So trommeln folgsame Medien

Eine missvergnügliche Morgenlektüre darüber, wie Redaktionen ihre gegen Corona ungeimpften Leser an die Impfnadel treiben

Beim Frühstück. Zwei meiner täglichen Zeitungen neben mir auf dem Tisch. Die Zeitung für kluge Köpfe aus Frankfurt am Main und mein Lübecker Regionalblatt. Gestern, 21. November. Sonntag.  Die Redaktionen ziehen alle journalistisch-trickreichen Register, um ihre gegen Corona ungeimpften Leser an die Impfnadel zu treiben und geimpften Lesern die Gewissheit einzuflößen, dass sie auf der richtigen Seite stehen. Gewiss, sie kommen einer Informationspflicht nach. Aber diese Einseitigkeit. Dieses Unterdrücken dessen, was andere Kundige äußern. Die Lektüre ödet an. Sie ist zum übelwerden. So geht es seit Tagen, Wochen, Monaten, bald zwei Jahren. Ich blättere und lese. Zuerst in der FAS.

Ungeimpft. Warum lassen sich in anderen Ländern fast alle impfen? Und bei uns immer noch viel zu wenige? Von Friederike Haupt  (Seite 3)

Mutloses Deutschland. Von Oliver Georgi. Aus dem Text: „Tatsäch­lich war die Corona-Lage in Deutsch­land noch nie so drama­tisch wie in diesem zwei­ten Pande­mie­win­ter – nur hat man leider noch immer nicht den Eindruck, dass die deut­sche Poli­tik dieser Drama­tik auch entschlos­sen entge­gen­tritt.… Und während Boos­terimp­fun­gen in vielen Ländern längst unbü­ro­kra­tisch jedem ab 18 verab­reicht werden, berät die STIKO in Deutsch­land end­los, um Wochen später zum sel­ben Ergeb­nis zu kommen. … Aber mehr Mut, klare Entschei­dun­gen gegen Wider­stän­de zu tref­fen, würde für den Anfang ja schon reichen.“

Der Run auf den Booster. Die Politik verspricht die Drittimpfung für alle. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen. Von Kim Björn Becker, Julia Schaaf und Lucia Schmidt (Seite 10). Mit Fragen wie diesen: Was bringt das Boos­tern? „Auffri­schimp­fung ist in meinen Augen der völlig falsche Begriff“, sagt Profes­sor Cars­ten Watzl. Hat die dritte Impfung mehr oder gar andere Neben­wir­kun­gen? „Die dritte Impfung wird besser vertra­gen als die beiden davor“, sagt Watzl. Sollen sich Schwan­ge­re und stil­len­de Frauen boos­tern lassen? Ja, das sollen sie, sagen Frau­en­ärz­teWerden wir, wie bei der Grip­pe­imp­fung, in Zukunft jedes Jahr auch eine Sprit­ze gegen Corona bekom­men? „Das wird sich zeigen“, sagt Profes­sor Watzl.

„Ein Recht auf Krankheit?“ Oberarzt Cihan Çelik sieht jetzt viele sehr kranke Patienten, die bereuen, dass sie nicht geimpft sind. Und glaubt, dass eine Impfpflicht gut wäre. (Seite 10)

Toll, dass ihr kontrolliert! Jetzt kommt überall 2G, in Berlin gilt die Regel schon. Funktioniert das? (Seite 11).

Der Weg zur Spritze. Jetzt erhöht auch Deutschland den Druck auf Impfverweigerer: Es wird immer beschwerlicher, ungeimpft durchs Leben zu gehen. Eine kleine Ökonomie des Impfens von Sebastian Balzter, Ralph Bollmann und Martin Gropp (Seite 17). Der erste Satz: „Die Öster­rei­cher haben es aufge­ge­ben mit dem Locken und Drohen. Sie beschrän­ken sich nicht mehr darauf, Geimpf­ten irgend­wel­che Vortei­le zu verspre­chen und Unge­impf­ten das Leben weiter zu erschwe­ren.“

„Die Pandemie ist wie ein Krieg“. Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff befürwortet in Corona-Zeiten ausnahmsweise hohe Schulden, warnt vor schnellen Zinserhöhungen und kritisiert die Klimapolitik des Westens. (Seite 22). Die Einstiegsfrage des Interviews lautet: „Profes­sor Rogoff, vor einem Jahr haben Sie Covid-19 eine „Pande­mie der Unsi­cher­heit“ genannt. Wie bewer­ten Sie rück­bli­ckend den Umgang der Poli­ti­ker mit dieser Unsi­cher­heit?“

Kontrolliert. Von der neuen Sehnsucht nach Kontrolle in der vierten Corona-Welle. Von Novina Göhlsdorf und Harald Staun (Seite 33). Der Einstieg: „Ein Freund aus Amster­dam ist zu Besuch in Berlin. Vor der Bar in Neukölln will der Türste­her Impf­nach­wei­se sehen. Der Freund hat ein zerknit­ter­tes Papier dabei. Doch nur die mit QR-Codes dürfen durch. Der Türste­her ist sehr freund­lich und sehr bestimmt. Keine Ausnah­men, leider. Wie ärger­lich – und wie gut –, dass sie so streng sind hier.“

Wir glauben an die Zahlen, die uns regieren. Was Verschwörungserzählungen in einer Epidemie verraten und wie unterschiedlich der Wert von Leben geachtet wird: Ein Gespräch mit dem Arzt und Soziologen Didier Fassin (Seite 40).

Zweifelhafte Kontrolle. Nicht jeder Corona-Schnelltest funktioniert. Welche Ausmaße dieses Problem hat, weiß niemand – und eine technische Lösung liegt in weiter Ferne. Von Piotr Heller (Seite 57). Dieser Beitrag stellt die Schwächen von Schnelltests dar und beschreibt eine neue Technik, die in Form eines auto­ma­ti­sier­ten PCR-Verfah­rens deut­lich genaue­re Schnell­tests ermög­liche. Dieser Beitrag zeichnet sich immerhin durch eine sachliche, emotionsfreie Darstellung aus, was ihn von den anderen Beiträgen wohltuend abhebt.

Boostern und Beten. Drittimpfungen sollen die vierte Welle brechen. Gibt es dafür auch neue Präparate? Von Johanna Kuroczik (Seite 60). Auch dies eine sachlich gehaltene Information.  Es geht um „Auffrischungsimpfungen“ für alle geimpften Erwachsenen nach sechs Monaten. Im Text ist zu lesen: „Brau­chen wir nun alle paar Monate eine Impfsprit­ze? Der Immunologe Reinhold Förs­ter hält es für möglich, dass man sich gegen Covid-19 ähnlich wie gegen Influ­en­za impfen lässt, einmal im Jahr.“ Auch über die Arbeit an einem neuen Impfpräparat zum Inhalieren berichtet die Autorin.

Nun der Griff zum nächsten Frühstücksblatt

Corona nahezu auf jeder Seite. Aufmacher gleich auf der ersten:                                                                                                                              Frühere Weihnachtsferien wegen Corona? Eltern sind dagegen. Vorstoß aus Niedersachsen bekommt hier kaum Zuspruch- Landeselternbeirat fordert Luftfilter.

Weihnachtsmarkt: 2G und Maske. Corona: Lübeck verschärft die Zugangsregeln- Was sagen die Besucher? (Ebenfalls Seite 1)

Österreich macht es richtig. Kommentar von Patrick Guyton (Seite 2).

Der Nachbar fährt runter. Österreich leidet unter einer massiven vierten Infektionswelle – und geht am Montag in den Lockdown. Als erstes Land in der EU will es obendrein ab Februar eine Corona-Impfpflicht einführen. Ein Besuch im Risikogebiet. (Seite 2 und3).

Bund und Länder schärfen nach. Bundesrat lässt neues Infektionsschutzgesetzeinstimmig passieren (Seite 3)

„Kommunikation ist das zentrale Problem in der Pandemie“. Der Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, rechnet im Winter 2022 mit einer fünften Welle (Seite 4).

Japan schnürt Corona-Rekordpaket. Japan will mit Rekordhilfen von 430 Milliarden Euro der Wirtschaft über die Corona-Krise hinweghelfen (Seite 4).

Impfpflicht für Pflegeberufe: Geteiltes Echo im Norden. Kritiker bemängeln „Abladen der Verantwortung auf eine einzelne Berufsgruppe“ (Seite 6).

Günther droht Ungeimpften mit mehr Einschränkungen. Politik zieht mehrheitlich mit – Jüngste Verschärfung der Corona-Regeln für  Ungeimpfte noch nicht einmal in Kraft getreten (Seite 6).

Impfungen gegen Grippe in Apotheken (Seite 6).

Hospitalisierungsrate knapp über 3 (Seite 6).

3G im Nahverkehr: Nur Stichproben (Seite 6).

Gastgewerbe bleibt im Krisenmodus (Seite 8).

Weihnachtsmarkt mit Einlasskotrollen. Trotz Corona: Am Montag geht’s los, mit Maske und 2G – So wird in Lübeck abgesperrt, kontrolliert und gefeiert (Seite 9)

Corona: 62 neue Fälle in Lübeck (Seite 9).

„Eisarschregatta“ ist abgesagt (Seite 9).

Das lange Warten aufs Impfen. Johanniter boten gestern Impfauffrischungen an – Schlangen vor den Anlaufstellen  in Eichholz und im Citti-Park (Seite 11).

Zwergenwald öffnet frühestens Dienstag. Hygienekonzept muss an die neue Landesverordnung angepasst werden – Schausteller in Bad Schwartau sind enttäuscht (Seite 13).

Lokale Zentren, mobile Teams: Hamburg erweitert Impfangebot. Bis zu 16 000 Impfungen pro Woche- Hospitalisierungsrate als Gradmesser für Maßnahmen (Seite 15).

Gastronomen in Sorge: Viele Absagen (Seite 15).

Der Börsentag. Sorge vor Ansteckung (Seite 16).

Ungeimpfte Profis bald im Abseits? Emotionale Debatte zu möglicher 2G-Regelung für Fußballer wirft Fragen nach der Umsetzbarkeit auf (Seite 20).

Lektüre geschafft. Frühstück beendet. Draußen trübes, unfreundliches November-Wetter. Es gibt schönere Sonntage.

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2 Kommentare zu „So trommeln folgsame Medien“

  1. Guten Morgen!
    Warum tun Sie sich das an?
    Ich lese keine (deutschen) Zeitungen und sehe/höre keine TV/Radio-Nachrichten.
    Dafür sehe ich werktäglich die ausgezeichnete Nachrichtensendung von Roger Köppel aus der Schweiz weltwoche.de.

  2. @Meyer: Sehr geehrter Herr Meyer, danke, Ihre (rhetorische) Frage ist berechtigt. Ja, das tue ich mir an, denn ich muss auch darüber informiert sein, was Mainstream-Medien so treiben, jedenfalls die gedruckten. Die von Radio und Fernsehen mit ihren Nachrichten und Talk-Shows sind bei mir schon seit vielen Jahren gestrichen. Wenn im Radio nach klassischer Musik die Nachrichten beginnen, schalte ich ostentativ aus; der Schwachsinn dort ist unerträglich. Den tue ich mir nur mit den beiden genannten Blättern an – aus benanntem Grund. Köppel und ebenso Tichy sind auch meine Info-Favoriten, daneben ferner eigentümlich frei, Junge Freiheit, Die Freie Welt, Unterberger, Reitschuster, Unzensuriert, achgut, Club der klaren Worte und wie sie alle heißen ….

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