Der Hegemon in Ramstein

Die tödlichen Drohnenangriffe von deutschem Boden auf Ziele in fremde Länder – Ein OVG-Urteil wirft auf sie ein Schlaglicht – Deutschland darf die Einsätze zwar nicht verhindern, muss sich aber vergewissern, ob sie nicht gegen Völkerrecht verstoßen – Ein FAZ-Kommentar dazu und ein Leser-Kommentar zum Kommentar – Dient Ramstein wirklich der deutschen Sicherheit? – Die Ergebenheit des Vasallen in sein Los

Was auch ein Hegemon nicht dürfen sollte, nimmt er sich trotzdem und ungestraft heraus. Vom amerikanischen Militärstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein aus lenken die Vereinigten Staaten tödliche Drohnenangriffe auf Ziele in fremden Staaten. Wohl befassen sich deutsche Gerichte mit der Frage, ob Deutschland dafür eine Mitverantwortung trägt, schon seit einigen Jahren. Aber Klagen – sei es von Anwohnern, sei es von Opfern – blieben diesbezüglich bislang ohne Erfolg. Anders jetzt das Oberverwaltungsgericht Münster. Drei Jemeniten hatten vorgebracht, 2012 bei ei­nem Droh­nen­ein­satz An­ge­hö­ri­ge ver­lo­ren zu ha­ben. Ich beziehe mich hierbei auf einen Bericht in der FAZ.*) Danach muss Deutschland den USA zwar nicht untersagen, den Ramstein-Stützpunkt zu nutzen – ihn also weiterhin dulden, weil es dazu auch verpflichtet worden ist – aber es muss sich ver­ge­wis­sern und nach­for­schen, ob die USA bei diesen  Ein­sät­zen das Völ­ker­recht wahrt. Das Gericht sieht „of­fen­kun­di­ge tat­säch­li­che An­halts­punk­te“ da­für, dass zu­min­dest ein Teil der Ein­sät­ze ge­gen das Völ­ker­recht ver­stößt. Die FAZ hat diese Entscheidung kurz kommentiert, einer ihrer Leser in einer Zuschrift Anstoß daran genommen.

Der Leser Prof. Dr. iur. Menno Aden schreibt im Begleittext zu seinem eigenen Kommentar: „Liebe Freunde! Den folgenden Leserbrief habe ich der FAZ  geschickt.  Es st bedauerlich, dass man sich bei dieser  nach wie vor angesehensten Zeitung „für Deutschland“ (wie  sie im Untertitel heißt) immer wieder fragen muss, in wessen Sold  sie steht. Die Aussichten, dass mein Leserbrief  veröffentlicht wird,  sind wie bei  allen Themen  dieser Art sehr gering. So  erlaube ich mir, diesen alternativen Vertriebsweg zu nutzen. Einer evtl. Weiterverbreitung steht daher nichts im Wege.“ Der ich hiermit folge.

Selbstverständlich kann ein deutscher Richter über Völkerrechtswidrigkeit entscheiden

Der Text von Adens Zuschrift lautet: „Ihr Kommentar sagt unter ‚Lebensfremd’: ‚Man muss viel Selbstvertrauen haben, wenn man als deutscher Richter glaubt beurteilen  zu können,  ob ein bewaffneter Konflikt im fernen Jemen dem  Völkerrecht  entspricht.’  Wie das?  Völkerrecht ist ein Recht, das einheitlich für die ganze Welt gilt. Selbstverständlich kann  ein deutscher Richter darüber befinden, ob eine bestimmte Handlung des eigenen oder eines anderen Staates hier oder irgendwo auf der Welt dem Völkerrecht entspricht. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes  sind nämlich gemäß  Art. 25 Grundgesetz Bestandteil auch des deutschen Rechtes. Eine ganz andere Frage ist, ob ein bestimmter  imperialistischer Staat, dessen Botschafter in Deutschland sich  wie der Hochkommissar  einer Besatzungsmacht aufführt, sich an das Völkerrecht hält. Das ist in fast allen Fällen, die letzthin gemeinkundig wurden, klar zu verneinen.“ Ich selbst füge hinzu: Ausgespart bleibt, was Deutschland zu unternehmen hat und zu unternehmen in der Lage ist, falls es einen Völkerrechtsverstoß feststellte.

In Ramstein liegen die amerikanischen Atombomben

Aden weiter: „Unser deutsches Problem ist, dass dieser imperialistische Staat, der bei uns  völlig unverfroren Spionage betreibt und Mobiltelefone abhört, in Ramstein eine exterritoriale Basis hat, welche nur scheinbar zu Deutschland gehört. Ich hatte einmal das Zufallsprivileg, in Ramstein mit einer Militärmaschine zu landen. Ich behaupte und erwarte gerne Widerspruch: Nach Ramstein hat nicht ein einziger deutscher Hoheitsträger Zutritt!   Rechtlich haben wir da nichts zu sagen!  In Ramstein liegen die amerikanischen Atombomben, welche Russland und andere Staaten bedrohen. Von dort werden auch  die Drohnen gesteuert, die uns  u.a. den Rechtsstreit mit zivilen Opfern aus dem Jemen eintragen. Ramstein ist ein Überbleibsel des Zweiten Weltkriegs und ein Zeichen dafür, dass die erwähnte imperialistische Macht leider weiterhin nicht ganz darauf verzichtet, bei uns  Besatzungsmacht zu sein.“

Was sonst noch am FAZ-Kommentar auszusetzen ist

Auszusetzen ist an dem FAZ-Kommentar allerdings noch weiteres. Dort liest man nämlich auch dies: „Über die ame­ri­ka­ni­schen Droh­nen­ein­sät­ze, die es nicht nur in die­sem Kon­flikt­ge­biet gibt, ist in der Re­gel nicht all­zu viel be­kannt; Prä­si­dent Trump hat kürz­lich so­gar die Be­rich­te über zi­vi­le Op­fer ab­ge­schafft, die bis­her ein­mal im Jahr ver­öf­fent­licht wur­den. Aber selbst wenn man dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter fol­gen woll­te, stellt sich die Fra­ge, wie der deut­sche Staat prü­fen soll, ob die Ein­sät­ze der Ame­ri­ka­ner, für die (an­geb­lich) Da­ten über Ram­stein ge­lei­tet wer­den, rech­tens sind. Die Vor­stel­lung, dass die Bun­des­re­gie­rung über Ein­zel­hei­ten sol­cher Ope­ra­tio­nen Aus­kunft in Wa­shing­ton er­hal­ten könn­te, ist le­bens­fremd. Und erst recht nicht wer­den sich die Ame­ri­ka­ner in die Ein­satz­füh­rung hin­ein­re­den las­sen. Im­mer­hin, selbst die Müns­te­ra­ner Rich­ter er­ken­nen an, dass Droh­nen­an­grif­fe im Grund­satz le­gi­tim sind. Sie kön­nen so­gar der deut­schen Si­cher­heit die­nen, muss man hin­zu­fü­gen.“

Die Ergebenheit des Vasallen in sein Los

Ob sie wirklich der deutschen Sicherheit dienen, lässt sich durchaus bezweifeln. Für etwaige amerikanische Angriffsopfer (vielleicht Russland?) wird diese exterritoriale USA-Exklave das erste Ziel ihres Gegenschlags sein – mit (je nach Waffengang) zerstörerischen Folgen nur in Deutschland, aber nicht in den USA. Und wenn die Richter äußern, dass Deutschland den Vereinigten Staaten das Nutzen der Basis Ramstein nicht untersagen muss, dann bedeutet das doch überhaupt nicht, dass die Richter Drohnenangriffe von dort aus für legitim, sondern allenfalls für legal erklärt haben. Und wenn sich für den FAZ-Kommentator die Frage stellt, wie der deut­sche Staat prü­fen soll, ob jene von Ramstein – wirklich nur angeblich? – geleiteten amerikanischen Ein­sät­ze rech­tens sind, dann ist die Antwort schlicht die: Natürlich kann er das prüfen, er darf es nur nicht. Und täte er es trotzdem, könnte er eine Entscheidung, sie seien nicht rechtens, gegen den Hegemon nicht durchsetzen. Eben deshalb hat der Kommentator nur in zweierlei recht: erstens, dass sich die Amerikaner in ihre Einsatzführung nicht hineinreden lassen; und zweitens, dass die Vor­stel­lung, die Bun­des­re­gie­rung könne in Washington über Ein­zel­hei­ten sol­cher Ope­ra­tio­nen Aus­kunft er­hal­ten, le­bens­fremd ist. So spiegelt der Kommentar wider, was gegenüber einem Hegemon tunlich ist: die Ergebenheit des Vasallen in sein Los.

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*) FAZ vom 20. März 2019 auf Seite 1, 6 und 8 sowie FAZNet hier.

 

 

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Ein Kommentar zu „Der Hegemon in Ramstein“

  1. Ich denke zu diesem Thema ist Alles ! gesagt und geschrieben ! Ich verweise auf die Ausführungen Egon Baars , auch KEIN verfechter der deutschen Einheit in der Jungen Freiheit 2011 zu den , Kanzlerbriefen „!!!!! Bei Foschepoth zu Besatzungsrecht und der Realität der UN Feindstaatenclausel etc !! Solange die UN Mitgliedsstaaten nicht mehrheidlich die bezüglichen Paragraphen gestrichen haben bleiben die USA Besatzungsmacht !! Bei dieser Regierung , im Europa des Walter Hallstein sage ich :, Gott sei dank mit Tramp!““-Wer will Amerika hindern ?? Soviel Größenwahn kann es doch garnicht geben !!!!

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