Die globale Spekulationssteuer auf alle Finanzgeschäfte
Ausgegraben wird die Idee immer wieder. Eingegraben wird sie aber auch immer wieder. Es geht um eine Finanzmarktsteuer für sämtliche Finanzgeschäfte an den Weltmärkten. Im Visier ist ein Mini-Steuersatz von 0,05 Prozent. Ursprünglich war es die Idee für eine Steuer auf Transaktionen am Devisenmarkt, bekannt als Tobin-Steuer, so genannt nach dem amerikanischen Nationalökonomen und Nobel-Preisträger James Tobin. Er hatte geglaubt, mit ihr heftige Ausschläge der Wechselkurse dämpfen zu können. Das war schon damals vor 38 Jahren umstritten, und die Idee verschwand in der Versenkung. Mit der Finanzmarktkrise als Vorwand tauchte sie auf als eine globale Steuer auf alle Finanztransaktionen.
Die EU macht sich die alte Attac-Forderung zu eigen
Im September 2009 noch vor der Bundestagswahl herbeigefordert wurde sie von den beiden SPD-Ministern der großen Koalition Walter Steinmeier und Peer Steinbrück. Aber auch jetzt, obwohl die SPD nicht mehr in der Merkel-Regierung sitzt, tritt unter Wieder-Kanzlerin Merkel die neue Koalition von Union und FDP ebenfalls für die globale Steuer ein. Mehr noch: Überraschend und geschlossen für die Steuer entschieden haben sich im Dezember 2009 die EU-Staats- und Regierungschefs und den Internationalen Währungsfonds aufgefordert, die Möglichkeiten dafür zu prüfen. Der aber war bisher skeptisch. Bislang hatten solche Steuer bezeichnenderweise vor allem linke Globalisierungsgegner und (seit 1998) die Aktionsbewegung Attac verlangt. Attac ist die französische Abkürzung für “Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der Bürger”. Hatte sie anfangs nur verlangt, international eine Steuer zum Eindämmen kurzfristiger Börsenspekulation einzuführen, geht sie inzwischen gegen alle „Probleme neoliberaler Globalisierung“ vor.
CSU-Generalsekretär Dobrindt zündelt mit der Steuer
Wiederholt hat sich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt für ein Besteuern von Finanztransaktionen ins Zeug gelegt. Er will dagegen vorgehen, dass viele Banker bereits wieder in großem Stil mit riskanten Papieren handeln, statt Lehren aus der Finanzmarktkrise zu ziehen. . „Wir müssen deshalb das Casino endgültig zusperren.“ Es könne doch nicht sein, „dass das permanente Verschieben internationaler Finanzdepots immer noch zum Nulltarif möglich ist“. Jüngst sagte er der Berliner Zeitung (23. Januar 2010): „In den Finanzzentren von New York und London werden Boni ausgeschüttet, die größer sind als vor der Krise. Um dem Spekulationswahnsinn ein Ende zu bereiten, brauchen wir eine internationale Finanzmarktsteuer.“ Die Zündler von damals hätten die Streichhölzer bereits wieder in der Hand. Dobrindt und alle anderen zündeln mit dieser Steuer. Steinbrück hatte im September gesagt, das „Koma-Saufen“ an den Finanzmärkten müsse beendet werden.
Die Steuer kann nicht bewirken, was sie soll
Doch das ist wirres Zeug, verbaler Aktionismus. Weder dämmt eine solche Steuer das Spekulieren ein noch verhindert sie hohe Bonus-Zahlungen. Ein seriöseres Ziel lautet, mit der Steuer wolle man die mit Staatsmilliarden massiv gestützte Finanzwirtschaft an den ungeheuren Kosten der Finanzmarktkrise beteiligen. Aber dann würden auch die belastet, die an diesen Kosten keinerlei Verursacheranteil gehabt haben. Ferner vernahm man, die Einnahmen könnten einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des Klimaschutzes leisten. Das nun hat mit der Finanzmarktkrise überhaupt nichts zu tun und legt schlicht offen: Wie auch immer begründet, Politiker wollen einfach immer noch mehr Geld einkassieren und sich wie stets um nötige Einsparungen drücken.
Weitere Argumente gegen die Steuer
Doch wie sich vorrechnen lässt, sind die Einnahmeerwartungen völlig überzogen. (FAZ vom 31. Dezember 2009, Beitrag Prof. Dr. Malte Krüger). Auch werden nicht die „Big Player der Weltfinanzmärkte“ (SPD) die Kosten tragen, sondern die Masse der Bankkunden und Sparer. Um mitschuldige Finanzinstitute an den Krisenbewältigungskosten zu beteiligen, gibt es bessere Wege. Ferner würden nicht nur die „unerwünschten“ Finanzgeschäfte von der Steuer getroffen, sondern auch die „sinnvollen“. Ohnehin müssten bei einer solchen globalen Steuer auch wirklich alle global wichtigen Staaten mitmachen. Danach aber sieht es nicht aus. Gläubigerländer haben andere Interessen als Schuldnerländer.
Ein Alleingang der EU ist zu riskant
Ein Alleingang der EU als erster Schritt wäre höchst riskant und dürfte nicht gewagt werden. Im Mai 2009 hatte Steinbrück geäußert: „Wenn nicht alle Länder eine solche Transaktionsteuer auf alle Finanzmarktgeschäfte einführen, können Sie das Ding vergessen.“ Ebendas, nämlich der Steuer auch bei sich zustimmen, werden nicht alle Länder tun. Also können wir „das Ding“ schon aus diesem Grund vergessen.
Tobin selbst war dagegen
Tobin selig jedenfalls – er ist 2002 gestorben – hatte nicht eine neue staatliche Einnahmequelle erschließen oder irgendwelche Kosten auf möglichst viele Schultern verteilen wollen. Er zielte mit seinem Vorschlag nur auf die Devisenmärkte. Seine Steuer, also die echte Tobin-Steuer, sollte die kurzfristige Währungsspekulation unattraktiv machen und so die kurzfristigen Schwankungen der Währungskurse dämpfen. Dann würden die Wechselkurse der Währungen die Verhältnisse der Güterwirtschaft („Realwirtschaft“) besser repräsentieren. Daher verbietet es sich auch, die geplante Steuer auf alle Finanztransaktionen „Tobin-Steuer“ zu nennen. Noch kurz vor seinem Tod hatte sich Tobin gegen den Missbrauch seines Namens für eine solche Steuer ausdrücklich verwahrt