Fracking – na und?

Jetzt könnte auch Deutschland die Schiefergas-Reserven aus dem Boden holen – Es hat die viertgrößten in Europa – Der Anlass liegt auf der Hand – Warum Fracking in Deutschland 2016 verboten wurde – Fracking gibt es in Deutschland seit 1940 – Expertenkommission 2021: Fracking ist eine ausgereifte und sichere Technik – Folglich wäre das Verbot aufzuheben – Deutsches Fracking-Gas ist für Deutschland sinnvoller als amerikanisches

Allmählich wird „Fracking“ nun auch in Deutschland wieder salonfähig. Seit 2016 ist das Fördern von Erdgas und Erdöl durch Fracking hierzulande so gut wie verboten. Doch inzwischen steht das Verbot nunmehr zur Disposition. Den Anstoß dazu gab die Monopolkommission in ihrem jüngsten Sektorgutachten zur Energiekrise.1) Dann meldeten sich mit dem Verlangen nach einem Ende des Verbots Unternehmer zu Wort (hier). Am 11. Oktober hat auch der Wirtschaftsrat der CDU gefordert, das Verbot aufzuheben (hier). Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte dies schon zum Jahresfang 2023 verlangt (hier). Zwischendurch waren auch andere Pro-Stimmen zu vernehmen gewesen. Es geht darum, die Erdgasreserven in den sogenannten unkonventionellen Lagerstätten zu erschließen. Davon hat auch Deutschland welche.

Deutschland hat die viertgrößten Schiefergas-Reserven in Europa

Beim Fracking werden Erdgas-haltige Gesteinsschichten (Schiefergestein u.a.) in großer Tiefe angebohrt. Da das Gas in den Poren des Gesteins gespeichert ist, entweicht es nicht an die Oberfläche durch seinen natürlichen Druck so, wie es bei Gasvorkommen in geringerer Tiefe der Fall ist. In dieses Gestein wird unter hohem Druck mit Hilfsstoffen versetztes Wasser gepresst, um dort Risse zu erzeugen, aus denen das in ihnen bislang gebundene Schiefergas entweichen kann und sich dann herausholen lässt. Nach FAZ-Angaben verfügt Deutschland über die viertgrößten Schiefergas-Ressourcen Europas. Fachleute schätzen, dass jährlich 5 bis 10 Milliarden Kubikmeter aus diesen nicht konventionellen Lagerstätten gefördert werden könnten. Dies entspreche, so die FAZ, ungefähr 6 bis 12 Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs von 2022.2)

Der Anlass liegt auf der Hand

Der Anlass für das Verlangen nach einem Ende des Fracking-Verbots liegt auf der Hand. Es sind die gestiegenen und nachhaltig hohen Preise für Erdgas, verursacht durch die Sanktionen gegen Russland, durch die gesprengte Hauptversorgungsleitung Nord Stream in der Ostsee und jüngst durch teils befürchtete, teils schon eingetretene Versorgungsstörungen als Folge des (durch den Angriff der  palästinensische Hamas ausgelösten) Kriegsausbruchs in und um Israel.

Warum Fracking in Deutschland 2016 verboten wurde

Das deutsche Fracking-Verbot von 2016 (mit Wirkung von 2017 an) war zustande gekommen, weil Fracking als zu riskant hingestellt wurde:  Es heize die Klimakrise durch besonders klimaschädliche Methan-Emissionen an, verschwende gigantische Mengen an Wasser, setze giftige Chemikalien frei, gefährde damit die Umwelt, das Grundwasser und das Trinkwasser, biete kein überzeugendes Entsorgungskonzept für die belasteten Abwässer und löse Erdbeben aus. (Ausführliches zu den Fracking-Risiken hier).

Fracking gibt es in Deutschland seit 1940

Fracking wird in Deutschland seit 1940 betrieben. Seine Verfahren sind kontinuierlich weiterentwickelt worden: höhere Ausbeute, geringerer technischer Aufwand, verbesserte Verträglichkeit der eingesetzten Hilfsstoffe. Der erreichte Stand der Technik wird als „Clean Fracking“ bezeichnet, da nur Wasser, Bauxit-Sand und Stärke verwendet werden. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, die den Bundeswirtschaftsminister berät, hat 2016 berichtet, „aus geowissenschaftlicher Sicht“ könne Fracking „kontrolliert und sicher erfolgen“. Die von der Bundesregierung beauftragte Expertenkommission kam in ihrem 2021 veröffentlichten Bericht (hier  und hier) zu folgenden Ergebnissen:

Expertenkommission: Fracking ist eine ausgereifte und sichere Technik

1. Das Risiko von durch Fracking ausgelösten Erdbeben, die an der Oberfläche zu Schäden führen können, wird „als äußerst gering eingeschätzt“.

2. Die Menge, des bei der Förderung in die Atmosphäre austretenden Gases, bewegt sich in derselben niedrigen Größenordnung wie bei anderen Förderverfahren.

3. Die verwendeten Chemikalien unterliegen der Wassergefährdungsklasse 1 WKG1 = schwach wassergefährdend.3) WKG 1 ist die niedrigste der drei Wassergefährdungsklassen.

4. Fracking ist eine ausgereifte und sichere Technik, die weltweit vielfach eingesetzt wird.

Folglich wäre das Verbot aufzuheben

Die Ergebnisse des Berichtes von 2021 werden im Bericht der Expertenkommission Fracking 2022 ausdrücklich bestätigt (hier). Damit können die Befürchtungen, die dem Fracking-Verbot von 2016 zugrundeliegen, als widerlegt bzw. als beherrschbar gelten. Folglich wäre das Verbot aufzuheben.

Deutsches Fracking-Gas ist für Deutschland sinnvoller als amerikanisches

Würde in Deutschland Fracking-Erdgas gefördert, könnte es den Import von verflüssigtem Fracking-Erdgas (LNG = Liquid Natural Gas) aus den USA ersetzen, zumindest für etliche Jahre. Dieser Import soll dazu beitragen, den Ausfall der (seit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine verbotenen) russischen Erdgas-Lieferungen auszugleichen – allerdings mit folgenden Begleiterscheinungen:

1. Es werden in Deutschland große LNG-Terminals gebraucht, und sie müssten in kürzester Zeit gebaut werden. Aber solche Projekte benötigen schon allein für die Genehmigungsverfahren, für die erforderlichen Umweltgutachten und wegen der zu erwartenden Einsprüche der Bürger mehrere Jahre – und das zusätzlich zur eigentlichen Bauzeit.

2. Für den Schiffstransport wären in der benötigten Anzahl geeignete Schiffe zu bauen. Der Bau eines solchen Schiffes dauert rund eineinhalb Jahre, und solche Schiffe bauen können überhaupt nur wenige Werften.

3. Für den Transport muss das Gas verflüssigt werden. Dafür ist etwa ein Viertel des Energieinhaltes des Gases aufzuwenden. Wiederum ein wesentlicher Teil der transportierten Energie geht für das Verdampfen und Einspeisen in das deutsche Gasnetz verloren. Neben diesen Umwandlungsverlusten sind die Förderkosten des amerikanischen Fracking-Gases im Vergleich zum russischen Erdgas deutlich teurer, dessen Preis also viel höher als der für das russische Gas. Hinzukommen die höheren Transportkosten. Und außerdem müssen mehr als 30 Prozent Gas zusätzlich eingekauft werden als beim Verbraucher ankommen.

Warum Fracking-Gas erst in jüngster Zeit wirtschaftlich genutzt wird

Warum wird das Fracking-Verfahren zur Massenförderung von Erdgas (vor allem in den USA) erst seit jüngster Zeit genutzt? Erklärt hat das die FAZ in ihrem Wissenschaftsteil 2016 (Ausgabe vom 29. Juni 2016, Seite N2). Unter der Überschrift „Umweltschonendes Fracking ist möglich“ schreibt Autor Horst Rademacher: Obwohl weltweit ungleich mehr Kohlenwasserstoffe in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein gebunden sind als in allen konventionellen Lagerstätten zusammen, schenkten die Ölgesellschaften diesen Schichten jahrzehntelang keinerlei Beachtung. Der Grund: Während sich Erdöl und Erdgas vergleichsweise leicht aus den meist aus porösen Sandsteinen bestehenden klassischen Lagerstätten fördern lassen, halten die unkonventionellen Lagerstätten im wahrsten Sinne des Wortes dicht. Selbst das vor etwa 70 Jahren erfundene Fracking, in dem das Gestein durch das Einpumpen von Wasser unter hohem Druck aufgebrochen wird, half da nicht viel weiter.“

Als man gelernt hatte, um die Ecke zu bohren statt nur senkrecht

Geändert habe sich erst durch zwei technische Entwicklungen: „Nachdem man gelernt hatte, um die Ecke zu bohren, also ein ursprünglich senkrechtes Bohrloch unter Tage in die Waagerechte abzulenken, ließen sich die unkonventionellen Speichergesteine wesentlich leichter durchdríngen. Beispielsweise können nun von einem einzigen vertikalen Bohrloch mehrere horizontale Ableger durch die Lagerstätte getrieben werden. In jedem der Bohrlöcher kann an vielen Stellen gefrackt werden. Dadurch gelingt es, ein wesentlich größeres Volumen des Gesteins aufzubrechen und weitaus größere Mengen an Kohlenwasserstoffen zu fördern.“

Als man gelernt hatte, dem Fracking-Wasser Chemikalien hinzuzugeben

Außerdem habe man bei der konventionellen Erdölförderung gelernt, dass manche Chemikalien die Fließfähigkeit von Kohlenwasserstoffen erhöhen. „Dazu gehören unter anderem Stoffe, welche die Viskosität herabsetzen, aber auch Spülseifen, die die Haftung von Erdöl an Gesteinsporen verringern, sowie diverse andere Lösungsmittel.“  Eine umfangreiche Liste dieser Chemikalien und ihrer Wirkungsweisen hätten Martin Elsner und Kathrin Hoelzer vom Institut für Grundwasserökologie des Helmholtz-Zentrums München in Neuherberg in „Environmental Science and Technology“ (doi:10.1021/acs.est.5b02818) veröffentlicht. Erst nachdem man auch waagerecht habe bohren können und dem Fracking-Wasser Chemikalien zugegeben habe, sei es wirtschaftlich interessant geworden, die Kohlenwasserstoffe aus unkonventionellen Lagerstätten zu fördern.

Zusammenfassung

Durch Fracking aus deutschen Lagerstätten gewonnenes Erdgas kann deutlich günstiger zur Verfügung gestellt werden als importiertes Flüssiggas aus den USA oder woanders her.

Solange nicht genügend Gas durch Rohrleitungen importiert werden kann (wie z.B. lange Jahre zuverlässig und bezahlbar aus Russland), ist heimisches Fracking-Gas eine vergleichsweise günstige Möglichkeit für Deutschlands Versorgung mit Gas.

Die gegen das Fracking erhobenen Sicherheits- und Umweltschutzbedenken gelten nicht für die heute zur Verfügung stehenden Verfahren.

Die Entwicklung einer Fracking-Industrie erfordert keine längeren Realisierungs-Zeiträume als die gegenwärtig favorisierten Konzepte.

Schlussfolgerung

Auch in der Versorgung mit Erdgas wird durch die Politik der gegenwärtigen Bundesregierung die Energieversorgung der Industrie und Haushalte verknappt und verteuert. De-Industrialisierung, Arbeitslosigkeit, Inflation, damit Verarmung und letztendlich soziale Verwerfungen bis hin zu Unruhen mit Verlust von Freiheit und Demokratie werden letztlich die Folgen sein. Das Fracking-Verbot aufzuheben, würde die Versorgungslage zumindest erleichtern. Vernünftiger wäre es allerdings, im Ukraine-Konflikt nicht mehr auf Krieg zu setzen, sondern Verhandlungen zu erzwingen und die Versorgung mit Erdgas aus Russland wieder aufzunehmen.

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1) 9. Sektorgutachten Energie 2023: Mit Wettbewerb aus der Energiekrise, Ziffer 78 (hier): „Deutschland verfügt über signifikante Vorkommen von unkonventionellem Gas in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein, die eine größere Unabhängigkeit von Importen schaffen könnten. Aktuell ist die kommerzielle Förderung in Deutschland jedoch untersagt. Im Vergleich zu unkonventionellem LNG aus den USA würden allerdings bei der heimischen Förderung strenge Umweltstandards eingehalten und keine Emissionen für Verflüssigung oder Transport per Tanker nach Europa anfallen…. Heimisches Fracking sollte prinzipiell als Mittel zur Diversifizierung der Gasbezüge in Erwägung gezogen werden, sofern es unter ökonomisch sinnvollen Bedingungen als Alternative zu LNG-Importen infrage kommt, da es ökologisch gegenüber LNG-Importen aus Fracking-Gas vorzuziehen ist.“ Siehe auch FAZ vom 10. Oktober, Seite 20.

2) FAZ vom 12. Oktober 2023, Seite 17: „Die Gasmärkte geraten unter Druck. Der Gaspreis ist mit Beginn des Krieges in Israel deutlich gestiegen. In Deutschland mehren sich Forderungen nach heimischem Fracking.“

3) Gemäß „Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ (AwSV).

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