Die Bertelsmann-Studie definiert ihn als Anti-Establishment-Haltung – Dann sind 29 Prozent der deutschen Wähler Populisten und damit Wählerpotential für die AfD – Weitere 34 Prozent stimmen diesem Populismus teilweise zu – Ausweis lebendiger Demokratie – Hinter dem Populismus-Vorwurf steckt die Angst vor dem Volk – Schlägt auch bei der Bundestagswahl die Stunde dieser „Populisten“?
Das also ist Populismus: „Anti-Establishment-Haltung, die sich in Kritik an politischen Parteien, Institutionen und Medien ausdrückt“. So jedenfalls sieht ihn die Bertelsmann-Stiftung zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap, und so ist es in der diesbezüglichen Studie nachzulesen. Sie beruht, wie es heißt, auf drei repräsentativen Online-Befragungen des Instituts. Repräsentativ mögen sie in der Tat sein, man wünschte nur, es gäbe in Deutschland in diesem Populismus-Sinn weit mehr Populisten. Denn diesen so definierten Populismus haben sich die politischen Parteien, viele Institutionen und Medien, weiß Gott, redlich verdient. Redlich? Nein, unredlich.
29 Prozent der Befragten mit Anti-Establishment-Haltung
Befragt hat das Institut 1600 wahlberechtigte Deutsche. Es ging darum, die Neigung zu populistischen Ansichten zu erfassen (FAZ vom 26. Juli, Seite 4). Nochmals: Die Forscher von Infratest Dimap definieren populistische Einstellungen als „Anti-Establishment-Haltung“, die sich in Kritik an politischen Parteien, Institutionen und Medien ausdrückt. Das Ergebnis in der FAZ-Wiedergabe: „Ein knappes Drittel der wahlberechtigten Deutschen (29 Prozent) vertritt populistische Ansichten oder stimmt ihnen prinzipiell zu. Rund 37 Prozent lehnen populistische Positionen dagegen grundsätzlich ab.“ Populistische Einstellungen seien weit verbreitet, überschreibt die FAZ ihren Bericht über die Bertelsmann-Studie
Ein schönes Wählerpotential für die AfD – das sie aber noch nicht ausschöpft
Ganz anders die Bertelsmann-Stiftung, die ihre Studie mit dieser Überschrift vorstellt: „Mehrzahl der Deutschen lehnt populistische Positionen ab.“ Und ihre Populismus-Definition stellt sie selbst so dar: „Populismus geht immer mit einer Anti-Establishment-Haltung einher: Populismus kritisiert die etablierten politischen Parteien und Institutionen und oft auch die Medien.“ So ein Populist bin dann auch ich. Die ganze AfD übrigens ist es mit ihrem Grundsatzprogramm und mit ihrem Wahlprogramm ebenfalls – also d e r Grund, sie zu wählen. Ein schönes Wählerpotential, auch wenn es diese Partei durch ihre internen Konflikte nicht wird ausschöpfen können. Und schön zu wissen, dass auch ich zu diesen ermittelten immerhin 29 Prozent der wahlberechtigten Deutschen gehöre. Einsamkeit sieht anders aus.
34 Prozent stimmen dem definierten Populismus teilweise zu
29 Prozent genügen aber noch nicht. Um Deutschland und Europa vor der Merkel-Politik und der Geopolitik der großen Drahtzieher sowie ihren ruinösen Folgen zu retten, müssen es mehr werden. Hoffnung immerhin machen jene ermittelten 34 Prozent, die der definierten populistischen Haltung nur teilweise zustimmt. Und beruhigend ist auch dieses Befragungsergebnis: „Von denen, die als populistisch eingestellt bezeichnet werden können, vertreten außerdem die meisten eher moderate als radikale Ansichten.“ Denn ein Populismus, der „die etablierten politischen Parteien und Institutionen, kritisiert“, ist erstens eine demokratische und zweitens eine maßvolle Haltung, ist völlig normal und notwendig. Radikalinskis also sind diese Populisten nicht.
Populismus in der definierten Ausrichtung in Deutschland eher moderat
So stellt denn auch die Bertelsmann-Stiftung selbst heraus: „Während der Populismus in seiner radikalen Form diese Institutionen aber grundsätzlich infrage stellt, die herrschenden Parteien entmachten und das politische System radikal umbauen will, lehnt ein eher moderater Populismus die traditionellen Institutionen nicht gänzlich ab, sondern bemängelt einzelne Punkte und will diese verbessern.“ In Deutschland sei der Populismus in seiner Ausrichtung eher moderat als radikal einzustufen: „So befürworten beispielsweise mehr als zwei Drittel der Menschen mit populistischen Einstellungen die EU-Mitgliedschaft, und 85 Prozent bejahen das demokratische System. Über drei Viertel meinen jedoch, dass die EU-Integration zu weit gegangen sei, und eine knappe Mehrheit von 52 Prozent glaubt, die Demokratie funktioniere bei uns ‚eher nicht’ oder ‚überhaupt nicht’.“ Der vollständige Bertelsmann-Text hier.
Dieser definierte Populismus als Ausweis lebendiger Demokratie
In einem Kommentar zu ihrem Bericht über die Studie bemängelt die FAZ, mit der Vergleichbarkeit von Populismus-Studien sei es nicht weit her, die Aussagekraft jeder einzelnen zwangsläufig begrenzt. Die soziale Wirklichkeit, die es zu beschreiben gelte, werde doch erst einmal begrifflich konstruiert. Was etwa sei damit gewonnen, wenn in der Studie zu lesen sei, annähernd drei von zehn Deutschen seien Populisten und ein weiteres Drittel teils/teils? Und der Kommentator fragt sich: „Gibt dieses Verhältnis nun Anlass zur Sorge um die parlamentarische Demokratie oder gerade nicht? Für Letzteres könnte sprechen, dass selbst die große Mehrheit der Populisten die EU wie die Demokratie im Prinzip gutheißt, aber an deren Funktionieren einiges auszusetzen hat. Soll das der oft als Fehlform der Demokratie beschriebene Populismus sein? Oder ist das nicht gerade Ausweis lebendiger Demokratie?“ Ja, ebendas ist es.
Kann denn Realismus Populismus sein?
Allerdings ist Populismus üblicherweise anders definiert, als es die Bertelsmann-Studie tut. Möglicherweise ist das geschehen, um mit der gewählten Definition, die AfD in die populistische Ecke zu schieben, ohne es ausdrücklich zu tun. Die AfD benennt realistisch die großen Probleme, darunter die Euro-Rettung, die Massen-Invasion aus Afrika und islamischen Staaten sowie die Energiewende mit allen ihren ruinösen Folgen, Problemen, die zu lösen die Altparteien sich weigern. Auf einer Blog-Seite habe ich gelesen: „Kann denn Realismus Populismus sein? Ist es Populismus, wenn man langfristige Probleme benennt?“ (hier).
Ein Unterschied: Dem Volk aufs Maul schauen und dem Volk nach dem Mund reden
Was ist Populismus? Ein anderes Wort für Volkes Stimme? Die lateinische Übersetzung für das griechische Wort Demagogie? Wenn eine Partei dem Volkswohl dienen will? Wenn jemand dem Volke nach dem Munde redet? Ein veraltetes Fremdwort für „volksnahe Politik“? Wenn man Bismarcks Sichtweise „Vox Populi = Vox Rindvieh“ ablehnt? Die Bertelsmann-Stiftung hat ihre Definition noch um diese Kennzeichnung ergänzt: „Daneben geht Populismus davon aus, dass es einen allgemeinen Volkswillen gibt. Diesem soll durch mehr direkte Demokratie zur Durchsetzung verholfen werden.“ In seinem Aufsatz von 1938 über Volkstümlichkeit und Realismus schreibt Bertold Brecht: „Dem Volk aufs Maul schauen ist etwas ganz anderes als dem Volk nach dem Mund reden.“
Hinter dem Populismus-Vorwurf steckt die Angst vor dem Volk
Wenn Altparteien, die etablierte Führungsschicht und Globalpolitiker den politischen Gegnern Populismus vorwerfen, verbirgt sich dahinter die Angst vor dem Volk. („Angst der Machteliten vor dem Volk“ lautet ein Vortrag des Kieler Psychologie-Professors Rainer Mausfeld hier und hier ).In den Acht Anmerkungen zum Populismus vonRalf Dahrendorf findet sich der Satz: „Der Populismus-Vorwurf kann selbst populistisch sein.“ Wie sich das Establishment den Populismus als Feindbild „zurechtbastelt“, kann man hier nachlesen. Letztlich populistisch verhalten sich alle Parteien, denn sie wollen vom Populus gewählt werden. Das zeigt sich jetzt gerade vor der Bundestagswahl am 24. September.
Populismus als Kampfbegriff
Klaus Max Smolka schrieb vor zweieinhalb Jahren in der FAZ: „Es ist an der Zeit, in den politisch-wirtschaftlichen Diskussionen den Begriff ‚Populismus’ aus dem Wortschatz zu drängen. Oder ihn jedenfalls vorsichtiger zu benutzen. Denn er ist unverkennbar ein Kampfbegriff geworden für jene, die keine Lust haben, sich mit Denkern wider die herrschende Mainstream-Meinung der Eliten auseinanderzusetzen. Interessanterweise wird, was als ‚populistisch’ gilt, häufig genug im Laufe der Jahre zu einer zumindest respektierten Meinung.“
Beispiel Euro: Kritiker anfangs verfemt, inzwischen ernstgenommen
Als Beispiel nennt Smolka den Euro: „Bei seiner Einführung standen die Skeptiker in der nationalistischen Ecke. Heute wird das Argument, die Gemeinschaftswährung sei mit Konstruktionsfehlern und zu früh gekommen, zumindest ernst genommen. Und wer vor wenigen Jahren zu Beginn der Euro-Rettung Opposition betrieb, war: na klar, Populist.“ Das sei nur ein Beispiel von vielen, und ein solcher Wandel des Zeitgeists werde selten zugegeben. „Denn damit würde konzediert, dass die Bedenken der gemeinen Leute manchmal doch gar nicht so abstrus sind. Das ist ja der Kern des ‚Populismus’: Schält man ihn etymologisch – vom lateinischen Wort für Volk abgeleitet – als Orientierung an der Volksmeinung heraus, bedeutet seine negative Konnotation: Man schätzt die Meinung der Leute gering.“
Gefahr der Populismus-Keule: Sie kann die Verunglimpften radikalisieren
„Nun mag man“, schreibt Smolka weiter, „die reine Orientierung an der Meinung der Leute tatsächlich für problematisch halten; das begründet ja auch die Skepsis der Gegner von Volksabstimmungen. Jedoch: Wenn die Eliten bei zentralen gesellschaftlichen Themen lediglich eine Sichtweise zulassen, stellt sich die Frage, ob sie ihrem Führungsanspruch gerecht werden. Wie kommt es denn, dass jetzt in so vielen Ländern euro(pa)skeptische Parteien am linken und rechten Rand blühen? Weil sie Zulauf von jenen bekommen, die in den etablierten Parteien ihre Meinung all die Jahre nicht repräsentiert sahen. Darin liegt die größte Gefahr der Populismus-Keule: Sie kann die Verunglimpften radikalisieren. Daher die Bitte: Bevor man in den heiklen Debatten der Zeit zum ‚Populismus’ greift, erst mal eine Minute innehalten. Denn egal welchen Blickwinkel man zu einem Thema selbst einnimmt: Ein liberal Denkender sollte sich mit der anderen Meinung auseinandersetzen – statt sie herunterzumachen.“ (FAZ vom 7. Februar 2015, Seite 21).
Bange Frage: Schlägt auch bei der Bundestagswahl die Stunde der „Populisten“?
Auslöser für die Bertelsmann-Studie war offensichtlich die Angst vor den darin beschriebenen Populisten. Denn ihre Vorstellung der Studie leitet die Bertelsmann-Stiftung so ein: In den USA wurde Donald Trump zum Präsidenten gewählt, in Großbritannien war das knappe ‚Ja’ zum Brexit ein großer Erfolg für die Partei UKIP, in Frankreich und Österreich schafften es Marine Le Pen vom Front National und Norbert Hofer von der FPÖ in die Stichwahl ums Präsidentenamt, und in den Niederlanden prägten die Parolen von Geert Wilders den Wahlkampf entscheidend mit. In Südeuropa ist der Movimento 5 Stelle aktuell zweistärkste Kraft im italienischen Parlament und stellt Roms Bürgermeisterin, in Spanien lag die Partei Podemos bei der letzten Parlamentswahl auf Rang drei, und in Griechenland ist der Syriza-Politiker Alexis Tsipras Ministerpräsident. Bei uns schließlich sitzt die AfD mittlerweile in 13 Landesparlamenten. Diese Parteien und Personen punkteten stark mit populistischen Parolen. Schlägt auch bei der kommenden Bundestagswahl die Stunde der Populisten?“ Möge sie es.
Herr Krause schrieb u. a.:
»… Schlägt auch bei der kommenden Bundestagswahl die Stunde der Populisten?“ Möge sie es.«
Sie haben wieder einmal in trefflicher Weise, wie es Ihre Art ist, Herr Krause, alles gesagt, was zu einem Thema (in diesem Fall das des Populismus) gesagt werden muß.
Bleibt einem nur noch, sich Ihrem Wunsch, was ich hiermit tue, vorbehaltlos anzuschließen.
„Möge die Stunde der Populisten bei der nächsten Bundestagswahl schlagen!“
Die offiziell erlaubte Sprache welche auserwählte Begriffe bis hin zur Ermüdung repetiert ist immer auch ein Kampfmittel gegen Kritiker die den Vorgaben des machthabenden Regimes nicht folgen wollen. Dies gilt nach außen (man erinnere sich an die Sprache der DDR gegenüber der BRD) wie gegenüber internen Kritikern. Je totalitärer sich ein Staat einwickelt desto aggressiver wird diese Sprache gegenüber Andersdenkenden. Wer kennt nicht die Inflation von Phobien welche kritischen Mitbürgern bei bestimmten Äußerungen angedichtet werden. Es wird ausgedrückt, dessen Vertreter haben ein (psychiatrisches) Problem. Sind sind krank, bedürfen einer Therapie.
Die Begrifflichkeit des „Populismus“ ist nicht nur höchst überflüssig, sie ist vor allem entlarvend.
Der Gebrauch und dessen Definition als „Anti-Establishment-Haltung“ demaskiert den Apologeten als jemand der sich dem Establishment zugehörig fühlt und dem Populus (der Gesamtheit des Volkes) jegliche Urteilsfähigkeit abspricht. Aus dem bewußt negativ erzeugten Beiklang hört man geradezu die Verachtung.
Geht es noch undemokratischer?
Man kennt im Deutschen den Begriff des Volkskörpers oder der Volksgemeinschaft. Einem idealisierten Zustand in welchem Menschen aus einem geographisch begrenzten Raum mit gemeinsamer Geschichte ähnlich sozialisiert wurden und dadurch bestimmte Grundwerte des Zusammenlebens über alle Klassen hinaus teilen. Zum Verständnis braucht man kein Jurastudium. Diese unstrittigen Grundwerte einer solchen Gemeinschaft schließen auch ihre schärfsten Kritiker mit ein sofern sie sich an den verinnerlichten Wertekanon halten. Eine Opposition weiß, ändert sich die (Volks-) Meinung sind sie die neuen Meinungsführer und Machthaber. Man wird daher kaum interessiert sein diesen Regelkreis durch ungebührliche Machtanmaßung zu zerstören, könnte man sich selbst doch so in Gefahr bringen.
In einem solchen Staatswesen bedarf es weder gepanzerter Limousinen für öffentliche Funktionsträger noch einer militärisch hochgerüsteten Polizei, da selbst die Kriminellen dieser Gemeinschaft es vermeiden ungeschriebene Grenzen bei ihrem Handwerk zu überschreiten um nicht den kollektiven Hass auf sich zu ziehen.
Der Begriff „Volk und Gemeinschaft“ ist deshalb zweifellos DAS SCHLACHTFELD der Globalistenclique und seiner Nutznießer. Er wurde (nicht nur) in diesem Land über „Gesellschaft“ und „Bevölkerung“ bis hin zu „Denjenigen die schon länger hier leben“ abgewertet und alles getan um diese Zustände mit Leben zu erfüllen. Das Establishment im Gegenzug heuchelt selbst an einer „internationalen Gemeinschaft“ teilzuhaben in welcher eitle Einigkeit herrscht und die es berechtigt sich über die Völker zu erheben.
In einem Land mit einem einheitlich internationalistisch ausgerichteten Parteienblock deren Vertreter ein System zwischen Olchokratie (Eigennutz) und Oligarchie (Lobbyvertretung) errichtet haben, dass Repression und Kontrolle in immer kürzeren Abständen steigert und alles tut um einmal erreichte Zustände zu zementieren hat man kaum noch Gelegenheit unbeschadet sein Missfallen daran auszudrücken. Der Wahltag ist eine dieser wenigen Möglichkeiten.
Nun kann man zu verweigernder Fundamentalopposition neigen (Nichtwähler) oder der Hoffnung auf Ausbremsung nachgehen, indem man einer Partei die Stimme gibt, welche zumindest dem Anschein nach nicht den Systemparteien zugeordnet werden kann.
Auch auf die Gefahr hin einem Trugbild zu unterliegen und in der Erkenntnis womöglicher Unterwanderung durch bezahlte Zerstörer tendiere ich wie Herr Krause zu letzterem.
Wie heißt es – die Hoffnung stirbt zuletzt!
Die akademische Diskussion über eine Definition eines vermeintlichen Populismus und wie dieser zur parlamentarischen Demokratie steht kann man dagegen ggw. getrost zur Seite legen.
Kritiker jedweder Ausprägung kann man nur darauf hinweisen wie der Volksmund doch so schön sagt: „Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil“. Und ausnahmsweise sei in leichter Abwandlung für den Wahlgang auch Karl Marx zitiert: Kritiker jeglichen Couleurs vereinigt euch – man möge anfügen, solange es noch geht.