Von Russland will sie geraubtes Eigentum für Deutschland zurückhaben, aber das eigene Raubgut rückt Deutschland an die eigenen Bürger nicht heraus
Das deutsche Verlangen an Russland nach Rückgabe der „Beutekunst“ ist zwischen beiden Ländern ein strittiges Thema. Was jüngst aber als Konflikt oder Eklat zwischen Kanzlerin Merkel und Russlands Präsidenten Putin aufgebauscht worden ist, war nicht mehr als eine Unstimmigkeit. Ohnehin ist der Vorfall durch Putins Einlenken als medial-politischer Aufreger schnell in sich zusammengefallen wie ein angestochener Luftballon. Aber eins an ihm sollte doch als wesentlich und merkenswert festgehalten werden: Er zeigt, wie widersprüchlich und beklagenswert Frau Merkels (und des deutschen Staates) Umgang mit dem Eigentumsrecht ist, wenn es um die eigenen Bürger geht.
Was der Anlass war
Kurz der Sachverhalt, der dem aufgebauschten Vorfall zugrundeliegt: Putin und Merkel sollen in St. Petersburg gemeinsam die Ausstellung „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ eröffnen. Zu den Exponaten gehören viele Stücke aus Deutschland. Die sowjetische Siegermacht hat sie bei Kriegsende in die Sowjetunion geschafft und weigert sich nach wie vor, diese sogenannte Beutekunst herauszugeben. Üblicherweise werden bei solchen Anlässen zumindest Grußworte gesprochen. In dem ihren will Frau Merkel bei dieser Gelegenheit auch die deutsche Position zu jenem Kunstraub darlegen. Das hat die deutsche der russischen Seite in den Vorbereitungsgesprächen angekündigt. Doch angeblich stößt Merkels Absicht auf russischen Widerstand, und angeblich droht Frau Merkel daraufhin, an der Eröffnung nicht teilzunehmen, sollte sie ihre Ansicht zur Beutekunst nicht äußern dürfen, was sie aber dementieren lässt. Kurz vor Merkels Abreise wird bekannt: Putin und Merkel sprechen keine Grußworte, zu wenig Zeit dafür, darauf haben sich beide verständigt. Letztlich aber sprechen beide dann doch, und Frau Merkel weist in ihrer Ansprache darauf hin, sechshundert der Exponate stammten aus Deutschland. Sie sagt außerdem: „Wir sind der Meinung, dass diese Ausstellungsstücke wieder zurück nach Deutschland kommen sollen.“ Sie sollten den Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern zurückgegeben werden.1)
Was Deutschlands eigenes Raubgut ist
In ebendiesem Verlangen offenbart sich, wie Frau Merkel beim Eigentumsrecht mit unterschiedlichem Maß misst, denn Deutschland verlangt von Russland ziemlich genau das, was es eigenen Bürgern seit der deutschen Wiedervereinigung verweigert: Es besteht darauf, dass zwar Russland jenes Raubgut an Deutschland zurückgibt, will aber das eigene Raubgut an die Eigentümer nicht herausgeben, hat fast alles sogar schon verkauft, jedenfalls die Immobilien. Um welches eigene Raubgut handelt es sich? Es sind die Vermögenswerte der politisch verfolgten Deutschen während der sowjetischen Besatzungszeit 1945 bis 1949 in den heutigen Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. Verfolgt wurden sie von den damaligen deutschen Kommunisten, gestützt auf die stalinistisch-sowjetische Besatzungsmacht. Sie wurden vertrieben, verschleppt, umgebracht und ihres gesamten Habe beraubt, denn die totale Enteignung war ein Bestandteil der Verfolgung.2)
Wie Deutschland mit seinem Raubgut gegen Recht und Gesetz verstößt
Was in der DDR-Zeit „Volkseigentum“ geworden war, dort also dem Staat gehört hatte, ging 1989/90 bei der Wiedervereinigung in den Besitz des nunmehr gesamtdeutschen Staates über. Der aber weigert sich bis heute, diese einst widerrechtlich enteigneten Vermögenswerte an die Eigentümer-Familien herauszurücken – so, wie es Russland mit der aus Deutschland geraubten Beutekunst tut. Wohl nennt Deutschland sich Rechtsstaat, aber die Rückgabe bzw. die Herausgabe der etwaigen Verkaufserlöse verweigert es beharrlich, obwohl die gesetzlichen Regelungen sie vorsehen und somit auch gebieten. Ausnahmen von der Verweigerung gibt es nur wenige, sie wurden mühsam gerichtlich erstritten. Das Unrecht der Rückgabeverweigerung geschieht unter tätiger Mitwirkung der zuständigen Ministerien, Ämter und Gerichte. 3) Deutschland hat sich seit der deutschen Einheit an dieser Menschengruppe menschenrechtsverletzend und rechtsstaatswidrig auf schlimme Weise vergangen und tut dies weiterhin.
Wie Deutschland den Moralapostel spielt, aber keiner ist
Bei den geraubten Vermögenswerten handelt es sich um Wohnhäuser, um Gewerbe- und Industriebetriebe, um Grundstücke, um Bauernland und um Gutsland. Selbst private Erbstücke (Gemälde, Skulpturen, Schmuck, Möbel und dergleichen) gab und gibt der deutsche Staat nicht zurück, wenn sie wertvoll sind, um sie in Museen zu zeigen. Gegenüber der russischen Beutekunst, den verschleppten Kulturgütern, spielt er sich auf als Apostel des Rechts und der Moral und verlangt die Rückgabe, aber beim Umgang mit seiner eigenen Beute missachtet er beides. Durch deren Verkauf bereichert sich an ihr sogar wie ein Hehler.
Wie gestört Frau Merkels Verständnis vom Eigentumsrecht ist
Wie ihre Vorgänger im Kanzleramt beteiligt sich an diesen Verstößen gegen Recht und Gesetz auch Frau Merkel, denn sie tut gegenüber den zuständigen Ministerien und Ämtern nichts, um diesen Rechtsverletzungen abzuhelfen. Daher steht sie rechtlich, moralisch und glaubwürdig übel da. Gegenüber Putin pocht sie auf ein Recht, das sie ihren eigenen Landsleuten versagt. Offensichtlich ist ihr Verständnis vom Eigentumsrecht schwer gestört. Zusätzlich zeigt sich das auch darin, dass sie in der noch immer herrschenden Euro-Schuldenkrise daran mitwirkt, dass Teile von Bankguthaben eingezogen zu werden drohen, um leichtsinnige, überschuldete Banken und Staaten zu retten – auf Kosten vor allem deutscher Bürger.
1) Quelle dieser gerafften Darstellung: FAZ vom 22. Juni 2013.
2) Zu den Einzelheiten siehe u.a. diese Beiträge von mir:
https://kpkrause.de/2012/03/09/die-akte-%e2%80%9eostdeutsches-agrarland%e2%80%9c/
https://kpkrause.de/2010/11/03/vertreibungs-und-enteignungsunrecht-nach-dem-2-weltkrieg/
https://kpkrause.de/2009/03/14/verfolgt-werden-sie-noch-immer/
3) https://kpkrause.de/2013/04/25/wie-deutsche-rechtsprechung-versagt/
https://kpkrause.de/2011/11/11/gegen-die-informationsfreiheit-verstosen/
Kulturstaatsminister a.D. Dr. Michael Naumann (SPD) hat versucht, es mir (öffentlich) wie folgt zu erklären:
http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_michael_naumann-595-15039–f88118.html#q88118
MfG
M. Pfeiffer