Zugunsten der „deutsch-französischen Freundschaft“ lässt deutsche Politik so manches gerne unerwähnt, zum Beispiel bei dem für Deutschland geschichtsträchtigen 9. November verschiedener Jahre den 9. November 1923 in München – Aber auch noch einiges mehr
Gastbeitrag von Dr. iur Menno Aden
In diesen Tagen wurden anlässlich des geschichtsträchtigen 9. November wieder einmal alle Register gezogen von Versöhnung, deutscher Schuld, Frieden, Völkerverständigung, Freundschaft, deutscher Schuld – das war zwar schon, aber doppelt genäht hält besser. Die verschiedenen historischen Ereignisse 1918: Ausrufung der Republik – 1938: die Judenhetze und 1989: die Maueröffnung, die auf den 9. November fallen, sind gewiss wert, bedacht zu werden. Dabei wird freilich immer der 9. November 1923 unterschlagen. Vermutlich weil das „nazi“ war. Das war es aber eigentlich nicht.
Der 9. November 1923 in München und der dazugehörige Hintergrund
In Koblenz war am 15. August 1923 die „Vereinigte Rheinische Bewegung“ gegründet worden mit dem Ziel, eine Rheinische Republik unter französischem Protektorat zu errichten. Am 21. Oktober 1923 wurde das Aachener Rathaus besetzt und im Kaisersaal die „Freie und unabhängige Republik Rheinland“ ausgerufen. Am 26. Oktober hat sie der französische Militärbefehlshaber bestätigt. Vor diesem Hintergrund des drohenden Zerbrechens des Deutschen Reiches ist der von Ludendorff und Hitler unternommene Marsch am 9. November 1923 auf die Feldherrnhalle in München – heute sprächen wir wohl von einer Demonstration – zu sehen. Die französische Rheinland-Besetzung, die mindestens ebenso völkerrechtswidrig war wie die deutsche Besetzung der Rest-Tschechei 1939, wird aus lauter Freundschaft mit Frankreich so gut wie nie erwähnt. Die deutschen Widerständler, die damals von der französischen Besatzungsmacht erschossen wurden, hätten halt besser den Mund gehalten. Freiheitskämpfer in Übersee finden wir aber gut.
Die jahrhundertlange Tradition Frankreichs, sich deutsche Gebiete einzuverleiben
Frankreichs damaliger Versuch, uns auch noch nach dem Frieden von Versailles zu erniedrigen und zu entmachten, stand in einer jahrhundertlangen Tradition, die wie die Eroberung des Elsass‘, die Besetzung Straßburgs 1681 mit Hilfe des türkischen Sultans, die Napoleonischen Kriege wegen der tiefinnigen deutsch-französischen Freundschaft vergeben und vergessen sind. Die zahlreichen Schlösser und Burgen entlang von Rhein und Mosel sind scheinbar von selbst zu Ruinen geworden. Die Plaketten, welche bis vor einigen Jahren auf den französischen Eroberungsfeldzug im so genannten Pfälzischen Erbfolgekrieg hingewiesen hatten, sind aus lauter Freundschaft mit Frankreich entfernt worden.
Nach 1945 hat Adenauers Freund de Gaulle auch das linke Rheinufer wieder gefordert
Wir wissen heute auch, dass Deutschland 1940 Frankreich überfallen hat. So haben wir auch unsere Lektion zum Krieg 1870 gelernt. Bismarck war schuld, der dann ja auch so gemein war, den Franzosen Elsass-Lothringen wieder wegzunehmen. Wer wem den Krieg erklärt ist doch nun wirklich egal! Bei den von Deutschland ausgegangenen Kriegserklärungen 1914 ist das natürlich etwas anderes. Wir wollen gar nicht wissen, dass de Gaulle, unser und Adenauers großer Freund, nach 1945 erneut das linke Rheinufer forderte und jedenfalls das besetzte Saarland behalten wollte. Irgendwie ist uns auch entfallen, dass der französische Staatspräsident Mitterrand trotz aller zur Schau gestellten persönlichen Freundschaft mit Helmut Kohl nach dem 9. November 1989 geradezu verzweifelt versuchte, die deutsche Wiedervereinigung zu verhindern.
Einige weitere deutsche Opfer zugunsten Frankreichs
Aber nun, aber nun, sind wir Deutschen überzeugt, dass tiefinnige und größte Freundschaft mit unserem westlichen Nachbarn bestehe. Darum tun Sie ihm auch vieles zugute. Wir haben auf die Deutsche Mark verzichtet, sind bereit, den Franzosen die fortschreitenden europäischen Behörden zu überlassen und lassen es zu, dass im Europäischen Gerichtshof die Gerichtssprache Französisch ist usw. , obwohl dazu keine gesetzliche Verpflichtung besteht. All‘ diese Freundschaft dürfte auch der Grund dafür sein, dass wir die Schaffung der französischen Großregion Grand Est überhaupt nicht zur Kenntnis genommen haben.
Was wir Deutschen nicht einmal zur Kenntnis nehmen
Am 16. Januar 2015 wurden Elsass und Lothringen mit den völlig französischen Departements westlich der Vogesen zusammengeballt. Die trotz intensiver französischer „Kulturarbeit” dort noch verbliebenen Reste deutsch-alemannischer Kultur, wurden damit in einen Verbund gestellt, in welchem dieser Rest völlig untergeht. So ist es auch gewollt! Ein Elsässer schreibt mir dazu: Seit 1918 versucht der französische Staat, den elsässischen sprachlichen und kulturellen Besonderheiten ein Ende zu setzen. Der französische Staatspräsident Hollande sagte am 7. April 2016: „Das Elsass existiert nicht mehr“. Natürlich waren die Elsässer nicht gefragt worden. Natürlich hat Deutschland nicht die Frage aufgeworfen, ob da etwa gegen das europäische Recht des Minderheitenschutzes verstoßen werde.
Ähnlich wie Frankreich verfuhr Italien mit der Großregion Trentino-Alto Adige
Mit derselben Machenschaft, durch die Schaffung der Großregion Trentino-Alto Adige, hat ja auch Italien die deutschsprachige Mehrheit in Südtirol sehr erfolgreich unter einen Druck gesetzt, dem sie auf Dauer kaum widerstehen kann. Aber wir Deutschen nehmen derlei nicht einmal zur Kenntnis und sprechen unentwegt von Freundschaft – wie wir uns ja auch gegenüber Polen, Tschechen, Slowenen usw. vor lauter Freundschaft überschlagen und solche Nichtigkeiten wie die Vertreibungen vergessen. Unsere ständigen Freundschaftsbekundungen gegenüber Frankreich – dieses selbst drückt sich da deutlich zurückhaltender aus – dürften in Paris, aber auch in Warschau und Prag höhnisch und mit Verachtung zur Kenntnis genommen werden.
Der Mitschüler, der mit geschenkten Aalen einst in der Klasse um Freundschaft buhlte
Wir hatten im Marien-Gymnasium Jever einen Mitschüler, der wegen seiner schlappen Art niemanden zum Freunde hatte. Er hieß G.W. Um sich einzuschmeicheln, brachte G.W. den Meinungsführern der Klasse, wozu auch ich gehörte, geräucherte Aale aus seinem Heimatort Hooksiel mit. Als sich herumsprach, dass diese Leckerbissen nicht etwa im eigenen Hause geräuchert worden waren, sondern dass er sie selber im Fischladen gekauft hatte, war er völlig unten durch. Wir nahmen die Aale zwar gerne entgegen und forderten ihn auf, uns weiterhin damit zu bedenken, aber auf dem Pausenhof haben wir ihn stehen lassen und verachtet, bestenfalls bemitleidet. Es ist anzunehmen, dass Deutschland, wenn seine „Freunde“ auf dem Pausenhof zusammenstehen, mit ähnlichen Worten und Gefühlen bedacht wird wie dieser G.W.
Sinngemäßes Buhlen der Deutschen
Wann werden wir Deutschen endlich politisch reif!? Wenn wir unsere Interessen nicht sehen und verteidigen, geht es uns wie G.W – unbeschadet der Tatsache, dass man die von uns dargebotenen Aale gerne entgegennimmt und etwa wie Polen „mehr, mehr“ ruft. Schade um das Land unserer Vorfahren.
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Der Beitrag erscheint auch auf der Web-Seite des Autors: http://www.dresaden.de/