Erst ein Holzreifen, dann mit Tannengrün umwickelt, und schon war er da – Geburtsjahr 1860
„Freude bereiten ist Gesundheit für die Seele.“ Derjenige, der das gesagt hat, ist allerdings schon seit 2300 Jahren verblichen. Man sieht daran, dass man wenigstens in seinen Worten weiterleben kann und mit solchen Worten immerhin ein Stück Unsterblichkeit erringt. Es ist der griechische Philosoph Aristoteles, der sich freilich noch auf eine sehr viel tiefgründigere Weise verewigt hat. Mit Freude verbunden ist auch die Adventszeit, mit Vorfreude auf Weihnachten. Heute, am 1. Advent, beginnt sie. Mit dem Advent untrennbar verbunden ist der Adventskranz, mit Weihnachten der Weihnachtsbaum. Beide sind längst ein ganz fester Bestandteil unseres christlichen (und geschäftlichen) Brauchtums. Aber woher kommen sie eigentlich? Wie lange haben wir sie schon?
Im Gefängnis begann es: erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier …
Am einfachsten ist es beim Adventskranz. Eingeführt in das deutsche Brauchtum hat ihn der Pädagoge und evangelische Pastor Johann Heinrich Wichern, 1808 in Hamburg geboren und 1881 dort auch gestorben. Wichern war 1851 Beauftragter der preußischen Regierung für das Gefängniswesen geworden, hatte in diesem Zusammenhang eine Einrichtung für jugendliche Straftäter geschaffen und hielt dort auch Andachten zur Adventszeit ab. Weil es früh dämmerte, geschah das meist bei Kerzenlicht. Dabei ließ Wichern aber nicht alle Kerzen auf einmal anzünden, sondern begann am ersten Advent mit nur einer Kerze, setzte es dann am zweiten Advent mit zwei Kerzen fort und so weiter, wie wir es kennen und heute noch tun.
Anfangs nur ein schlichter Holzreifen
Dort, wo das geschah, im Versammlungsraum, hing von der Decke ein Holzreifen herab – in den anfänglichen Jahren dieser Andachten ohne jeglichen Schmuck. Dann wurde der Reifen mit Tannengrün umkleidet. Zum ersten Mal geschah das 1860, und so gilt 1860 als offizielles Geburtsjahr des Adventskranzes. Dieser Brauch wurde dann recht schnell und gleichsam flächendeckend auch von anderen übernommen.
Die Symbolkraft, dem das deutsche Gemüt nicht zu widerstehen vermochte
Zugeschrieben wird dieser Siegeszug der Symbolkraft des Kranzes: „das Grün als Symbolkraft des Lebens, der Kreis als das Zeichen der Ewigkeit, der Auferstehung und des Lebens, die Kerzen als der Hinweis auf das Licht, das in der Weihnachtszeit die Welt erleuchten wird“. So steht es in einem Buch*), das sich im Untertitel „Die besondere Weihnachtslektüre“ nennt, heißt es dazu: „Einer dermaßen geballten Ladung Tiefsinn konnte das Gemüt der Deutschen unmöglich lange widerstehen.“ Ziemlich deutsch also dieser Kranz.
Schnell kam auch der Kommerz hinzu
Zusätzlich befördert worden sein dürfte der Brauch, dass er sich bestens für kommerzielle Zwecke nutzen ließ. Waldbesitzer, Gärtnereien und Blumenbindereien müssten dem Erfinder Wichern eigentlich ein Denkmal setzen, hat er ihnen doch einen zusätzlichen Geschäftszweig beschert, gleichsam eine Bescherung vor der eigentlichen Bescherung. Und wir dürfen sie getrost eine schöne Bescherung nennen, ohne damit zu meinen, was man üblicherweise ironisch als „Das ist ja eine schöne Bescherung“ zu nennen beliebt.
Wie es zum Adventskranz gekommen ist, wissen wir jetzt. Aber wie kam es zum Weihnachtsbaum? Das lesen Sie auf dieser Web-Seite am 23. Dezember.
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*) Walter Krämer / GötzTrenkler: Die 12 populären Weihnachtsirrtümer. Die besondere Weihnachtslektüre. Verlag Eichborn. ISBN 9783821804682.
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