch ohne belegbare Antwort sind – Die AfD braucht einen Neuanfang

Der öffentlich ausgetragene Konflikt in der AfD hat sich zugespitzt. Er ist aufgeheizt worden, willentlich, unnötig und auf zerstörerische Weise. Die beiden politisch-programmatischen Strömungen in der Partei haben sich zu Lagern verfestigt. Man kann sie nach ihren in der Öffentlichkeit bekanntesten Protagonisten, Bernd Lucke und Frauke Petry, das Lucke-Lager und das Petry-Lager nennen. Das Lucke-Lager hat das Petry-Lager nach meiner Wahrnehmung in die Konfrontation geradezu hineingetrieben – in unverantwortlicher Weise. Von Verständigung und Kompromissen wurde immer nur geredet, in Wirklichkeit wurden sie zerstört. Petry und Lucke sind – neben Konrad Adam – die Sprecher der Partei. Noch. Auf dem Bundesparteitag in Essen am 4. und 5. Juli wird sich das ändern und der Konflikt zu einer Entladung kommen. Was diese wirklich bringt, ist ungewiss. Es hängt sehr davon ab, welches Lager wieviele seiner Anhänger nach Essen zu mobilisieren vermag. Aber das Lucke-Lager hat durch das AfD-Bundesschiedsgericht gerade eine spektakuläre Niederlage erlitten: Der Weckruf-Verein ist satzungswidrig und sofort aufzulösen siehe hier, hier und hier.

Was sich anfänglich noch zu ergänzen schien, wurde unüberbrückbar gemacht

Anfänglich, als die beiden Parteiströmungen erkennbar wurden und sich deren Unterschiede bemerkbar machten, schienen sich diese eher gewinnbringend gegenseitig zu ergänzen. Doch in den folgenden Diskussionen vertieften sie sich, waren aber durchaus als überbrückbar wahrzunehmen. Dann allerdings haben sich Ton und Inhalt der Auseinandersetzung, angetrieben vom Lucke-Lager, derart verschärft, dass ein Brückenbau nicht mehr hilft, jedenfalls nicht zwischen den Protagonisten und ihren nächsten Beteiligten. Wie die Parteibasis denkt und handelt, soweit sie zur Reise nach Essen willens und in der Lage ist, wird sich erst dort auf dem Parteitag zeigen.

Der sachliche Unterschied beider Lager auf eine Kurzformel gebracht

Was eigentlich unterscheidet die beiden Lager in der Sache? Man kann es auf eine Kurzformel bringen: Das Petry-Lager will nach wie vor eine wirkliche Alternative zu den deutschen Altparteien sein und an den ursprünglichen programmatischen AfD-Zielen festhalten. Das Lucke-Lager hat sich von der wirklichen Alternative unversehens entfernt und zu den Altparteien einen Annäherungskurs eingeschlagen. Dieser Kurs ist für das deutsche Wohl nach meiner Auffassung falsch. Mit ihm ist die AfD für alle, die sich von den Altparteien abgewendet haben, keine Alternative mehr, dann kann sie einpacken. Lesen Sie hierzu, was das AfD-Mitglied Dr. Marc Jongen am 18. Juni unter dem Titel „Zwischen Farce und Tragödie“ öffentlich geschrieben hat (hier). Jongen ist stellvertretender Sprecher und Programmkoordinator der AfD Baden-Württemberg.

Noch nicht geahndete Satzungsverstöße

Was das Lucke-Lager betreibt, empfindet das Petry-Lager als Verrat. Das Lucke-Lager hat überdies einen Verein gegründet mit dem Namen Weckruf 2015 e.V. Der Vollzug dieser Vereinsgründung verstößt gegen die Parteisatzung, wie sie auf dem Bundesparteitag in Bremen Ende Januar/Anfang Februar 2015 beschlossen worden ist. Diese Gründung bedeutet, die Partei zu spalten – auch wenn es von Seiten des Lucke-Lagers irreführend heißt, das nicht zu wollen. Die Spaltung ist bereits da. Die Partei spalten ist parteischädigend. Dafür sieht die Satzung als Sanktion den Parteiausschluss vor. Die Ahndung dafür steht bisher aus. Gegenüber einzelnen Parteimitgliedern ist man bei einem Vorwurf von Verfehlungen schneller verfahren.

Fragen, die sich stellen, aber noch ohne belegbare Antwort sind

Man muss sich zum Treiben des Lucke-Lagers fragen: Was steckt dahinter? Wer steckt dahinter? Was ist letztlich die Absicht? Woher kommt plötzlich das viele Geld, mit dem das Lucke-Lager die Parteibasis auf seine Seite zu ziehen und für Essen zu mobilisieren versucht? Ich kann diese Fragen belegbar noch nicht beantworten, will mich also dazu jetzt nicht äußern. Aber lesen Sie hier, hierhier und hier, ergänzend hier, wie dieses Treiben im und mit dem Weckruf-Verein aussieht. Darin findet sich auch kaum Glaubliches wie dies: Es sei vorgesehen, die Gegenseite („Konservative und Patrioten“) als „Rechte“ innerparteilich zu diffamieren, auszugrenzen, zu isolieren und bei Bedarf auch persönlich zu diskreditieren. So hoffe man die „Gegner“ zur Inaktivität zu zwingen oder aus der Partei zu vergraulen. Die AfD solle bei nur fünf bis sechs Prozent der Wählerschaft gehalten werden und nicht wie andere EU-kritische Parteien in Europa bis zu 20 Prozent der Wählerstimmen erhalten. Das komme der CDU und anderen daran interessierten Kräften entgegen, und nur dafür würde das Geld letztlich fließen.

Die AfD braucht einen Neuanfang

Viele haben sich in dem Konflikt zu Wort gemeldet, teils nur innerparteilich, teils öffentlich. Ich selbst habe mit meinem Namen einen Aufruf unterzeichnet, dessen Entwurf zwar nicht von mir stammt, den ich aber mit meinen Vorstellungen in Übereinstimmung gebracht habe, so dass ich presserechtlich mit meinem Namen für ihn einstehen kann. Der Aufruf ist auch als Inserat in der Berliner Wochenzeitung „Junge Freiheit“ erschienen, weil dieses nichtkonformistische Blatt von vielen AfD-Mitgliedern gelesen wird. Dies ist sein Text:

Aufruf an alle konservativen und liberalen Mitglieder der Alternative für Deutschland

Die AfD braucht einen Neuanfang!  

Die AfD muss sich auf ihre ursprünglichen Ziele besinnen, Bernd Lucke hat sich von ihnen entfernt

Nach monatelangen Querelen muss der Bundesparteitag in Essen am 4./5. Juli eine Entscheidung bringen. Sonst drohen der AfD Lähmung und Spaltung. Die AfD hat die historische Chance, das politische Vakuum rechts der Mitte und der nach links gerückten CDU zu füllen – aber sie läuft Gefahr, diese Chance zu verspielen.

Für die internen Querelen ist größtenteils leider Parteisprecher Bernd Lucke verantwortlich. Immer mehr Mitglieder mussten feststellen, dass Lucke nicht zur Teamarbeit und zu Kompromissen fähig ist, sondern die AfD allein auf seine Linie und seine Vorstellungen zwingen will.

Die Kritik an der verfehlten Währungsunion ist essentiell für die AfD, aber sie ist nicht das einzige Thema für die Partei! Andere Meinungen und Strömungen, wie zuwanderungs- oder islamkritische Meinungen, will Lucke ausgrenzen. Hans-Olaf Henkel hat eine „Säuberung“ der Partei von „solchen Elementen“ gefordert – und schämt sich nicht einmal für eine inakzeptable Wortwahl aus totalitären Systemen.

Lucke hat sich mit seinen Alleingängen und Erpressungsmanövern (mehrfache Rücktrittsdrohungen!) immer mehr ins Abseits gestellt. Mit der Gründung des „Weckruf“-Vereins hat die Lucke-Henkel-Gruppe den Keim einer Spaltung in der Partei gelegt. Indirekt drohen sie mit Austritt, falls sie nicht ihren Willen durchsetzen können. Das ist politische Erpressung.

Aber die Mehrheit der Partei lässt sich nicht erpressen!  Der „Weckruf“-Verein hat nicht einmal 15 Prozent der Mitglieder angezogen. Auch viele wirtschaftsliberale Mitglieder haben sich enttäuscht von Lucke abgewandt.

Wir brauchen eine Persönlichkeit, die sowohl dem konservativen, rechtsliberalen als auch dem wirtschaftsliberalen Flügel Raum gibt und die Partei einigen kann.

Frauke Petry erscheint uns als die geeignete AfD-Vorsitzende:  Sie hat große politische Fähigkeiten, ist eloquent und teamfähig, kann auf Menschen zugehen und Brücken bauen. Sie hat inzwischen bundespolitische Bekanntheit und vertritt sowohl konservative Wertvorstellungen als auch wirtschaftsliberale Positionen. Anders als Lucke ist sie fähig und willens, unterschiedliche Strömungen einzubinden und Kompromisse zu schließen, ohne preiszugeben, wofür die AfD ursprünglich angetreten ist. Neben Petry wäre eine zweite Persönlichkeit wünschenswert, die jene wirtschaftsliberalen Euro-Kritiker in der Partei hält, die einst von Lucke überzeugt waren, aber nun vielfach von ihm enttäuscht sind.

Lucke hat gemerkt, dass Petry inzwischen die größeren Sympathien sowohl bei den Funktionären wie auch an der AfD-Basis besitzt. Es besteht aber die Gefahr, dass er und Henkel massenhaft „Weckruf“-Anhänger als Mehrheitsbeschaffer nach Essen kutschieren. Deshalb müssen alle konservativen und rechtsliberalen AfD-Mitglieder ebenfalls kommen!

Nutzen Sie Ihre Chance und fahren Sie zum Parteitag nach Essen! (Achtung, für eine schnellere Registrierung beim Bundesparteitag die Anmeldefrist bis 29. Juni beachten)  Der Großteil der AfD-Basis will einen Neustart!

V.i.S.d.P.: Dr. Klaus Peter Krause, Lübeck

Zum Bundesparteitag anmelden kann man sich hier. Die AfD-Bundesgeschäftsstelle hat am 22. Juni unter anderem mitgeteilt: „Wer sich bis einschließlich Montag, den 29. Juni 2015 registriert hat, erhält noch vor dem Bundesparteitag Unterlagen, die eine zügige Abwicklung der Eintrittsformalitäten für die Grugahalle in Essen ermöglichen. Parteifreunde, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht angemeldet sind, müssen sich leider auf längere Wartezeiten beim Einlass einstellen.“

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Wenn ich über die AfD schreibe, müssen Sie als Leser wissen, dass ich Mitglied dieser Partei bin, erstmals einer politischen Partei überhaupt, und daher als befangen gelten muss.

 

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3 Kommentare zu „Der aufgeheizte Konflikt in der AfD“

  1. Klasse !!!
    Sehr geehrter Herr Krause.
    Wollte ich Ihnen immer schon mal ganz unverblümt gesagt haben…
    Bitte und gerne – dranbleiben !

    Gute Grüsse aus Bayern

  2. Vielen Dank für die Lageschilderung, Herr Dr. Krause. Dann entscheidet es sich am ersten Juliwochenende. Sollte Dr. Lucke gewinnen, dann ist die AfD keine Alternative und für mich nicht mehr wählbar.

    MfG
    Hans Unland

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