EinhundertundelfWerke liberaler Denker kompakt in einem einzigen Buch
Ich möchte wieder einmal auf ein Buch aufmerksam machen, herausgegeben von Gerhard Schwarz, Gerd Habermann und Claudia Aebersold Szalay. Sein Titel: Die Idee der Freiheit. Eine Bibliothek von 111 Werken der liberalen Geistesgeschichte. Erschienen ist es im Verlag Neue Zürcher Zeitung (Zürich 2007. 237 Seiten. 44 Franken).
Das Streben nach Freiheit ist uralt, und das Streben nach Freiheit bleibt ewig jung. Freiheit zu unterdrücken leider ebenso. Sie als selbstverständlich zu nehmen, wenn man sie hat, und sie nicht zu verteidigen, wenn ihr Gefahr droht, ebnet der Unterdrückung den Weg. Deutschland befindet sich auf diesem Weg. Im Drang zu vieler Bürger nach mehr Staat und umfänglicher (auch sozialer) Sicherheit wird immer mehr Freiheit zu Schanden geritten und kommt auf schleichende Weise abhanden. Die Liberalen sind in der Minderheit.
„Macht tendiert zur Korruption, und absolute Macht korrumpiert absolut.“ Dieses Wort stammt von John E.E. Dalberg Acton. Mit dem Werk dieses katholischen Liberalen (1834-1902), im Alter von 35 Jahren als Lord Acton of Aldenham zum erblichen Peer erhoben, beginnt das Buch. Es beginnt mit ihm nur aus alphabetischen Gründen, und es endet mit Mary Wollstonecraft (1759-1797), der führenden Frauenrechtlerin ihrer Zeit. Dazwischen finden sich in alphabetischer Folge die anderen Freiheitsdenker und Freiheitsverfechter mit ihren Werken, insgesamt einhundertundelf, vorgestellt von sechsundfünfzig Rezensenten.
Mit dieser Fülle wird dem Leser gleichsam eine „Bibliothek der Freiheit“ in einem einzigen Buch geboten. Das geschieht in einer beeindruckenden Kompaktheit, denn über jeden Liberalen durften die Autoren nur so viel (oder zutreffender: nur so wenig) schreiben, was zwei Buchseiten nicht überschreitet. Auf diesem knappen Raum wird in bestechender Kürze viel geboten: erst eine Biographie, dann eine Würdigung und Zusammenfassung des vorgestellten Werks sowie am freien Rand der Seiten den einen und anderen Kernsatz aus dem Werk.
Warum 111 Werke, also eine Schnapszahl, und nicht die üblichen runden 100? Die Herausgeber geben damit zu verstehen, dass ihre Auswahl kein Kanon, keine allgemein anerkannte, unabänderliche Liste der liberalen Werke sein soll und auch nicht sein kann. Und die Schnapszahl hat den Herausgebern einfach Spaß gemacht, denn sonst hätten es auch 110 oder 112 Werke sein können. Leser, die einen persönlichen Favoriten vermissen, begütigen sie mit der eleganten Empfehlung, das Fehlen möge Anstoß sein, die getroffene Auswahl persönlich zu erweitern.
Die Idee zu dem Buch ist in der Hayek-Gesellschaft entstanden. Diese Vereinigung pflegt Denken und Werk des liberalen Nationalökonomen und Philosophen Friedrich A. von Hayek und bemüht sich darum, es weiterzutragen, damit Öffentlichkeitund Politik es wahrnehmen und beachten. Daher sind es vor allem Mitglieder dieser Gesellschaft, die die 111 Werke und ihre Verfasser beschreiben. Liberale also schreiben über Liberale, jeder in seiner individuellen Art und Sichtweise. Von Beruf sind sie Rezensenten Wissenschaftler oder Publizisten. Das Verzeichnis im Anhang führt auch auf, wo sie tätig sind.
Die Herausgeber bekennen, dass ihre Auswahl wie jede Selektion notwendigerweise „ungerecht“ ist; nicht alle Strömungen des Liberalismus seien gleichmäßig berücksichtigt. So findet der Leser die ordnungstheoretische Tradition des deutschen Sprachraums besonders stark vertreten. Auch konzentriert sich die Auswahl auf in Europa entstandene Werke. Die Herausgeber erklären diese „eurozentrische“ Sichtweise damit, dass es weniger Bücher der Freiheit aus anderen Kulturen gibt und die Kenntnisse der Mitwirkenden an dem Buch auf die europäische Geistesgeschichte ausgerichtet sind. Das habe es ihnen erlaubt, die Auswahl weitgehend auf Bücher zu beschränken, die in deutscher Sprache vorlägen. Nur gelegentlich hätten sie Werke einbezogen, die nur auf Englisch erhältlich seien. Publikationen in anderen Sprachen seien unberücksichtigt geblieben.
Auch dominieren Bücher aus dem 20. Jahrhundert. Doch fehlen Werke antiker Denker wie des Griechen Aristoteles oder des Römers Cicero nicht. Ebenso nicht Klassiker wie die von Adam Smith, David Hume, Charles de Montesquieu oder Friedrich Schiller aus dem 18. Jahrhundert oder von John Stuart Mill aus dem 19. Jahrhundert. Man findet die Bienenfabel von Bernard de Mandeville, Essays von Michel de Montaigne (1533-1592), die Gedanken über die Regierung von John Locke und seinen Brief über Toleranz, auch Reden von Abraham Lincoln, den Text „Tao Te King „von Lao-Tse und die Analekten (das Aufgelesene) von Konfuzius. Selbst Gottfried Kellers „Die Leute von Seldwyla“ sind vertreten. Natürlich ist Immanuel Kant dabei, Milton Friedman, Ludwig Erhard, Ronald Coase sowie Hayek – und das gleich mehrfach – ohnehin.
Zurückhaltend waren die Herausgeber gegenüber Werken noch lebender Autoren. Auch erfasst ihre Auswahl, wie sie warnen, nicht nur „lupenreine“ Liberale. Auch etwas leicht „Exotisches“ haben sie aufgenommen, um einige „Farbtupfer“ zu setzen und damit die Zusammenstellung nicht gar zu „überraschungsfrei“ sei. Bei allem aber, so die Zielsetzung, steht im Mittelpunkt stets das jeweilige Werk, nicht sein Autor.
Liberale werden das Buch lesen, weil sie darin Bestätigung suchen – und sie finden. Aber Nicht-Liberale, die das Buch zu lesen nötig hätten, werden wohl kaum zu ihm greifen, weil sie ihre Bestätigung darin gar nicht suchen. Doch können Herausgeber und ihre Autoren immerhin auf noch Unvoreingenommene hoffen, auf solche, die noch offen und fähig sind, sich von der „Idee der Freiheit“, die dieses Buch vermittelt, beeindrucken und anstecken zu lassen.
…und was sagen Sie zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen rauchfreie Eckkneipen??? N. Demme
15. August 2008: Ich kenne das Urteil bisher nur aus der Berichterstattung (FAZ vom 13.8.2008). Aber meine Haltung zu einem gesetzlichen Rauchverbot ist grundsätzlich diese: Der deutsche (und europäische) Rigorismus geht mir (auch hier wieder) zu weit. Nichtraucher sollten in öffentlichen Räumen vor Rauchern selbstverständlich geschützt werden dürfen, wenn sie sich dort den Rauchern nicht entziehen können. Aber wo sie das können, ist ein gesetzliches Rauchverbot nicht angebracht, weil unnötig freiheitsbeschränkend. Gaststätten und Restaurants zum Beispiel sollen selbst entscheiden dürfen, ob in ihnen geraucht werden darf, müssen dann aber am Eingang deutlich sichtbar darauf hinweisen. Dann kann jeder Nichtraucher diese Lokalität nach seinem Belieben meiden (oder aber trotzdem aufsuchen). Klaus Peter Krause