Der „Rechtsstaat“ Deutschland will sie nicht wahrhaben – Die politischen Verfolgungen in der SBZ – Die falschen Behauptungen von den „Vorbedingungen“ – Die beiden eidesstattlichen Versicherungen von Günther Krause
Menschenrechtsverletzungen sind Verbrechen. Schwere Menschenrechtsverbrechen sind Schwerverbrechen. Schwerste Menschenrechtsverletzungen sind schwerste Verbrechen. Zu solchen Schwerstverbrechen gehören die politischen Verfolgungen nach stalinistischen Terrormethoden in der einstigen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) 1945 bis 1949. Ihren Opfern steht ein Recht auf Wiedergutmachung zu. Aber deutsche Politiker, Behörden und Gerichte verweigern es ihnen bis heute. Was ist der Hintergrund?
Gerichte verkennen und verfälschen gesetzliche Regelungen
Getarnt waren diese Verbrechen zumeist mit den Bezeichnungen „Bodenreform“ und „Wirtschaftsreform“. Als solche verharmlost werden sie aus politischen und fiskalischen Beweggründen auch heute noch. Die bundesdeutsche Rechtsprechung bis hin zu den höchsten Gerichten hat sie noch immer nicht aufgearbeitet, jedenfalls nicht in rechtsstaatlich zwingender Weise. Die Opfer dieser Verbrechen warten auf die Wiedergutmachung nach wie vor. Diese Wiedergutmachung ist nicht nur möglich, sondern nach den bestehenden gesetzlichen Regelungen auch geboten. Aber deutsche Justiz und zuständige Behörden verkennen, was diese Regelungen besagen, und verfälschen sie. (Einschlägige Rechtsfragen zu diesem ganzen Komplex werden ausführlich hier behandelt)
Beim rechtlichen Aufarbeiten der Verbrechen „alles aus den Fugen geraten“
An diese Rechtsverweigerung hat vor kurzem die Frankfurter Allgemeine Zeitung erinnert.*) Die Überschrift lautete „Der verdrängte Terror“. Geschrieben hat den Beitrag der promovierte Jurist Johannes Wasmuth, Rechtsanwalt in München und Lektoratsleiter des juristischen Fachbuchverlages C.H. Beck in München. Der Beitrag schließt mit den Worten: „Damit steht eine juristische Aufarbeitung der anlässlich der „Boden- und Wirtschaftsreform“ verübten Repression weiterhin aus. Dass sie unterblieben ist, war zunächst zwar verständlich. Inzwischen muss aber konstatiert werden: Die Ermittlung des Sachverhalts und die Anwendung von Denkgesetzen zählen im Rechtsstaat zum grundlegenden Rüstzeug eines Richters. Insofern ist bei der Aufarbeitung stalinistischer Repression alles aus den Fugen geraten: Ein für die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats niederschmetternder Befund.“
Die Wahrheit wird vorsätzlich verschwiegen
Dazu hat die FAZ in ihrer Ausgabe 30. April unter der Überschrift „Recht und Wahrheit“ folgende Zuschrift von Dr. Udo Madaus, Köln, veröffentlicht: „Kompliment an den Verfasser dieses Beitrages, denn selten sind die Geschehnisse um die Enteignung in Ostdeutschland nach dem Krieg im Zuge der sogenannten Boden- und Industrie-Reform so anschaulich und rechtlich qualifiziert dem Leser dargestellt worden. Deutlich wird die Tatsache, dass kein verantwortlicher Entscheidungsträger unseres Rechtsstaates: Regierung (Exekutive), Gesetzgeber (Legislative), Gerichtsbarkeit (Judikative) bislang willens war, das Recht auf Eigentum als absolut geschütztes Menschenrecht bzw. Völkerrecht nach der Wende für mehr als eine halbe Million betroffener westdeutscher (Vertriebene aus dem Osten) und ostdeutschen Bürgern durchzusetzen. Unabhängig von allen Problemen wird die Wahrheit vorsätzlich verschwiegen, wie von den drei Affenköpfen sinnbildlich dargestellt: nichts hören – nicht sagen – nichts sehen.“
Für die Wahrheitsfindung allerhöchste Zeit
„Vorgeschobene Ausrede der Politik war: Die Sowjetunion (und auch die DDR) hätten die Unantastbarkeit der zwischen 1945 und 1949 getroffenen Eigentumsverhältnisse zur unabdingbaren Bedingung gemacht, um die Wiedervereinigung zu ermöglichen. Nach zahlreichen Aussagen russischer Politiker (Gorbatschow, Schewardnadse, Kwizinski, Datschischew) hat es eine solche Bedingung nicht gegeben; und nach noch zahlreicheren Gutachten von Verfassungsrechtlern durfte es eine solche Bedingung nicht geben! Tatsache ist: In zwei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (April 1991 und April 1996) wurden die Konfiskationen zwischen 1945 und 1949 ohne Beweiserhebung “abgesegnet” und vom Gesetzgeber mit dem Einigungsvertrag und entsprechenden Verfassungsänderung als rechtens anerkannt und somit verfassungsfest gemacht. Es wird allerhöchste Zeit, dass in unserem Land eine Wahrheitsfindung erfolgt, zu der namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Recht- und Gerichtsbarkeit aufgerufen sind.“
Es war nicht nur Enteignung, sondern Vernichtung einer ganzen Bürgerschicht
Der Jurist und ehemalige Unternehmer Madaus gehört mit seiner Familie und ihren einstigen Unternehmen in Sachsen ebenfalls zu den Opfer dieser staatlichen Rechtsverletzungen. Er hat darüber zwei Bücher, viele Broschüren und zahlreiche Artikel verfasst und kämpft seit über zwanzig Jahren für die Rückgabe des geraubten Eigentums.**) Allerdings greift er, wenn er die Geschehnisse damals nur als „Enteignung“ darstellt, rechtlich zu kurz. Zwar sind die Opfer auch enteignet worden, aber die Enteignungen waren nur ein Teil der politischen Verfolgung und nicht das eigentliche Schwerstverbrechen. Verfolgt wurde der „Klassenfeind“. Das waren alle selbständigen Unternehmer, zu denen auch Landwirte und Gutsbesitzer gehörten. Ihrer aller Verfolgung bestand im Vertreiben, Verhaften, Verschleppen, Inhaftieren, Hinrichten, Verhungern lassen und Ermorden. Das ging einher mit der Einziehung des gesamten Vermögens der Opfer, denn das Besitz- und Großbürgertum sollte auch wirtschaftlich zugrunde gerichtet werden. Aufgezogen wurde die Vernichtung als Bestrafungsaktion mit dem meist kollektiven Schuldvorwurf, die Menschen dieser Bevölkerungsschicht seien alle „Nazi-Aktivisten und Kriegsverbrecher“ gewesen. Auch die aus der Nazi-Zeit bekannte Sippenhaft gehörte dazu.
Die vermeintliche sowjetische Vorbedingung für die deutsche Einheit
Auf die Zuschrift von Madaus schrieb unter dem Titel „Keine Vorbedingungen für die Einheit“ Professor E. h. Dr. Drs. h. c. Klaus-Heinrich Standke, Direktor bei den Vereinten Nationen a. D., aus Le Hôme-sur-Mer in Frankreich in der FAZ-Ausgabe vom 8. Mai: „Leser Dr. Udo Madaus wirft die Frage auf, ob die Unantastbarkeit der in den Jahren 1945 bis 1949 in der sowjetisch besetzten Zone beschlagnahmten Vermögenswerte eine der Voraussetzungen gewesen sei, um die Zustimmung der Sowjetunion zur Erlangung der deutschen Wiedervereinigung zu erlangen. Der wichtigste Kronzeuge hierzu ist gewiss der damalige Präsident der UdSSR, Michail Gorbatschow, der zusammen mit seinem Außenminister Edvard Schewardnadse die entscheidenden Verhandlungen mit der Bundesregierung im Rahmen des sogenannten Zwei-plus-vier-Vertrages (Bundesrepublik Deutschland und Deutsche Demokratische Republik auf der einen Seite, Vereinigte Staaten, Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien auf der anderen Seite) geführt hat.“
Kronzeuge Gorbatschow: Keine Vorbedingungen gestellt
„Ich war am 1. März 1998 in Berlin im größten Konferenzsaal des ICC in Berlin anwesend, als der frühere Präsident Michail Gorbatschow einen Vortrag hielt zu dem Thema: „Die Sowjetunion und die Deutsche Einheit“ (unter besonderer Berücksichtigung der Bodenreform). Gorbatschow bestritt in seinem Beitrag vehement die Behauptung, die sowjetische Seite hätte in dieser Frage irgendwelche Vorbedingungen gestellt. Alle Texte in dieser Frage seien veröffentlicht worden, es gäbe keine geheimen Abkommen, auch keine „geheimen“ – wie er dies nannte – „Gentlemen Agreements“. Es sei ausschließlich eine innerdeutsche Angelegenheit. Es sei für ihn daher nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung in dieser emotionell aufgeheizten Frage die Sowjetunion vorschiebe. Der Vortrag des früheren sowjetischen Staatspräsidenten ist als Video-Aufzeichnung veröffentlicht worden: www.webkreis.org.“
Es gibt auch einen deutschen Kronzeugen: Günther Krause
Es gibt aber nicht nur den russischen Kronzeugen Michail Gorbatschow, sondern auch den deutschen Kronzeugen Günther Krause. Er nämlich ist damals DDR-Verhandlungsführer der Verhandlungen mit der Bundesrepublik über den Vertrag zur deutschen Einheit gewesen (bundesdeutscher Vertragsführer: Wolfgang Schäuble). Günther Krause hat den Vertrag auch entworfen.***) Federführend verhandelt hatte er zuvor schon den Vertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (Verhandlungsführer damals auf bundesdeutscher Seite Hans Tietmeyer). Er war damals (1990) Parlamentarischer Staatssekretär beim (letzten) Ministerpräsidenten der DDR (Lothar de Maiziere) und von 1990 bis 1991 Bundesminister für besondere Aufgaben, danach bis 1993 Bundesminister für Verkehr. Wer, wenn nicht auch Günther Krause, musste wissen, ob es jene Vorbedingungen gegeben hat. Es hat sie nicht gegeben. In zwei eidesstattlichen Versicherungen hat Krause das klargestellt.
Die eidesstattliche Versicherung Nummer 1
Die erste stammt vom 10. Januar 1999. Er wendete sich mit ihr gegen die Behauptung, Sowjetunion und DDR hätten für ihre Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung zur Bedingung gemacht, die Vermögenswerte, die in der deutschen Ostzone während der sowjetischen Besatzungszeit (1945 bis 1949) enteignet worden seien, dürften nicht zurückgegeben werden. West- und ostdeutsche Politiker behaupteten das, und die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen und die Gerichte exekutierten es – entgegen den gesetzlichen Regelungen. Die allerdings sind – als sei das Absicht gewesen – sehr kompliziert und schwer verständlich. Erst ziemlich spät haben einige wenige Rechtskundige, meist Anwälte der Opfer, ihre Systematik entschlüsselt. Der Wortlaut der Erklärung hier.
Die eidesstattliche Versicherung Nummer 2
Die zweite stammt vom 28. Oktober 1999 und ist sechs Seiten lang. Mit ihr wehrt sich Günther Krause gegen einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 1999 (8 B 151/99). Die Richter hatten über die Beschwerde eines Opfers damaliger politischer Verfolgung zu entscheiden, das sich auf die Krause-Erklärung vom Januar berufen hatte, um sein enteignetes Vermögen zurückzubekommen. Krause: „In dem Verfahren wurde ich nicht als Zeuge angehört … Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts haben meine Erklärung vom 10. Januar 1999 statt dessen nicht nur unvollständig in den Beschlussgründen wiedergegeben, sondern sie auch sinnentstellend interpretiert.“
Bundesverwaltungsgericht: Günther Krauses Versicherung unbeachtlich
In ihrem ablehnenden Beschluss hatten die Richter Müller, Pagenkopf, Sailer, Krauß, Golze und Postier die Krause-Erklärung als unbeachtlich hingestellt und sich dabei auf das Bundesverfassungsgericht berufen. Dieses hatte es ins sehr weite Ermessen der Bundesregierung gestellt, wie diese 1990 die Verhandlungssituation beurteilen durfte. Mit seiner eidesstattlichen Erklärung vom Januar, meinten die Verwaltungsrichter, stelle Krause diese Ausführungen der Verfassungsrichter gar nicht in Frage, denn er sage nur, von der besagten sowjetischen Bedingung sei ihm „nichts bekannt“.
Krause: Die Richter verdrehen meine Äußerung
Dazu sagt Krause in seiner neuen Erklärung (der vollständige Wortlaut hier): „Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts verdrehen diese Äußerung und legen ihr eine Bedeutung bei, als ob ich die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten Bodenreform bestätigt hätte. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich erklärt habe, dass mir von einer solchen Bedingung nichts bekannt war, so ist das gleichbedeutend mit der Aussage, dass eine solche Bedingung nicht existierte. Hätte sie existiert, wäre sie im damaligen Kabinett der DDR-Regierung beraten worden, zumindest hätte ich als Verhandlungsführer der DDR-Delegation davon Kenntnis gehabt.“
Krause: Ich weise die Unterstellung mit Nachdruck zurück
Weiter heißt es in Krauses zweiter eidesstattlicher Versicherung: „Ich weise ferner die Unterstellung der Richter mit Nachdruck zurück, wonach ich mich nicht zutreffend erinnere, meine eidesstattliche Versicherung vom 10. Januar 1999 somit also falsch sei. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts können dies ohne Beweisaufnahme nicht ‚aus der Ferne‘ beurteilen. Dass die DDR-Regierung keine Bedingungen für die Wiedervereinigung gestellt hat, wonach in Staatshand gelangtes Eigentum nicht zurückübertragen werden dürfe, ergibt sich auch aus folgenden Umständen:“
Krause: DDR-Volkskammer stimmte Beitritt zur BRD ohne jeden Vorbehalt zu
„Die damalige Fraktion der DSU drängte in der Volkskammer auf einen Beschluss zum Beitritt. Sie brachte völlig überraschend in der Nacht zum 23. August 1990 den Antrag zum Beitritt erneut ein, und zwar ohne jeden Vorbehalt. Der Antrag wurde mehrheitlich – mit 294 Stimmen bei 62 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen – angenommen. Die Regierung de Maiziere musste diesen Beschluss umsetzen. Sie konnte nicht irgendwelche Vorbehalte machen, insbesondere war es der Regierung natürlich verwehrt, den Beschluss der Volkskammer vom Zugeständnis der bundesdeutschen Verhandlungsseite zu irgendwelchen Bedingungen wie einem totalen Rückgabeverbot abhängig zu machen.“
Krause: Die Bundesregierung wusste vom Beschluss ohne den Vorbehalt
„Auch das wusste die Bundesregierung. Der Volkskammerbeschluss wurde dem damaligen Bundeskanzler Kohl offiziell am 25. August 1990 mitgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Verhandlungen zum Einigungsvertrag noch gar nicht abgeschlossen! Es ist somit – um mit Gorbatschow zu sprechen – absurd, wenn heute behauptet wird, die DDR-Regierung habe die Wiedervereinigung von der Vereinbarung eines Restitutionsausschlusses abhängig gemacht oder abhängig machen wollen, geschweige denn können.“
Krause: Worum es der DDR wirklich ging
Was die DDR dagegen wirklich gewollt hat, ist, dass das Agrarland aus der „Bodenreform“, soweit es privates Eigentum von DDR-Bürgern (auch durch Vererbung) geworden war, diesen nicht wieder weggenommen werden sollte. Günther Krause bestätigt das: „Der DDR Regierung und insbesondere auch mir ging es ausschließlich um die Sicherung der Heimatrechte der DDR-Bürger und damit um den Schutz der von ihnen redlich erworbenen Grundstücke … Der Schutz der DDR-Bürger sollte auf jeden Fall Vorrang haben.“
Die totale Ausrottung der konservativen Mittelschicht betrieben
Abschließend unter dem Titel „Ausrottung der Mittelschicht“ noch dieser Leserbrief zum Wasmuth-Beitrag, geschrieben von Christoph Nehring aus Essen (FAZ vom 5. Mai 2014, Seite 21) mit dem Titel „Ausrottung der Mittelschicht“: „Hier wird vom Verfasser deutlich die ganze Infamie der sogenannten „Bodenreform“ der DDR aufgezeichnet. Aber auch die Ignoranz der Bundesregierungen und der Parteien zu diesem Drama in der Nachkriegszeit damals und nach 1990. Es kann nur begrüßt werden, dass dieses leidige und unerfreuliche Thema immer wieder auf der Tagesordnung erscheint und nicht – wie von den gestrigen und aktuellen verantwortlichen Politikern gewünscht – unter den Teppich gekehrt wird. Hier wurde unter dem Deckmantel des „hehren Sozialismus“ die totale Ausrottung einer konservativen Mittelschicht – nicht nur in der Land- und Forstwirtschaft – in Mitteldeutschland brutal betrieben und durchgesetzt. Leider hat sich an dieser Situation nach 1990 im Grunde nichts geändert, denn die von der DDR geschaffenen Eigentumsverhältnisse blieben bestehen, mit dem merkwürdigem Ergebnis, dass sich der Großgrundbesitz zu Lasten der Eigentümer der früheren vielen Klein- und Mittelbetriebe durchsetzte; wobei ein Großteil der „neuen Großgrundbesitzer“ die früheren SED-Bosse der LPGs wurden und es noch immer sind.“
___________________________________________________________________________
*) FAZ vom 17. April 2014 unter der Rubrik „Staat und Recht“, Seite 7.
**) Seine bisher letzte Verfassungsbeschwerde haben die Richter Gerhardt, Hermanns und Müller der 2. Kammer des Zweiten Senats am 19. November 2013 nicht zur Entscheidung angenommen (2 BvR 1511/11) und damit ohne jegliche Begründung abgewiesen. Dafür hat das Gericht zweieinhalb Jahre gebraucht. Zuvor beim Landgericht und Oberlandesgericht Dresden hat es knapp fünf Jahre gedauert, ehe sie ablehnten. Madaus ist hochbetagt. Gegen die Nichtannahme bereiten seine Anwälte jetzt eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vor und reichen sie voraussichtlich Ende Mai 2014 ein. Dem Bundesverfassungsgericht liegen noch zwei andere Beschwerden anderer Opfer vor (BVerfG 1 BvR 1002/11 und BVerfG 2 BvR 20/11)
***) Günther Krausein seinemDiskussionsbeitrag beim Symposium „Bodenreform 1945 bis 1949: Eine juristische Neubewertung“ am 12. und 13. November 2004 in Schloss Wahn: „Den einen oder anderen von Ihnen wird es überraschen, wenn ich Ihnen heute mitteilen muss: Der Einigungsvertrag stammt aus meiner Feder, den habe ich entworfen.“ Später fügte Krause hinzu: „Dass Schäuble in seinem Buch „Der Vertrag“ vergessen hat zu schreiben, wer den Vertrag eigentlich gemacht hat, ist alles andere als anständig. Das macht man nicht.“ Ich bin damals dabei gewesen und habe seine Äußerungen auf meinem Aufnahmegerät festgehalten. Darunter sind – als Schlaglichter aus der „Wendezeit“ – auch diese nicht allgemein bekannten Bemerkungen und Situationsschilderungen:
„Und ich würde mir wünschen, dass Maßnahmen zur raschen Entwicklung des Mittelstands ergriffen würden. Ich würde mir schlicht und einfach im Sinne einer interdisziplinären Zusammenarbeit wünschen, dass die Universität Köln die Kraft hat, sich mit Volkswirten und Betriebswirtschaftlern einmal zusammenzusetzen und den volkswirtschaftlichen Schaden des planwirtschaftlichen Ansatzes der Eigentumsfragen in Zahlen auszudrücken (Beifall). Ich glaube, hier gibt es einen Riesentrugschluss. Ich möchte noch mal eine Zahl, die statistisch belegt ist, nennen: Im Jahr 1932 gab es in Mitteldeutschland 1,9 Millionen Selbständige und Unternehmen. Im Jahr 2002 waren es 420 000. Das ist unser Hauptproblem.“ (Beifall)
„Am 20. Juni 1990 habe ich früh um halb acht im Casino – so hieß das damals – des Ministerrates DDR gesessen, als der Ministerpräsident mich rief. Zu ihm. Sofort. Denn er war völlig mit den Nerven fertig. Es war ein Fax des Botschafters der Sowjetunion in der DDR angekommen, in dem sinngemäß stand: Die Regierung der Sowjetunion lehnt die Einführung der D-Mark in der DDR ab. Da hat mich de Maiziere gefragt: Also, Günther, was machen wir nun? Da habe ich gesagt: Erstens alle Türen abschließen, alle Telefone abstellen, denn die Bild-Zeitung darf es nicht erfahren. Denn wenn die Bild-Zeitung das erfährt, dann haben wir morgen Blut auf den Straßen, dann müssen die Russen wirklich zur Selbstverteidigung rausrücken, weil die ostdeutsche Bevölkerung so aufgeheizt ist, … (unverständlich) Was macht man in so einer Situation? In so einer Situation telefoniert man mit Gorbatschow oder dem Ministerpräsidenten der Sowjetunion. Das ist dann am 20. passiert, de Maiziere hat das gemacht. Ich saß dabei. Gorbatschow haben wir nicht bekommen. Und daraufhin ist die Dienstreise von mir persönlich in die Sowjetunion und in den Kreml als geheime Dienstreise, absolut geheime, vorbereitet worden am 21., 22. Und, Kollege Lege, die Russen hätten dann geschossen, aber doch nicht wegen der Bodenreform, die hat sie überhaupt nicht interessiert.“
„Dann haben die Russen – ich weiß die Zahl nicht mehr genau – zwischen 4,5 und 5 Milliarden DM bekommen für sechs Monate – Subventionsausgleich. Sonst finde die Einführung der D-Mark nicht statt. Was macht man in so einer Situation? Man ruft Herrn Kohl an. Die Lösung war ja klar: Es musste jemand kommen, der einen Scheck mitbringt. Also bin ich hingezogen – ich musste ja die Verhandlungen führen. Entweder sind 1,4 oder 1,9 Milliarden für sechs Monate dabei herausgekommen. Aber ich habe doch nicht über die Bodenreform mit dem dortigen Ministerpräsidenten gesprochen. Die hat die Russen doch nicht interessiert. Für die Russen war wichtig, dass ihre 400 000 Soldaten ab 1. Juli etwas zum Essen hatten. Für die Russen war wichtig, dass ihre Offiziere, die als Sieger nach Hause kommen, nicht im Winter in Zelten übernachten müssen. Das war für die Russen wichtig aber doch nicht die Bodenreform.“
„Am 15. August war so eine Konterrevolution in der DDR. 15. August auf dem Alexanderplatz am Fernsehturm. Schätzungsweise 60 000 bis 80 000 Bauern. De Maiziere hat gekniffen. Diestel hat sich nicht stark genug gefühlt, weil er Angst hatte, dass die Vopos ja ohnehin nicht da sind. Das Auto von dem DDR-Landwirtschaftsminister wurde demoliert – Polack hieß er damals. Es wurde nicht wegen der Bodenreform demoliert, wie es neulich von Schröder in der Zeitung stand, sondern es wurde wegen eines ganz anderen Sachverhalts demoliert. Und ich habe dann zu den Demonstranten gesprochen und sie beruhigt.“
Pravo kpk! Leider gibt es wohl immer noch zu viele Politiker, zuständige Rechtsvertreter, aber auch Mitbürger die unser Eigentum als Raubgut z.B. in eigenen Urlaubsreisen und der Angst vor Steuererhöhungen lieber selbst verbraten, als dem Rechtsstaat zu dienen.
Mfg CDK.
Sehr geehrter Herr Dr. Krause!
wie fast immer, lerne ich aus Ihren Artikeln, insbesondere Ihren umfassenden
Einschätzungen des Umgangs der deutschen Politik, der deutschen und europäischen Gerichte und last not least, der deutschen Presse, welche mit wenigen Ausnahmen den vorgenannten Institutionen unkritisch den Mund redet.
Ein meines Erachtens gravierend wichtiger Ausgangspunkt zu dieser seit nunmehr fast ein Vierteljahrhundert ungelöst schwelenden Missachtung der Menschenrechte
durch die wiedervereinte Bundesrepublik Deutschland, findet so gut wie keine Beachtung:
Ich meine damit den bedingungslosen Beitritt der letzten Volkskammer der DDR
zur Bundesrepublik Deutschland, im Frühherbst 1990, nach dem bis zu diesem Zeitpunkt unveränderten Artikel 23. GG
Mit diesem bedingungslosen Beitritt der ehemaligen DDR zur BRD war dieser Staat unwiederbringlich untergegangen und hatte eine direkte Einflussnahme auf die Eigentumsverhältnisse der ehemaligen DDR verloren.
Es war wohl der Winkeladvokat Dr. W. Schäuble, der diesen „Fehler!?“
erkennend, sofort den Einfall hatte, die angebliche Wirksamkeit des bereits abgeschlossenen DDR Beitritts auf den Zeitpunkt eines von ihm erfundenen und noch auszuhandelnden Vereinigungsvertrags zu verschieben.
Da dieses Vertragswerk, hauptsächlich erfunden, um dem neuen grossen Staat Bundesrepublik Deutschland den Zugriff auf das riesige Vermögen der in der SBZ/DDR politisch Verfolgten und Vertriebenen zu sichern, woraus sich eine Menge
von Vorteilen für die ehemaligen DDR Bürger ergeben würde, war eine Zustimmung dazu, durch die Verantwortlichen der ehemaligen DDR gesichert.
Der Einigungsvertrag beinhaltete dann alle dieser Sache dienenden Ziele, wonach hauptsächlich die oben genannten Volksgruppen der SBZ/DDR ihr Eigentum verlieren sollten.
Es steht ausser Frage, dass ein entsprechendes Ueberleitungsgesetz für alle anderen Belange des Zusammengehens der beiden Staaten den selben Erfolg erbracht hätte, mit der einzigen Ausnahme, die politisch Verfolgten hätten
ihr Eigentum nicht pauschal verloren.
Ich bin kein Jurist und masse mir nicht an, den letzten Schluss der Weisheit gepachtet zu haben, allerdings halte ich es für unwahrscheinlich, dass es einen anderen ausschlaggebenden Grund für die Vorgehensweise der beiden Staaten, nach dem Abschluss des offiziellen Beitritts der DDR, gegeben haben könnte.
Die „Wiedervereinigung“ genauso wie die Entstehung der EU Verträge zum Nachteil von Deutschland tragen deutlich die Handschrift von Herrn Schäuble, der nichts anderes ist, als ein verbitterter alter Mann.
1 BVR 1002/11