Aber die genügt dem Staat noch immer nicht
Wenn der Staat nach noch mehr Geld sucht, taucht auch Totgeglaubtes immer wieder aus der Versenkung auf. So auch die Maut für PKW. Aber die gibt es längst – versteckt in der Mineralölsteuer. Als PKW-Maut auf Autobahnen war sie schon von August bis Oktober 2005 in der Diskussion gewesen, dann von Februar bis Dezember 2006 und zum Jahresende 2007 sowie im Herbst 2009.
Die Studie des Umweltbundesamtes
Diesmal kommt das Ansinnen aus dem Umweltbundesamt (UBA). In einer Studie1) setzt es sich dafür ein, auch auf Personenautos (PKW) eine Maut zu erheben, die es für Lastwagen (LKW) schon seit 2005 gibt. Zahlen sollen die Maut alle Autofahrer auf allen Straßen, also flächendeckend, berechnet nach der gefahrenen Strecke, über Satelliten elektronisch erfasst. Als Gebühr hat das Amt im Durchschnitt 3 bis 4 Cent je Kilometer im Visier. Wer also im Jahr 10 000 Kilometer fährt, müsste demnach jährlich 300 bis 400 Euro zahlen.
Ein Versuchsballon
Studien sind meist ein Versuchsballon. Wer sie in Auftrag gibt, will zunächst einmal testen, wie sie in der Öffentlichkeit ankommt. Diese Studie bei den Autofahrern natürlich schlecht, bei den Autoclubs ebenfalls. Auch aus der SPD wird Gegnerschaft vorgeführt. Weil im Bund in der Opposition, wirft man von dort der Bundesregierung reflexartig, aber nicht abwegig vor, sie plane die Abzocke der deutschen Autofahrer. Ein wichtiges Motiv dafür ist die bevorstehende Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen.
Weiche Dementis
Die hatte auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer bei seinem prompten Dementi im Blick, obwohl er seine Ablehnung nur mit dem Hinweis auf den Koalitionsvertrag von Union und FDP begründete, der dazu keinen Auftrag gebe. Daher werde eine solche Maut in dieser Legislaturperiode auch nicht eingeführt. Doch sollte man nicht vergessen, dass Ramsauer schon im November 2009 mit einer solchen Maut geliebäugelt hat, aber auf Widerstand aus der Union gestoßen war, ebenso im Oktober 2009 die FDP.2) Bundeskanzlerin Angela Merkel hält die Maut politisch nicht für durchsetzbar – was bedeuten mag: Wäre sie das, dann würde sie an Frau Merkel alles andere als scheitern. An Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ohnehin nicht. Er hält es für notwendig, darüber nachzudenken, “wie wir unsere Verkehrsinfrastruktur auf Dauer finanzieren“, sprich: noch mehr als schon bisher dafür kassieren – ohne allerdings alle Einnahmen für diese Infrastruktur dann auch auszugeben.
Die externen Kosten als Begründung
Von der Maut distanziert hat sich auch CSU-Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Dabei begründet sein ihm unterstelltes Amt die Mautempfehlung auch mit dem Umweltschutz, dem er sich doch so hingebungsvoll zu verschreiben pflegt. Bisher, so heißt es in der UBA-Studie, decke der Straßenverkehr nicht die gesamten von ihm verursachten Kosten. Dazu werden auch die externen Kosten gezählt, also Umwelt-, Gesundheits- und Sachschäden als Folge von Luftverschmutzung sowie Kosten durch Unfälle und Staus und Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm. Vor allem sie seien durch Kfz- und Spritsteuern nicht gedeckt.
Geld für externe Kosten kassiert der Staat schon
Selbst die Folgen von Klimaveränderungen werden den Autos als externe Kosten angelastet. Das allerdings ist absurd und politischer Lug und Trug, denn anthropogenes Kohlendioxid wie der CO2-Ausstoß von Autos haben, wie schon oft in meinen Blog-Beiträgen begründet, auf das Klima keinerlei Einfluss. Die internen Kosten, die mit der Kfz- und Spritsteuer gedeckt werden sollen, sind die für das Straßennetz (Bau, Unterhalt, Verkehrregelung), denn sie lassen sich dem Straßenverkehr einfach und direkt zurechnen. Dafür aber gibt der Staat weniger aus, als er aus diesen Steuern einnimmt. Mit dem Überschuss pflegt er also Geld zum Bestreiten von externen Kosten schon zu kassieren und zu haben. Aber mit dem kann er machen, was er will. Das tut er auch, denn beide Steuern unterliegen nicht der Zweckbindung, obwohl sie mit den Straßennetzkosten begründet werden.
Die Maut-Begründung ist Lug und Trug
Externe Kosten fallen mit dem Autofahren in der Tat an. Aber wenn diese mit der flächendeckenden PKW-Maut für alle gedeckt werden sollen und in dieser Höhe auch erhoben würden, dann wird davon dem einzelnen geschädigten Bürger mit Sicherheit kein einziger individueller Schaden bezahlt – kein Unfallschaden, kein Stauschaden, kein Gesundheitsschaden, kein Lärmschaden. Hierfür wird der Staat keinen Cent herausrücken, jeden für sich selbst behalten. Alle diesen Schäden werden wir Bürger wie bisher selbst bezahlen müssen. Kurzum, auch die Maut-Begründung mit den externen Kosten ist nichts weiter als politischer Lug und Trug.
Mit der Spritsteuer wird eine Maut schon bezahlt
Die andere Begründung für die flächendeckende PKW-Maut für alle lautet, sie sei für jeden gefahrenen Kilometer zu zahlen. Anders formuliert: Wer viel fährt, zahlt viel; wer wenig fährt, zahlt wenig. Das sei verursachungsgerecht(er). Das Umweltbundesamt sieht diese Maut als „Übergang von einer Steuerfinanzierung zu einer Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur“. Aber mit der gegenwärtige Mineralölsteuer (amtlich inzwischen Energiesteuer genannt) zahlt der Autofahrer schon immer verursachungsgerechte für jeden gefahrenen Kilometer. Eine Nutzerfinanzierung geschieht mit dieser Steuer schon längst und damit auch die PKW-Maut. Nur erhebt sie der Staat über den Spritpreis, und das ist viel einfacher und billiger als über ein Mautsystem. Denn das ist erst einzurichten und verursacht unnötige Kosten.
Dann lieber noch höher besteuern als eine Extra-Maut
Warum also das eingespielte System von Kfz- und Spritsteuer aufgeben? Nur weil der Staat einen neuen Dreh sucht, die Autofahrer noch mehr zu schröpfen? Dann wäre es einfacher, die ohnehin schon hohe Spritsteuer noch weiter anzuheben, und zwar ohne dass Zusatzkosten entstehen. Rund zwei Drittel des Benzinpreises bestehen schon heute aus Steuern und Abgaben. Wer 55 Liter Benzin tankt und dafür 76 Euro hinblättern muss, der liefert von diesem Betrag 48,41 Euro zwangsweise beim Fiskus ab, also 64 Prozent. Dabei wird sogar Steuer auf eine Steuer erhoben, nämlich die Mehrwertsteuer auch auf die Spritsteuer. Wenn Politiker die Mineralölfirmen als Preistreiber beschimpfen, dann sind sie es, die den Benzin- und Dieselpreis in die Höhe getrieben haben.
Zwar soll nach UBA-Vorstellungen die Kraftfahrzeugsteuer entfallen, wenn die flächendeckende Maut erhoben wird. Aber selbst wenn das so käme, der Verdacht, dass es auf eine Zusatzabgabe letztlich dann doch hinausläuft, ist alles andere als unbegründet: Von einnehmendem Wesen waren Staat und Fiskus schon immer, und politische Versprechungen wurden schon oft gebrochen.
Unvereinbar mit dem Datenschutz
Im übrigen sprechen handfeste Datenschutzgründe gegen eine elektronisch ermittelte Maut. Die FAZ schrieb in einem Kommentar: „Es ist unvorstellbar, dass es mit dem Datenschutz vereinbar wäre, alle individuell motorisierten Bewegungen der Bürger zu erfassen und so lange zu speichern, bis die letzte Einspruchsfrist für die Gebührenberechnung verstrichen ist.“3)
1) http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3929.pdf
2) Siehe meinen Blog vom 8. Januar 2010 „Autobahn-Maut auch für PKW? Lieber nicht.“
3) FAZ vom 16. April 2010